Aktuelle Dermatologie 2015; 41(03): 72
DOI: 10.1055/s-0035-1548989
Derma-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Psychische Probleme – Jeder Dritte Hautkranke ist betroffen

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
16. März 2015 (online)

 

Hauterkrankungen wie Neurodermitis oder Schuppenflechte sind zu Volkskrankheiten geworden. Meistens sind die Leiden genetisch veranlagt. Doch darüber, ob und wann sie ausbrechen, entscheiden viele Faktoren – vor allem auch die psychische Verfassung.

Dies belegt eine neue europäische Studie, in der die Wissenschaftler um F. Dalgard in 13 Staaten insgesamt rund 3600 Menschen mit Hautkrankheiten befragt und untersucht haben. Die Studie, die im Dezember vorab online im Journal of Investigative Dermatology veröffentlicht wurde, kam zu dem Ergebnis, dass 29 % der Hautkranken gleichzeitig auch an einer psychischen Erkrankung litten. Zum Vergleich: In der Kontrollgruppe (n = 1400) lag dieser Anteil bei nur 16 %. Die Forscher stellten außerdem fest, dass der Anteil an Menschen mit Depressionen unter den Hautkranken mehr als doppelt so hoch war, und Angsterkrankungen oder Suizidgedanken 1,5-mal so häufig vorkamen wie in der Kontrollgruppe.

„Überdruckventil“ der Seele

„Wenn eine Hauterkrankung auf psychische Probleme zurückgeht, ist die Behandlung nur adäquat, wenn die psychischen Probleme erkannt und mitbehandelt werden“, sagt Prof. U. Gieler von der Universitätshautklinik in Gießen, der maßgeblich an der Studie beteiligt war. Vor allem bei allergischen Hauterkrankungen gebe es zunehmend Hinweise auf seelische Ursachen. „Neurodermitis kann sich durch belastenden Stress verschlimmern, unterdrückte Wut in Nesselsucht äußern“, erläutert Gieler. Ursache sind höchstwahrscheinlich Neuropeptide. Diese könnten durch die Nervenbahnen bis zu den Organen gelangen und dort Entzündungen verstärken.

„Gerade die Haut reagiert häufig als Überdruckventil der Seele“, sagt Gieler. In der deutschen Leitlinie Allergieprävention, an der Gieler als Experte der DGPM mitarbeitete, findet sich seit diesem Jahr erstmals der Bezug zu psychischen Leiden: Schwerwiegende Lebensereignisse, wie die Trennung der Eltern oder der Tod eines Elternteils, in der Schwangerschaft oder in der frühen Kindheit, erhöhen das Risiko für spätere allergische Erkrankungen bei Kindern.

Nach einer Mitteilung der AG der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, Frankfurt a. M.