Ein 55-jähriger Patient stellte sich vor mit seit 2 Monaten bestehenden Schmerzen
im rechten Arm, die vor allem bei Bewegung auftraten. Aktuell habe er einmal Husten
gehabt mit diskreter Blutbeimengung. Sonst kein Husten, Auswurf oder Dyspnoe. Keine
B-Symptomatik. Seit vier Wochen auch Schwellung des rechten Sternocostoclavikulargelenkes.
Es bestanden keine relevanten Vorerkrankungen und kein Nikotinabusus.
Zur weiteren Abklärung war extern bereits ein CT-Thorax durchgeführt worden. Dieses
zeigte eine knöcherne Destruktion des Sternoclaviculargelenkes und eine weichteildichte
Raumforderung von 4 × 5 cm mit unscharfer Begrenzung und streifigen Ausläufern nach
pulmonal bis ins anteriore Oberlappen-Segment rechts. Mediastinal fanden sich einzelne
Lymphknoten, der größte prätracheal gelegene hatte einen Durchmesser von 1,3 cm. In
einem konsekutiv durchgeführten externen PET-CT war die Raumforderung thorakal hochgradig
FDG positiv ([Abb. 1]). Es wurde die Diagnose eines in den Knochen infiltrierenden Bronchial-Carcinoms
gestellt und der Patient zur weiteren Abklärung in unserer Klinik vorgestellt.
Abb. 1 PET-CT: hochgradig FDG positive Raumforderung im anterioren Oberlappen rechts (a) mit Übergreifen auf das Sternoclaviculargelenk mit Osteodestruktion (b, c) und begleitender Infiltration der Weichteile der Thoraxwand (d).
Bei der körperlichen Untersuchung fand sich bei sehr gutem Allgemeinzustand des Patienten
eine leichte derbe Schwellung des rechten Sternocostoclavikulargelenkes mit leichter
umschriebener Rötung in diesem Bereich ([Abb. 2]) sowie eine diskrete schuppige Hautveränderung der Handinnenflächen beidseits ([Abb. 3]). Die sonstige körperliche Untersuchung war unauffällig.
Abb. 2 Klinisches Bild: leichte derbe Schwellung des rechten Sternocostoclavikulargelenkes
mit leichter umschriebener Rötung.
Abb. 3 Klinisches Bild: diskrete schuppige Hautveränderung der Handinnenflächen beidseits.
Die Lungenfunktion, Blutgasanalyse und flexible Bronchoskopie waren unauffällig. Die
entnommenen Proben der Zytologie und Mikrobiologie waren ebenfalls unauffällig. Eine
CT-gesteuerte Punktion der Raumforderung ergab keinen Nachweis von Malignität, lediglich
uncharakteristische entzündliche Veränderungen. Im Labor waren keine relevanten Auffälligkeiten
nachweisbar, die Rheumaserologie war unauffällig.
Wir stellten die Diagnose eines inkompletten SAPHO-Syndroms. Unter einer Therapie
mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) kam es zu einer raschen symptomatischen
Besserung. Innerhalb weniger Wochen war die Schwellung des rechten Sternoclaviculargelenkes
nicht mehr nachweisbar, die Schmerzen in der rechten Schulter verschwanden ebenfalls.
In einem Kontroll-CT des Thorax war die Raumforderung im Bereich des rechten Sternoclaviculargelenkes
incl. der knöchernen Destruktionen deutlich rückläufig. Nach 3 Monaten konnten die
NSAR abgesetzt werden. Seit einem Jahr ist der Patient nun beschwerdefrei ohne Rezidiv.
Er ist lediglich noch in ambulanter physiotherapeutischer Behandlung. Die vormals
deutlichen Bewegungseinschränkungen im rechten Schultergelenk, die mit der knöchernen
Destruktion einhergingen, sind hierunter nahezu wieder aufgehoben.
Das SAPHO-Syndrom ist eine seltene Erkrankung mit Beteiligung der Haut und Schmerzen
am Skelettsystem und kann sehr variabel sein. Das Akronym SAPHO steht für S (Synovitis),
A (Akne), P (Pustulosa der Hand und Fußflächen), H (Hyperostose, vermehrte Verknöcherungen
im Bereich des Brustkorbs), O (sterile Osteomyelitis). An Symptomen klagen die Patienten
über Schmerzen am Bewegungsapparat und Hautveränderungen, sind ansonsten aber beschwerdefrei.
Bevorzugte Lokalisationen der Schmerzen sind die langen Röhrenknochen, Wirbelsäule,
Becken sowie die Sternocostal- und Sternoclavicular-Gelenke. Vor allem an den Sternocostal-
und Sternoclavicular-Gelenken können typische Entzündungszeichen wie Schmerzen, Rötung,
Schwellung und Überwärmung auftreten. Zusätzlich können sich hier auch überschießende
Knochenneubildungen (Hyperostosen) ausbilden. Dies war auch bei unserem Patienten
der Fall, die Hyperostose war als verstärkte Vorwölbung sichtbar und als harte Schwellung
tastbar. Die Schmerzen in der rechten Schulter sind als Folge einer Synovitis im rechten
Schultergelenk zu interpretieren.
Die Hautveränderungen können sehr unterschiedlich ausgeprägt sein, zum Teil eher wie
eine Akne, zum anderen eher wie eine Psoriasis imponierend. Besonders häufig sind
die Hand und Fußflächen betroffen mit dem Auftreten von eitrigen Pusteln. Bei unserem
Patienten waren die pustolösen Veränderungen an den Händen nur sehr diskret ausgeprägt.
Die Diagnose eines SAPHO-Syndroms besteht bei Vorliegen von pustolösen Hautveränderungen
und rheumatischen Beschwerden des Bewegungsapparates nach Ausschluss alternativer
Differenzialdiagnosen. Es gibt keinen spezifischen Biomarker für das SAPHO-Syndrom.
Laborchemische Entzündungsparameter (C-reaktives Protein, Leukozyten, BSG) können
erhöht oder wie bei unserem Patienten im Normbereich sein. Die spezifische Rheumaserologie
ist negativ. Bei der Röntgendiagnostik ist in der schmerzhaften Region oftmals eine
Knochenaufhellung im Sinne einer Osteitis nachweisbar. Eine weitere Abklärung erfolgt
in der Regel dann durch Knochenszintigrafie, CT oder MRT. Oftmals wird radiologisch
wie auch bei unserem Patienten eine maligne Genese oder eine Infektion als Ursache
der Knochenveränderungen vermutet. Bei der initialen Diagnostik wird eine histologische
Sicherung des Prozesses empfohlen, um andere Differenzialdiagnosen (Lymphom, Infektion,
Metastase) auszuschließen.
Es liegen aufgrund der Seltenheit der Erkrankung keine größeren Studien zur Therapie
vor. Empfohlen wird eine individualisierte Therapie anhand der Symptome. Zur Therapie
von Knochenschmerzen eignen sich NSAR, bei Therapieresistenz können systemische Corticosteroide
oder Biphosphonate eingesetzt werden, bei sehr schwierigen Verläufen können Immunmodulatoren
wie z. B. Methotrexat oder TNF-alpha Inhibitoren eingesetzt werden. Die Hautveränderungen
können durch topische oder systemische dermatologische Therapie behandelt werden.
Ist überwiegend das Sternocostoclaviculargelenk betroffen, so findet sich in der Literatur
für die Erkrankung auch die Bezeichnung sternocostoclaviculare Hyperostose (SCCH).
Die Bekanntheit der SCCH bzw. des SAPHO-Syndroms ist gering. Die führt oftmals zu
einer langen Zeit bis zur Diagnose, die dann oft mit einer Vielzahl von serologischen
und bildgebenden Untersuchungen sowie Vorstellung bei mehreren Fachärzten einhergeht
und psychologisch den Patienten aufgrund der langen diagnostischen Unsicherheit und
des bestehenden Malignitätsverdachtes sehr belasten kann. Vor allem das Fehlen ausgeprägter
Hautveränderungen kann in einer deutlichen Verzögerung der Diagnose resultieren.
Zusammenfassend ergab sich im vorliegenden Fall trotz der eindrücklichen Veränderungen
im PET-CT, die ein malignes Geschehen nahelegten, als Erklärung für die thorakale
Raumforderung ein SAPHO-Syndrom. Bei einer thorakalen Raumforderung, die das Sternocostal-
oder Sternoclavicular-Gelenk mit einbezieht und mit einer lokalen Entzündungsreaktion
und Hyperostose einhergeht, sollte deshalb unbedingt an ein SAPHO-Syndrom als Differenzialdiagnose
gedacht werden.