Aktuelle Urol 2014; 45(02): 96-97
DOI: 10.1055/s-0034-1373686
Referiert und kommentiert
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Induratio penis plastica – Medikamentöse Behandlung

Rezensent(en):
Elke Ruchalla
Gelbard et al.
J Urol 2013;
190: 199-207
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
03. April 2014 (online)

 

Bei der Induratio penis plastica (IPP) werden operative Maßnahmen wegen des Risikos von Verletzungen des Gefäß- Nerven-Bündels und Penisverkürzung fast nur bei schweren Verkrümmungen mit Plaquebildung (Endstadium der IPP) angewendet. Über eine neue, minimalinvasive Behandlungsmöglichkeit im früheren Stadium berichten Gelbard et al.
J Urol 2013; 190: 199–207

mit Kommentar

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MRT-Befund einer IPP-Plaque loco typico im dorsalen Abschnitt des Penis. (Bild: Beyersdorff, Asbach, Zaspel: Induratio penis plastica (IPP), aus: Beyersdorff, Asbach, Zaspel, Hrsg.: Thieme Radbase)

Die enzymatische Therapie mit von Clostridium histolyticum gewonnener Kollagenase kann die physischen und psychischen Befunde bei einer IPP deutlich bessern. Zu diesem Ergebnis gelangt die Arbeitsgruppe aus den USA und Australien, die in 2 identischen prospektiven, randomisierten Phase-III-Doppelblindstudien (IMPRESS I und II) von September 2010 bis April 2012 insgesamt 832 Patienten behandelt hat.

Eingeschlossen wurden Männer mit IPP mit einer dorsalen Peniskrümmung zwischen 30 und 90°. Patienten mit geringerer, stärkerer oder ventraler Verkrümmung wurden ausgeschlossen. Die Patienten wurden im Verhältnis 2:1 randomisiert einer Behandlung mit Kollagenase (n = 551) oder Placebo (n = 281) zugewiesen. Bis zu 4 Behandlungszyklen im Abstand von 6 Wochen wurden durchgeführt, bei jedem Zyklus wurde 2-mal im

Abstand von 24 bis 72 Stunden Kollagenase oder Placebo am Ort der stärksten Krümmung in den Penis injiziert. Ein bis 3 Tage nach der zweiten Injektion eines jeden Zyklus erfolgte eine manuelle Streckung des Penis durch einen Prüfarzt, die dann 3-mal täglich vom Patienten selbst wiederholt wurde. Primäre Endpunkte der Studie waren die prozentuale Veränderung der Peniskrümmung sowie die Veränderung in der Subskala „Einschränkungen durch die Symptomatik“ (wie schmerzhafte Erektionen, ästhetische Gesichtspunkte und Behinderung beim Geschlechtsverkehr) des Peyronie Disease Questionnaire (PDQ).

Abnahme der Peniskrümmung durch Kollagenaseinjektion

Die gepoolte Auswertung beider Studien nach 52 Wochen zeigte eine Verminderung der Peniskrümmung um im Mittel 34 % (17 °) in der Kollagenasegruppe und um 18,2 % (9,3 °) in der Placebogruppe (p < 0,0001). Ebenso hatte die subjektive Beeinträchtigung gemäß PDQ in der Verumgruppe deutlich stärker abgenommen als in der Kontrollgruppe (im Mittel –2,8 vs. –1,8 Punkte).

Lokale Nebenwirkungen (Penis und Leistenregion) traten bei 464 (84,2 %) im Behandlungsarm und bei 36,5 % im Placeboarm auf. Die meisten Nebenwirkungen wurden als leicht bis mäßig ausgeprägt klassifiziert. Am häufigsten (mind. 45 % der Teilnehmer betroffen) waren penile Ekchymosen, Penisschwellungen und -schmerzen. Penisverkürzungen traten nicht auf. Zu schweren Nebenwirkungen kam es bei 6 Männern: in jeweils 3 Fällen kam es zu einer Penisfraktur während Geschlechtsverkehrs, welche operativ versorgt wurde. Von 3 relevanten Hämatomen wurde eines operativ revidiert, ein weiteres aspiriert. Nahezu alle mit Kollagenase behandelten Männer (98,4 %) hatten nach einem Jahr Antikörper gegen das Enzym entwickelt, systemische immunologische Reaktionen wurden nicht beschrieben.

Fazit

Die Injektionsbehandlung mit Kollagenase kann bei einer ausgeprägten IPP hilfreich sein, folgern die Autoren, und ist dabei relativ gut verträglich. Allerdings waren Männer mit ventraler Peniskrümmung und mit kalzifizierten Plaques von der Studie ausgeschlossen, sodass für diese Gruppen keine Aussage getroffen werden kann.


Kommentar

Kollagenase von Clostridien doch gut für den Mann?

Die Autoren berichten in dieser Studie über eine innovative, minimalinvasive Technik zur Behandlung der Induratio penis plastica (IPP; Peyronie`s disease, PD). Bekanntermaßen tritt diese Erkrankung gehäuft mit der Dupuytren`schen Kontraktur oder Veränderungen an der Planta pedis auf, weshalb die Autoren, nach vielversprechenden Ergebnissen zur Behandlung der Dupyutren`schen Kontraktur 2009 [ 1 ], diese Therapie auch für die Behandlung der IPP untersuchten. In einer randomisierten, doppelblinden Studie an initial 836 gescreenten Männern, konnten nach Studienende schließlich 401 Patienten in der Verumgruppe und 211 in der Placebogruppe evaluiert werden.

Alle Männer erhielten zumindest 2 intraläsionale Injektionen mit 0,58 mg Kollagenase vom Clostridium histolyticum oder Placebo gefolgt von einer manuellen Streckung (3-mal Wiederholung) für mind. 30 s durch den behandelnden Arzt 24–72 Stunden nach der Injektion. Des Weiteren wurde der Patient instruiert, diese mechanische Streckung und Dehnung der Korpora auch zu Hause 3-mal täglich in gleicher Weise innerhalb der injektionsfreien Intervalle durchzuführen. War das Ergebnis bereits nach der ersten Behandlung zufriedenstellend für den Patienten oder den Arzt, folgten keine weiteren Injektionen. Maximal wurden 8 Injektionen (4 Behandlungszyklen) im Abstand von jeweils 6 Wochen durchgeführt. Ausschlusskriterium war u. a. das Vorliegen einer kalizifizierten Plaque, da hier die intraläsionale Injektion nicht erfolgreich appliziert werden konnte bzw. keine ventrale Deviation.

Standardisierung der Methode schwierig

Dies sind auch bereits die wesentlichen Informationen dieser Publikation – anhand einer großen Patientenanzahl bei moderat ausgeprägter IPP (beinahe 80 % der Deviationen betrugen lediglich 30–60 °) wurde eine neue Behandlungsmethode evaluiert. Das interessante ist sicherlich die große Patientenanzahl sowie der Studienaufbau, kontrovers zu diskutieren ist der Einsatz der intraläsionalen Injektionstechnik sowie die postinterventionelle physikalische Manipulation sowohl durch den Untersucher als auch den Betroffenen. Gerade diese Maßnahmen sind nur schwer zu standardisieren und können Ergebnisse wesentlich beeinflussen. Bemerkenswert ist, dass nach 52 Wochen beinahe 60 % der Patienten eine Verbesserung ihrer Deviation erfuhren, verglichen mit 30 % in der Placebogruppe, wobei bei 78 % der Männer (Verum) bzw. 88 % (Placebo) der gesamte Therapiezyklus mit 8 Behandlungen durchgeführt wurde. Gerade in der frühen Form der IPPTherapie könnte diese Technik anhand der bisherigen Daten eingesetzt werden, ausgedehnte, insbesondere kalzifizierte Plaques brauchen weiterhin der operativen Sanierung und stellen für diese Methode keine Indikation dar.

Hohe Nebenwirkungsrate

Trotz der hohen Akzeptanz der Patienten war die Nebenwirkungsrate mit über 80 % beträchtlich, wobei darauf verwiesen wird, dass es unter lokalen Therapiemaßnahmen zu einer raschen Besserung kam. Trotzdem traten bei 4 Männern interventionspflichtige Läsionen, u. a. Penisfraktur 14 Tage nach der Injektion, auf, bei einem Mann wurde ein subkutanes Hämatom abpunktiert. Leider wurden keine histologischen Präparate gewonnen, die den eigentlichen Effekt der Kollagenase an der Tunica albuginea darstellen. Gerade dies hätte zusätzliche Information liefern können, welchen Umbauprozess die Kollagenase lokal am Corpus cavernosum verursacht bzw. ob ein Zusammenhang mit der Injektionsstelle, der mechanischen Manipulation und der Frakturstelle nachweisbar war.

Fazit

Für die breitflächige Anwendung der intraläsionalen Injektion von Kollagenase vom Clostridium histolyticum ist es derzeit zu früh, da sie auch noch nicht von der FDA oder EMA bewilligt wurde und somit nur Off-label verwendet werden kann. Diese Resultate anhand des großen untersuchten Kollektivs sind jedoch sicherlich vielversprechend und werden in Zukunft gerade in der frühen Form der IPP-Therapie Anwendung finden. Hierbei wird zu klären sein, welcher Mann eine Therapie benötigt oder nicht, da in ca. 50 % der Fälle eine Stabilisierung der Deviation, bei 10–15 % eine spontane Verbesserung und bei 35–40 % eine progrediente Verschlechterung nachweisbar ist [ 2 ]. Nicht außer Acht zu lassen sind die Nebenwirkungen, die, wenn auch nur lokal, bei beinahe allen Patienten auftreten und eine entsprechende Compliance des Patienten, insbesondere der sexuellen Karenz post interventionell, voraussetzen. Schwerwiegende Nebenwirkungen, die operative Interventionen erfordern, müssen dem Patienten vor dieser Therapie dargestellt werden.

Dr. Eugen Plas, Wien


Dr. Eugen Plas


ist Vorstand der Urologischen Abteilung des Hanusch Krankenhauses in Wien

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MRT-Befund einer IPP-Plaque loco typico im dorsalen Abschnitt des Penis. (Bild: Beyersdorff, Asbach, Zaspel: Induratio penis plastica (IPP), aus: Beyersdorff, Asbach, Zaspel, Hrsg.: Thieme Radbase)