Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2014; 21(03): 109
DOI: 10.1055/s-0034-1381285
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Coronavirus breitet sich im Nahen Osten aus – Dramatischer Anstieg der MERS-CoV-Infektionen

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Publication Date:
23 June 2014 (online)

 

    Mitte September 2012 war ein neues Coronavirus beschrieben worden (MERS-CoV = Middle East respiratory syndrome coronavirus), das schwere respiratorische Krankheiten beim Menschen hervorrufen kann (wir berichteten). Bis Ende Mai 2014 wurden insgesamt mehr als 640 Fälle nachgewiesen, mindestens 215 Menschen verstarben an den Folgen der Infektion.

    Wie der Name schon impliziert, erfolgten die Infektionen fast ausschließlich im Nahen Osten, die meisten (569, davon 187 mit Todesfolge) in Saudi-Arabien. Außerhalb des Orients exportierte Fälle hatten dort höchstens kleine Cluster unter den engsten Kontaktpersonen der Indexpatienten zur Folge.

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    (Bild: PhotoDisc)

    Besorgniserregende Dynamik bei Neuinfektionen

    Zunächst waren die Fallzahlen weltweit nur langsam gestiegen. Von September bis Dezember 2012 waren 9 Fälle gemeldet worden, bis Ende März 2014 hatten sich die Fallzahlen dann recht stetig auf insgesamt 207 erhöht. Doch dann zeigte die Zahl der Neuinfektionen schlagartig eine besorgniserregende Dynamik: In den ersten 3 Aprilwochen erkrankten 95 Menschen, in der darauf folgenden Woche 120 und im Verlauf des Mai dann 220 Personen. Seit April wurden also monatlich mehr Fälle gemeldet als in den vorausgegangenen 1,5 Jahren zusammen. Über die Ursachen für diese Entwicklung – ob es sich um klimatische/saisonale Gründe oder vielleicht auch eine Veränderung des Virus handelt – kann derzeit nur spekuliert werden. Durch die steigenden Fallzahlen im Nahen Osten erhöht sich natürlich die Gefahr, dass MERS-Fälle auch in andere Regionen exportiert werden. So meldeten in den letzten Wochen unter anderem Griechenland, Ägypten, Malaysia, die Niederlande und die USA erste Importfälle.


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    Positiv: Letalität gesunken

    Es gibt jedoch auch positive Entwicklungen zu berichten. So ist die Letalität in den vergangenen Monaten deutlich gesunken. Waren bis Ende letzten Jahres etwa 43 % der Erkrankten an den Folgen der Infektion verstorben, so sind es derzeit nur noch etwa 30 %. Und auch bei der Suche nach dem Virusreservoir gibt es Fortschritte: Nachdem zuerst verschiedene Fledermausarten, bei denen man dem MERS-CoV sehr ähnliche Viren gefunden hatte, im Fokus des Interesses standen, verdichten sich mittlerweile die Hinweise darauf, dass das Virus von Kamelen, insbesondere Dromedaren auf den Menschen übergegangen ist. So wurden bei Analysen des kompletten Genoms der bei Menschen und Dromedaren gefundenen Viren keinerlei signifikante Unterschiede nachgewiesen. Darüber hinaus zeigen verschiedene Studien, dass Antikörper gegen das MERS-CoV bei 70 bis über 90 % der getesteten Dromedare im Nahen Osten vorkommen.

    Lediglich die Art der Übertragung von den Kamelen auf die Menschen ist derzeit noch unklar. Neben dem Kontakt zu infizierten Tieren (mindestens 3 der Erkrankten besaßen „verschnupfte“ Kamele/Dromedare) wird unter anderem auch eine Übertragung durch Kamelfleisch oder -milch diskutiert.

    Dr. Raymund Lösch und Dipl. Biol. Unn Klare, Bad Doberan

    Quellen: promed, WHO


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    (Bild: PhotoDisc)