Schlüsselwörter
Diabetes - Humaninsulin - Insulinanaloga - HbA
1c
- Hypoglykämien - Körpergewicht
Keywords
diabetes - human insulin - insulin analogues - HbA
1c
- hypoglycemia - body weight
Kurz wirksame Insuline
Bei allen subkutan injizierten kurz wirksamen Insulinen ist eine im Vergleich zur
körpereigenen Insulinsekretion abweichende Kinetik unvermeidbar. Dies gilt
insbesondere für das gentechnologisch hergestellte Humaninsulin (Normalinsulin). Es
liegt im subkutanen Fettdepot in Form von Hexameren vor, die sich für den Übertritt
in die Blutbahn erst auflösen müssen. Durch einen Spritz-Ess-Abstand von ca. 15–30
Minuten kann das Wirkmaximum gegebenenfalls auf den Zeitpunkt der maximalen
postprandialen Blutzuckerkonzentration ausgerichtet werden. Jedoch bleibt das
Problem einer deutlich flacheren Wirkungskurve als bei der körpereigenen
Insulinsekretion. Mögliche Folgen sind erhöhte postprandiale Blutzuckerspitzen
und/oder Hypoglykämien durch eine längere Insulinwirkung als die mahlzeitenbedingte
Glukosebelastung. Mit Zwischenmahlzeiten kann der Hypoglykämie-Neigung zwar begegnet
werden, jedoch können die erneute Glukosebelastung, die zusätzliche Kalorienzufuhr
und der fixe Zeitpunkt der zusätzlichen Nahrungsaufnahme von Nachteil sein.
Bei den drei kurz wirksamen Insulinanaloga Insulin lispro (Humalog®,
Liprolog®), Insulin aspart (NovoRapid®) und Insulin
glulisin (Apidra®) ist die Neigung zur Ausbildung von Hexameren
herabgesetzt, indem das Humaninsulinmolekül in der B-Kette an einer oder zwei
Positionen verändert wurde (Insulin lispro: die Aminosäuren 28 (Lysin) und 29
(Prolin) liegen in umgekehrter Reihenfolge vor, Insulin aspart: Asparaginsäure statt
Prolin an Position 28, Insulin glulisin: Glutaminsäure statt Lysin an Position 29,
Lysin statt Asparagin an Position 3 [5]. Dadurch tritt die Insulinwirkung innerhalb
von 5–15 Minuten nach subkutaner Injektion ein, so dass in der Regel kein
Spritz-Ess-Abstand notwendig ist [13]. Dies kann
vorteilhaft sein, wenn der Zeitpunkt für eine Mahlzeit schwer vorhersehbar ist.
Einzelne Patientengruppen können aber von dem Wirkprofil des Humaninsulins
profitieren (z. B. bei Gastroparese). Ein kurzer Spritz-Ess-Abstand kann auch bei
den kurz wirksamen Insulinanaloga sinnvoll sein, wenn Mahlzeiten mit hoher
glykämischer Last auf eine verstärkte Insulinresistenz treffen (z. B. in den
Morgenstunden).
Die maximale Serumkonzentration der kurz wirksamen Insulinanaloga ist nach subkutaner
Gabe deutlich höher und die Wirkungsdauer kürzer als bei kurz wirksamem Humaninsulin
(Abb.
[1]) [13].
Dementsprechend zeigen kurz wirksame Insulinanaloga eine signifikant bessere
postprandiale Glukoseregulation [13]
[21]
[30], bei gleichzeitig
besserer Hemmung der Glukoseproduktion in der Leber [2].
Abb.1 Wirkprofile der kurz und lang wirksamen Insuline nach subkutaner
Injektion – schematische Darstellung (Darstellung auf Basis von Daten aus [25]).
In großen epidemiologischen Untersuchungen gab es Anzeichen für kardiovaskuläre
Risiken durch erhöhte postprandiale Blutzuckerwerte [24]. Kleinere Studien weisen darauf hin, dass die effektivere Senkung
postprandialer Blutzuckerspitzen durch kurz wirksame Insulinanaloga im Vergleich zu
Humaninsulin kardiovaskuläre Parameter – wie z. B. Endothelfunktion, postprandiale
Myokarddurchblutung und diastolische Herzfunktion – verbessern [10]
[32]
[33]. Retrospektive Datenbankanalysen aus deutschen Arztpraxen ergaben
reduzierte makrovaskuläre Ereignishäufigkeiten für Insulinanaloga im Vergleich zu
Humaninsulin [16,]
[27].
Bei kurz wirksamen Insulinanaloga ist in der Regel kein Spritz-Ess-Abstand
notwendig und die postprandiale Glukoseregulation gegenüber Humaninsulin
verbessert.
Basalinsuline
Bei herkömmlichen Basalinsulinen wird der Verzögerungseffekt durch eine Bindung an
das neutrale Protamin Hagedorn (NPH) erreicht. NPH-Insulin hat den Nachteil, dass
das gründliche Durchmischen der Suspension zur Injektion zeitaufwendig und
fehleranfällig ist [1]. Außerdem ist das Wirkmaximum nach
4–10 Stunden relativ stark ausgeprägt, wodurch insbesondere in der Nacht aufgrund
der dann erhöhten Insulinempfindlichkeit Hypoglykämien auftreten können. Bei den
lang wirksamen Insulinanaloga Insulin glargin (Lantus®) und Insulin
detemir (Levemir®) ist ein Durchmischen nicht notwendig, beides sind
klare Lösungen.
Der Verzögerungseffekt von Insulin glargin beruht darauf, dass es durch geringfügige
Veränderungen am Humaninsulin-Molekül (A-Kette: Glycin anstelle von Asparagin an
Position 21; B-Kette: zusätzlich zwei Arginine an Position 31 und 32) nur in saurem
Milieu löslich ist und im Unterhautfettgewebe Mikrokristalle bildet [5]. Diese lösen sich langsam auf und setzen die
Insulinmonomere frei.
Bei Insulin detemir ist nach Abspaltung einer terminalen Aminosäure eine Fettsäure
gebunden, sodass sich im subkutanen Fettgewebe Dihexamere bilden. Sie zerfallen
langsam in Monomere [5]. Durch die Fettsäure wird Insulin
detemir nach Injektion an Albumin gebunden. Dies bedingt möglicherweise eine
gleichmäßigere Freisetzung von Insulin detemir und könnte die geringere
intraindividuelle Variabilität des Wirkprofils von Insulin detemir im Vergleich zu
NPH-Insulin, aber auch im Vergleich zu Insulin glargin erklären [7]
[15].
Im Vergleich zu NPH-Insulin ist bei lang wirksamen Insulinanaloga das Wirkmaximum
reduziert und die Wirkdauer deutlich verlängert (Abb.
[1]) [5]. Dabei kann die Wirkdauer der Insuline
individuell und dosisabhängig unterschiedlich sein.
Während NPH-Insulin aufgrund seines kürzeren Wirkprofils üblicherweise zur Nacht
gegeben wird, können lang wirksame Insulinanaloga zu jeder Tageszeit verabreicht
werden. Der Zeitpunkt sollte dann allerdings von Tag zu Tag beibehalten werden. Für
die abendliche Gabe spricht die bessere Wirkung auf den Nüchternblutzucker, während
sich bei morgendlicher Gabe die Blutzuckerwerte vor dem Abendessen besser
darstellen. Vorrangig benötigen Patienten mit Typ-2-Diabetes das Basalinsulin zur
Nacht, um der Glukoseneubildung der Leber zu begegnen. Ein eventueller Bedarf über
Tag lässt sich durch ansteigende Blutzuckerspiegel im Rahmen eines Fastentests
erfassen.
Metaanalysen von Studien zu Insulin detemir oder Insulin glargin versus NPH-Insulin
ergaben bei vergleichbarem HbA1c signifikante Reduktionen der
symptomatischen und der nächtlichen Hypoglykämien [22]
[35] (Abb.
[2]). Außerdem zeigte sich unter Insulin detemir, nicht jedoch unter
Insulin glargin, eine signifikant günstigere Entwicklung des Körpergewichts [22].
Abb. 2 Metaanalyse zu Hypoglykämien bei lang wirksamen Insulinanaloga im
Vergleich zu NPH-Insulin bei Typ-2-Diabetes [22].
Dargestellt ist das Risikoverhältnis (Hazard-Ratio mit 95%-Konfidenzintervall
[KI]) für die Inzidenz von Hypoglykämien (gesamt, symptomatisch, nächtliche,
schwere) unter Verwendung lang wirksamer Insulinanaloga im Vergleich zu
NPH-Insulin. Das Risiko für Hypoglykämien gesamt, sowie für symptomatische und
nächtliche Hypoglykämien ist unter lang wirksamen Insulinanaloga signifikant
geringer im Vergleich zu NPH-Insulin.
Ein Durchmischen der Suspension ist nur bei NPH-Insulinen notwendig. Lang
wirksame Insulinanaloga sind aufgrund der größeren Flexibilität bezüglich des
Injektionszeitpunkts und des geringeren Hypoglykämie-Risikos von Vorteil.
Lang wirksame Insulinanaloga im Vergleich
Lang wirksame Insulinanaloga im Vergleich
Die Wirkdauer von Insulin detemir und Insulin glargin beträgt bei der Therapie des
Typ-2-Diabetes mit Dosierungen von 0,4–0,8 E/kg KG bis zu 24 Stunden [7]
[19]. Hinsichtlich
Wirksamkeit und Hypoglykämie-Risiko ergab sich in einer Gesamtauswertung von Studien
kein klinisch relevanter Unterschied zwischen Insulin detemir und Insulin glargin
bei Patienten mit Typ-2-Diabetes [34]. Insulin detemir
war mit einer geringeren Gewichtszunahme assoziiert als Insulin glargin, aber auch
mit einer höheren Insulindosis [34]. Allerdings wurde
Insulin detemir in diesen Studien häufig zweimal täglich gegeben. Explorative
Studienanalysen zum Typ-2-Diabetes zeigen jedoch, dass die zweimal tägliche Gabe von
Insulin detemir im Vergleich zur einmal täglichen Gabe zu höheren Dosen führte und
den Gewichtsvorteil verringerte ohne die Blutzuckerkontrolle weiter zu verbessern
[15].
Im Januar 2013 wurde Insulin degludec (Tresiba®) von der europäischen
Arzneimittelbehörde neu zugelassen. Im Vergleich zu Insulin glargin ist seine
Halbwertszeit doppelt so lang mit einer signifikant geringeren intraindividuellen
Variabilität der blutzuckersenkenden Wirkung von Tag zu Tag [4]. Die
pharmakodynamischen Eigenschaften scheinen sich insbesondere auf das Risiko
nächtlicher Hypoglykämien positiv auszuwirken. Die Rate an Hypoglykämien (gesamt,
nächtlich) bei Typ-2-Diabetes war in der Metaanalyse signifikant niedriger im
Vergleich zu Insulin glargin [28]. Insulin degludec kann
bei Bedarf tageszeitlich flexibel verabreicht werden, wobei mindestens 8 und
höchstens 40 Stunden Abstand zwischen zwei Injektionen einzuhalten sind [4].
Insulin detemir und Insulin glargin sind hinsichtlich Blutzucker-einstellung und
Hypoglykämie-Risiko vergleichbar, wobei sich Insulin detemir vorteilhaft auf die
Gewichtsentwicklung auswirken kann. Unter Insulin degludec war die
Hypoglykämie-Inzidenz bei Typ-2-Diabetes noch niedriger als unter Insulin
glargin.
Mischinsuline
Misch- oder auch Kombinationsinsuline enthalten einen kurz und einen lang wirksamen
Insulinbestandteil. Der lang wirksame Anteil besteht bei den derzeit auf dem Markt
befindlichen Präparaten aus Protamin-gebundenem Insulinanalogon oder Humaninsulin,
so dass diese deshalb auch vor Verwendung sorgfältig durchmischt werden müssen.
Metaanalysen mit dem biphasischen Insulin aspart 30 ergaben im Vergleich zu humanem
Mischinsulin einen signifikant geringeren postprandialen Blutzuckeranstieg bei
vergleichbaren HbA1c-Reduktionen und vergleichbaren Hypoglykämie-Raten
(gesamt) [3]
[26].
Reduktion des HbA1c
Bei insulinnaiven Patienten mit unzureichend eingestelltem Typ-2-Diabetes senken
Insulinanaloga den HbA1c-Wert im Mittel um 1 bis 2 Prozentpunkte
gegenüber der vorherigen Therapie. Hierzu stehen vier verschiedene Formen der
Insulintherapie (und ihre Abwandlungen) zur Verfügung:
-
Basal unterstützte orale Therapie (BOT), bei der ergänzend zum oralen
Antidiabetikum ein Basalinsulin injiziert wird [6]
[8]
[12]
[20].
-
Supplementäre Insulintherapie (SIT), bei der ein kurz wirksames Insulin zu
den Hauptmahlzeiten injiziert wird, eventuell in Kombination mit Metformin
und bei Bedarf ergänzt durch Basalinsulin [12]
[14]
[18].
-
Konventionelle Insulintherapie (CT) mit Mischinsulin mit oder ohne orales
Antidiabetikum [3]
[12]
[14]
[26].
-
Intensivierte Insulintherapie (ICT) mit kurz wirksamem Insulin und
Basalinsulin [17].
In einer randomisierten klinischen Studie mit Insulinanaloga bei insulinnaiven
Patienten mit Typ-2-Diabetes schnitt die BOT hinsichtlich der
HbA1c-Reduktion signifikant schlechter ab als die supplementäre und die
konventionelle Insulintherapie [12]. Dagegen war die BOT
mit der geringsten Hypoglykämierate und der günstigsten Gewichtsentwicklung
assoziiert. Nach dem ersten Studienjahr musste bei einem Großteil der Patienten ein
weiteres Insulin eingesetzt werden, um den Zielwert zu erreichen (konventionelle
Insulintherapie 67,7 %, supplementäre Insulintherapie 73,6 %, BOT 81,6 %). Zum
Studienende nach 3 Jahren war die HbA1c-Reduktion bei den drei Gruppen
vergleichbar [11]. Auch in deutschen Arztpraxen zeigte
sich, dass mehr als 80 % der zunächst mit einer supplementären Insulintherapie
behandelten Patienten im ersten Jahr zusätzlich ein Basalinsulin benötigten [29]. Daher sollte nach Beginn einer BOT oder
supplementären Insulintherapie auf eine bedarfsgerechte zeitnahe Intensivierung der
Therapie geachtet werden. Bei bereits laufender Therapie mit herkömmlichen Insulinen
kann nach Umstellung auf Insulinanaloga der HbA1c-Wert zusätzlich
reduziert werden. Dabei können durchschnittliche Reduktionen um 1 bis 2
Prozentpunkte erreicht werden [9]
[14].
In randomisierten klinischen Studien zu Insulinen werden für die Behandlungsgruppen
üblicherweise identische Blutzuckerzielbereiche und damit ähnliche
HbA1c-Werte am Studienende angestrebt, um eine Vergleichbarkeit
insbesondere hinsichtlich der Hypoglykämieraten zu erreichen. Dadurch wurden in
diesen Studien in der Regel vergleichbare Reduktionen des HbA1c-Werts
unter Insulinanaloga und herkömmlichen Insulinen festgestellt [22]
[30].
Bei insulinnaiven Patienten reduziert die Insulintherapie den
HbA1c-Wert im Mittel um 1 bis 2 Prozentpunkte. Bei unzureichend
eingestelltem HbA1c unter Humaninsulin können Insulinanaloga eine
zusätzliche Reduktion bewirken.
Einfluss der Insulintherapie auf verschiedene Parameter
Einfluss der Insulintherapie auf verschiedene Parameter
Hypoglykämien
Die Angst vor Hypoglykämien ist ein wesentlicher Hinderungsgrund für den Beginn
einer Insulintherapie [17]. In einer
Beobachtungsstudie kam es nach Beginn der Insulintherapie mit Insulinanaloga nur
bei der intensivierten Insulintherapie zu einem signifikanten Anstieg der
Hypoglykämien, nicht jedoch bei der BOT, supplementären oder konventionelle
Insulintherapie [14]. Bei einer BOT ist in den
ersten 12 Wochen lediglich bei einem von 500 Patienten mit einer schweren
Hypoglykämie und bei einem von 50 Patienten mit einer symptomatischen
Hypoglykämie zu rechnen [6]. Gleichwohl kann es bei
älteren insulinnaiven Patienten über 65 Jahre nach Einleitung einer BOT zu
vermehrten Hypoglykämien kommen [20].
Blutglukoseschwankungen
Bei schwankenden Blutzuckerwerten mit Hypo- und Hyperglykämien sollten auch
Lipohypertrophien als Ursache in Betracht gezogen werden. Diese gutartigen
Fettgewebsveränderungen führen an den Spritzstellen zu Bereichen mit stark
unterschiedlicher regionaler Durchblutung und Resorptionsfähigkeit [36]. Daher sollte auf die richtige Spritztechnik und
eine Rotation der Injektionsstellen geachtet werden. Außerdem sind die Bildung
einer Hautfalte, eine langsame Injektion, die richtige Auswahl des
Injektionsorts und der Nadelwechsel im Zusammenhang mit der Insulingabe zu
beachten. Gemäß einer Erhebung aus Deutschland traten bei 42 % der Patienten mit
Diabetes unerklärliche Blutglukoseschwankungen auf, die durch ungünstige oder
falsche Injektionsgewohnheiten bzw. -auffälligkeiten verursacht gewesen sein
könnten [31].
Abb. 3 Verteilung der Insulinarten in Europa (basierend auf internen
Kalkulationen von IMS Health MIDAS QUANTUM, Juli 2014).
Körpergewicht
Nach Einleitung einer Insulintherapie kann das Körpergewicht ansteigen. Als
Ursachen kommen insbesondere die verbesserte Glukoseverwertung, eine
Appetitsteigerung und bei Humaninsulin eventuell notwendige Zwischenmahlzeiten
in Betracht. Vorteilhafte Ergebnisse zum Gewichtsproblem wurden vor allem bei
einer BOT mit Insulin detemir und einer supplementären Insulintherapie mit kurz
wirksamen Insulinanaloga festgestellt [8]
[18].
Die Einleitung einer BOT, supplementären oder konventionellen Insulintherapie
ist nicht zwangsläufig mit einem erhöhten Hypoglykämierisiko verbunden.
Lipohypertrophien sind eine wichtige Ursache für unerklärliche
Blutglukoseschwankungen. Der Gewichtsproblematik kann durch eine BOT mit
Insulin detemir entgegengewirkt werden.
Wechsel von herkömmlichen Insulinen auf Insulinanaloga
Wechsel von herkömmlichen Insulinen auf Insulinanaloga
Beim Wechsel von herkömmlichen Insulinen auf Insulinanaloga ist von Bedeutung, dass
eine internationale Einheit Human- oder NPH-Insulin einer Einheit des
Insulinanalogons entspricht. Dies trifft auch für Mischinsuline zu. So kann die
Umstellung in der Regel dosisgleich erfolgen. Gleichwohl sind Besonderheiten zu
beachten:
-
Ggf. ist eine Anpassung der Dosis des Mahlzeiteninsulins nötig.
-
Bei Insulin glargin sollte die Tagesdosis um 20–30 % reduziert werden, wenn
NPH-Insulin zuvor 2 × täglich appliziert wurde.
-
Erfahrungsgemäß benötigen Patienten mit 1 × täglicher Injektion von Insulin
detemir eine geringere Dosis als bei 2 × täglicher Injektion [15].
-
Grundsätzlich ist eine Dosisreduktion aus Sicherheitsgründen zu erwägen, wenn
Hypoglykämien in der Vorgeschichte bekannt sind.
-
Umstellungen von einem Insulinpräparat auf ein anderes müssen aus
Sicherheitsgründen von Blutzuckermessungen und individuellen
Dosisanpassungen begleitet werden.
-
Der Patient sollte über die unterschiedlichen Wirkverläufe und sich daraus
ergebende Veränderungen (z.B. hinsichtlich Spritzzeitpunkt) aufgeklärt
werden.
Zusammenfassung
Bei allen Formen der Insulintherapie konnten diverse Vorteile für Insulinanaloga im
Vergleich zu herkömmlichen Insulinen festgestellt werden. Dementsprechend gibt es
viele Konstellationen, bei denen Insulinanaloga bevorzugt verordnet werden sollten.
Dies sind z. B. Probleme mit dem Spritz-Ess-Abstand, Zwischenmahlzeiten (kurz
wirksame Humaninsuline), dem Durchmischen der Suspension oder der Notwendigkeit zur
mehrmals täglichen Gabe (NPH-Insulin). Auch der Wunsch, beim Spritz-Zeitpunkt
flexibler zu sein, gehört dazu. Bei der glykämischen Einstellung sind Insulinanaloga
von Vorteil, da sie die postprandialen Blutzuckerspiegel verbessern, ihre Wirkung
genauer vorhersagbar ist, sie zu weniger Hypoglykämien führen und im Falle von
Insulin determir der Einfluss auf das Körpergewicht günstiger ist. Für kurz wirksame
Insulinanaloga gibt es Hinweise darauf, dass diese im Vergleich zu Humaninsulinen
positive Effekte auf kardiovaskuläre Parameter und Folgekomplikationen haben
könnten. Gleichwohl können manche Patienten besser mit einem herkömmlichen Insulin
eingestellt werden, z. B. bei Gastroparese oder wenn durch das Essverhalten das
verzögerte und flachere Wirkprofil von Humaninsulin von Vorteil ist.
Tab.
[
1
] gibt eine Übersicht über die
Charakteristika von kurz und lang wirksamen Insulinanaloga.
Tab.1
Insulinanaloga im Vergleich zu herkömmlichen Insulinen bei
Typ-2-Diabetes.
Insulintyp
|
Charakteristika
|
Kurz wirksame Insulinanaloga
|
-
schnelleres Anfluten, höhere Peakwirkung, kürzere
Wirkdauer [13]
-
in der Regel kein Spritz-Ess-Abstand und keine
Zwischenmahlzeiten erforderlich [13]
-
bessere Senkung postprandialer Blutzuckerspiegel [13]
[21]
[30]
-
bei Umstellung von Humaninsulin Reduktion des
HbA1c-Wertes und der Hypoglykämien
möglich [9]
-
Hinweise auf Verbesserung kardiovaskulärer Parameter und
Folgekomplikationen [10]
[16]
[27]
[32]
[33]
-
Gabe auch postprandial möglich (z. B. geriatrische
Patienten) [23]
|
Lang wirksame Insulinanaloga
|
-
flacheres Wirkprofil, längere Wirkdauer [5]
-
kein zeitaufwendiges und fehleranfälliges
Durchmischen
-
Injektion einmal täglich möglich, tageszeitlich
flexibel*
-
intraindividuelle Schwankungen geringer [7]
-
weniger Hypoglykämien, insbesondere nachts [22]
[35]
-
geringere Gewichtszunahme bei Insulin detemir [22]
|
*Insulin glargin, Insulin detemir: Wahl einer beliebigen
Tageszeit möglich, dann jedoch jeden Tag zur gleichen Zeit
|
Unverändert fehlen große prospektive randomisierte Langzeitstudien zu den
Insulinanaloga, die die Reduktion diabetesbezogener Komplikationen im Vergleich zu
herkömmlichen Insulinen untersuchen. Dies führt zwangsläufig zu einer anderen
Bewertung des Stellenwertes der Insulinanaloga, wenn insbesondere derartige Studien
für die Analyse zugrunde gelegt werden. In anderen Ländern (wie z. B. Frankreich)
erreicht der Verordnungsanteil der Insulinanaloga im Verhältnis zu herkömmlichen
Insulinen bereits über 90 %, während dieser in Deutschland bei 58 % (Bolusinsulin)
bzw. 66% (Basalinsulin) liegt (Abb.
[3).]
Konsequenz für Klinik und Praxis
-
Der Angst vor gehäuften Hypoglykämien und einer Gewichtszunahme kann mit
der Auswahl einer geeigneten Insulintherapie bei Typ-2-Diabetes begegnet
werden.
-
Nach Einleitung der Insulintherapie ist auf eine bedarfsgerechte zeitnahe
weitere Intensivierung zu achten.
-
Bei der Wahl des Insulins sollten die Vorteile von Insulinanaloga
bezüglich Praktikabilität, Blutzuckereinstellung und Hypoglykämie-Risiko
berücksichtigt werden.