physiopraxis 2014; 12(11/12): 20-21
DOI: 10.1055/s-0034-1396539
physiowissenschaft
© Georg Thieme Verlag Stuttgart - New York

Simone Wieland und Britta Guroll – Die Meinungsforscherinnen

Eva Trompetter

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Publication Date:
28 November 2014 (online)

 

In Ländern wie Kanada, Neuseeland und Australien können Physiotherapeuten Leistungen, zum Beispiel Wärme-, Elektrotherapie oder Gangschule, an Physiotherapie-Assistenten abgeben. Eine willkommene Entlastung auch für deutsche Therapeuten? Simone Wieland und Britta Guroll hörten sich unter den Kollegen um.


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Abb.: privat
Simone Wieland und Britta Guroll …

… sind 27 und 25 Jahre alt und leben in Heilbronn und in Halle (Saale). Britta Guroll absolvierte parallel zu ihrer Physiotherapieausbildung an der Uniklinik Halle den ausbildungsintegrierten Bachelorstudiengang Gesundheits- und Pflegewissenschaften an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Seit 2010 arbeitet sie in einer Physiotherapiepraxis mit orthopädisch-traumatologischem Schwerpunkt. 2012 hat sie dort den Masterstudiengang Gesundheits- und Pflegewissenschaften angehängt und Simone Wieland kennengelernt. Simone hat ihre Physiotherapieausbildung in Dresden gemacht und ebenfalls parallel ein Bachelorstudium an der Hochschule Lausitz absolviert. Sie arbeitet in einem Heilbronner Therapiezentrum und behandelt dort in einem interdisziplinären Team hauptsächlich Patienten mit muskuloskeletalen Erkrankungen. Als leitende Physiotherapeutin übernimmt sie dort auch Aufgaben im Qualitätsmanagement und in der Praxisorganisation. In ihrer Freizeit machen beide viel Sport – sie schwimmen, joggen und tanzen. Zudem verbringen sie gerne Zeit mit ihren Familien und Freunden, gehen gerne essen oder unternehmen Wochenendtrips.

Physiotherapie-Assistenten in Deutschland

Die Forschungsarbeit

Als Physiotherapeut in Deutschland einen Assistenten an seiner Seite zu haben, ist womöglich auf den ersten Blick befremdlich. Doch im Zuge der Arbeitsverdichtung und des drohenden Fachkräftemangels stellt sich die Frage, wie man die Therapeuten entlasten beziehungsweise deren Kompetenzen optimal nutzen kann. In der Pflege gibt es den Beruf des Gesundheits- und Krankenpflegehelfers. Er soll die Pflegenden in ihrer alltäglichen Arbeit unterstützen.

Ein ähnliches Modell existiert in anderen Ländern auch in der Physiotherapie, etwa in Neuseeland, England und Kanada. Dort bezeichnet man diese Hilfskräfte als Physiotherapie- Assistenten. Ihre Qualifizierung ist unterschiedlich geregelt. In England müssen Interessierte zum Beispiel spezielle mehrtägige Kurse, etwa in Anatomie oder Massage, besuchen und werden dann von Physiotherapeuten direkt am Patienten angelernt.

Simone Wieland und Britta Guroll haben sich die Frage gestellt, inwieweit sich deutsche Physiotherapeuten ein solches Assistenten- Modell auch hierzulande vorstellen können. Dazu entwickelten sie im Rahmen einer Forschungsarbeit zwei Fragebögen: eine Version für Schüler und Studierende und eine für praktizierende Physiotherapeuten. Von den 368 in verschiedenen Bundesländern und Einrichtungen ausgegebenen Fragebögen konnten sie 87 Prozent auswerten. Gut die Hälfte der ausgefüllten Fragebögen kam von praktizierenden Physiotherapeuten, von denen 61 Prozent zwischen 25 und 35 Jahre alt waren. Elf Prozent von ihnen verfügten über einen akademischen Abschluss. Etwa zwei Drittel der Befragten waren weiblich.


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Ergebnisse

Simone Wieland und Britta Guroll haben herausgefunden, dass …

  • > sich etwa die Hälfte der praktizierenden Physiotherapeuten eine Entlastung wünscht und sich vorstellen kann, Tätigkeiten wie Elektrotherapie oder Massagen an Assistenten zu delegieren. Bei den Therapeuten mit akademischem Abschluss käme dies für 61 Prozent in Frage.

  • > die Befragten befürchten, dass die Assistenten einen zusätzlichen Kostenfaktor darstellen, zu gering qualifiziert sind und es daher schwer sein wird, die Behandlung zu vermitteln und sich abzustimmen.

  • > einige das Modell ablehnen, weil sie die Verantwortung für das Handeln der Assistenten übernehmen müssten und zudem auch gerne weiterhin Übungsbehandlungen selbst durchführen wollen.

  • > sich bei den Schülern etwa die Hälfte für das Assistenten-Modell ausspricht, bei den Studierenden sind es 63 Prozent. Letztere befürchten vor allem ein zu geringes Fachwissen der Assistenten.


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Fazit

Zusammenfassend können Simone Wieland und Britta Guroll festhalten, dass …

  • > sich viele Physiotherapeuten zwar eine Entlastung wünschen, sich aber nicht einig darüber sind, ob Physiotherapie-Assistenten die adäquate Lösung dafür sind.

  • > viele der Aufgaben, die Physiotherapeuten gerne abgeben würden, in den Tätigkeitsbereich der Masseure und medizinischen Bademeister fallen.

  • > eventuell eine stärkere Zusammenarbeit mit Masseuren und eine Differenzierung der Aufgaben der Einführung von Physiotherapie- Assistenten vorzuziehen wäre.

Eva Trompetter

→ Guroll B, Wieland S. Physiotherapeutische Assistenten – ein Modell auch für Deutschland? Forschungsprojekt im Rahmen des Masterstudienganges Gesundheits- und Pflegewissenschaften an der Martin- Luther-Universität Halle-Wittenberg; 2014


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Abb.: privat