ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2015; 124(09): 417-418
DOI: 10.1055/s-0035-1564220
Colloquium
Vernetzung schafft Sicherheit
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Am Puls der Zeit: das Plus der „Praxis 4.0“

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Publication Date:
01 October 2015 (online)

 

40 Millionen Smartphones und 8 Millionen Tablet-Computer verbinden die Menschen in Deutschland. Vernetzung ist für praktisch jeden eine alltägliche Erfahrung, doch nach dem Stand der ­Technik könnte sie am meisten den Fortschritt in der Medizin beflügeln. Wie profitiert speziell die zahnärztliche Praxis?


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Was sich hier abspielt, ist ganz hoch aufgehängt. Die Vernetzung von Menschen und Maschinen läuft beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) als Forschungskonzept – ein Hoffnungsträger. Bis 2020 rechnet man beispielsweise mit 1 Million smart homes, Häusern und Wohnungen, deren Heizungen man bei der Rückkunft aus dem Urlaub auf halber Strecke per Smartphone schon einmal „aufdreht“ (Winter) oder deren Rollläden man herunterlässt (Sommer).

Das Umfeld: Vernetzung im Privatbereich wie in der Industrie

Noch schneller dürfte der eCall (Emergency Call) des Autos zur Realität werden: Ein Unfall, der Airbag bläst sich auf – und automatisch geht ein Notruf mit genauer Positionsangabe an die Nummer 112. Die Europäische Union will das verpflichtend für jedes neue PKW-Modell und auch für neue leichte Nutzfahrzeuge ab März 2018 einführen.

Indessen werden unter der Bezeichnung „Industrie 4.0“ zahlreiche Produktionssysteme miteinander vernetzt. Ein Designer codiert eine bestimmte Form in einer STL-Datei. Dabei werden in der sogenannten Surface Tessellation Language 3-dimensionale Oberflächen durch Aneinanderlegen hinreichend vieler kleiner Dreiecke in einer vorab definierten Genauigkeit erfasst. Das entsprechende Datenpaket läuft via Internet in eine Fabrik (die irgendwo auf der Welt stehen kann), und eine Fertigungseinheit (z.B. Fräsroboter) stellt das Teil her. Bei gravierenden Pro­blemen geht ein automatischer Notruf an den Produktionsleiter und erreicht ihn selbst, falls er möchte, im Urlaub. So kann er schnell Gegenmaßnahmen einleiten und die Dauer von Betriebsstillständen minimieren.


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Praxis-Monitoring, Ferndiagnose, Problemlösung per Mausklick

Was hat dies mit der Zahnheilkunde zu tun? Ganz einfach: Sie ist ein Vorreiter von „Industrie 4.0“. Denn in der „Praxis 4.0“ ist die vorstehend skizzierte Zukunftsvision längst verwirklicht – mindestens im aktuellen CAD/CAM-Workflow! Vor allem in der Prothetik und der Implantologie hat er in den vergangenen Jahren mannigfaltige Möglichkeiten zur Fertigung von Zahnersatz und zur besseren Behandlungsplanung eröffnet. Dazu werden bereits Röntgensysteme, Intraoralkameras und –scanner digital eingebunden. Darüber hinaus lassen sich die Hygienedokumentation und die Abrechnung papierlos am Bildschirm führen.

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Sogar „schweres Gerät“, wie Fräs- und Schleifmaschinen, ist in ein umfassendes Praxisnetzwerk einbezogen, neuerdings immer häufiger auch dentale Versorgungssysteme, etwa Kompressoren, Sauganlagen oder Amalgamabscheider. Schließlich möchte man als moderner Zahnarzt morgens in seiner Praxis die Systeme hochfahren und auf einen Blick sehen, dass alles in Ordnung ist – wie im Cockpit eines Flugzeugs.

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Gegebenenfalls nimmt der Zentralcomputer der Praxis eine selbständige Erinnerung des Kompressors auf und zeigt sie an, etwa: „Ich benötigt einen Filterwechsel in 2 Wochen“. In diesem Falle kann das Team gleich reagieren. Der betreffende Filter muss in der Regel einmal im Jahr gewechselt werden. Ein weiteres Signal kann zum Beispiel lauten: „Der Amalgambehälter ist zu 95% gefüllt – bitte bald austauschen!“

Droht der Ausfall der dentalen Druckluft, so kann bereits heute der Notfallmodus direkt vom Praxis-PC aus gestartet werden. Erforderlich sind dafür ein „kommunikativer“ Kompressor (z.B. Duo Tandem, Quattro Tandem oder Tornado 2+) und eine leistungsfähige Software (z.B. Tyscor Pulse, Dürr Dental, Bietigheim-Bissingen). Sie sorgt zum Beispiel dafür, dass die entscheidenden Betriebsparameter auf der Benutzeroberfläche stets angezeigt werden. Zudem wird ständig über Sensoren die Qualität der Druckluft überwacht und Abweichungen über die Software dem Benutzer mitgeteilt.

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Falls notwendig, bekommt nicht nur der Praxisinhaber bzw. der gerade Verantwortliche eine Meldung auf den PC, sondern diese lässt sich per Mausklick direkt dem zuständigen Dental-Depot weiterleiten. Dieses kann den Zustand der Anlage nun fernüberwachen, die Maschinen­diagnose sofort erstellen und ein bestehendes Problem gegebenenfalls sogar sofort beheben. Zuweilen werden einige Mausklicks aus der Ferne reichen, ein andermal erhält das Team gezielte Anweisungen, die schnell zur Lösung führen. Ist ein Vor-Ort-Termin erforderlich, so bringt der Techniker keinen Kofferraum voller Bedienungsanleitungen mit, sondern kann diese mithilfe der Dürr Dental Service App gezielt vor Ort „nachschlagen“.

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Am Puls der Zeit

Die Integration von digitalen Röntgensystemen oder Intraoralscannern in das Praxisnetzwerk mag auf den 1. Blick „natürlicher“ erscheinen, als es bei Kompressoren und Sauganlagen der Fall ist. Diese sind dem Team seit Jahrzehnten vertraut und gehören deshalb gefühlt eher in die analoge Welt. Sie in die digitale mitzunehmen, zählt jedoch zweifellos zu den sinnvollsten Anwendungen aktueller Technologien des Zeitalters von Smartphone und Tablet-PC. Denn dies maximiert die Ausfallsicherheit der dentalen Versorgungssysteme und ermöglicht das Rundum-sorglos-Paket bestehend aus: remote monitoring, remote diagnosis, remote service.

Dr. Christian Ehrensberger, Frankfurt/M.


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