PPH 2014; 20(03): 124
DOI: 10.1055/s-0034-1376272
Szene
Brunos Welt
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Das Jahr der Pflege

Bruno Hemkendreis
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Publication Date:
21 May 2014 (online)

Manchmal spielt das Schicksal nicht so mit, wie wir es gerne hätten.

So konnte ich beispielsweise im vergangenen Jahr den Welttag der Toilette, am 19. November, nicht angemessen begehen, weil ich dummerweise Verstopfung hatte. Am Tag des öffentlichen Dienstes, am 23. Juni, waren alle Behörden und Ämter geschlossen, es war Sonntag. Zwei Tage später hätte ich gerne den Tag des Seefahrers gefeiert, da ich jedoch am Abend zuvor, anlässlich meines – ebenfalls regelmäßig wiederkehrenden – Geburtstags etwas viel getrunken hatte, drehte sich mir am 25. schon bei dem Gedanken an Rum der Magen um. Den 21. November, den Welttag des Fernsehens, versuche ich übrigens sowieso immer zu verdrängen, da ich keinen Fernseher besitze.

Richtig gefreut hatte ich mich auf das Jahr 2011, da es von dem damaligen Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler zum Jahr der Pflege erklärt wurde. Das war doch mal eine Maßnahme, nicht nur einen einzelnen Tag, an dem, wie oben beschrieben, immer alles passen muss, sondern ein ganzes Jahr einer guten Sache zu widmen, klasse!

Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit, Annette Widmann-Mauz, betonte seinerzeit unter anderem: „Die Berufe im Gesundheits- und Pflegebereich sind Zukunftsberufe, die hohe Beschäftigungschancen versprechen. Aufgabe der Politik ist es deshalb, sowohl die Rahmenbedingungen für die Angehörigen dieser Berufe als auch die Ausbildung so zu verbessern, dass sie weiterhin attraktiv für junge Menschen bleiben.“

Ja! Die Politik hatte es offensichtlich verstanden, nun sollte sich für die Pflegenden endlich etwas tun. Alles kam auf den medialen Tisch: der drohende Pflegemangel, die unzureichende Entlohnung und die mangelnde Anerkennung. Die immense Wichtigkeit der Pflege für unsere Gesellschaft wurde in mahnenden Reden immer wieder hervorgehoben.

Anfangs habe ich mich sehr über diese hehren Absichten unserer Regierung gefreut, doch Ende 2011 ging es mir dann mit dem Jahr der Pflege genauso wie mit dem Weltzugvogeltag vom 11. bis 12. Mai: Kein einziger Zugvogel hat sich in meinem Luftraum blicken lassen.

Wurden denn das Jahr der Pflege oder der Tag des Baumes nur aus dem Grund erfunden, damit Redner und Schreiber beschäftigt sind? Oder damit die Pflegenden sich an der Reibungsenergie des „über den Tisch Ziehens“ ein wenig emotional aufwärmen können?

Mit Vorfreude erwartete ich in diesem Jahr den 20. März, den Welttag des Glücks, dann nämlich sollte sich all mein Ärger, alle Enttäuschung in Wohlgefallen, Harmonie, Friede, Freude und eventuell auch Eierkuchen auflösen. Und da sich dieser Tag wider Erwarten als PR-Gag und Volksverdummung – von wem auch immer – herausstellte, werde ich den Vorabend des 19. Novembers stilvoll mit einem mit Rizinus versetzten Glas Wein ausklingen und es am nächsten Tag richtig krachen lassen.

Denn wenn diese Aktionstage oder -jahre alle nur Beschiss sind, zahle ich mit gleicher Münze heim.

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