Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2015; 22(03): 110
DOI: 10.1055/s-0035-1555720
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Erster großer Ausbruch in Afrika durch Serotyp C – Meningokokken im Niger

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
23. Juni 2015 (online)

 

    Der Niger gehört zusammen mit 20 weiteren Ländern südlich der Sahara zum so genannten Meningitisgürtel Afrikas. Meningokokkeninfektionen treten hier regelmäßig auf und insbesondere in der Trockenzeit zwischen Dezember und Juni kommt es gelegentlich zu großen Epidemien mit Zehn- oder gar Hunderttausenden von Fällen. Der letzte große Ausbruch fand im Jahr 2009 statt, damals erkrankten vor allem im Niger und in Nigeria etwa 80 000 Menschen. In der Vergangenheit wurden diese Ausbrüche fast ausschließlich durch den Erreger Neisseria meningitides Serotyp A hervorgerufen.

    Keine Ausbrüche mehr durch Serotyp A

    Seit dem Jahr 2010 kommt nun ein neuer Konjugatimpfstoff (MenAfriVac) großflächig zum Einsatz, der extra für den afrikanischen Meningitisgürtel produziert wurde. MenAfriVac wirkt nur gegen den Serotyp A, ist sehr kostengünstig und extrem erfolgreich: In den Regionen, in denen MenAfriVac für Massenimmunisierungen verwendet wurde, gab es seither keine Meningokokken-A-Ausbrüche mehr.


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    Hohe Fallzahlen durch Serotyp C

    Nun scheint es jedoch, als warte schon der nächste Erreger darauf, die Rolle von N. meningitides Serotyp A zu übernehmen. So erkrankten zwischen Anfang Januar und Mitte Mai im Niger vermutlich 6180 Menschen an einer Meningokokken-Meningitis, die durch den Serotyp C hervorgerufen wurde. Mindestens 423 Menschen verstarben hier an den Folgen der Infektion. Dabei nahm die Infektionswelle Anfang Mai erst so richtig Fahrt auf. Allein innerhalb der letzten 2 Wochen des Meldezeitraumes verdreifachten sich die Fallzahlen. Und auch Nigeria meldete bereits Anfang des Jahres einen Ausbruch von Meningokokken-Meningitis des Serotyps C. Bis Anfang April waren hier 1380 Verdachtsfälle (darunter 83 Todesopfer) registriert worden (aktuellere Zahlen liegen uns derzeit leider nicht vor).

    Dies ist das erste Mal, dass N. meningitides Serotyp C einen großen Ausbruch in Afrika verursacht. Obwohl dieser Serotyp in den wohlhabenderen Ländern der Welt der dominierende Meningokokkenerreger ist, gab es in Afrika in den vergangenen 40 Jahren nur sporadische Infektionen und einige wenige, kleinere Ausbrüche, die dann in der Regel durch eine Mischung von Serotyp-A- und Serotyp-C-Meningokokken verursacht wurden.

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    (Bild: Fotolia; S. Kaulitzki)

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    Wenig Schutz gegen Serotyp C vorhanden

    Dadurch sind die afrikanischen Länder nicht ausreichend auf solch einen Ausbruch vorbereitet. In den vergangenen Jahren wurde hier ausschließlich gegen den Serotyp A geimpft. Ein Schutz gegen den derzeit dominierenden Serotyp C besteht also beim Großteil der Bevölkerung nicht. Impfstoffe gegen andere als den Serotyp A sind nicht nur ausgesprochen knapp, in ganz Afrika handelt es sich dabei auch fast ausschließlich um Polysaccharidimpfstoffe, die keinen längerfristigen Schutz bieten. Die in Europa und den USA erhältlichen multivalenten Konjugatimpfstoffe sind für die betroffenen afrikanischen Länder unerschwinglich.

    Dr. Raymund Lösch und Dipl. Biol. Unn Klare, Bad Doberan

    Quellen: promed


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    (Bild: Fotolia; S. Kaulitzki)