Lernziele
Nach DRG-Statistik wurden in Deutschland im Jahr 2010 369730 Patienten über insgesamt
61.035.542 Stunden beatmet [1]. Die Vielfalt der dafür eingesetzten Beatmungsgeräte ist groß. Dieser Artikel versucht
wesentliche technische Aspekte der Funktionsweise von Beatmungsgeräten herauszuarbeiten,
um dem Nutzer ein tieferes Verständnis in der Anwendung zu ermöglichen.
Lernziel sollte sein, Kenntnisse über die Druck- und Flusssteuerung invasiver Beatmungsgeräte
zu erlangen. Der Artikel zeigt auf, wie die Beatmungsluft zum Patienten kommt und
wie die Einstellung am Beatmungsgerät auf technischer Ebene umgesetzt wird.
Einleitung
Beatmungsgeräte werden heutzutage breit eingesetzt und wie selbstverständlich genutzt.
Beatmungsgeräte unterliegen dem nationalen Medizinproduktegesetz, der Medical Device
Directive (MDD-Richtlinie 93/42) der EU, sowie den DIN-Normen der EU (DIN EN 60601-2-12
und DIN EN 60601-1-8). Sie werden von den meisten Benutzern als sicher erachtet. Trotzdem
findet man in der Literatur vielfache Hinweise für fatale Ereignisse bei beatmeten
Patienten, hervorgerufen durch technisches und/oder menschliches Versagen [2]
[3]
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[6]
[7]
[8]
[9]
[10]
[11]
[12]
[13]
[14].
Die Hauptursache für fatale Ereignisse während einer Beatmung sind dabei unzureichende
Kenntnisse über das verwendete Equipment und dessen Funktion [15]
Die Güte einer Beatmung richtet sich nach einer Reihe von Kriterien, deren Prioritäten
vom Arzt festzulegen sind. Hierzu gehören die Zielparameter des Gasaustausches (im
Wesentlichen PaO2, PaCO2 und der pH Wert), das Vermeiden von Schäden an Lunge und Atemmuskulatur, die Entlastung
der Atemmuskulatur sowie der Patientenkomfort.
Aus der Komplexität der an die Beatmung gestellten Ansprüche wird schnell ersichtlich,
dass eine explizite Kenntnis der Funktionsweise von Ventilatoren für die Umsetzung
der Ziele erforderlich ist. Die oben genannten Autoren haben in Vorbereitung auf diesen
Artikel zwei Beatmungsgeräte verschiedener Hersteller und Bauart mit den Technikern
der jeweiligen Firmen zerlegt und die Funktionsweise mit Hilfe von Schaltplänen nachvollzogen.
Hierher stammt auch das verwendete Bildmaterial. Die hier abgedruckten technischen
Beschreibungen allgemeiner Funktionsprinzipien sind daher exemplarisch und zeigen
wahrscheinlich nicht den vollen Umfang aller technischen Umsetzungsmöglichkeiten.
Die Bedienungseinheit (User Interface Module)
Die Bedienungseinheit (User Interface Module)
Dieses System besteht in der Regel aus einer Kombination von Display und Bedienungselementen
und ermöglicht die Interaktion von Bediener und Beatmungsgerät. Die hier vorgewählten
Einstellungen werden dann über Mikroprozessoren und eine entsprechende Software im
pneumatischen System des Beatmungsgerätes umgesetzt. Die Bedienungseinheit sollte
einfach und intuitiv zu bedienen sein und einen logischen Aufbau haben. Eine versehentliche
Verstellung der Parameter sollte ausgeschlossen werden.
Die Bedienungseinheit sollte intuitiv zu bedienen sein, eine akzidentelle Verstellung
der Parameter sollte ausgeschlossen sein.
Das luftführende System
Das luftführende oder pneumatische System regelt den Fluss und den Druck des Atemgases.
Das System besteht aus einer externen und/oder internen Einheit, die den Druck generiert,
und einer Einheit, die die inspiratorische Sauerstoffkonzentration regelt (Blender/Mischer).
Eine Steuerung regelt Druck und Fluss gemäß der vorselektierten Beatmungseinstellung.
Durch das luftleitende System gelangt das Atemgas von der Druckquelle zum Patienten.
Druck, Fluss und Sauerstoffkonzentration werden hier geregelt.
Gasdruckentstehung
Die für die Beatmung notwendige Druckluft wird entweder im Gerät durch einen Kompressor
erzeugt oder stammt aus dem stationären Druckluftsystem des Krankenhauses bzw. der
versorgenden Einrichtung. Medizinische Atemgase unterliegen seit dem 1. 8. 2001 dem
Arzneimittelgesetz. Die Anforderungen an die Zusammensetzung medizinischer Gase, die
auch für den Betrieb von Beatmungsgeräten eingesetzt werden, sind im Europäischen
Arzneibuch veröffentlicht ([Tab. 1], [16]). Erstaunlich ist dabei, dass es keine Vorschriften für die Temperatur der abgegebenen
Gase gibt. Ortsfeste Gasversorgungsanlagen medizinischer Einrichtungen arbeiten in
der Regel mit einem Betriebsdruck von 5 bar und werden vom Wandanschluss über spezielle
Druckschläuche mit verwechslungssicheren Konnektoren für Druckluft und Sauerstoff
an das Beatmungsgerät angeschlossen.
Tab. 1
Zusammensetzung medizinischer Gase nach dem Europäischen Arzneibuch.
Bestandteil
|
Zulässiger Wert
|
CO2
|
bis 500ppm
|
CO
|
bis 5 ppm
|
SO2
|
bis 1 ppm
|
ÖL
|
bis 0,1 mg/m3
|
NO/ NO2
|
bis 2ppm
|
Wasser
|
bis 67ppm
|
O2
|
20,4 – 21,4 %
|
CO2
|
bis 300ppm
|
CO
|
bis 5ppm
|
Wasser
|
bis 67ppm
|
O2
|
min 99,5
|
Neben Beatmungsgeräten, die ausschließlich mit extern zugeführter Druckluft arbeiten,
gibt es Geräte, die mit einem eingebauten Kompressor selber Druckluft erzeugen können
und somit unabhängig vom Druckluftsystem der medizinischen Einrichtung arbeiten können.
Da diese Kompressoren lediglich Raumluft verdichten, können ohne externe Sauerstoffzufuhr
aus dem Wandanschluss keine Sauerstoffkonzentrationen oberhalb Raumluftniveau (21 %)
erreicht werden. [Abb. 1] zeigt den Aufbau und die Wirkungsweise eines solchen integrierten Kompressors.
Abb. 1 a Kompressor-Einheit eines Beatmungsgerätes (Avea, CareFusion). Teil b der Abbildung zeigt die zerlegte Kompressoreinheit. Die beiden schneckenartigen Bauteile
rotieren ineinander und verdichten so die zugeführte Raumluft.
Als Druckquelle dient je nach Gerät der Druckluft/Sauerstoff-Wandanschluss oder/und
ein interner Kompressor. Für Sauerstoffkonzentrationen oberhalb von 21 % ist ein externer
Sauerstoffanschluss erforderlich.
Arbeitsdruck im Beatmungsgerät
Arbeitsdruck im Beatmungsgerät
Der aus dem Wandanschluss kommende Druck für Luft und Sauerstoff wird am Eingang des
Beatmungsgerätes zunächst gemessen und dann durch einen Druckminderer auf den im Gerät
verwendeten Arbeitsdruck reduziert. Aus Sicherheitsgründen und um den Verschleiß zu
minimieren, sollte der Arbeitsdruck so gering wie möglich sein. Andererseits muss
der Arbeitsdruck ausreichend hoch sein, um den nötigen Inspirationsfluss zum Patienten
bedienen zu können. Um dies gewährleisten zu können, scheint ein Arbeitsdruck von
1,72 bar (25 PSI) ausreichend zu sein [17]. Werden niedrigere Drücke verwendet, so kann über einen patientennahen zusätzlichen
Druckspeicher (Akkumulator) ein ausreichender Fluss des Atemgases zum Patienten gewährleistet
werden. So kann dann z. B. ein Arbeitsdruck von 0,76 bar (11 PSI) ausreichend sein.
[Abb. 2] zeigt exemplarisch einen solchen Druckspeicher, vom Prinzip her handelt sich dabei
um ein zusätzliches Reservoir, das einen plötzlichen Druckabfall im System (z. B.
bei schneller Inspiration durch den Patienten) verhindert. Damit in jedem Fall die
am Beatmungsgerät eingestellte inspiratorische Sauerstoffkonzentration auch zum Patienten
abgegeben wird, muss der Druckspeicher immer mit der aktuell eingestellten Sauerstoffkonzentration
durchflutet werden [18].
Abb. 2 Druckspeicher (Akkumulator) mit einem Volumen von 4,6 Litern (Avea, CareFusion).
Der geräteintern verwendete Druck muss ausreichend hoch sein, um dem Bedarf des Patienten
zu genügen. Ein interner Druckspeicher kann hier zusätzliche Reserven liefern.
Luftleitung im Beatmungsgerät
Luftleitung im Beatmungsgerät
Um die Luft von der Druckquelle zu den verschiedenen Bauteilen des Beatmungsgerätes
und schließlich zum Patienten zu leiten, braucht man ein luftleitendes System.
Dies kann klassisch über Schläuche zwischen den einzelnen Komponenten oder über eine
Luftkanal-führende Bodenplatte im Beatmungsgerät realisiert werden.
[Abb. 3] zeigt die eine aus Aluminium gefräste Bodenplatte, in der die gesamte Luftleitung
innerhalb des Gerätes stattfindet. Die entsprechenden Bauteile sind auf dieser Platte
verschraubt und regeln die Leitung des Atemgases. Der Strömungswiderstand des luftleitenden
Systems muss so gering sein, dass der im Gerät verwendete Druck einen ausreichenden
Gasfluss zum Patienten gewährleistet.
Abb. 3 Aluminiumbodenplatte (Oberseite (a und b), mit aufgeschraubten Komponenten (c), von der Unterseite mit eingefrästen Luftkanälen (d) sowie als schematische Darstellung des luftleitenden Systems (e), Engström Carestation, GE).
Die geräteinterne Luftleitung kann über Schlauchsysteme oder feste Kanäle erfolgen.
Ihr Strömungswiderstand sollte gering sein.
Regulation der inspiratorischen Sauerstoffkonzentration
Regulation der inspiratorischen Sauerstoffkonzentration
Die inspiratorische Sauerstoffkonzentration wird im Blender (Mischer) des Beatmungsgerätes
auf die vorgewählte Konzentration gemischt. Hierfür werden die Sauerstoff- und Druckluftzufuhr
entsprechend durch ein Flussventil im richtigen Verhältnis geregelt bzw. gemischt.
Beatmungsgeräte, die ohne internen Druckspeicher arbeiten, können durch die Flussventile
an dieser Stelle bereits den Druck und den Fluss steuern, der zum Patienten weitergegeben
wird. Hierzu kommunizieren diese Flussventile mit einem nachgeschalteten Drucksensor
und einem nachgeschalteten Flusssensor, die direkt vor dem zum Patienten führenden
Inspirationsschenkel liegen ([Abb. 4]).
Abb. 4 Die beiden Flussventile regeln nicht nur das richtige Verhältnis von Druckluft und
Sauerstoff, sondern regulieren auch schon den Druck und den Fluss, der zum Patienten
weitergeleitet wird. Hierfür ist eine hochfrequente Kommunikation zwischen den nachgeschalteten
Sensoren, der zentralen Regeleinheit und den Flussventilen erforderlich (vereinfachte
ausschnittsweise Darstellung des Schaltplanes der Engström Carestation, GE). Der rot
hinterlegte Bereich stellt den Bereich dar, der als „Blender“ (Mischer) bezeichnet
wird.
Hat das Beatmungsgerät einen internen Druckspeicher, so muss dieser hinter den Regelventilen
liegen, die die inspiratorische Sauerstoffkonzentration mischen, da der Druckspeicher
ja immer mit der aktuellen Sauerstoffkonzentration versorgt werden muss. Eine Steuerungseinheit,
bestehend aus Flussventil, Flusssensor und Drucksensor ([Abb. 5], blau hinterlegt), liegt dann, in Flussrichtung gesehen, hinter dem Anschluss für
den internen Druckspeicher und steuert den Fluss bzw. Druck zum Patienten ([Abb. 5]).
Abb. 5 Im Mischer (Blender, B) wird die inspiratorische Sauerstoffkonzentration eingestellt.
Der Druckspeicher (Akkumulator, A) dient als Druckreserve und wird ständig mit dem
Gemisch aus dem Blender durchflutet. Um dies zu gewährleisten, wird ein Auslass-Ventil
(C) benötigt. Danach wird im blau hinterlegten Bereich der Fluss und der Druck der
zum Patienten gehenden Atemluft geregelt. Hierzu sind ein Flussventil (FV), ein Flusssensor
(FS) und ein Drucksensor (P) erforderlich. Zusätzlich eingezeichnet sind ein elektronisches
(Se) und ein mechanisches (Sm) Sicherheitsventil (vereinfachte ausschnittsweise Darstellung
des Schaltplanes der Avea, CareFusion).
Im Blender wird Sauerstoff und Druckluft über Flussventile im eingestellten Verhältnis
gemischt. Wird ein interner Druckspeicher verwendet, so muss dieser immer mit der
aktuellen FiO2 befüllt sein und somit hinter dem Blender liegen.
Steuerung des Atemgases zum Patienten
Steuerung des Atemgases zum Patienten
Eine Steuerungseinheit für das zum Patienten geleitete Atemgas muss sowohl den Druck
als auch den Fluss messen und regulieren können. Die Steuerung des Atemgasstromes
erfolgt über ein oder mehrere Flussventile in Kommunikation mit nachgeschalteten Druck-
und Flusssensoren (blauer Bereich der [Abb. 5]). Die Kommunikation erfolgt über die zentrale Recheneinheit in Zeitintervallen von
wenigen Millisekunden. Den Aufbau eines geregelten Flussventils zeigt [Abb. 6]. In [Abb. 7] ist die Möglichkeit verschiedener Verfahren zur Flussmessung dargestellt. Wird ein
Flusssensor verwendet, der nach dem Prinzip eines Pneumotachografen arbeitet ([Abb. 7 a]), können Zusatzinformationen wie Gasdichte und Gastemperatur, die manuell eingegeben
bzw. geräteintern gemessen werden, die Messgenauigkeit des Flusssensors verbessern.
Abb. 6 Zeigt exemplarisch den Aufbau eines Flussventils. Ein Motor mit linearer Regelung
regelt den Luftstrom über einen Ventilstempel. a Komplettes Ventil. b Hier wurde der Motor mit Gehäuse von der luftleitenden Einheit getrennt. c zeigt den vom Motor getrennten Stempel auf der luftleitenden Einheit. (Die abgebildeten
Komponenten stammen aus dem Beatmungsgerät Avea, CareFusion).
Abb. 7 Zur Flussmessung kommen zwei Sorten von Sensoren zum Einsatz: zum einen Sensoren,
die das klassische Prinzip eines Pneumotachografen verwenden, bei dem über eine Druckmessung
vor und nach einer Stenose der Fluss bestimmt wird (a Flusssensor aus dem Beatmungsgerät Avea, CareFusion). Alternativ kann der Fluss auch
elektromagnetisch gemessen werden. Einen solchen, wesentlich kleineren Flusssensor,
wie er in der Engström Carestation (GE) verwendet wird, zeigt Bild b.
Eine Regeleinheit besteht aus Flussventil, Flusssensor und Drucksensor.
Druck- und volumenkontrollierte Beatmung
Druck- und volumenkontrollierte Beatmung
Bei der volumenkontrollierten Beatmung (VCV = Volume Controlled Ventilation) wird
ein voreingestelltes Volumen mit jedem maschinellen Atemzug abgegeben. Dabei wird
über eine festgelegte Zeitdauer (Inspirationszeit = Ti) ein konstanter Fluss verwendet.
Alternativ zu einem konstanten Fluss können je nach Hersteller auch abfallende Flussprofile
gewählt werden. Die Höhe des Atemwegdruckes, der für die Verabreichung des Tidalvolumens
erforderlich wird, variiert und hängt von der Compliance und Resistance von Thorax
und Lunge ab. Da mit zunehmender Inspirationstiefe die Compliance von Lunge und Thorax
fallen, führen abfallende Flussprofile zu einem geringeren Spitzendruck bei der Beatmung.
Eine exemplarische Fluss- und Druckkurve bei volumenkontrollierter Beatmung zeigt
[Abb. 8].
Abb. 8 Volumenkontrollierte Beatmung: 1 = Atemwegsdruck, 2 = Inspirationszeit des Patienten,
3 = Inspiration des Patienten ohne Druckunterstützung durch den Ventilator, 4 = Exspirationsphase,
5 = PEEP während der Exspiration, 6 = Flusskurve; 7 = die schraffierte Fläche (Integral
von Fluss und Zeit) ergibt das aktiv vom Ventilator verabreichte Volumen.
Bei volumenkontrollierter Beatmung hängt der Beatmungsdruck von der Compliance und
Resistance von Thorax und Lunge ab.
Im druckkontrollierten Modus (PCV = Pressure Controlled Ventilation) wird bei jedem
vom Gerät abgegebenen Atemzug ein vorgegebener Inspirationsdruck appliziert. Wie schnell
sich dieser Druck zum Beginn des Atemzuges entwickelt, wird über die Anstiegszeit,
auch Flankensteilheit genannt, vorgewählt. Der Inspirationsdruck wird dann über die
vorgewählte Inspirationszeit gehalten. Wie viel Volumen in dieser Zeit zum Patienten
strömt, hängt wiederum von der Compliance und Resistance von Thorax und Lunge ab.
Nach der Inspirationszeit schaltet das Gerät auf den PEEP-Wert. [Abb. 9] zeigt exemplarisch eine Fluss und Druckkurve bei druckkontrollierter Beatmung.
Abb. 9 Druckkontrollierte Beatmung: 1 = Atemwegsdruck, 2 = Inspirationszeit, 3 = Exspirationszeit
auf PEEP-Niveau, 4 = Inspirationsdruck über PEEP-Niveau, 5 = PEEP , 6 = Flusskurve.
Bei druckkontrollierter Beatmung hängt das Tidalvolumen von der Compliance und Resistance
von Thorax und Lunge ab.
Regelverhalten während der Exspirationsphase
Regelverhalten während der Exspirationsphase
Bei rein kontrollierter Beatmung muss der Ventilator unabhängig von der Atemaktivität
des Patienten den eingestellten PEEP-Druck während der Exspiration konstant halten.
Bei assistierter Beatmung muss der Ventilator über den Inspirationstrigger eine Atemanstrengung
des Patienten adäquat erkennen und in die Inspirationsphase umschalten.
Dafür ist es erforderlich, dass auch während der Exspirationsphase Luft vom Ventilator
zum Patienten (über den Inspirationsschenkel zum Y-Stück des Beatmungsschlauches)
geleitet wird und von dort auch Luft über den Exspirationsschenkel zurück zum Beatmungsgerät
gelangt. Diesen Luftstrom nennt man Bias-Flow. [Abb. 10] zeigt exemplarisch den Aufbau.
Abb. 10 zeigt den In- und Exspirationsschenkel der Beatmung sowie deren Kontrollsensorik
und Regelventile. Ein kontinuierlicher Fluss während der Exspiration (Bias-Flow) ist
zur Aufrechterhaltung des PEEP und zur Steuerung des Inspiratonstriggers erforderlich.
Beatmungsgeräte arbeiten entweder mit einem Drucktrigger, der bei einem Druckabfall
im Beatmungssystem (hervorgerufen durch die Inspiratonsbemühung des Patienten) auslöst,
oder einem Flusstrigger, der die Flussänderung misst, bzw. mit einer Kombination beider
Methoden. Der Inspirationsfluss zum Patienten wird kalkuliert, indem der Ventilator
die Differenz zwischen dem inspiratorischen und dem exspiratorischen Flusssensor ([Abb. 10]) bestimmt. Die Differenz der Signale aus beiden Flusssensoren ist proportional dem
Luftvolumen, das vom Patienten eingeatmet wird. Liegt dieser Fluss oberhalb der eingestellten
Triggerschwelle, so löst der Trigger aus. Die Luft, die der Patient vor Auslösen des
Triggers einatmet, entstammt aus dem Bias-Flow; folgerichtig muss der Bias-Flow größer
sein als die eingestellte Triggerschwelle, damit diese überhaupt erreicht werden kann.
Kann am Beatmungsgerät der Bias-Flow nicht entsprechend angepasst werden, so kann
dies zu einer höheren Atemarbeit für den Patienten führen und unter Umständen zu einem
frustranen Versuch, das Gerät anzutriggern.
Der Bias-Flow sollte regulierbar sein; der einstellbare Range variiert zwischen den
Beatmungsgeräten (z. B. 0,4 – 5 Liter/Min [19] bzw. 2 – 20 Liter/Min [17]).
Arbeitet das Beatmungsgerät mit einem Drucktrigger, so misst der Ventilator den Druckabfall
im Inspirationsschenkel (inspiratorischer Drucksensor, [Abb. 10]). In diesem Fall wirkt ein höherer Bias-Flow dem Druckabfall entgegen und erschwert
ggf. das Auslösen eines Drucktriggers.
Der eingestellte Bias-Flow sollte oberhalb der eingestellten Triggerschwelle des Flusstriggers
liegen.
Zur Regelung des exspiratorischen PEEP-Wertes wird der Exspirationsschenkel mit einem
entsprechenden Ausatemventil geregelt ([Abb. 10] und [Abb. 11]). Ein im Exspirationsschenkel befindlicher Drucksensor (exspiratorischer Drucksensor,
[Abb. 10]) misst den Druck. Mit dieser Information wird das Ausatemventil so geregelt, dass
der PEEP-Wert konstant gehalten wird. Auch während der Patient aktiv exspiriert, strömt
ein kontinuierlicher Bias-Flow durch den Beatmungsschlauch.
Abb. 11 zeigt Ausatemventile von Beatmungsgeräten. Von der Bauart her handelt es sich dabei
um Ventile, die über eine Membran geregelt werden. Bild a zeigt das Ventil des Beatmungsgerätes Engström, Carestation (GE) Bilder b und c das entsprechende Ventil aus der Avea, CareFusion.
Der PEEP wird durch das Ausatemventil und einen Drucksensor im Exspirationsschenkel
geregelt.
Sicherheitsaspekte
Überdruck im Beatmungssystem
Als erste Sicherheitsstufe dienen hier die vom Bediener einzustellenden Alarmgrenzen.
Werden diese überschritten, so ertönt ein akustisches und visuelles Alarmsignal am
Respirator.
Die zweite Sicherheitsstufe besteht im softwaregesteuerten Öffnen eines Sicherheitsventils
im Inspirationsschenkel sowie des Ausatemventils, wenn weitere Überdruckkriterien
erfüllt sind([Abb. 10]). Diese Kriterien können ein längerfristiges (mindestens 5 Sekunden) Überschreiten
der Druckalarmobergrenze [19] oder das Erreichen eines separat eingestellten kritischen Druckwertes sein [17].
Die dritte Sicherheitsstufe besteht aus einem rein mechanischen Überdruckventil, welches
automatisch öffnet, wenn ein ventilspezifischer Druck erreicht wird. Dieser kritische
Druck lag bei den untersuchten Geräten bei 120 [17] bzw. 125 [19] mbar.
Überdruckalarme schützen nicht vor der Applikation von zu hohen Beatmungsdrücken.
Die softwaregesteuerte Öffnung der Ventile bei Überdruck bzw. die Öffnung mechanischer
Überdruckventile wird herstellerspezifisch geregelt.
Unterdruck im Beatmungssystem
Als erste Sicherheitsstufe dient hier ebenfalls ein akustisches und visuelles Signal
am Ventilator, falls der eingestellte Grenzwert unterschritten wird.
Zusätzlich haben alle Beatmungsgeräte einfache mechanische, unidirektionale Membranventile,
über die der Patient Luft einatmen kann, falls der geräteinterne Druck unterhalb des
Umgebungsdruckes (Raumdruck) abfällt ([Abb. 12]). Der Strömungswiderstand eines drucklosen Beatmungsgerätes erhöht dabei natürlich
die Atemarbeit des Patienten.
Abb. 12 Die beiden Bilder zeigen das Sicherheitsventil für die Inspiration aus der Engström
Carestation (GE). Dieses Ventil ermöglicht ein freies Atmen des Patienten, falls es
zu einem Druckabfall im Beatmungsgerät kommt.
Bei einem Druckabfall im Gerät kann der Patient eigenständig durch das Schlauchsystem
des Beatmungsgerätes atmen. Dies wird durch einfache unidirektionale Membranventile
gewährleistet. Eine Sauerstoffbeimischung findet hierbei nicht mehr statt.
Beatmungsgeräte ersetzten oder unterstützen die Eigenatmung des Patienten und sind
damit überlebenswichtig bei bestimmten Erkrankungen. Der Weg vom Sauerstoff- und Druckluftwandanschluss
bis zum Patienten ist komplex. Auf diesem Weg müssen Druck, Fluss und inspiratorische
Sauerstoffkonzentration geregelt werden. Resistance und Compliance von Thorax und
Lunge haben bei druck- oder volumenkontrollierter Beatmung dabei einen unterschiedlichen
Einfluss auf die Beatmungsparameter und sollten bei der Beatmungseinstellung sowie
der Wahl von Alarmgrenzen berücksichtigt werden.
Alarmgrenzen alleine schützen den Patienten nicht vor möglichen Beatmungsschäden.
Vor allem Überdruckalarme sollten immer Anlass zur Re-Evaluation der Beatmungseinstellung
sein. Zusätzlich ist das Verständnis über die Regelweise eines Beatmungsgerätes während
der Exspirationsphase wichtig für die Wahl der geeigneten Beatmungseinstellung.