Pneumologie 2015; 69(11): 627
DOI: 10.1055/s-0035-1564781
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Persistierende pulmonale Hypertonie – SSRI in der Schwangerschaft: Risiko für Neugeborene?

Contributor(s):
Matthias Manych
Huybrechts KF et al.
Antidepressant use late in pregnancy and risk of persistent pulmonary hypertension of the newborn.

JAMA 06/2015;
313(21): 2142-2151
Further Information

Publication History

Publication Date:
06 November 2015 (online)

 

    Die Einnahme von Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) in der Spätschwangerschaft kann das Risiko einer persistierenden pulmonalen Hypertonie des Neugeborenen (PPHN) erhöhen. Eine Arbeitsgruppe in Boston/USA hat nun die Assoziation zwischen der SSRI-Exposition und dem PPHN-Risiko in einer großen bevölkerungsbezogenen Studie analysiert.
    JAMA 2015; 313: 2142–2151

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    K. Huybrechts und Kollegen stellten eine erwartete, aber geringe PPHN-Risikoerhöhung fest. Die Arbeitsgruppe verwendete Daten von annähernd 3,78 Mio. Schwangeren in 46 US-Bundesstaaten, die zwischen den Jahren 2000 und 2010 über Medicaid (staatliche Krankenversicherung für sozial Schwache) versichert waren. Als ätiologisch relevanter Zeitraum für die SSRI-Exposition wird das frühe 3. Schwangerschaftstrimester angenommen. In dieser Studie umfasste der definierte Expositionszeitraum die letzten 90 Tage bis zur Geburt. In dieser Periode mussten die Frauen mindestens eine Antidepressivaverordnung (SSRI oder Nicht-SSRI) erhalten haben. Die Daten von Frauen, die sowohl SSRI als auch Nicht-SSRI anwendeten, gingen nicht in die Analyse ein. Berücksichtigt wurden nur termingerechte Geburten. Indem die Studienautoren den Diagnosezeitrahmen für PPHN auf 30 Tage nach der Geburt ausweiteten, ergab sich ein positiver prädiktiver Wert von 89,6 %. Als Vergleichsgruppe dienten Daten von Frauen, die zu keinem Zeitpunkt während der Schwangerschaft Antidepressiva einnahmen.

    Erhöhtes Risiko für die spätere Entwicklung einer PPHN

    Insgesamt 128 950 Schwangere nahmen im definierten Expositionszeitraum entweder SSRI (n = 102 179) oder Nicht-SSRI (n = 26 771) ein. Im Unterschied zur Vergleichsgruppe waren sie mit einer höheren Wahrscheinlichkeit älter, adipös, Raucherinnen, hatten häufiger eine weiße Hautfarbe und chronische Erkrankungen und nahmen noch andere psychotrope Medikamente ein. Während von den nicht antidepressiva-exponierten Neugeborenen 20,8/10 000 Kinder eine PPHN entwickelten, waren es bei den exponierten Neugeborenen 31,0/10 000 Kinder. Bezogen auf SSRI waren es 31,5 PPHN-Fälle/10 000 Kinder und bei Nicht-SSRI 29,1/10 000 Kinder.

    Eingegrenzt auf Frauen mit einer diagnostizierten Depression ergaben sich PPHN-Häufigkeiten von 24,9 (nicht exponiert), 33,8 (SSRI) und 34,4 (Nicht-SSRI) pro 10 000 Kinder. Die Odds Ratio (OR) für PPHN aus der nichtadjustierten Analyse betrug 1,51 (SSRI) bzw. 1,40 (Nicht-SSRI). Bei diagnostizierter Depression lag die OR bei 1,36 (SSRI) bzw. 1,38 (Nicht-SSRI). Die Studienautoren werteten zudem Daten von Frauen mit 2 Antidepressivaverordnungen im Expositionszeitraum aus, wodurch sich aber die Stärke der Assoziation nicht änderte.


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    Fazit

    Nach den Ergebnissen dieser Studie kann eine SSRI- bzw. Nicht-SSRI-Exposition in der Spätschwangerschaft das PPHN-Risiko erhöhen. Die Autoren weisen aber daraufhin, dass das absolute Risiko gering und der Risikoanstieg kleiner waren, als vorangegangene Studien vermuten ließen.


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