Pneumologie 2015; 69(01): 9
DOI: 10.1055/s-0034-1544059
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

HIV-Infektion – Isoniazid-Prophylaxe bei hohem Tuberkulose-Risiko

Contributor(s):
Peter Pommer
Ranganka MX et al.
Lancet 2014;
384: 682-690
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Publication History

Publication Date:
19 January 2015 (online)

 

    Patienten mit HIV-Infektion sind trotz optimaler retroviraler Therapie für Tuberkulose anfällig. Das Forscherteam um M. X. Ranganka hat nun untersucht, ob eine zusätzliche Gabe von Isoniazid (INH) das Risiko vermindert, dass diese Patienten an Tuberkulose erkranken.
    Lancet 2014; 384: 682–690

    In Südafrika wurden 1329 Personen re-krutiert, die über 18 Jahre alt und HIV-positiv waren, deren Sputumprobe aber Tuberkulose-negativ war. Sie erhielten unter retroviraler Therapie im Rahmen der doppelt verblindeten Studie 1:1 randomisiert über 12 Monate entweder Isoniazid oder Placebo. Als primärer Endpunkt galt die Zeit bis zur gesicherten oder vermuteten Diagnose einer aktiven Tuberkulose.

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    Röntgen-Thorax (a) und CT-Thorax (b) bei Tuberkulose. Es sind multiple Hohlraumbildungen in beiden Lungen zu erkennen. (Quelle: Dtsch Med Wochenschr 2012; 137: 947–962)

    Im Studienzeitraum zwischen 2008 und 2011 traten insgesamt 95 Tuberkulose-Erkrankungen auf, davon 37 in der Isoniazid-Gruppe (2,3 / 100 Personenjahre, 95 %-Konfidenzintervall [KI] 1,6–3,1) und 58 in der Placebogruppe (3,6 / 100 Personenjahre, 95 %-KI 2,8–4,7). Die Hazard Ratio (HR) betrug 0,63 (95 %-KI 0,41–0,94). Ein Therapieabbruch wegen erhöhter Leberenzyme war bei 19 von 662 Probanden der Isoniazid-Gruppe und bei 10 von 667 Personen in der Placebo-Gruppe erforderlich (Risk Ratio 1,9; 95 %-KI 0,90–4,09).

    In dieser Studienpopulation gab es – im Gegensatz zu anderen Arbeiten – keine Hinweise, dass der präventive Effekt von Isoniazid nur bei Patienten mit positivem Tuberkulin-Hauttest oder positivem Gamma-Interferon-Test auftreten würde. Die adjustierte HR betrug für Patienten mit negativem Tuberkulin-Test 0,43 (95 %-KI 0,21–0,86), für Personen mit negativem Gamma-Interferon-Test 0,43 (95 %-KI 0,20–0,96), bei positivem Hauttest 0,86 (95 %-KI 0,37–2,00) und bei positivem Gamma-Interferon-Test 0,55 (95 %-KI 0,26–1,24).

    Fazit

    Solange es weder einen valideren Tuberkulose-Test noch einen treffsicheren Algorithmus zur Erfassung des Risikos einer manifesten Tuberkulose-Erkrankung gibt, sollten alle HIV-Infizierten unter retroviraler Therapie in Gebieten mit mittlerer oder hoher Tuberkulose-Inzidenz eine Isoniazid-Prophylaxe erhalten, so die Autoren. Diese Empfehlung gelte unabhängig vom Ergebnis des Tuberkulin- oder Gamma-Interferon-Testergebnisses.

    Kommentar zu Studie

    In ihrem Kommentar zu Studie weist Soumya Swaminathan vom National Institute for Research in Tuberculosis in Chennai / Indien darauf hin, dass die INH-Prophylaxe nicht zu vermehrtem Auftreten multiresistenter Erreger führte. Die Number needed to harm sei mit 100 in dieser Studie 4-mal so groß wie die Number needed to treat mit 25. Trotzdem sollten wegen des in wirtschaftsschwachen Ländern schwierigen Therapiemonitorings Risikogruppen wie Alkoholiker und Patienten mit infektiöser Hepatitis oder Neuropathie von vorne herein ausgeschlossen werden. Die weitere Forschung sollte sich darauf konzentrieren, Biomarker und Methoden zu entwickeln, die besser in der Lage sind, Notwendigkeit und Erfolg einer INH-Prophylaxe vorherzusagen.
    Lancet 2014; 384: 644–646


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    Röntgen-Thorax (a) und CT-Thorax (b) bei Tuberkulose. Es sind multiple Hohlraumbildungen in beiden Lungen zu erkennen. (Quelle: Dtsch Med Wochenschr 2012; 137: 947–962)