Einleitung
Talusfrakturen sind selten und machen weniger als 0,5 % aller Frakturen bzw. 3–4 %
aller Fußfrakturen aus. Bei ausgesprochen kräftigem subchondralem Kortex und dichter
Spongiosa sind erhebliche Kräfte unerlässlich, um den Talus zu frakturieren. Ganz
überwiegend sind Talusfrakturen Folge eines Hochrasanztraumas, etwa eines Motorradunfalls
oder Sturzes aus großer Höhe. Weil der Talus die entscheidende Verbindung zwischen
Unterschenkel und Rückfuß, aber auch Rückfuß und Mittelfuß ist, kommt den Talusfrakturen
eine große Bedeutung zu [1]. Eine Verletzung des Talus führt in der Mehrzahl zu schwerwiegenden Bewegungseinschränkungen
mit Arthrose im Rück- und Mittelfuß begleitet von vornehmlich belastungsabhängigen
Schmerzen, Verschlechterung des Gangbilds und letztendlich auch zu einer Einschränkung
der Lebensqualität.
Talusfrakturen sind seltene, aber i. d. R. schwerwiegende Frakturen. Eine Einteilung
erfolgt in Taluskopf-, Talushals- und Taluskorpusfrakturen, welche meist Folge von
Hochenergietraumata sind; davon werden randständige Frakturen unterschieden (z. B.
Fraktur des Processus lateralis tali, „snowboarderʼs fracture“), die schon bei wenig
Energie auftreten.
Anatomie
Der Talus ist aus 3 Teilen aufgebaut, dem Kopf, dem Hals und dem Körper. Er hat 5
Gelenkflächen, daher besteht seine Oberfläche zu zwei Dritteln aus Gelenkknorpel.
Weder Sehnen noch Muskeln inserieren am Talus. Der Taluskopf bildet hauptsächlich
die Gelenkfläche zum Os naviculare, aber auch die mittlere und vordere Gelenkfläche
des unteren Sprunggelenks (USG). Der Taluskörper umfasst oben den Talusdom als Teil
des oberen Sprunggelenks (OSG) und unten die hintere (posteriore) Gelenkfacette als
Teil des USG. Zwischen Kopf und Körper befindet sich der Talushals über dem Sulcus
tarsi. Der Sulcus bildet lateral den breiteren Sinus tarsi und medial den schmaleren
Canalis tarsi aus. Im Sulcus befinden sich sowohl das kräftige Lig. interosseum zwischen
Talus und Kalkaneus als auch die Aa. sinus tarsi und canalis tarsi. Der Hals ist einer
der wenigen Anteile des Talus, der keine Gelenkfläche besitzt. Um jeweils ca. 24°
ist er nach unten und medial gegenüber dem Korpus orientiert.
Gerade weil der Talus überwiegend mit Gelenkfläche überzogen ist, steht dem Eintritt
von Gefäßen nur wenig Oberfläche zur Verfügung. Frakturen oder Luxationen des Talus
sind i. d. R. mit Verletzungen der prekären Blutversorgung vergesellschaftet, was
ein Problem für die Frakturheilung darstellt und je nach Ausmaß der Verletzung zu
avaskulären Osteonekrosen des Talus führt.
Die Aa. sinus tarsi (aus A. peronea) und canalis tarsi (aus A. tibialis posterior)
bilden in mehr als 60 % Anastomosen aus und versorgen etwa zwei Drittel des Taluskorpus
([Abb. 1]) [1]. Zudem erfolgt die Blutversorgung des Taluskorpus über Äste der A. tibialis posterior,
welche im Lig. deltoideum (Rami deltoidei) verlaufen. Diese Äste sind vielfach die
letzte Blutversorgung des Taluskorpus bei dislozierten Talushals- und -korpusfrakturen.
Wenn der Talushals oder -korpus für die Frakturversorgung dargestellt wird, muss daher
das Lig. deltoideum unbedingt geschont werden. Bis vor Kurzem ging man davon aus,
dass die A. tibialis anterior den größten Anteil des Talus mit Blut versorgte. Miller
et al. zeigten nun jedoch in einer MRT-Studie mit Gadolinium-Kontrastierung, dass
die A. tibialis posterior bis zu 47 % der Blutversorgung des Talus ausmacht [2].
Abb. 1 Die Blutversorgung des Talushalses und -korpus von lateral, medial und plantar mit
Darstellung der Anastomosen zwischen den Aa. sinus tarsi und canalis tarsi.
Die Blutversorgung des Taluskopfs und -halses erfolgt über periostale Äste der A.
dorsalis pedis und A. peronea und sind daher weniger anfällig hinsichtlich avaskulärer
Osteonekrosen [3]. Die intraossäre Blutversorgung des Talus besteht aus einem dichten Anastomosengeflecht,
sodass bei Verletzung eines Gefäßes eine ausreichende Versorgung für die meisten Anteile
des Talus aufrechterhalten werden kann. In den Arealen, in denen dieses Geflecht nicht
vorhanden ist, können jedoch Partialnekrosen posttraumatisch auftreten.
Frakturen des Taluskopfs
Die Inzidenz der Frakturen des Taluskopfs beträgt weniger als 10 % aller Talusfrakturen
[4]. Oftmals treten sie zusammen mit komplexen Talushals- oder -korpusfrakturen oder
mit Chopart-Dislokationsfrakturen auf. Ursächlich sind zumeist Stürze aus großer Höhe
oder Verkehrsunfälle. Es werden Impressions- und Abscherfrakturen unterschieden. Bei
den Impressionsfrakturen erfolgt die Energievernichtung entlang der longitudinalen
Achse über die Ossa metatarsalia, cuneiformia und naviculare bis zum Taluskopf bei
meist plantarflektiertem Fuß. Bei den Abscherfrakturen verursacht ein Inversiontrauma
eine Mittelfußadduktion, durch die das Os naviculare einen (i. d. R. medialen) Teil
des Kopfes abschert.
Röntgendiagnostik
Konventionelle Röntgenbilder des Fußes dorsoplantar, seitlich und schräg sind nicht
immer ausreichend, um das Ausmaß der Verletzung und allfälliger Begleitverletzungen
abschätzen zu können. Daher sollte bei Unklarheiten eine Indikation zur CT großzügig
gestellt werden. Im postoperativen Verlauf dienen Röntgenkontrollen der Kontrolle
eines sekundären Stellungsverlusts und der Sicherstellung der Konsolidation.
Therapie
Nur in der CT vollständig undislozierte Taluskopffrakturen können konservativ in einem
Unterschenkelgips mit 4 Wochen Entlastung und anschließend progressivem Belastungsaufbau
über 2–4 Wochen behandelt werden [5]. Generell gelten bei allen Talusfrakturen eine Weichteilinfektion, fortgeschrittene
pAVK, systemische Immunschwächen und Incompliance als Kontraindikation für eine operative
Behandlung. Dislozierte Frakturen werden ansonsten mit einer offenen Reposition und
Osteosynthese versorgt. Das Ziel der operativen Therapie ist, die Gelenkkongruenz
und die Länge der medialen und lateralen Säulen des Fußes anatomisch wiederherzustellen.
Für eher medial gelegene Frakturen kann ein anteromedialer Zugang zum Talus medial
der Tibialis-anterior-Sehne gewählt werden. Für zentrale oder lateral gelegene Frakturen
empfiehlt sich der anterior-zentrale Zugang zwischen Tibialis-anterior- und Extensor-hallucis-longus-Sehne.
Kleinere Gelenkfragmente, die nicht stabil eingepasst werden können, sollten entnommen
werden, da sie das Gelenkspiel blockieren können. Zur besseren Einsicht in das Talonavikulargelenk
sowie zur Reposition und Desimpaktion der Gelenkfragmente eignet sich die Anlage eines
Fußdistraktors.
Die Osteosynthese erfolgt mit Mini- oder Kleinfragmentschrauben (1,5, 2,0 oder 2,7 mm),
die bei intraartikulärer Lage mit der Kopfraumfräse versenkt werden müssen. Alternativ
können kopflose Schrauben verwendet werden. Bei großen Impressionen werden die Hohlräume
nach Desimpaktion mit einer Spongiosaplastik aufgefüllt und das rekonstruierte Gelenk
mit einer temporären überbrückenden Arthrodese vom Talushals auf das Os cuneiforme
oder metatarsale für ca. 3 Monate vor erneuter Impression geschützt. Die Stabilität
des Talonavikulargelenks wird am Ende der Operation überprüft und bei persistierender
Instabilität entweder mittels Kapselrekonstruktion oder temporärer 1,6-mm-Kirschner-Draht-Arthrodese
für 4–6 Wochen stabilisiert. Selten ist bei ausgeprägter Destruktion des Taluskopfs
eine definitive, primäre talonavikulare Arthrodese erforderlich. Diese wird nur in
den Fällen durchgeführt, bei denen die Gelenkflächen hoffnungslos zerstört sind und
der Rekonstruktionsversuch nur die Rehabilitation des Patienten verzögert, da eine
spätere Arthrodese unausweichlich erscheint.
Talusfrakturen betreffen in der großen Mehrzahl wichtige Gelenkflächen und werden
grundsätzlich operativ versorgt, es sei denn, sie sind absolut undisloziert.
Nachbehandlung
Nach der Wundheilung ist eine Teilbelastung von 10–20 kg im Unterschenkelgips für
6–8 Wochen erlaubt. Bewegungsübungen werden bei ausreichender Stabilität für das OSG,
USG und Chopart-Gelenk frühzeitig begonnen.
Ergebnisse
Da die isolierte Taluskopffraktur ausgesprochen selten ist, liegen in der Literatur
nur Ergebnisse zu kombinierten Verletzungen vor.
Frakturen des Talushalses
Frakturen des Talushalses
Die Frakturen des Talushalses machen ca. 50 % aller Talusfrakturen aus und gehen häufig
mit weiteren Verletzungen im Fuß oder oberen Sprunggelenk sowie Wirbelsäulenverletzungen
einher [6]. Männer sind 3-mal häufiger betroffen. Der Talushals ist der schwächste Anteil des
gesamten Talus, da er einerseits den kleinsten Querschnitt und andererseits die größte
Porosität infolge der eintretenden Gefäße aufweist. Zwischen 20 und 30 % der Talushalsfrakturen
sind offene Frakturen. Neben der Osteonekrose sind die prognostisch schlechten Talushalsfrakturen
aber auch mit Pseudarthrose, posttraumatischen Fehlstellungen, Infekten, späterer
Arthrose im unteren und oberen Sprunggelenk sowie im Talonavikulargelenk assoziiert.
Dem Verletzungsmechanismus dieses Frakturtyps liegt zunächst eine Hyperdorsalflexion
des Fußes zugrunde, welche den Talushals gegen die Vorderkante der Tibia presst. Muss
weitere Gewalt absorbiert werden, disloziert der Taluskopf nach oben und der Korpus
nach Ruptur der kapsuloligamentären Strukturen nach posterior. Auch ein schweres Supinationstrauma
kann zu einer Talushalsfraktur führen [7].
Klassifikation
Die Einteilung der Talushalsfrakturen in 3 Gruppen, basierend auf dem radiologischen
Erscheinungsbild, erfolgte 1970 durch Hawkins ([Abb. 2]) [6]. Die Klassifikation hat eine hohe prognostische Aussagekraft hinsichtlich der Entwicklung
avaskulärer Osteonekrosen.
Abb. 2 Die Klassifikation der Frakturen des Talushalses Typ I–III nach Hawkins [6] und Typ IV nach Canale und Kelly [8].
Typ I: undislozierte Fraktur des Talushalses. Die Fraktur verläuft quer zur Halsachse,
inferior zwischen anteriorer und mittlerer Gelenkfacette und wird leicht übersehen,
da sie in der Ebene des Röntgenstrahls liegt. In der Regel ist 1 der 3 Hauptgefäßversorgungen,
nämlich die Äste aus der A. dorsalis pedis, unterbrochen.
Typ II: Fraktur des Talushalses mit Subluxation oder Luxation des USG. Die Luxation
erfolgt häufiger nach medial als nach lateral. Komplette Luxationen führen oft zu
offenen Verletzungen. Wenigstens 2 der 3 Hauptgefäßversorgungen sind verletzt: die
Äste aus der A. dorsalis pedis und die Gefäße im Sinus tarsi.
Typ III: Dislozierte Frakturen des Talushalses mit Luxation des Taluskorpus aus dem
OSG und USG. Der Korpus ist meist nach posteromedial zwischen posteriorer Tibia und
Achillessehne luxiert und kann das neurovaskuläre Bündel kompromittieren. Mehr als
50 % dieses Frakturtyps sind offene Verletzungen und i. d. R. sind auch die Äste aus
der A. tibialis posterior und somit die letzte der 3 Hauptgefäßversorgungen des Talus
verletzt. Der Taluskopf verbleibt im Talonavikulargelenk.
Typ IV: Dislozierte Frakturen des Talushalses mit Luxation des Taluskorpus aus dem
OSG und USG und Luxation des Taluskopfs im Talonavikulargelenk. Dieser Frakturtyp
wurde von Canale und Kelly ergänzt [8].
Eine Abgrenzung der Talushalsfrakturen von Abscherfrakturen des Taluskorpus ist nicht
immer einfach vorzunehmen. Dies geschieht am besten durch eine Analyse des inferioren
Frakturverlaufs in der CT [9]. Verläuft die Fraktur durch den Sulcus tarsi, handelt es sich um eine Talushalsfraktur,
verläuft sie durch den Processus lateralis tali, spricht man von einer intraartikulären
Taluskorpusfraktur.
Röntgendiagnostik
Die Standardröntgendiagnostik umfasst konventionelle Bilder des OSG anteroposterior
und seitlich sowie des Fußes dorsoplantar, seitlich und schräg. Ein axiales Malalignement
des Talushalses kann mit der Röntgenaufnahme nach Canale und Kelly evaluiert werden
[8]. Dabei wird der Fuß 15° proniert und die Röntgenröhre 45° nach kaudal geschwenkt.
Wiederum wird die Indikation zum CT großzügig gestellt, um das genaue Ausmaß sowie
Begleitverletzungen zu evaluieren. Bei Luxationen sollte die CT nach der geschlossenen
Reposition erfolgen, wenn dies möglich ist. In der Akutphase ist das MRT nicht indiziert.
Jedoch kann es zur späteren Diagnostik osteochondraler Läsionen oder bei persistierenden
Beschwerden infolge verpasster oder als Supinationstrauma interpretierter Typ-I-Fraktur
hilfreich sein. Nach ca. 6–8 Wochen weist das sog. Hawkins-Zeichen, ein subchondraler
osteopener Saum des Talusdoms infolge Inaktivität, recht verlässlich auf eine intakte
Durchblutung des Knochens hin [6]. Wenn es fehlt bedeutet dies jedoch nicht zwingend das Auftreten einer Osteonekrose
[10].
Therapie
Das Ziel der Therapie ist eine anatomische Reposition, gute Beweglichkeit im OSG und
USG, Gelenkstabilität und eine Begrenzung allfälliger Komplikationen wie Hautnekrosen,
Infektion, Osteitis und avaskuläre Osteonekrosen. Die Luxationsfrakturen des Talushalses
verursachen nicht nur Druck auf die Weichteile des Rückfußes, sondern auch ausgeprägte
Hämatome und Venenthrombosen [11]. Da dies schnell zu Hautnekrosen führen kann, muss der luxierte Anteil notfallmäßig
reponiert werden. Ist der Taluskorpus hinter den Beugesehnen und dem posteromedialen
Gefäß-Nerven-Bündel verhakt, ist die Reposition offen vorzunehmen. Mehrere Studien
konnten zeigen, dass der Zeitpunkt der definitiven Osteosynthese hinsichtlich späterem
Ergebnis keine Rolle spielt [12], [13], [14]. Die Patienten können daher ohne negative Folgen nach Reposition allfälliger Luxationen
in spezialisierte Traumazentren mit ausreichend großer Fallzahl transferiert werden.
Typ-I-Talushalsfrakturen
Nur absolut undislozierte Talushalsfrakturen werden als Typ I interpretiert. Jede
minimale Dislokation ist ein Typ II und damit anders zu behandeln. Typ-I-Frakturen
können konservativ im Unterschenkelgips ohne Belastung für 6–8 Wochen ausbehandelt
werden, sofern das anatomische Alignement gesichert ist. Gelegentlich kann diese Behandlung
bis zum Eintreten radiologischer Konsolidationszeichen bis 16 Wochen andauern. Um
einer Gelenksteife nach der Ruhigstellung vorzubeugen, können verlässliche Patienten
nach 4–6 Wochen mit Bewegungsübungen beginnen. Einige Autoren empfehlen auch bei den
undislozierten Frakturen eine operative Stabilisierung über Stichinzisionen, um noch
früher mit den Übungen beginnen zu können. Dabei wird die Fraktur vor der eigentlichen
Osteosynthese provisorisch mit Kirschner-Drähten stabilisiert, damit es nicht beim
Bohren für die Schrauben zu einer Dislokation kommt.
Ergebnisse
In den meisten Serien beträgt die Rate avaskulärer Osteonekrosen 0 %, einzelne Studien
berichten jedoch Raten bis 25 %. Gelegentlich kann eine initiale Typ-II-Fraktur spontan
reponieren und erklärt das Auftreten der Osteonekrosen. Ein großer Anteil Patienten
entwickelt eine Einschränkung der USG-Beweglichkeit.
Typ-II-Talushalsfrakturen
Typ-II-Talushalsfrakturen
Eine konservative Therapie ist dann möglich, wenn die geschlossene Reposition in der
CT absolut anatomisch gelingt. Dabei wird der Mittelfuß kraftvoll plantarflektiert
bei gleichzeitiger Manipulation des USG durch axialen Zug am Kalkaneus. Der Einsatz
einer Schanz-Schraube erleichtert dieses Manöver. Die konservative Behandlung entspricht
dann der der Typ-I-Frakturen. Zur Retention des Repositionsergebnisses empfehlen einige
Autoren eine Ruhigstellung des Fußes in Plantarflexion und Rückfußeversion oder -inversion,
je nach Lokalisation der Luxation [15]. Dabei ist jedoch zu beachten, dass nach der Ruhigstellung eine nur schwer mobilisierbare
Spitzfußkontraktur eintreten kann. Auch eine temporäre Kirschner-Draht-Spickung wird
zur Retention empfohlen.
In etwa der Hälfte aller Talushalsfrakturen Typ II kann keine anatomische Reposition
geschlossen erzielt werden, sodass die offene Reposition erforderlich wird [8]. Die meisten Autoren empfehlen heute die offene Reposition und Osteosynthese aller
Typ-II-Frakturen, um die anatomische Reposition zu erlangen, sekundären Dislokationen
vorzubeugen und bei ausreichender Stabilität frühe Bewegungsübungen zu ermöglichen
[12], [16].
Um das Risiko von avaskulären Osteonekrosen zu minimieren, wurde früher eine unmittelbare
operative Stabilisierung der Talushalsfrakturen Typ II als notwendig erachtet. Neuere
Arbeiten konnten jedoch keinen Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt der Osteosynthese
und dem Auftreten von Osteonekrosen nachweisen [17].
Die operative Therapie kann bei wenig dislozierten Talushalsfrakturen Typ II mit einer
geschlossenen Reposition und perkutaner Schraubenosteosynthese erfolgen. Dabei ist
auf eine genaue anatomische Reposition zu achten. Die 3,5- oder 4,5-mm-Schrauben können
von anterior nach posterior oder umgekehrt über Stichinzisionen entweder über Kirschner-Drähte
und kanülierte Schrauben oder direkt appliziert werden. Da die von posterior eingebrachten
Schrauben oftmals den Frakturverlauf in einem mechanisch günstigeren, großen Winkel
kreuzen, weisen sie eine höhere Stabilität auf ([Abb. 3]). Eine Stabilisierung nur über Kirschner-Drähte ist insuffizient und führt vielfach
zu sekundären Dislokationen.
Abb. 3 Männlicher Patient, 33 Jahre, mit einer Talushalsfraktur Typ II links nach Verkehrsunfall.
Die Unfallbilder des OSG anteroposterior und seitlich in der oberen Reihe zeigen die
Subluxation des Taluskorpus im USG nach posterior. In der unteren Reihe die analogen
Bilder der Jahreskontrolle nach Osteosynthese mittels kanülierter 4,0-mm-Schrauben
von posterior nach offener Reposition über einen anterior-zentralen Zugang ohne Hinweis
auf OSG-Arthrose oder Osteonekrose des Taluskorpus.
Talushalsfrakturen mit größerer Dislokation werden offen reponiert. Wiederum eignen
sich entweder ein größerer anterior-zentraler Zugang oder 2 kleinere Zugänge anteromedial
und anterolateral, je nach Ausmaß und Lokalisation der Fraktur. Vorteile der von anterior
applizierten 3,5- oder 4,5-mm-Schrauben sind die direkte Visualisierung der eingepassten
Fragmente und das Vermeiden von Verletzungen der posterior in den Talus eintretenden
Gefäße. Schraubenköpfe durch die Gelenkfläche müssen unter Knorpelniveau versenkt
werden. Um die Stabilität zu erhöhen, wird die Zugschraubentechnik angewandt und versucht,
die Schrauben möglichst parallel auszurichten. Wenn jedoch, wie häufig, eine Trümmerzone
(meist medial) vorhanden ist, sollte die entsprechende Schraube lediglich als Stellschraube
fungieren, um keine Verkürzung einer Seite des Talushalses und damit eine Fehlstellung
zu verursachen. Alternativ kann bei Zertrümmerung die Osteosynthese mit leicht konturierbaren
2,0- oder 2,4-mm-Platten erfolgen. Obwohl die Platten keinen mechanischen Vorteil
bieten, ist die Kontrolle der Reposition häufig einfacher zu erreichen. Eine Spongiosaplastik
von der proximalen Tibia oder dem Beckenkamm trägt zur Stabilität bei.
Von posterior applizierte 3,5- oder 4,5-mm-Schrauben werden vom Processus posterior
tali ausgehend medial-inferior ausgerichtet, um eine intraartikuläre Lage im USG oder
ein Austreten dorsal aus dem Talushals zu vermeiden.
Nachbehandlung
Die meisten Autoren empfehlen eine Teilbelastung von 10–20 kg im Unterschenkelgips
für 8–12 Wochen mit frühen Bewegungsübungen für das OSG und USG, wenn eine ausreichende
Stabilität erzielt werden konnte. Erst bei Auftreten von radiologischen Konsolidationszeichen
wird mit der Belastungssteigerung begonnen, was bei unkomplizierten Frakturen i. d. R.
zwischen 8 und 12 Wochen der Fall ist, aber auch bis 4 Monate andauern kann [18].
Ergebnisse
Gegenüber Typ-I- und -III-Talushalsfrakturen sind die Ergebnisse der Typ-II-Frakturen
nur schwer vorhersagbar [16]. Die häufigsten Komplikationen sind: die avaskuläre Osteonekrose zwischen 0 und
50 %, je nach Studie, die zur verzögerten Knochenheilung und Pseudarthrose führen
kann, und die posttraumatische USG- seltener auch OSG-Arthrose in bis zu 90 % in einigen
Studien [19]. Offene Frakturen und Frakturen mit ausgeprägter Zertrümmerung haben eine schlechtere
Prognose.
Typ-III-Talushalsfrakturen
Typ-III-Talushalsfrakturen
Eine geschlossene Reposition der luxierten Fragmente ist indiziert, um Weichteile
und Haut initial notfallmäßig zu entlasten, bei vollständiger Luxation des Taluskorpus
ist jedoch eine offene Reposition meist unumgänglich und schonender. Evidenz für eine
definitive konservative Therapie liegt nicht vor. Für die offene Reposition des luxierten
Taluskorpus wird der mediale Zugang nach proximal über den medialen Malleolus erweitert.
Eine begleitende mediale Malleolarfraktur kann bei der Reposition hilfreich sein,
alternativ kann eine Malleolarosteotomie chevronartig durchgeführt werden [12]. Das Lig. deltoideum muss dabei äußerst sorgfältig behandelt werden, da es vielfach
die letzte intakte Blutversorgung darstellt. Für die Reposition eines hinter dem medialen
Malleolus verklemmten Taluskörpers wird ein Fußdistraktor mit je einer Schanz-Schraube
in der Tibia und im Kalkaneus eingesetzt. Gelegentlich muss zusätzlich zum Distraktor
eine Malleolarosteotomie durchgeführt werden, um den Taluskorpus reponieren zu können.
Die Osteosynthese folgt den Prinzipien, die für die Typ-II-Frakturen beschrieben wurden.
Nachbehandlung
Auch die Nachbehandlung entspricht derjenigen der Typ-II-Frakturen, wobei aufgrund
der komplexeren Fälle mit mehr Zeit bis zur Konsolidierung gerechnet werden muss.
Die Angaben in der Literatur erstrecken sich von 5 bis zu 8 Monaten, bis die Frakturen
vollständig konsolidiert sind [18].
Ergebnisse
Die funktionellen Ergebnisse nach Talushalsfrakturen Typ III sind durchweg schlecht
und häufig sind Folgeoperation für Pseudarthrosen, Fehlstellungen und Arthrose im
Verlauf notwendig. Die Rate der avaskulären Osteonekrosen der Typ-III-Talushalsfrakturen
beträgt zwischen 75 und 100 % [18]. Pseudarthrosen treten in ca. 30 %, eine posttraumatische Arthrose von OSG und USG
in bis zu 90 % der Fälle auf [19].
Typ-IV-Talushalsfrakturen
Typ-IV-Talushalsfrakturen
Gegenüber den Typ-III-Talushalsfrakturen unterscheiden sich die Typ-IV-Frakturen durch
eine zusätzliche Luxation des Taluskopfs im Talonavikulargelenk. Daher sollte neben
den für die Typ-II- und -III-Frakturen geltenden Therapieprinzipien eine temporäre
Transfixation des Talonavikulargelenks mit 1,6-mm-Kirschner-Drähten für 4–6 Wochen
erfolgen. Die zusätzliche Luxation des Taluskopfs ist insofern bedeutsam, da bei den
Typ-IV-Frakturen sowohl avaskuläre Nekrosen des Korpus als auch des Kopfes auftreten
können.
Frakturen des Taluskorpus
Frakturen des Taluskorpus
Frakturen des Taluskorpus machen etwa 13–20 % aller Talusfrakturen aus und sind im
Frakturmuster variabler als die des Talushalses. Weil sie intraartikulär lokalisiert
sind, würde eine Inkongruenz oder größere Stufe der Gelenkfläche zu Blockierungen
der Dorsalflexion oder posttraumatischer Arthrose führen. Häufig sind sie mit anderen
Frakturen des Talus, Luxationen oder Malleolarfrakturen vergesellschaftet. Der typische
Unfallmechanismus ist ein Sturz aus großer Höhe oder ein Verkehrsunfall, wobei sich
der Fuß zum Zeitpunkt der axialen Gewalteinwirkung weiter in Plantarflexion als bei
den Talushalsfrakturen befindet. Abscherfrakturen, vom Mechanismus her dem der Talushalsfrakturen
gleichend, können auch weiter posterior durch den Taluskorpus verlaufen.
Klassifikation
Grundsätzlich werden die Taluskorpusfrakturen in Abscherfrakturen und Trümmerfrakturen
unterteilt. Eine weitere Klassifikation der Abscherfrakturen nach Boyd und Knight
erfolgt anhand des Frakturverlaufs, die aber klinisch wenig relevant ist [20].
Typ-I-Taluskorpusfrakturen
Sagittaler oder koronarer Frakturverlauf, undisloziert (Typ I A), nur Dislokation
der Trochleagelenkfläche (Typ I B), Dislokation der Trochleagelenkfläche und Dislokation
im USG (Typ I C, [Abb. 4]).
Abb. 4 Männlicher Patient, 36 Jahre, mit einer Taluskorpusfraktur Typ I C nach Gleitschirmsturz.
Die Unfallbilder des OSG anteroposterior und seitlich in der oberen Reihe zeigen wiederum
eine Subluxation des Taluskorpus im USG nach posterior. In der unteren Reihe die analogen
Bilder der Jahreskontrolle nach Osteosynthese mit 3,5- und 2,0-mm-Schrauben sowie
einem „lost K-wire“ über einen anteromedialen und -lateralen Zugang ohne Hinweis auf
OSG-Arthrose oder Osteonekrose des Taluskorpus. Die präoperative CT verdeutlicht das
Ausmaß der Schädigung sowie den posterior verhakten Taluskorpus.
Typ-II-Taluskorpusfrakturen
Horizontaler Frakturverlauf, undisloziert (Typ II A), mehr als 3 mm disloziert (Typ
II B).
Röntgendiagnostik
Die Röntgendiagnostik entspricht derjenigen der Talushalsfrakturen. Ein Malalignement
im USG und Frakturen des Processus lateralis werden mit der Brodén-Aufnahme evaluiert,
einer stark innenrotierten, anteroposterioren OSG-Aufnahme mit variabler Plantarflexion
[21].
Therapie
Das Ziel der Therapie ist die anatomische Gelenkkongruenz und die Vermeidung einer
avaskulären Osteonekrose oder Infektion. Die konservative Therapie hat einen Stellenwert
bei undislozierten Taluskorpusfrakturen und umfasst eine Entlastung im Unterschenkelgips
für 6–8 Wochen, gelegentlich auch länger, bis radiologisch eine Konsolidation eingetreten
ist. Bei einer Luxation des Taluskorpus kann notfallmäßig eine geschlossene Reposition
versucht werden. Sollte dies jedoch misslingen, wird die Indikation zur offenen und
zügigen Reposition gestellt, um die Kompromittierung der Weichteile und des Gefäß-Nerven-Bündels
in Grenzen zu halten. Die große Mehrheit der Taluskorpusfrakturen ist jedoch intraartikulär
disloziert und bedarf einer operativen Therapie für eine anatomische Reposition der
Gelenkflächen und eine ausreichende Stabilität für frühzeitige Bewegungsübungen.
Für die Wahl des chirurgischen Zugangs wird die CT genau evaluiert. Die Versorgung
komplexerer Frakturen wird meist über 2 Zugänge erleichtert. Kombinierte anteromediale
und -laterale Zugänge ermöglichen die Reposition sowohl im OSG als auch im USG. Gelegentlich
ist die Osteotomie des medialen Malleolus, seltener des lateralen Malleolus hilfreich.
Großzügig sollte der Fußdistraktor zum Einsatz kommen. Isolierte posteriore Frakturen
des Taluskorpus werden über einen posteromedialen oder -lateralen Zugang in Bauchlage
gut dargestellt.
Die Osteosynthese erfolgt mit 2,0-, 2,7- und 3,5-mm-Schrauben, deren Köpfe unter Knorpelniveau
versenkt werden oder mit entsprechenden kopflosen Schrauben. Da der Korpus fast ausschließlich
mit Knorpel überzogen ist, kommen Minifragmentplatten kaum infrage. Kleine osteochondrale
Fragmente werden mit Minischrauben oder absorbierbaren Stiften stabilisiert. Die „lost-K-wire“-Technik
birgt ein hohes Risiko für Implantatmigration. Eine intraartikuläre Schraubenlage
muss am Ende der Operation radiologisch ausgeschlossen sein. Ist keine ausreichende
Stabilität mit der Osteosynthese zu erzielen, kann ein gelenkübergreifender Fixateur
externe oder eine temporäre Kirschner-Draht-Spickung die Stabilität erhöhen. In den
seltenen Fällen, in denen keine akzeptable Reposition und Stabilität mit der Osteosynthese
gelingt, ist ein Belassen des partiellen rekonstruierten Taluskorpus mit sekundärer
tibiotalarer Arthrodese wahrscheinlich einer Talektomie mit primärer oder sekundärer
tibiokalkanearer Arthrodese vorzuziehen. Eine primäre Arthrodese des USG wird nur
in den Fällen durchgeführt, bei denen die Gelenkflächen hoffnungslos zerstört sind
und der Rekonstruktionsversuch nur die Rehabilitation des Patienten verzögert, da
eine spätere Arthrodese unausweichlich erscheint.
Nachbehandlung
Wie bei den Talushalsfrakturen erfolgt postoperativ eine Teilbelastung von 10–20 kg
im Unterschenkelgips für 8–12 Wochen, gelegentlich auch länger, bis eine radiologische
Konsolidation eingetreten ist. Frühzeitige Bewegungsübungen sind bei ausreichender
Stabilität erlaubt.
Ergebnisse
Die Ergebnisse korrelieren eng mit dem initialen Ausmaß der Verletzung, wobei Subluxationen,
Luxationen und relevante Knorpelschäden zu schlechten Ergebnissen führen. Avaskuläre
Osteonekrosen werden in 38–50 % und posttraumatische Arthrosen in 65–100 % bereits
nach 1–2 Jahren gefunden [13], [14]. Wiederum scheint eine unmittelbare Osteosynthese, entgegen der langjährigen Lehrmeinung,
keinen Einfluss auf das Langzeitergebnis zu haben.
Offene Talushalsfrakturen
Offene Talushalsfrakturen
Die offenen Talushalsfrakturen werden nach Gustilo und Anderson eingeteilt [22]. Wenn es durch die Luxation des Taluskorpus oder -kopfs zum Aufreißen der Haut und
der darunterliegenden Weichteile kommt, ist frühzeitig innerhalb der ersten 24 Stunden
ein sehr gründliches Débridement mit ausgiebiger Spülung vor der Osteosynthese vorzunehmen.
In der Regel handelt es sich bei den offenen Frakturen um komplexe Verletzungen, die
mit einer höheren Rate an Infektionen, avaskulären Osteonekrosen und posttraumatischen
Arthrosen einhergehen. Um eine weitere Schädigung der bereits kompromittierten Weichteile,
Wundheilungsstörungen und Infektionen zu umgehen, sollte nach der Reposition luxierter
Fragmente die definitive operative Stabilisation entweder unmittelbar innerhalb der
ersten 12–24 Stunden oder nach Anlage eines Fixateur externe und Abklingen der Entzündungsphase
nach 8–10 Tagen erfolgen. Große Weichteildefekte werden möglichst in den ersten 48
Stunden mit einer gestielten oder freien Lappenplastik gedeckt, eine längere Behandlung
mit Kunsthaut oder Vakuumverband führt zur Kontamination und erhöht das Infektrisiko.
Solange der luxierte Taluskorpus noch weichteilgestielt ist, wird die Reposition und
Osteosynthese empfohlen [23]. Die theoretische Vorstellung, durch eine primäre tibiotalare oder subtalare Arthrodese
die Blutversorgung des Taluskorpus zu optimieren und eine allfällige Osteonekrose
zu verhindern, ließ sich bisher klinisch nicht nachvollziehen [6].
Bei den offenen Talushalsfrakturen, bei denen der luxierte Taluskorpus nicht mehr
weichteilgestielt ist, gehen die Meinungen hinsichtlich Reposition oder primärer,
verkürzender Arthrodese auseinander. Solange der Taluskorpus nicht hoffnungslos zertrümmert
oder stark kontaminiert ist, ist die Reposition und Osteosynthese wahrscheinlich vorteilhaft.
Ist dies jedoch der Fall, wird eine primäre oder, bei starker Verschmutzung nach einer
angemessenen Antibiotikatherapie, eine sekundäre tibiokalkaneare Arthrodese durchgeführt
[8]. Zum Erhalt der Rückfußhöhe können bei keimfreien Weichteilen 1 oder 2 Beckenkammspäne
zwischen Tibia und Kalkaneus interponiert werden. Die Ergebnisse nach der tibiokalkanearen
Arthrodese sind bei allerdings geringen Fallzahlen akzeptabel [24]. Ein Entfernen des Korpus ohne tibiokalkaneare Arthrodese führt zu einer erheblichen
Behinderung mit Instabilität, Schmerzen und Verkürzung der Extremität [4], [25].
Frakturen des Processus lateralis tali (Snowboarderʼs Fracture)
Frakturen des Processus lateralis tali (Snowboarderʼs Fracture)
Die Frakturen des Processus lateralis machen 24 % aller Taluskorpusfrakturen aus.
Sie betreffen sowohl die laterale talofibulare Gelenkfläche des OSG als auch den lateralen
Anteil der posterioren USG-Facette. Die knöcherne Architektur des Processus lateralis
und die anhaftenden Ligamente tragen erheblich zur Stabilität des OSG bei. Der Unfallmechanismus
wurde bis vor Kurzem in einer starken Dorsalflexion des invertierten Rückfußes gesehen.
Biomechanische Experimente sprechen jedoch für eine kombinierte Dorsalflexion und
Eversion oder Außenrotation unter axialer Last, welche zu diesem Frakturtyp führt
[26].
Röntgendiagnostik
Die konventionelle Diagnostik umfasst eine anteroposteriore und seitliche OSG-Aufnahme.
Eine Brodén-Aufnahme trägt zur Diagnosesicherung bei. Eine CT hilft, das Ausmaß der
Verletzung besser einschätzen zu können und sollte vor einer operativen Therapie nicht
fehlen. Die Frakturen des Processus lateralis werden im konventionellen Bild vielfach
übersehen.
Klassifikation
Die Frakturen des Processus lateralis werden wiederum nach Hawkins eingeteilt [27].
Typ I: eine einfache Frakturlinie mit einem großen Fragment, sowohl das talofibulare
Gelenk als auch das USG betreffend ([Abb. 5]).
Abb. 5 Weibliche Patientin, 29 Jahre, mit einer Fraktur des Processus lateralis tali Typ
I nach Klettersturz. Die Unfall-CT-Rekonstruktionen des OSG koronar und sagittal in
der oberen Reihe zeigen ein einfaches, großes Fragment. In der unteren Reihe die konventionellen
Bilder mit Brodén-View und seitlichem Strahlengang der Jahreskontrolle nach Osteosynthese
mit 2,0-mm-Schrauben über einen Subtalarzugang ohne Hinweis auf OSG-Arthrose.
Typ II: Trümmerfraktur des gesamten Processus lateralis.
Typ III: kleine Abscherfraktur der Spitze des Processus lateralis, die nur das USG
involviert.
Therapie
Die Therapie richtet sich nach der Größe des Fragments und dem Ausmaß der Zertrümmerung.
Kleine und nicht dislozierte Frakturen (Typ III) werden konservativ mit einer Ruhigstellung
im Unterschenkelgips mit Rückfußinversion und einer Teilbelastung von maximal 10 kg
über 4–6 Wochen behandelt. Größere Fragmente (Typ I) werden offen reponiert und mit
2,0-mm-Schrauben fixiert. Stark zertrümmerte Fragmente werden besser exzidiert (Typ
II). Die Frakturen werden über einen lateralen Subtalarzugang versorgt.
Nachbehandlung
Die operativ stabilisierten Frakturen des Processus lateralis werden im Unterschenkelgips
mit leichter Rückfußinversion und einer Teilbelastung von maximal 10 kg über 6–8 Wochen
ruhiggestellt.
Ergebnisse
Nach der operativen Therapie der Frakturen des Processus lateralis darf in der großen
Mehrheit mit guten und sehr guten Ergebnissen gerechnet werden. Die besten Ergebnisse
zeigen dabei die Typ-I-Frakturen [28]. Es kehren aber nur ca. 20 % zum vorherigen Aktivitätsniveau zurück und eine USG-Arthrose
entwickelt sich in 15–25 % der Fälle. Pseudarthrosen werden v. a. bei konservativ
behandelten Patienten gesehen. Bei symptomatischer USG-Arthrose ist eine Arthrodese
ohne wesentlichen Funktionsverlust empfehlenswert.
Komplikationen der Talusfrakturen
Komplikationen der Talusfrakturen
Die Infektrate der Talusfrakturen liegt zwischen 3 und 8 %, davon bis zu 3 % tiefe
Infekte. Während die oberflächlichen Infekte und Wundrandnekrosen durch Ruhigstellung
und antiseptische Verbände normalerweise folgenlos ausheilen, erfordern tiefe Infekte
ein radikales Débridement von infiziertem und nekrotischem Gewebe mit ausgiebiger
Spülung, gelegentlich zumindest partieller Metallentfernung und äußerer Fixation.
Weichteildefekte werden vorübergehend mit einem Vakuumverband geschlossen, sollten
aber frühzeitig nach Infektsanierung plastisch gedeckt werden. Die septische Nekrose
des Talus ist eine schwerwiegende Komplikation und bedarf einer partiellen oder kompletten
Talektomie, temporären Auffüllung des Knochendefekts mit antibiotikahaltigem PMMA
und letztlich einer sekundären tibiokalkanearen Arthrodese [29].
Die avaskuläre Osteonekrose des Talus kann auf konventionellen Röntgenbildern nach
4–6 Monaten an dem strahlenundurchlässigen, weißlichen Erscheinungsbild des Knochens
erkannt werden. Das Ausmaß der Osteonekrose wird mit dem MRT diagnostiziert. Eine
vollständige Revaskularisation des Talus in 21 % der Osteonekrosen innerhalb von 2
Jahren ist in einer Fallserie beschrieben, während 42 % persistierende, aber asymptomatische
Osteonekrosen aufwiesen und 37 % einen Kollaps des Talusdoms entwickelten [30]. Über 2–3 Jahre hinweg kann der nekrotische Knochen wieder aufgebaut werden („creeping
substitution“) [31]. Eine Entlastung oder Ruhigstellung währenddessen ist nicht erforderlich und kann
sogar die Remineralisation verzögern. Kommt es letztlich zum Kollaps des Talusdoms,
ist eine Nekrosektomie, Knochentransplantation und eine Arthrodese tibiotalar und/oder
des USG zumeist unausweichlich.
Eine Osteonekrose begünstigt sicher das Auftreten von Pseudarthrosen, gleichwohl ist
eine Pseudarthroserate von nur 12 % bei Talushalsfrakturen Typ III beschrieben [6]. Weitere Ursachen einer Pseudarthrose werden in einer unzureichenden Reposition
und Stabilisation gesehen.
Die Besonderheit des Talus ist seine überwiegend aus Gelenkflächen bestehende Oberfläche
und die damit verbundene, generell prekäre Durchblutung bei Frakturen und Luxationen
mit hoher Rate an Osteonekrosen und Pseudarthrosen.
Angaben zur Entwicklung posttraumatischer Arthrose nach den Talusfrakturen variieren
in der Literatur erheblich. Wie zu erwarten, nimmt die Arthroserate in Relation mit
der Zeit nach der Fraktur zu, die Patienten werden aber nicht alle symptomatisch.
Ein in relevanter Fehlstellung verheilter Talus und Gelenkstufen führen zur Überlastung
der Gelenkpartner und sind als präarthrotische Deformität zu werten. Die symptomatische
endgradige Arthrose kann mit einer OSG-Prothese behandelt werden, sofern keine ausgeprägte
avaskuläre Osteonekrose die Implantation verbietet. In diesem Fall ist der OSG-Prothese
eine OSG-Arthrodese mit Knochentransplantation vorzuziehen.
Eine Fehlstellung mit Achsabweichung oder inkongruenter Gelenkfläche tritt in bis
zu 32 % nach Talusfrakturen auf und ist durchweg mit schlechten Ergebnissen assoziiert
[32]. Übersehene Frakturen, konservative Behandlung von dislozierten Frakturen und eine
unzureichende Reposition werden als Ursachen angeführt. Die häufigste Fehlstellung
ist eine Abweichung des Taluskopfs nach medial als Folge der medialen Trümmerzone,
was zu einer reduzierten Beweglichkeit mit relevanten Druckveränderungen im USG und
im Chopart-Gelenk führt. Gelenkerhaltende operative Korrekturen zur Wiederherstellung
der Anatomie sind sinnvoll, solange der Gelenkknorpel noch nicht übermäßig geschädigt
ist und bedürfen zur exakten Planung einer umfangreichen präoperativen Abklärung mit
konventionellem Röntgen, CT und MRT.