Z Gastroenterol 2016; 54(01): 104
DOI: 10.1055/s-0034-1398262
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Darm-Sonographie – Eine diagnostische Säule des Gastroenterologen

Hans Worlicek
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Publication Date:
18 January 2016 (online)

Die Sonographie ist neben der Endoskopie das wichtigste und aussagekräftigste diagnostische Verfahren in der Hand des Gastroenterologen. Mit ihr steht ein bildgebendes Verfahren für die Erstdiagnostik und die Verlaufskontrolle aller akuten und chronischen Schmerzen des Bauchraumes unmittelbar zur Verfügung, ebenso bei protrahierten oder komplizierten Durchfällen, bei tastbaren Resistenzen, Ileussymptomatik und Gewichtsverlust. Neben den üblichen Bauchorganen muss die besondere Aufmerksamkeit des Gastroenterologen der Darstellung von Dünn- und Dickdarm gelten.

Die Bedeutung der Sonographie liegt in der direkten Darstellung der Wand des Dünn- und Dickdarmes und der umgebenden Strukturen ohne Strahlenbelastung und ohne Invasivität. Funktionelle Störungen und abnorme Füllungszustände des Darmes lassen sich ohne vorherige Einflussnahme durch eine Vorbereitung oder durch den Untersuchungsvorgang selbst wie bei der Endoskopie oder der Applikation von Röntgenkontrastmitteln darstellen. Pathologische Befunde sind gut reproduzierbar als Voraussetzung für eine objektive Befundung und Distanzmessung sowie für Verlaufskontrollen. Die Beurteilung der Durchblutung der Darmwand und ihrer Umgebung durch die Doppler-Sonographie bietet zusätzlich Informationen über die entzündliche Aktivität. Es besteht keine Indikationseinschränkung durch Alter oder Schwere der Erkrankung. Die Untersuchung ist als einziges bildgebendes Verfahren beliebig wiederholbar und somit in akuten Situationen für kurzfristige Verlaufskontrollen geeignet.

Bei Nachweis einer verbreiterten Darmwand wird deren Dicke, Länge, Befallsmuster, Kontur und Echostruktur bewertet. Zu beachten sind Lumeneinengungen, insbesondere wirksame Stenosen, Lumendilatation und Veränderungen der Peristaltik. Bei akuten entzündlichen Prozessen wird durch die gezielte Palpation des Hauptschmerzpunktes der Krankheitsprozess sonographisch fokussiert.

Eine Diagnosestellung oder Erhebung eines richtungsweisenden Befundes ist in ca. 90 Prozent der Erkrankungen möglich, die durch eine längerstreckige Verdickung der Wand von Dünn- oder Dickdarm gekennzeichnet sind wie beispielsweise bei Morbus Crohn. Ähnliches gilt für die Divertikulitis, ischämische Kolitis und Enteritis, Invagination, Darmwandeinblutung und Peritonealkarzinose. Bei der akuten Appendizitis finden sich typische Veränderungen in über 80 Prozent. Komplikationen wie Abszesse, entzündliche Konglomerate, Fisteln und Stenosen des Darmes können im gleichen Untersuchungsgang mit einer Häufigkeit von 70 bis 90 Prozent nachgewiesen werden. Maligne Erkrankungen (NHL, neuroendokriner Tumor und Karzinom) können durch die Sonographie des Darmes in bis zu 80 Prozent der Fälle erkannt werden. Bei der Diagnostik des Dünndarmes kann der Ultraschall deshalb in vielen Fällen weitere aufwändige Dünndarmuntersuchungen ersparen. Er ist jedoch nicht als Ersatz oder Alternative der Koloskopie geeignet. Bei der Erstdiagnose einer relevanten Erkrankung des Kolons muss deshalb fast immer die Koloskopie folgen. Bei der Verlaufskontrolle von Morbus Crohn steht die Sonographie des Darmes dagegen an erster Stelle. Bei Divertikulitis und ischämischer Kolitis / Enteritis ist die Sonographie hervorragend geeignet zur kurzfristigen Verlaufskontrolle bezüglich Progredienz oder Heilungsverlauf.

Beispiele für richtungsweisende Befunde sind der sonographische Nachweis eines Morbus Crohn oder einer Divertikelentzündung für die zielgerichtete Therapieeinleitung bzw. der Nachweis einer Appendizitis, einer komplizierten Divertikelentzündung oder eines Darmverschlusses für die Stellung der OP-Indikation.

Trotz der hohen Effektivität des Verfahrens besteht seitens der Kostenträger nach wie vor keine Bereitschaft, diese Untersuchung wenigstens kostendeckend zu ermöglichen, schon gar nicht bei Verwendung hochwertiger Ultraschallgeräte. Da auch eine bedeutende Untersuchungsmethode bei dauerhafter Unterfinanzierung von den Leistungserbringern nicht getragen werden kann, ist zu befürchten, dass dieses Untersuchungsverfahren auf Dauer nicht mehr zur Verfügung stehen wird. Ziel des Berufsverbandes muss sein, diese Methode zu erhalten und weiter bei den Gastroenterologen zu etablieren, damit sie in Zukunft flächendeckend für die Versorgung unserer Patienten zur Verfügung steht. Voraussetzung ist eine solide wirtschaftliche Basis mit angemessener kostendeckender Vergütung.

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M. Crohn des terminalen Ileums mit echoarmer zirkulärer Wandverdickung, vermehrte Vaskularisation als Aktivitätszeichen.
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M. Crohn des präterminalen Ileums, stenosierend, Wanddicke 7,5 bzw. 8,6 mm.