Diabetes aktuell 2015; 13(01): 6
DOI: 10.1055/s-0035-1547487
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ernährung – Nahrungscholesterin – künftig nicht mehr der Schurke in der Ernährung?

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Publication Date:
16 March 2015 (online)

 

    Nach fünf Jahrzehnten der Verteufelung kommt es wohl in den USA zu einer neuen Bewertung des über die Nahrung aufgenommenen Cholesterins, schreibt Chris Weller auf Medical Daily. Im Jahr 1961 veröffentlichte die American Heart Association (AHA) eine Studie, die das Verhältnis (nicht nur) der Amerikaner zu Cholesterin über Jahrzehnte beeinflussen sollte. Im Überschuss aufgenommenes Cholesterin, so lernten es die diätbewussten Bürger, könne zur Koronarerkrankung und Herzattacken führen, kurz: Cholesterin war der Feind.

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    (Bild: Thieme Verlagsgruppe; C. Meier)

    Der Verzehr von Nahrungsmitteln wie Butter, Käse und Eiern litt massiv unter diesem Angriff. Daten des US-Agrarministeriums belegen, dass seit Veröffentlichung dieser Studie z. B. der Eierverzehr jährlich gefallen ist. Aßen die Menschen 1945 im Durchschnitt noch 421,4 Eier, so waren es 2010 weniger als 250. Seither gab es keine Evidenz, die stark genug war, die Empfehlungen infrage zu stellen. Jetzt aber veröffentlicht die staatliche Kommission für Ernährungsrichtlinien neue Empfehlungen, die nahelegen, dass die bisherigen Leitlinien nicht nur fehlgeleitet, sondern sogar schlichtweg falsch waren.

    Der Kardiologe Steve Nissen erklärt dazu, dass „wir über die Jahre und Jahrzehnte hinweg falsche Diätrichtlinien hatten“. Schließlich haben wir gelernt, dass Cholesterin tatsächlich für viele Körperprozesse essenziell ist, Zellmembranen stabilisiert und bei der Synthese der Gallensäure und der Verarbeitung von Vitamin D unterstützt. In den vergangenen Jahren wurden die Menschen davor gewarnt, täglich mehr als 300 mg Cholesterin aufzunehmen – grob geschätzt ist diese Menge in einem Ei enthalten. Die neuen Leitlinien besagen jetzt, dass nur Menschen mit Krankheiten wie Diabetes oder einem genetisch hohen Cholesterinspiegel (familiäre Hypercholesterinämie) sich darüber Sorgen machen müssten, dass das über die Nahrung aufgenommene Cholesterin ihren Cholesterinspiegel insgesamt negativ beeinflussen könnte. Die neuen Leitlinien sollen jetzt auch geänderte Empfehlungen zur Aufnahme von Salz, Zucker, rotem Fleisch, gesättigten Fettsäuren und Omega-3-Fettsäure enthalten. „Nahezu zu jedem einzelnen Nährstoff liegen mittlerweile peer-reviewte Studien mit nahezu jedem denkbaren Ergebnis vor“, erklärt dazu Prof. John P.A. Ioannidis von der Stanford University. Und er erklärt: „Bei dieser Epidemie der Studien und Daten – auf welche will man sich denn verlassen und welche Ergebnisse sind korrekt?“

    Steve Nissen, der immer gerne auch kontrovers diskutiert, erklärt, dass die neuen Leitlinien endlich vielleicht beim Kampf gegen die Adipositas-Epidemie helfen könnten, denn die Hinwendung zu Zucker und Kohlenhydraten und die darauf folgende Zunahme der Diabeteserkrankungen resultiere aus der Furcht der Amerikaner vor dem Fett. In Wahrheit, so Nissen, könne es sein, dass die Lösung gefährlicher gewesen sei als es das Problem jemals war.

    Günther Buck, Weilheim

    Quelle
    Medical Daily, 11. Februar 2015


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    (Bild: Thieme Verlagsgruppe; C. Meier)