Fortschr Neurol Psychiatr 2015; 83(09): 483
DOI: 10.1055/s-0035-1564932
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Morbus Alzheimer – Forscher entdecken neues Peptid

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Publication Date:
30 September 2015 (online)

 

    Bei Alzheimer-Kranken sammeln sich Eiweißklumpen im Gehirn an, die die Nervenzellen schädigen. Als Auslöser hierfür gelten ß-Amyloid-Peptide, deren Bildung von der ß-Sekretase, einem scherenartigen Enzym, angeregt wird. Nun gelang einem internationalen Forscherteam um Prof. C. Haass und Dr. M. Willem, München, eine fundamentale Entdeckung: „Es gibt einen zweiten Weg, bei dem die scherenartigen Enzyme ein alternatives Eiweiß aus dem Vorläuferprotein herausschneiden“, sagt Haass. Die Forscher gaben dem neu entdeckten Peptid den Namen Amyloid-η. Über ihre Ergebnisse berichten sie in Nature (Nature 2015; DOI: 10.1038/nature14864).

    In Zusammenarbeit mit der Neurobiologin Dr. H. Marie, Valbonne/Frankreich, sowie Prof. A. Konnerth und Dr. M. A. Busche, München, gelang es den Wissenschaftlern, die Funktion von Amyloid-η im Gehirn zu bestimmen: Während verklumptes ß-Amyloid für Chaos sorgt, weil es Nervenzellen überaktiviert, bremst Amyloid-η die neuronale Stimulation. „Offenbar haben die 2 kleinen Eiweiße, die aus ein- und demselben Vorläuferprotein herausgeschnitten werden, gegensätzliche Wirkungen, die normalerweise genau austariert sind“, sagt Haass.

    Diese Entdeckung hat einen direkten Einfluss auf derzeitige therapeutische Studien am Menschen, die sich bislang auf das ß-Amyloid konzentrieren. So wird aktuell untersucht, ob die Unterdrückung der ß-Sekretase dazu führt, dass sich der Gedächtnisverlust bei Alzheimerpatienten verlangsamt. Die Forscher um Haass und Willem haben nun festgestellt, dass die Blockade der ß-Sekretase zwar zu einer Reduktion von ß-Amyloid führt, aber auch gleichzeitig eine massive Überproduktion von Amyloid-η zur Folge hat. „Damit könnte es zu einer Störung der neuronalen Aktivität und damit der Gehirnfunktion kommen“, sagt Haass. Die Wissenschaftler raten daher, solche bisher nicht erwarteten Nebenwirkungen in klinischen Studien genau zu verfolgen.

    Nach einer Mitteilung der Ludwig-Maximilians-Universität München


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