physiopraxis 2015; 13(04): 18-22
DOI: 10.1055/s-0035-1551802
physiowissenschaft
© Georg Thieme Verlag Stuttgart - New York

Internationale Studienergebnisse


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Publication Date:
27 April 2015 (online)

 

Onkologie – Kraft- und Ausdauertraining in der Reha sinnvoll

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(Abb.: julief514/fotolia.com (nachgestellte Situation))

Kraft- und Ausdauertraining haben einen positiven Einfluss auf Menschen mit onkologischen Erkrankungen. Sie wirken sich auf ihr psychologisches, physiologisches und soziales Befinden aus und sollten daher die Grundlage der Rehabilitation bilden. Das fanden Forscher um die Sportwissenschaftlerin Eva Maria Zopf am Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin an der Deutschen Sporthochschule Köln in einer Literaturstudie heraus.

Um evidenzbasierte Behandlungsempfehlungen für Menschen mit Krebserkrankungen aufstellen zu können, analysierten die Forscher ausschließlich randomisierte kontrollierte Studien. Gegenstand der Arbeiten war ein Ausdauer- oder Krafttraining mit jeweils mehr als 20 Probanden, welche an Brust-, Prostata- oder Darmkrebs erkrankt waren. Aus den Daten leiteten die Wissenschaftler ab, dass zur Eingangsdiagnostik eine Spiroergometrie empfehlenswert ist, da sie die kardiorespiratorische Fitness am genauesten bestimmt. Anschließend sollten die Therapeuten die Trainingsintensität durch einen dynamischen Krafttest ermitteln. Aerobes Ausdauertraining erwies sich in der onkologischen Rehabilitation als effektiv und kann in Form von Ergometertraining, Wandern, Nordic Walking, Laufen, Schwimmen, Skilanglauf etc. mindestens dreimal pro Woche zum Einsatz kommen. Die Belastungsdauer sollte 20 bis 30 Minuten betragen. Darüber hinaus hat sich dynamisches Krafttraining an Kraftgeräten, mit freien Gewichten, Fitnessbändern oder dem eigenen Körpergewicht in Form von Yoga oder Tai Chi bewährt. Das Krafttraining findet optimalerweise ein- bis dreimal pro Woche statt und steigert sich progressiv.

Während die Evidenz vor allem für Frauen mit Brustkrebs und zunehmend auch für Männer mit Prostatakrebs sehr gut ist, gilt es, die Datenlage für Darmkrebs beispielsweise noch weiter zu verbessern. Um für die verschiedenen Krebserkrankungen und unterschiedlichen Behandlungsphasen genaue Empfehlungen bezüglich optimaler Bewegungsformen und der Belastung geben zu können, sind weitere qualitativ hochwertige Studien nötig.

Kave

Rehabilitation 2014; 53:2-7

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Abb.: Linda Bucklin/shutterstock.com

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Lumbale Rückenschmerzen – Viszerale Manipulation hilft langfristig

In der Osteopathie geht man davon aus, dass eine gestörte Beweglichkeit der inneren Organe Rückenschmerzen auslösen oder verstärken kann. Eine viszerale Mobilisation soll die Organbeweglichkeit wieder erhöhen und damit die Rückenschmerzen verringern. Australische Wissenschaftler fanden nun heraus: Das Verfahren ist zwar auf kurze Sicht nicht wirksamer als eine Standardphysiotherapie, langfristig gesehen hat es jedoch einen besseren Effekt.

Für ihre Untersuchung rekrutierten die Autoren 64 Patienten, die seit durchschnittlich 15 Tagen Schmerzen im Bereich der LWS hatten, und teilten sie in eine Interventionsund eine Kontrollgruppe ein. Zu Beginn erfragten die Autoren die aktuelle Schmerzstärke der Probanden anhand der visuellen Analog-Skala. Alle Teilnehmer erhielten in den darauffolgenden sechs Wochen zweimal wöchentlich eine Standardphysiotherapiebehandlung von 25–40 Minuten. Diese bestand unter anderem aus Massagen und funktionel-lem Krafttraining für die Rückenmuskulatur. Die Patienten der Interventionsgruppe bekamen in dieser Zeit zusätzlich eine viszerale Manipulation, die Probanden der Kontrollgruppeeine abdominale Schein-Manipulation.

Nach sechs Wochen unterschieden sich die beiden Gruppen nicht: Alle Teilnehmer hatten sich durchschnittlich von 5,3 Punkten auf der VAS auf 2,3 Punkte verbessert. Nach einem Jahr befragten die Wissenschaftler ihre Probanden erneut und stellten fest, dass sich die VAS-Werte der Interventionsgruppe noch weiter gesenkt hatten, nämlich auf durchschnittlich 1,5 Punkte. Die Schmerzstärke in der Kontrollgruppe war dagegen wieder leicht gestiegen (3,2 Punkte).

Somit scheint eine osteopathische Behandlung Patienten mit chronischen Rückenschmerzen auf lange Sicht zu helfen.

rrn

Eur J Pain 2014. doi: 10.1002/ejp.614

THIEME-WEBSITE FÜR PHYSIOTHERAPEUTEN

Aktuelle Studienergebnisse


Auf unserer Thieme-Websitefür Physiotherapeuten finden Sie Kurzzusammenfassungen aktueller Studienergebnisse – jeden Monat upgedatet! Einfach reinklicken unter www.thieme.de/physiotherapie > „Studienergebnisse“.

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Hüft- und Knieendoprothese – Lohnt sich ein Training vor der OP?

Ob sich ein Training vor einer Knie- oder Hüft-TEP-Operation lohnt, um die Verweildauer im Krankenhaus zu verkürzen und die Funktion des operierten Gelenks sowie die Alltagsaktivitäten des Patienten postoperativ zu verbessern, ist unklar. Dies ist das Resümee zweier Forscherinnen aus Hamburg.

Für ihre Übersichtsarbeit recherchierten die Autorinnen in vier Datenbanken (PubMed, Cinahl, PEDro und Cochrane) und verschiedenen physiotherapeutischen Fachzeitschriften nach relevanten Reviews. Davon werteten sie acht aus, die insgesamt auf 28 Einzelstudien basierten. Die Studien maßen vor und nach dem Eingriff die funktionelle Genesung, etwa die Kraft, Gelenkbeweglichkeit und Aktivitäten des Patienten, und/oder die Verweildauer im Krankenhaus. Das Training war in den einzelnen Studien sehr unterschiedlich gestaltet und bestand beispielsweise aus Kräftigung, Ausdauertraining, funktionellem Training, Gehtraining oder Bewegungsbad. Mithilfe einer Weiterentwicklung des AMSTAR-Tools (Glossar) beurteilten die beiden Autorinnen die methodische Qualität der Reviews, die sich als mittelmäßig bis gut herausstellte. Die eingeschlossenen Einzelstudien wiesen jedoch zum Teil erhebliche qualitative Mängel auf. Diese wurden anhand der PEDro-Skala oder dem Cochrane Risk of Bias Tool bewertet.

Die Auswertungen der Reviews zeigten, dass Patienten, die eine Hüft-TEP bekamen, durch das präoperative Training nach dem Eingriff eine bessere funktionelle Genesung hatten als diejenigen, die vor dem Eingriff nicht trainiert hatten. Auf die postoperativen Schmerzen hatte das Training dagegen keinen Einfluss. Bei älteren, multimorbiden Patienten konnte das Training die Verweildauer im Krankenhaus verringern und die postoperative Komplikationsrate senken, unabhängig von der Art der Operation. Für Patienten mit Knie-TEP brachte das präoperative Training insgesamt keinen funktionellen Nutzen nach dem Eingriff.

Der Effekt eines präoperativen Trainings lässt sich laut der Wissenschaftlerinnen nicht abschließend beurteilen. Der Grund dafür läge vor allem an der mäßigen Qualität der eingeschlossenen Studien. Langfristige Follow-ups fehlten oft, die Trainingskonzepte variierten sehr und die postoperativen Messzeitpunkte seien in den einzelnen Untersuchungen zu verschieden.

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Der frühe Vogel fängt den Wurm – so auch bei Hüft-TEP-Operationen: Trainierten die Patienten in Studien schon vor dem Eingriff, wurden sie früher aus der Klinik entlassen und kamen schneller wieder auf die Beine.
(Abb.: Barry Barnes/shutterstock.com)

Trotzdem raten die Forscherinnen weiterhin zu einem präoperativen Training. Die Trainingspläne sollten dabei individuell auf das Niveau des Patienten abgestimmt sein und einem multimodalen Ansatz folgen.

smo

physioscience 2015; 11: 11-20

GLOSSAR

AMSTAR

AMSTAR bedeutet„ A measurementtool for the assessment of multiple systematic reviews“. Es ist eine Elf-Item-Skala, um die Qualität von Reviews einzuschätzen und zu bewerten. Ist das Item erfüllt, gibt es einen Punkt, ist es nicht erfüllt, keinen Punkt:

  1. Wurde das Design vorher festgelegt?

  2. Wurden Studienauswahl und Datenextraktion von mehr als einer Person durchgeführt?

  3. Wurde eine umfassende Literaturrecherche durchgeführt?

  4. War der Publikationsstatus (zum Beispiel graue Literatur, Sprache) relevant, damit eine Studie ins Review eingeschlossen wurde?

  5. Wurden ein- und ausgeschlossene Studien aufgelistet?

  6. Wurde die Charakteristik der eingeschlossenen Studien dargestellt?

  7. Wurde die wissenschaftliche Qualität der eingeschlossenen Studien beurteilt und dokumentiert?

  8. Wurde die wissenschaftliche Qualität der eingeschlossenen Studien angemessen in die Schlussfolgerung einbezogen?

  9. Waren die Methoden, die zur Zusammenfassung der Studienergebnisse genutzt wurden, angemessen?

  10. Wurde eine mögliche Verzerrung der Ergebnisse durch Publikationsbias in Betracht gezogen?

  11. Wurde ein möglicher Interessenkonflikt dargestellt?

Für die Auswertung in der vorliegenden Übersichtsarbeit wählten die Autoren das R-AMSTAR, eine Weiterentwicklung des AMSTAR. Dabei werden die elf Items erneut in drei bis vier Unterpunkte gegliedert, die wiederum mit Punkten bewertet werden. Dadurch ergibt sich eine Maximalpunktzahl von 44 Punkten.

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(Abb.: Chaikom/shutterstock.com)

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Verbrennungen – Massage verringert Narbenbildung

Die Narbenbildung ist eine der größten Sorgen von Patienten nach einem Verbrennungstrauma. Denn neben möglichen funktionellen Einschränkungen bringen diese Narben auch teils massive kosmetische Beeinträchtigungen mit sich. Ein Team koreanischer Wissenschaftler fand nun heraus, dass Therapeuten die negativen Folgen von Verbrennungsnarben mithilfe spezieller Massagen signifikant verringern können.

Für ihre Studie rekrutierten die Autoren 146 Patienten mit Verbrennungen und teilten sie per Zufall in zwei Gruppen ein. Alle Probanden waren durchschnittlich etwa einen Monat in einer Reha für Verbrennungsopfer. Dort erhielten sie ein Standardprogramm, das unter anderem Bewegungsübungen, Kortikoidinjektionen in die verbrannten Hautgebiete sowie ein Öl enthielt, das die Feuchtigkeit der Haut verbesserte. Die Teilnehmer in der Kontrollgruppe bekamen zusätzlich dreimal die Woche für jeweils 30 Minuten eine Massagetherapie, die von speziell für Verbrennungsnarben ausgebildeten Therapeuten durchgeführt wurde. Outcomeparameter waren beispielsweise die Schmerzintensität, Narbendicke, Narbenelastizität sowie die Farbe des Narbengewebes.

In der Nachuntersuchung stellte sich heraus, dass die Massage-Gruppe unter anderem in puncto Narbendicke, Hautverfärbung und Flüssigkeitsverlust der Haut signifikant bessere Ergebnisse erzielte als die Kontrollgruppe. Für die Autoren stellt die spezielle Massagetherapie somit eine weitere Möglichkeit dar, die Narbenbildung von Menschen mit Verbrennungen positiv zu beeinflussen.

Jose

Burns2014;40: 1513-1520

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Patienten, die während ihres Reha-Aufenthaltes lernen, selbstständiger zu sein, sind zufriedener mit der Behandlung.
(Abb.: W. Goldswain/fotolia.com (nachgestellte Situation))

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Zitat

»MAN KANN DEN MENSCHEN NICHT AUF DAUER HELFEN, WENN MAN FÜR SIE TUT, WAS SIE SELBST TUN KÖNNEN UND SOLLTEN.«

Abraham Lincoln (1809-1865), 16. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika


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Zufriedenheit mit der Rehabilitation – Selbstversorgung entscheidend

Können Patienten während einer Reha ihre Selbstständigkeit verbessern, steigt ihre Zufriedenheit mit der Versorgungsqualität. Dies fand ein Team aus Wissenschaftlern der Eastern Kentucky University in den USA heraus.

Die Forscher entwickelten das Assessment „Satisfaction with Continuum of Care Revised“ und befragten damit 769 Patienten einer großen Reha-Klinik, wie zufrieden sie mit der Qualität ihrer Versorgung sind. Anschließend setzten sie diese Daten mit demografischen Informationen und den Ergebnissen verschiedener Messinstrumente in Beziehung, zum Beispiel mit dem Funktionalen Selbstständigkeitsindex (FIM). Die Patienten waren im Schnitt 67,8 Jahre alt, und ihr Altersspektrum bewegte sich zwischen 18 und 100 Jahren. Alle durchliefen eine physio- und ergotherapeutische Behandlung, einige erhielten zusätzlich Logopädie. Im Durchschnitt nahmen sie 45,9 Therapiestunden in Anspruch.

Mithilfe der gewonnenen Daten identifizierten die Forscher sogenannte Prediktoren der Patientenzufriedenheit. Sie ermittelten also Faktoren, mit denen sich die Zufriedenheit der Patienten vorhersagen lässt. Eine zentrale Rolle spielen dabei die Werte auf der FIM-Selbstversorgungsskala. Denn je höher die Werte, desto häufiger sind die Patienten mit dem Reha-Angebot zufrieden. Ähnlich verhält es sich mit dem Gesamtscore des FIM. Außerdem beeinflusst die Art der Erkrankung, wie Menschen die Qualität der Reha-Maßnahme erleben. Patienten mit neurologischen Erkrankungen sind zum Beispiel am zufriedensten. Ebenso wirkt sich eine höhere Anzahl an Therapiestunden positiv auf die Zufriedenheit aus. Genauso wie die Möglichkeit, die Rehabilitationsmaßnahme innerhalb von 15 Tagen nach dem Krankheitsereignis zu beginnen.

Eine verbesserte Selbstständigkeit beeinflusst die Zufriedenheit der Patienten insbesondere im Bereich der Selbstversorgung, beispielsweise beim Backen in der heimischen Küche.

fk

AJOT2015;doi: 10.5014/ ajot.2015.013094

Mit 7,4 Punkten

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... sich die 65- bis 85-Jährigen in Deutschland auf einer Skala von eins bis zehn, werden sie nach ihrer Lebenszufriedenheit gefragt. Mitentscheidend ist dabei neben der Bildung und dem Einkommen vor allem ihr Gesundheitszustand.

Generali Altersstudie 2013

Kein

Stress, ...

... keine Zwänge und mehr Zeit für sich und seine Familie haben – das sehen die Deutschen als besondere Vorteile des Alters.

Cenerali Altersstudie 2013


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(Abb.: julief514/fotolia.com (nachgestellte Situation))
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Abb.: Linda Bucklin/shutterstock.com
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Der frühe Vogel fängt den Wurm – so auch bei Hüft-TEP-Operationen: Trainierten die Patienten in Studien schon vor dem Eingriff, wurden sie früher aus der Klinik entlassen und kamen schneller wieder auf die Beine.
(Abb.: Barry Barnes/shutterstock.com)
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Patienten, die während ihres Reha-Aufenthaltes lernen, selbstständiger zu sein, sind zufriedener mit der Behandlung.
(Abb.: W. Goldswain/fotolia.com (nachgestellte Situation))