Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2014; 21(03): 112
DOI: 10.1055/s-0034-1383453
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Weniger Rückfälle und Nebenwirkungen: Melioidose ohne Doxycyclin therapieren – Neues zur Therapie der tropischen Zeitbombe

Chetchotisakd P, Chierakul W, Chaowagul W et al.
Trimethoprim-sulfamethoxazole versus trimethoprimsulfamethoxazole plus doxycycline as oral eradicative treatment for melioidosis (MERTH): a multicentre, double-blind, non-inferiority, randomised controlled trial.

Lancet 2014;
383: 807-814
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
23. Juni 2014 (online)

 

Chetchotisakd P, Chierakul W, Chaowagul W et al. Trimethoprim-sulfamethoxazole versus trimethoprim-sulfamethoxazole plus doxycycline as oral eradicative treatment for melioidosis (MERTH):
a multicentre, double-blind, non-inferiority, randomised controlled trial. Lancet 2014; 383: 807–814

Thema: Die Melioidose wird selten importiert – für den Tropenmediziner ist die Erkrankung aber wichtig, da er insbesondere bei Fragen zur Therapie konsultiert werden kann. Die Standardtherapie besteht aus einer mindestens 2-wöchigen Akuttherapie mit Meropenem 25 mg/kg (maximal 1 g) alle 8 Stunden oder Imipenem 20 mg/kg alle 8 Stunden bis zu 60 mg/kg/Tag (alternativ auch Ceftazidim), gefolgt von einer 20-wöchigen Eradikationstherapie mit TMP/SMZ und eventuell Doxycyclin.

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(Bild: Fotolia; S. Kaulitzki)

Projekt: Im Lancet wurde jetzt eine Studie aus Thailand publiziert, in der Patienten in 2 Gruppen randomisiert wurden: Eine erhielt TMP/SMZ plus Doxycyclin (die in Thailand übliche Therapie), die andere nur TMP/SMZ (die in Australien übliche Therapie).

626 Patienten wurde eingeschlossen: 311 in die Gruppe TMP/SMX plus Placebo und 315 in die Gruppe TMP/SMX plus Doxycyclin.

Ergebnis: 16 Patienten (5 %) in der Gruppe TMP/SMX + Placebo und 21 Patienten (7 %) in der Gruppe TMP/SMX+Doxycyclin entwickelten einen kulturell bestätigten Melioidoserückfall (HR = 0,81; 95 %-KI: 0,42–1,55) – teilweise allerdings mit einem anderen Genotyp, also im Sinne einer Neuinfektion. Damit war das Kriterium für Nichtunterlegenheit erfüllt (p = 0,01). Nebenwirkungen traten in der Gruppe TMP/SMX + Placebo seltener auf als in der Gruppe TMP/SMX + Doxycyclin (122 [39 %] vs 167 [53 %]).

Fazit: Damit ergibt sich, dass Melioidosepatienten mit TMP-SMX ohne Doxycyclin behandelt werden sollten.

Kommentar

Die Melioidose ist eine in Südostasien, Mittel- und Südamerika und Australien häufige Erkrankung. Importierte Fälle bei Reisenden sind selten [ 1 ]. So wurden in einer Auswertung des GeoSentinel-Netzwerks für die Jahre 2007 bis 2011 insgesamt 9 Melioidosefälle gesehen, vorwiegend importiert aus Thailand, Singapur und Malaysia [ 2 ]. Es wurden auch Todesfälle bei Reisenden beschrieben [ 3 ]. Nach einer Inkubationszeit sehr unterschiedlicher Länge von wenigen Tagen bis zu 62 Jahren – was der Erkrankung den Beinamen „tropical time bomb“ verliehen hat – kommt es zur Ausprägung klinischer Symptome mit unterschiedlicher Fulminanz. Zwei Verlaufsformen – akut bis subakut oder chronisch mit Relaps oder Reaktivierung – lassen sich unterscheiden. Die akute pulmonale Form verläuft meist mit Bronchitis, Pneumonie, Abszess, selten mit Ergüssen. Oder es kommt zu chronischer Abszessbildung in verschiedenen Organen. Bei Reisendem mit unklarem Fieber, unklaren Organabszessen und unklaren Pneumonien ist bei entsprechender geografischer Anamnese an die Melioidose zu denken [ 4 ].

Der vor allem an Schmutzwasser und Erde gebundene Erreger hat ein besonderes Resistenzspektrum und muss daher komplex antibiotisch und sehr lange behandelt werden [ 5 ]. Nach dieser jetzt publizierten Studie sollte die Eradikationstherapie mit TMP/SMX durchgeführt werden – ohne Doxycyclin. Natürlich bleiben noch Fragen offen, zum Beispiel die nach der optimalen Dauer der Eradikationstherapie. Und natürlich ist auch auf Nebenwirkungen des TMP/SMX hinzuweisen: allergische Reaktionen bis hin zum Stevens-Johnson-Syndrom, Knochenmarkssuppression, Nierenversagen und Leberschaden. Hyperkaliämie und Kreatininanstiege sind möglich, insbesondere bei vorbestehenden Nierenerkrankungen. Und bei der langen Therapiedauer ist auch an eine eventuelle Folatsubstitution zu denken.

Gerd Burchard, Hamburg
Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit


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  • Literatur

  • 1 Subran B, Ackermann F, Watin-Augouard L et al. Melioidosis in a European traveler without comorbidities: a case report and literature review. Int J Infect Dis 2013; 17: e781-783
  • 2 Leder K, Torresi J, Libman MD et al. GeoSentinel surveillance of illness in returned travelers, 2007–2011. Ann Intern Med 2013; 158: 456-468
  • 3 Jensenius M, Han PV, Schlagenhauf P et al. Acute and potentially life-threatening tropical diseases in western travelers – a Geo Sentinel multicenter study, 1996–2011. Am J Trop Med Hyg 2013; 88: 397-404
  • 4 Wiersinga WJ, Currie BJ, Peacock SJ et al. Melioidosis. N Engl J Med 2012; 367: 1035-1044
  • 5 Lipsitz R, Garges S, Aurigemma R et al. Workshop on treatment of and postexposure prophylaxis for Burkholderia pseudomallei and B. mallei Infection, 2010. Emerg Infect Dis 2012; 18: e2

  • Literatur

  • 1 Subran B, Ackermann F, Watin-Augouard L et al. Melioidosis in a European traveler without comorbidities: a case report and literature review. Int J Infect Dis 2013; 17: e781-783
  • 2 Leder K, Torresi J, Libman MD et al. GeoSentinel surveillance of illness in returned travelers, 2007–2011. Ann Intern Med 2013; 158: 456-468
  • 3 Jensenius M, Han PV, Schlagenhauf P et al. Acute and potentially life-threatening tropical diseases in western travelers – a Geo Sentinel multicenter study, 1996–2011. Am J Trop Med Hyg 2013; 88: 397-404
  • 4 Wiersinga WJ, Currie BJ, Peacock SJ et al. Melioidosis. N Engl J Med 2012; 367: 1035-1044
  • 5 Lipsitz R, Garges S, Aurigemma R et al. Workshop on treatment of and postexposure prophylaxis for Burkholderia pseudomallei and B. mallei Infection, 2010. Emerg Infect Dis 2012; 18: e2

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(Bild: Fotolia; S. Kaulitzki)