Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2014; 21(04): 169
DOI: 10.1055/s-0034-1389127
Magazin
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Weitere Neuinfektionen in Guinea, Liberia und Sierra Leone – Ebola in Westafrika dauert an

Further Information

Publication History

Publication Date:
29 August 2014 (online)

 

    Ein Ausbruch von Ebola, der im westafrikanischen Guinea seinen Ursprung hatte und der sich von dort nach Liberia und Sierra Leone ausweitete, ist auch 5 Monate nach seinem Beginn noch nicht vorüber. Im Gegenteil, die Situation verschlechtert sich derzeit wieder, und es ist zu befürchten, dass es auch noch mehrere Monate dauern wird, bis hier keine neuen Todesopfer mehr zu beklagen sind.

    Zoom Image
    (Bild: Fotolia; senoldo)

    Dabei gab es zwischenzeitlich schon Grund zur Hoffnung: Die ersten Fälle waren im Februar im Süden Guineas aufgetreten, bis April waren dann 6 der 33 Präfekturen des Landes betroffen. Außerdem hatte sich der Ausbruch auch nach Liberia ausgeweitet. Insgesamt waren bis Ende April circa 235 Verdachtsfälle gemeldet worden. Bereits seit Beginn des Aprils hatte die Zahl der Neuinfektionen dann aber stark abgenommen. Der vorerst letzte liberianische Fall wurde am 6. April gemeldet und nachdem anderthalb Monate ohne Neuinfektionen verstrichen waren, wurde der Ausbruch hier offiziell als beendet erklärt. Und auch 4 der 6 betroffenen Präfekturen Guineas hatten seit dem 9. April keine Neuinfektionen mehr gemeldet. In der Hauptstadt Conakry wurde dieses Ziel am 26. April erreicht. Lediglich in der Präfektur Gueckedou, in der der Ausbruch auch begonnen hatte, kam es weiterhin zu Neuinfektionen. Trotzdem wähnte man sich auf dem richtigen Weg, von offizieller Seite hieß es, der Ausbruch sei unter Kontrolle. Bis dann am 25. Mai der erste bestätigte Fall aus Sierra Leone gemeldet wurde. Etwa zeitgleich traten auch erneut Fälle in Conakry und weiteren, bisher nicht betroffenen Regionen Guineas auf. Anfang Juni war das Ebolafieber schließlich zurück in Liberia.

    Größter Ausbruch seit Entdeckung der Ebolaviren

    Im folgenden Monat nahm die Zahl der Neuinfektionen stark zu, bis Ende Juli waren in den 3 Ländern zusammen insgesamt 1322 Verdachtsfälle gemeldet worden, hierunter 728 mit fatalem Verlauf. Außerdem gab es einen ersten Exportfall aus Liberia nach Nigeria. Die meisten Infektionen werden mittlerweile in Sierra Leone registriert (533 Verdachtsfälle, 473 hiervon bestätigt). Aber auch in Guinea (460 Fälle, 336 bestätigt) und Liberia (329 Fälle, 100 bestätigt) weitet sich der Ausbruch immer mehr aus. Damit ist der momentane Ausbruch der größte seit der Entdeckung der Ebolaviren im Jahr 1976.

    Die Gefahr einer großflächigen, internationalen Ausbreitung wird jedoch derzeit noch als gering eingestuft, da nur wenige internationale Flüge die betroffenen Regionen verlassen. In Conakry gibt es zwar einen Flughafen, aber die Mehrzahl der Flüge steuert nur regionale Ziele an. Etwa 10 % der Flüge gehen nach Paris, sollte es zu einer Verschleppung von Fällen kommen, wäre dies also ein wahrscheinliches Ziel.


    #

    Schlechte Voraussetzungen für eine Eindämmung

    Die Ärzte und Hilfsorganisationen vor Ort haben vor allem mit 2 großen Herausforderungen zu kämpfen. Zum einen die mangelhafte Ausstattung – oft fehlt es schon an Handschuhen, von Schutzanzügen ganz zu schweigen – und zum anderen die unzureichende Aufklärung der Bevölkerung. Es ranken sich zahlreiche Mythen und auch Verschwörungstheorien um den Ausbruch. So wird unter anderem behauptet, die Regierung hätte das Virus in die von der Opposition dominierten Gebiete gebracht. Andere glauben, den Erkrankten würde im Krankenhaus eine tödliche Injektion verabreicht oder die Infektionen seien die Folge von Hexerei oder eine Strafe für begangenes Unrecht.

    Die insgesamt meist schlechte Ausstattung der Krankenhäuser der betroffenen Staaten, in denen oft minderwertige und gefälschte Medikamente verwendet werden, hat das Vertrauen der Bürger in die westliche Medizin in der Vergangenheit deutlich geschwächt. Wenn nun die wenigsten Erkrankten lebendig aus der Isolation zurückkommen (die Letalität beim derzeitigen Ausbruch liegt bei über 60 %), dann scheint es für viele vernünftig, die Krankenhäuser zu meiden. Stattdessen werden die Infizierten zu Hause gepflegt, was die Eindämmung des Ausbruchs derzeit fast unmöglich zu machen scheint. So sind auch die meisten der Verstorbenen bisher Frauen, da diese traditionell für die Pflege der Kranken und das Waschen der Leichen zuständig sind. Dagegen wurde unter den ersten 779 Infektionen nur ein Fall gemeldet, in dem ein Kind infiziert war – wahrscheinlich werden Kinder erst recht heimlich zu Hause gepflegt, aus Angst, sie in die Isolation zu geben, wo sie allein, ohne Familienangehörige und nur umgeben von Fremden in ‚Raumanzügen‘ sterben könnten.


    #

    Zahlreiche Patienten verschwinden spurlos

    Die Furcht vor Ärzten geht so weit, dass medizinisches Personal am Betreten von Dörfern gehindert wird. Teilweise wurden Ärzte bei Versuchen, sich Zutritt zu Erkrankten zu beschaffen, gesteinigt. In Sierra Leone musste die Polizei Tränengas einsetzen, um aufgebrachte Angehörige daran zu hindern, Infizierte aus den Krankenhäusern ‚zu befreien‘. Mittlerweile werden die Behinderung von Ärzten bei ihrer Arbeit und das Verstecken von Infizierten in Sierra Leone strafrechtlich verfolgt. Nach wie vor verschwinden jedoch noch zahlreiche Patienten spurlos, viele flüchten sich alleine in den Regenwald.

    Es bleibt zu hoffen, dass die Bemühungen der Regierungen und der Hilfsorganisationen, die Bevölkerung über die Art und Übertragungsweise des Ebolaerregers aufzuklären, bald Früchte tragen, sodass der Ausbruch endlich eingedämmt werden kann.

    Dr. Raymund Lösch und Dipl. Biol. Unn Klare, Bad Doberan

    Quellen: promed, WHO


    #
    #

    Zoom Image
    (Bild: Fotolia; senoldo)