Der Klinikarzt 2015; 44(03): 130
DOI: 10.1055/s-0035-1549214
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Patient Blood Management – Sicherer Einsatz der Ressource Blut

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Publication Date:
01 April 2015 (online)

 
 

    Vor 2 Jahren hat das Universitätsklinikum Frankfurt hat in Kooperation mit weiteren Kliniken in Deutschland Patient Blood Managements (PBM) als neuen klinischen Behandlungsstandard eingeführt. Die knappe Ressource Blut wird dorthin verteilt, wo sie auch tatsächlich benötigt wird. Zugleich verbessern sich durch den neuen Behandlungsansatz die Patientenversorgung und -sicherheit.

    Damit wurde eine systematische Entscheidungsgrundlage geschaffen für die Frage, wann eine Bluttransfusion einem Patienten nützt und wann nicht. Damit auch Ärzte jenseits der PBM-Netzwerke die dafür nötige Kompetenz erhalten, hat das Universitätsklinikum Frankfurt gemeinsam mit dem DRK-Blutspendedienst Baden-Württemberg – Hessen eine Online-Plattform entwickelt. Dort können Ärzte den richtigen Einsatz von Bluttransfusionen erlernen und ein von der Landesärztekammer Hessen anerkanntes Zertifikat erwerben. „Ein solches Zertifikat muss mittelfristig Voraussetzung für den Einsatz von Bluttransfusionen sein“, fordert Prof. Kai Zacharowski, Direktor der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie am Universitätsklinikum. Prof. Erhard Seifried, Direktor des Instituts für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie sowie des DRK-Blutspendedienstes Baden-Württemberg – Hessen, ergänzt: „Generell halten wir es für wichtig, Bluttransfusionen als Pflichtelement des Praktischen Jahres in die medizinische Ausbildung zu integrieren.“

    Jeder dritte Patient leidet unter einer Anämie

    In deutschen Kliniken werden jährlich rund 16 Millionen Patienten operiert. Ungefähr ein Drittel dieser Patienten leidet unter einer Anämie. Aktuelle Studien belegen, dass eine unbehandelte Anämie im Vorfeld einer Operation mit einem erhöhten Risiko für Komplikationen verbunden ist. Insofern muss jeder Patient die Chance bekommen, dass vor der Operation das Problem Anämie adäquat erkannt und behandelt wird. Durch die genaue Untersuchung und präoperative Therapie im Rahmen des PBM wird auch die Anzahl der benötigten Fremdbluttransfusion reduziert. Dies ist umso wichtiger, da aufgrund medizinischer, gesellschaftlicher und ökonomischer Veränderungen Fremdblut zu einer immer knapperen Ressource wird – und das weltweit. Das PBM-Konzept zielt neben der präoperativen Anämietherapie vor allem auf blutsparende Operationstechniken, das Sammeln, Aufarbeiten und Zurückgeben des Wundblutes, die Reduzierung der Blutabnahmen für Laboranalysen sowie einen optimierten Einsatz von Fremdbluttransfusionen ab.


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    Erstmalig in Deutschland: Online-Transfusionszertifikat

    Die Transfusion von Blutkomponenten ist bei einem Jahresverbrauch von mehr als 5,5 Millionen Einheiten in Deutschland eine sehr häufige therapeutische Maßnahme. „Dennoch sind Ärzte nicht immer optimal auf diese Maßnahme vorbereitet“, betont Dr. Dania Fischer. Um zukünftig den Einsatz von Fremdblutprodukten noch sicherer zu machen, hat die Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie am Universitätsklinikum mit dem DRK-Blutspendedienst Baden-Württemberg – Hessen eine E-Learning-Plattform entwickelt. Lerninhalte sind transfusionsmedizinische Grundlagen, wissenschaftlich fundiertes PBM, um die Alternativen zur Bluttransfusion auszuschöpfen, sowie neue Erkenntnisse über Nutzen und Risiken von Blutprodukten. Die Lernmodule bestehen aus Videopräsentationen und Multiple-Choice-Fragen. Bei erfolgreichem Bestehen der Online-Prüfung kann ein von der Landesärztekammer Hessen anerkanntes Transfusionszertifikat erlangt werden.


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    Flächendeckendes, elektronisches Anforderungssystem

    Zudem wird am Universitätsklinikum Frankfurt flächendeckend ein elektronisches Anforderungssystem von Blutpräparaten und blutgruppenserologischen Untersuchungen eingeführt. Durch die Nutzung eines elektronischen Anforderungssystems wird die Dokumentation von Vorerkrankungen und weiteren gesundheitsbezogenen Angaben wesentlich vereinfacht und vor allem noch sicherer. Beispielsweise werden bei der Weiterbehandlung im Einzelfall potenziell lebensrettende Angaben zu Vortransfusionen, früheren Schwangerschaften, Stammzelltransplantationen oder seltenen Vorbefunden automatisch hinterlegt. Dies garantiert eine außerordentlich hohe Sicherheit der Patientenidentifikation.

    Darüber hinaus erlaubt die elektronische Anforderung von Blutprodukten zeitgleich eine patientenbezogene Dokumentation der Behandlungsmaßnahmen, sodass der Einsatz von Fremdbluttransfusionen weiter optimiert werden konnte.


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    Versorgungsforschung für ganz Deutschland

    Das PBM-Projekt wird in Frankfurt und an den Universitätskliniken Bonn, Kiel und Münster seit Projektstart zudem wissenschaftlich durch das Institut für Biostatistik und mathematische Modellierung am Universitätsklinikum Frankfurt begleitet. In wenigen Monaten werden die Ergebnisse von insgesamt bis zu 100 000 Patienten vorliegen. Die begleitende Studie dient der Qualitätssicherung. Außerdem wird damit die Grundlage für die Weiterentwicklung und Ausweitung des Programms auf zusätzliche Krankenhäuser gelegt.

    Quelle: Pressemitteilung der Stabsstelle Recht-, Öffentlichkeits- und Pressearbeit des Universitätsklinikums Frankfurt.


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