Pneumologie 2015; 69(02): 68
DOI: 10.1055/s-0035-1546960
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Pleuramesotheliom – Asbestexposition zur Inzidenz von Pleuramesotheliomen

Contributor(s):
Elke Ruchalla

Thorax 2014;
69: 532-539
Further Information

Publication History

Publication Date:
10 February 2015 (online)

 

Die ursächliche Rolle, die eine Asbestexposition bei der Entstehung von Pleuramesotheliomen spielt, ist mittlerweile unbestritten. Weniger klar ist, welchen Beitrag die berufliche gegenüber der nicht-beruflichen Exposition leistet und wie die geschlechtsabhängigen Unterschiede dabei aussehen. Eine Arbeitsgruppe aus Frankreich hat dazu nun Zahlen vorgestellt.
Thorax 2014; 69: 532–539

Das einer Asbestexposition zuschreibbare Risiko für die Ausbildung eines Pleuramesothelioms unterscheidet sich zwischen den Geschlechtern: bei Frauen scheint der nicht-berufliche Kontakt mit Asbest eine größere Rolle zu spielen als bei Männern.Zu diesem Ergebnis kommen A. Lacourt et al., die dazu Daten aus dem Programm National de Surveillance du Mésothéliome (PNSM) ausgewertet haben. In dieses Register gehen seit 1998 die Inzidenz von Pleuramesotheliomen aus definierten französischen Bezirken sowie relevante Daten zur Asbestexposition ein.

Die vorliegende Fall-Kontroll-Studie berücksichtigt Daten aus den Jahren 1998–2002. In diesem Zeitraum wurden im PNSM 437 Patienten (davon 362 Männer) mit einem neu diagnostizierten Pleuramesotheliom identifiziert. Jedem von ihnen wurden 2 nach Altersgruppe (± 5 Jahre), Geschlecht und Wohnort gematchte gesunde Kontrollpersonen zugeordnet (n = 874; 724 Männer), anschließend wurden die Asbestexpositionen zwischen Fällen und Kontrollen verglichen.

Dabei differenzieren die Wissenschaftler zwischen

  • beruflicher Exposition und

  • nicht-beruflicher Exposition, hierbei nochmals unterschieden nach

    • häuslicher Exposition z. B. durch Heimwerkertätigkeiten

    • Exposition durch Berufstätigkeit von im gleichen Haushalt lebenden Personen, etwa durch Asbestkontamination der Kleidung

    • Umweltexposition, z. B. Wohnort in der Nähe eines asbestverarbeitenden Unternehmens

Weiterhin wurden das Ausmaß der Exposition, die Wahrscheinlichkeit und die Art der Exposition beurteilt, woraus dann ein kumulativer Wert für die Gesamtexposition errechnet und mit dem Auftreten eines Pleuramesothelioms in Beziehung gesetzt wurde.

Dosis-Wirkungs-Beziehung

Die Auswertung ergab eine deutliche Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen beruflicher Asbestexposition und Pleuramesotheliom-Diagnose, mit einer Odds Ratio (OR) von 4,0 für wenig exponierte und von 67,0 für stark exponierte Männer. Bei Frauen lag die OR für exponierte Frauen gegenüber niemals exponierten bei 12,0. Ebenso war das Risiko bei nicht-beruflicher Asbestexposition erhöht, wenn auch geringer: Bei Männern betrug die OR 2,4 für exponierte vs. nicht exponierte Personen, bei Frauen 4,3.

Insgesamt gingen 83,1 % (99 %-Konfidenzintervall [KI] 74,5 – 91,7 %) der Pleuramesotheliome bei Männern auf Populationsebene auf eine berufliche Asbestexposition zurück, bei Frauen waren es mit 41,7 % (99 %-KI 25,3 – 58,0 %) etwa halb so viele. Für die nicht-berufliche Exposition (bei fehlender beruflicher Exposition) lagen die entsprechenden Werte bei 20 % für Männer (99 %-KI –33,5 – 73,5 %) und bei 38,7 % für Frauen (99 %-KI 8,4 – 69,0 %). Wurden berufliche und nicht-berufliche Exposition zusammen betrachtet, lag das Asbest zuschreibbare Risiko für ein Pleuramesotheliom bei 87,3 % (99 %-KI 78,9 – 95,7 %) für Männer und bei 64,8 % (99 %-KI 45,4 – 84,3 %) für Frauen.

Fazit

Insgesamt bestätigen diese Zahlen die Bedeutung von Asbest für die Entstehung eines Pleuramesothelioms, so die Autoren. Interessant dabei scheint, dass etwa ein Drittel aller Erkrankungen bei Frauen nicht mit einer Exposition – sei sie beruflich oder nicht-beruflich – in Verbindung gebracht werden konnte. Das kann zum eine an der schwerer zu erhebenden nicht-beruflichen Exposition liegen, die einem stärkeren Recall-Bias unterliegt. Andererseits könnten aber auch weitere, bislang unbekannte Faktoren in der Ätiologie und Pathogenese des Pleuramesothelioms eine Rolle spielen.


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