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DOI: 10.1055/s-0035-1564782
COPD – Untypische Verläufe sind gar nicht so selten
Autor*innen
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
06. November 2015 (online)
Auch bei anfänglich normaler, forcierter exspiratorischer Sekundenkapazität (FEV1) kann sich eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) entwickeln. Andererseits
indiziert eine im frühen Erwachsenenalter reduzierte FEV1 nicht zwangsläufig die Entwicklung einer COPD, wie eine epidemiologische Analyse
von P. Lange et al. aufzeigt.
N Engl J Med 2015; 373: 111–122
Die Gefahr eine COPD zu entwickeln wird mit einem reduzierten FEV1-Wert und progredienter Abnahme dieses Parameters assoziiert. Eine Definition, die bisher noch keiner epidemiologischen Überprüfung unterzogen wurde. Denkbar sind auch Verläufe mit initial unauffälligem FEV1-Befund oder nur geringer Zunahme der Atemwegsobstruktion. Außerdem bleibt unklar, welche prognostische Aussage ein, im mittleren Lebensalter erniedrigter, FEV1-Wert in Bezug auf die Ausbildung einer COPD zulässt.
Unter dem Aspekt der Krankheitsprogression bei COPD werteten die Autoren die Daten von 3 Langzeitstudien aus (Framingham Offspring Cohort, Copenhagen City Heart Study und Lovelace Smokers Cohort). So konnte der prädiktive Wert der initialen FEV1-Werte in Bezug auf eine spätere COPD aufgezeigt werden. Die FEV1-Messung zu Studienbeginn kategorisierten die Autoren als reduziert (< 80 %) oder nicht reduziert (> 80 %).
Dann korrelierten die Autoren die Initialbefunde mit den Inzidenzraten der bei Studienende verifizierten COPD-Erkrankungen. Zum Studienbeginn hatten die Probanden ein Durchschnittsalter von < 40 Jahren. Der mittlere Beobachtungszeitraum betrug 22 Jahre. Außerdem ermittelten sie, wie die einzelnen Konstellationen sich auf die durchschnittliche jährliche Abnahme der FEV1 auswirkte.
Zusammenhang mit Nikotinstatus
Bei 78 % der Patienten lag der Obstruktionsparameter initial in der Norm. Diese Probanden entwickelten zu 7 % eine COPD. Umgekehrt zeigte sich, dass bei gut einem Drittel (38 %) der insgesamt 495 im Studienpool erfassten späteren COPD-Patienten initial ein normaler FEV1-Wert vorlag. Bei bereits initial vermindertem FEV1 dagegen betrug die COPD-Rate 26 %. Der Zusammenhang mit der Nikotinanamnese war eindeutig nachvollziehbar. Bei unauffälligem Ausgangswert ohne spätere COPD betrug der Anteil der lebenslangen Nichtraucher 36 %. Entwickelte diese Patientengruppe aber eine COPD, fiel der Nichtraucheranteil auf 6 %.
Die weitere Analyse zeigt, dass COPD-Patienten, die anfänglich bereits eine reduzierte FEV1 aufwiesen, eine eher geringe Progredienz verzeichneten (FEV1-Verlust –27 ml pro Jahr). Dagegen hatten COPD-Patienten mit bei Studienbeginn normalen Werten eine sehr hohe Krankheitsprogredienz (–53 ml pro Jahr).
Die Autoren warnen vor einer Fehlinterpretation der bei der Spirometrie erhobenen FEV1-Werte. Etwa die Hälfte der späteren COPD-Patienten weist im mittleren Lebensalter normale Obstruktionsparameter auf. Außerdem geben sie zu bedenken, dass auch ein im mittleren Lebensalter verminderter FEV1-Befund nicht regelhaft in eine COPD-Erkrankung mündet. Entscheidend ist hier der Nikotinstatus der Betroffenen.
