Diabetes aktuell 2015; 13(01): 38-39
DOI: 10.1055/s-0035-1547495
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kardiovaskuläre Risikofaktoren bei Typ-2-Diabetes – GLP-1-Rezeptor-Agonisten zeigen nützliche Effekte

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Publication Date:
16 March 2015 (online)

 

Epidemiologische Studien belegen, dass zwischen Typ-2-Diabetes und kardiovaskulären Ereignissen ein direkter Zusammenhang besteht [ 1 ]. Entsprechend hoch ist der Anteil kardiovaskulärer Komplikationen an der diabetesbezogenen Morbidität und Mortalität [ 2 ]. Eine effektive Blutzuckerkontrolle ist mit einem geringeren kardiovaskulären Risiko assoziiert [ 3 ], allerdings gilt es, Hypoglykämien zu vermeiden.

Als vorteilhaft erweisen sich in dieser Hinsicht die Glucagon-like-Peptide-1 (GLP-1)-Rezeptor-Agonisten [ 4 ]–[ 9 ], die darüber hinaus Blutdruck und Lipidprofil positiv beeinflussen können und potenziell kardioprotektive Effekte zeigen [ 10 ]. Vor diesem Hintergrund erörterten Experten aus Diabetologie, Kardiologie und Nephrologie den Stellenwert inkretinbasierter Therapien in der Behandlung des Typ-2-Diabetes im Rahmen eines Symposiums.

Studien haben gezeigt, dass eine strenge glykämische Einstellung der Patienten das Risiko schwerwiegender kardiovaskulärer Ereignisse senkt [ 3 ], [ 11 ], [ 12 ]. Allerdings ist dieser Ansatz mit einem erhöhten Hypoglykämierisiko verbunden, was wiederum kardiovaskuläre Ereignisse zur Folge haben kann [ 13 ]. Inkretinbasierte Therapieoptionen wie der GLP-1-Rezeptor-Agonist Liraglutid (Victoza®) haben sich vor allem bei einem frühen Einsatz als Add-on direkt nach Metformin als günstig im Hinblick auf eine normnahe Blutzuckereinstellung bei vergleichsweise geringem substanzeigenen Hypoglykämierisiko erwiesen [ 14 ].

„Blutzuckerkontrolle und Hypoglykämierisiko sind wichtige Parameter, um das kardiovaskuläre Risiko zu reduzieren“, betonte Prof. Dr. med. Christian A. Schneider, Kardiologe am Herzzentrum der Universität zu Köln. In Head-to-Head-Studien mit anderen nicht insulinotropen Antidiabetika erwies sich Liraglutid über einen Behandlungszeitraum von 26 Wochen als vorteilhaft: Der HbA1c-Wert sank unter Liraglutid (1,2 mg) um 1,24 gegenüber 0,90 Prozentpunkte unter dem Dipeptidyl-Peptidase-4 (DPP-4)-Inhibitor Sitagliptin (100 mg; Abb. [ 1 ]) [ 15 ] und unter Liraglutid (1,8 mg) um 1,48 gegenüber 1,28 Prozentpunkte unter dem GLP-1-Rezeptor-Agonisten Exenatide (2 mg, einmal wöchentliche Gabe) [ 16 ]. Die Unterschiede zwischen den Behandlungen waren in beiden Fällen mit p < 0,0001 und p = 0,0018 jeweils signifikant [ 15 ], [ 16 ]. Das Risiko für wirkstoffinduzierte Hypoglykämien unter Liraglutid ist vergleichsweise gering, da die insulinotrope Wirkung inkretinbasierter Antidiabetika vom Blutzuckerspiegel abhängt [ 14 ].

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Abb. 1 HbA1c-Senkung nach 26 Wochen unter 1,8 mg bzw. 1,2 mg Liraglutid täglich oder 100 mg Sitagliptin täglich (nach [ 15 ]).

Kardiovaskuläre Parameter berücksichtigen

Prof. Dr. med. Stephan Jacob, Diabetologe aus Villingen-Schwenningen, mahnte, dass man sich beim Risikomanagement des Typ-2-Diabetes nicht nur auf den HbA1c-Wert konzentrieren dürfe. Man solle immer auch den Stellenwert der kardiovaskulären Parameter berücksichtigen. Jacob wies auf die Vielzahl kardioprotektiver Effekte der GLP-1-Rezeptor-Agonisten hin, die vor allem nicht glykämische Parameter wie den Blutdruck, das Lipidprofil und das Körpergewicht betreffen.

Hypertonie ist eine häufige Komorbidität des Typ-2-Diabetes und wirkt sich negativ auf das Risiko kardiovaskulärer Ereignisse aus. Schneider betonte daher, dass die Behandlung der Hypertonie ein wichtiger Baustein im Risikomanagement des Typ-2-Diabetes sei. In den Zulassungsstudien zeigte Liraglutid einen positiven Effekt auf den systolischen Blutdruck (SBD). Im Mittel wurden bei Dosen von 1,2 mg und 1,8 mg Liraglutid SBD-Reduktionen zwischen 2,3 und 6,7 mmHg beobachtet [ 14 ]. Die Ergebnisse einer Studie am Tiermodell deuten an, dass die vasodilatatorische Wirkung von Liraglutid über einen indirekten Mechanismus erfolgt [ 17 ]. Das Atriale Natriuretische Peptid scheint dabei eine wichtige Rolle in der Signaltransduktion zu spielen [ 17 ].

Bei Patienten mit Typ-2-Diabetes manifestiert sich zudem häufig eine Dyslipidämie, die ebenfalls das Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen erhöht. Der Einsatz von Liraglutid in den Dosen 1,2 mg und 1,8 mg war mit einer signifikanten Reduktion der Konzentration von Triglyzeriden (zwischen –0,32 und –0,41 mmol/l) und freien Fettsäuren (zwischen –0,03 und –0,17 mmol/l) assoziiert [ 4 ], [ 9 ].


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Reduktion des Körpergewichts ist essenziell

Bei Patienten mit Typ-2-Diabetes stellt Übergewicht einen unabhängigen Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen dar. Liraglutid erwies sich im direkten Vergleich mit dem DPP-4-Inhibitor Sitagliptin und dem GLP-1-Rezeptor-Agonisten Exenatide jeweils als vorteilhaft [ 15 ], [ 16 ]: Patienten nahmen unter Liraglutid (Dosis jeweils 1,8 mg) innerhalb von 26 Wochen um durchschnittlich 3,38 bzw. 3,57 kg ab. In den jeweiligen Vergleichsarmen der beiden Studien betrug die Reduktion des Körpergewichts 0,96 kg (Dosis 100 mg Sitagliptin einmal täglich; Abb. [ 2 ]) bzw. 2,68 kg (Dosis 2 mg Exenatide einmal wöchentlich).

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Abb. 2 Körpergewichtsreduktion nach 26 Wochen unter 1,8 mg bzw. 1,2 mg Liraglutid täglich oder 100 mg Sitagliptin täglich (nach [ 15 ]).

Die Körpergewichtsreduktion ist ein wichtiger Ansatz im Risikomanagement kardiovaskulärer Komorbiditäten, bereits eine Reduktion von 5 bis 10 % war mit einer signifikanten Verbesserung kardiovaskulärer Risikofaktoren bei übergewichtigen Patienten mit Typ-2-Diabetes assoziiert [ 18 ].


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Prospektive Studien zum kardiovaskulären Risiko inkretinbasierter Therapien

Ende letzten Jahres wurde der Einfluss der DPP-4-Inhibitoren Alogliptin und Saxagliptin auf kardiovaskuläre Endpunkte wie Myokardinfarkt und Schlaganfall bei kardial vorbelasteten Patienten im Rahmen zweier prospektiver Studien (EXAMINE und SAVOR-TIMI 53) untersucht [ 19 ], [ 20 ]. Die Ergebnisse zeigten, dass der Einsatz beider DPP-4-Inhibitoren bezogen auf die Endpunkte sicher, jedoch im Vergleich zu Placebo nicht mit einem kardioprotektiven Effekt assoziiert war. Unter Saxagliptin war das Risiko einer Hospitalisierung aufgrund von Herzinsuffizienz gegenüber Placebo um 27 % erhöht [ 19 ].

Um den kardioprotektiven Effekt von Liraglutid genauer beschreiben zu können, startete im Jahr 2010 die Liraglutide Effect and Action in Diabetes: Evaluation of cardiovascular outcome Results (LEADER®) Studie [ 21 ]. Sie schließt mehr als 9000 Patienten aus 32 Ländern mit Typ-2-Diabetes und einem HbA1c ≥ 7,0 % ein, die über 42 bis 60 Monate mit Liraglutid oder Placebo zusätzlich zu einer Standardtherapie behandelt werden. Der primäre Studienendpunkt setzt sich zusammen aus dem ersten Auftreten von kardiovaskulärem Tod, nicht tödlichem Myokardinfarkt oder nicht tödlichem Schlaganfall. Mit ersten Ergebnissen ist frühestens 2016 zu rechnen.


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Fazit: Frühzeitig richtig intervenieren

Das kardiovaskuläre Risiko eines Diabetikers ist vergleichbar mit dem eines Nicht-Diabetikers nach Myokardinfarkt [ 1 ]. „Es ist wichtig, die Besonderheiten eines jeden Patienten individuell zu berücksichtigen und frühzeitig richtig zu intervenieren“, betonte Prof. Dr. med. Michael Nauck, Leitender Arzt des Diabeteszentrums Bad Lauterberg, die Bedeutung eines Patienten-zentrierten Therapieansatzes, der neben einer effektiven Glykämiekontrolle auch das Ziel haben sollte, kardiovaskuläre Risikofaktoren günstig zu beeinflussen. Durch seine positive Wirkung auf Körpergewicht, Blutdruck und Lipidprofil erweist sich der GLP-1-Rezeptor-Agonist Liraglutid auch im Hinblick auf nicht-glykämische Effekte als günstig [ 4 ]–[ 9 ].

Dr. Bastian Schmidt, Frankfurt

Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Novo Nordisk Pharma GmbH, Mainz
GLP-1-Symposium „Die Inkretin-basierte Therapie – mehr als nur Blutzuckersenkung?“ am 5./6. Dezember 2014 in Berlin, Veranstalter: Novo Nordisk Pharma GmbH, Mainz
Dr. Bastian Schmidt ist Medical Writer.


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Victoza® 6 mg/ml Injektionslösung in einem Fertigpen. Wirkstoff: Liraglutid. Zusammensetzung: Arzneilich wirksamer Bestandteil: 6 mg/ml Liraglutid. Analogon zu humanem Glucagon-like peptide-1 (GLP-1), hergestellt durch rekombinante DNS-Technologie in Saccharomyces cerevisiae. Sonstige Bestandteile: Natriummonohydrogenphosphat-Dihydrat, Propylenglykol, Phenol, Wasser für Injektionszwecke. Anwendungsgebiete: Victoza® wird zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 bei Erwachsenen in Kombination mit oralen blutzuckersenkenden Arzneimitteln und/oder Basalinsulin angewendet, um eine Blutzuckerkontrolle zu erreichen, wenn diese Mittel zusammen mit einer Diät und körperlicher Aktivität den Blutzuckerspiegel nicht ausreichend regulieren. Art der Anwendung: Victoza® wird einmal täglich zu einem beliebigen Zeitpunkt und unabhängig von den Mahlzeiten gegeben. Die subkutane Injektion kann in Abdomen, Oberschenkel oder Oberarm erfolgen. Victoza® darf nicht intravenös oder intramuskulär angewendet werden. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. Victoza® sollte nicht bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 oder zur Behandlung der diabetischen Ketoazidose angewendet werden. Victoza® ist kein Ersatz für Insulin. Victoza® wird nicht zur Anwendung bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren empfohlen. Es liegen wenige bis keine Erfahrungen mit diesem Arzneimittel bei Patienten mit Herzinsuffizienz vor, ein Einsatz bei schwerer Herzinsuffizienz wird nicht empfohlen. Derzeit kann Victoza® nicht empfohlen werden bei Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung, einschließlich terminaler Niereninsuffizienz. Ebenso ist Victoza® bei Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion (aller Stadien), entzündlichen Darmkrankheiten und diabetischer Gastroparese nicht zu empfehlen. Wird eine Pankreatitis vermutet, ist Victoza® abzusetzen. Bei Patienten mit bestehender Schilddrüsenerkrankung u./od. vorbestehender Erkrankung der Bauchspeicheldrüse sollte Victoza® mit Vorsicht angewendet werden. Das Risiko einer Hypoglykämie kann durch Reduktion der Sulfonylharnstoff- oder der Basalinsulin-Dosis gesenkt werden. Patienten müssen auf das potenzielle Dehydrierungs-Risiko hingewiesen werden und Vorkehrungen gegen Flüssigkeitsverluste treffen. Victoza® soll während der Schwangerschaft und Stillzeit nicht angewendet werden. Nebenwirkungen: Sehr häufig: Übelkeit, Durchfall; häufig: Erkältung, Bronchitis, Hypoglykämie, Anorexie, verminderter Appetit, Kopfschmerzen, Schwindel, erhöhte Herzfrequenz, Erbrechen, Dyspepsie, Oberbauchschmerzen, Obstipation, Gastritis, Flatulenz, abdominelles Spannungsgefühl, gastroösophageale Refluxkrankheit, abdominale Beschwerden, Zahnschmerzen, Ausschlag, Erschöpfung, Reaktionen an der Injektionsstelle; gelegentlich: Dehydrierung, Urtikaria, Juckreiz, Beeinträchtigung der Nierenfunktion, akutes Nierenversagen, Unwohlsein; selten: Anaphylaktische Reaktionen, Darmverschluss; sehr selten: Pankreatitis (einschließlich nekrotisierender Pankreatitis). Verschreibungspflichtig. Novo Nordisk A/S, Novo Allé, 2880 Bagsvaerd, Dänemark. Stand: Dezember 2014


  • Literatur

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Abb. 1 HbA1c-Senkung nach 26 Wochen unter 1,8 mg bzw. 1,2 mg Liraglutid täglich oder 100 mg Sitagliptin täglich (nach [ 15 ]).
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Abb. 2 Körpergewichtsreduktion nach 26 Wochen unter 1,8 mg bzw. 1,2 mg Liraglutid täglich oder 100 mg Sitagliptin täglich (nach [ 15 ]).