Diabetes aktuell 2015; 13(03): 102
DOI: 10.1055/s-0035-1554859
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Übergewicht – DGVS fordert Forschung im Kampf gegen Übergewicht und Stoffwechselfolgen

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Publication Date:
08 June 2015 (online)

 

    Übergewicht beginnt bei einem Body-Mass-Index (BMI) von 25, Fettleibigkeit ab 30. Das entspricht einem Gewicht von 98 Kilo bei einer Körpergröße von 180 Zentimetern. Gemäß der WHO-Prognose wären in 15 Jahren fast jeder vierte Mann und gut jede fünfte Frau fettleibig. „Wir brauchen klare und evidenzbasierte Konzepte, mit denen wir dieser fatalen Entwicklung erfolgreich entgegensteuern können“, erklärt DGVS-Sprecher Professor Christian Trautwein, Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Stoffwechselerkrankungen und Internistische Intensivmedizin (Medizinische Klinik III) an der Uniklinik RWTH Aachen.

    Denn die Folgen für den Stoffwechsel sind erheblich, für die Patienten mitunter sogar tödlich. Bei bis zu 90 % der stark übergewichtigen Menschen verfettet die Leber. Häufig entzündet sich das Organ und es entwickelt sich eine Fettlebererkrankung. Wird diese nicht frühzeitig behandelt, kann aus der Hepatitis eine Leberzirrhose und Leberkrebs hervorgehen. Eine Zunahme um 5 Einheiten des BMI erhöht das Risiko für ein Leberzellkarzinom um durchschnittlich 39 %. „Gerade ist eine neue DGVS-Leitlinie erschienen, an der sich Ärzte bei der Behandlung der Nicht-Alkoholischen Fettlebererkrankung orientieren können“, sagt Trautwein. Neben der Entwicklung wissenschaftlich basierter Behandlungsempfehlungen sei es jedoch notwendig, noch mehr in die Präventionsforschung zu investieren, ergänzt der Experte. So zeichne sich beispielsweise in den letzten Jahren ab, dass die Zusammensetzung der Darmflora das Gewicht beeinflusst. „Studien deuten darauf hin, dass Störungen des Mikrobioms die Neigung zu Übergewicht fördern“, erklärt Trautwein. Kinder etwa, die während der ersten 5 Lebensmonate Antibiotika bekommen, sind eher von Übergewichtig betroffen. Umgekehrt scheint eine Veränderung der Darmflora auch Übergewicht und Krankheiten wie Typ-2-Diabetes zu bessern. „Solche Zusammenhänge müssen detaillierter untersucht und die Funktionen einzelner Stämme von Darmbakterien geklärt werden“, sagt Trautwein.

    Zum Pflichtprogramm eines jeden Arztes gehöre es, seine Patienten beim Abnehmen zu unterstützen und sie mit den Grundsätzen der Prävention vertraut zu machen: ausreichend Bewegung und maßvolle, geeignete Ernährung. Übergewichtigen helfen am wirksamsten interdisziplinäre, individuell angepasste Behandlungsansätze. Die operative Behandlung Fettleibiger sollte das letzte Mittel bleiben, meint die DGVS. Ein operativ eingesetztes Magenband oder ein Magenbypass verkleinert das Verdauungsorgan und gibt dem Patienten schneller das Gefühl, satt zu sein. Eine chirurgische Behandlung wird bei einem BMI ab 40 empfohlen, ab einem BMI von 35 nur dann, wenn Begleiterkrankungen vorliegen. „Für Patienten und Ärzte muss der regelmäßige Blick auf die Waage selbstverständlich werden“, sagt Trautwein. „Wenn es uns gelingt aus den Statistiken die richtigen Konsequenzen zu ziehen, lässt sich der Trend vielleicht in absehbarer Zeit wenden.“

    Pressemitteilung DGVS, 12.5.2015


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