Diabetes aktuell 2015; 13(06): 284-285
DOI: 10.1055/s-0035-1567762
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Meilenstein in der Therapie des Typ-2-Diabetes – Kardiovaskuläre Risikoreduktion in EMPA-REG OUTCOME®-Studie gezeigt

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Publication Date:
11 November 2015 (online)

 

Auch für Diabetesexperten waren die Ergebnisse der am 17. September 2015 beim Kongress der „European Association for the Study of Diabetes“ (EASD) präsentierten Daten der EMPA-REG OUT-COME®-Studie[ 1 ] eine Überraschung [ 1 ]. Denn sie belegen erstmals eine Senkung der kardiovaskulären Mortalität (–38 %) und der Gesamttodesrate (–32 %) für Menschen mit Typ-2-Diabetes und hohem kardiovaskulären Risiko unter einer blutzuckersenkenden Therapie.

Damit ist Empagliflozin das einzige Antidiabetikum, das in einer speziell dafür ausgelegten Studie im primären Endpunkt Überlegenheit in Bezug auf kardiovaskuläre Risikoreduktion gezeigt hat.[ * ]

Volkskrankheit Diabetes

Dieses Ergebnis ist umso wichtiger, wenn man sich vor Augen hält, dass derzeit weltweit nach Angaben der Internationalen Diabetes Federation (IDF) weltweit 387 Millionen Menschen mit einer diabetischen Erkrankung leben – mit steigender Tendenz – und alle 7 Sekunden ein Mensch an den Folgen von Diabetes stirbt [ 2 ]. Mehr als 2 von 3 Betroffenen (68 %) im Alter von über 65 Jahren sterben an einer kardiovaskulären Erkrankung [ 3 ], [ 4 ].

Im Durchschnitt verliert ein über 60-jähriger Mensch mit Diabetes, der noch keine Gefäßerkrankung hat, im Vergleich zu einem Menschen ohne Diabetes 6 Lebensjahre [ 3 ], [ 4 ]. Und das Risiko, an einer kardiovaskulären Erkrankung zu sterben, verdoppelt sich bei Menschen mit Diabetes, nach einem Myokardinfarkt ist es sogar 4-mal so hoch [ 5 ]. Damit sind ein Schlaganfall oder eine andere kardiovaskuläre Erkrankung die häufigste Todesursache bei Menschen mit Typ-2-Diabetes [ 6 ], [ 7 ].

Angesichts dieser Daten muss die Therapie insbesondere auch die kardiovaskulären Folgen der Krankheit adressieren. Die Strategie ruhe auf 4 Säulen, so Prof. Nikolaus Marx, Aachen, auf einer Pressekonferenz in Frankfurt: der Kontrolle der Blutglukosespiegel, einer Lipidsenkung, dem Blutdruckmanagement – und „last but not least“ der Thrombozytenaggregationshemmung [ 8 ].

Eine großangelegte Studie mit über 7000 Menschen mit Typ-2-Diabetes und hohem kardiovaskulärem Risiko hat jetzt interessante Erkenntnisse geliefert: Mit dem SGLT-2-Hemmer Empagliflozin, der in Deutschland seit dem Jahr 2014 zur Verfügung steht, gibt es jetzt erstmals eine blutzuckersenkende Therapie [ 9 ]–[ 11 ], die nicht nur die Glukoselast im Blut unabhängig von der Betazellfunktion und der Insulinresistenz reduzieren [ siehe Kasten ], sondern nachgewiesenermaßen auch die (kardiovaskuläre) Mortalität von Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 und kardiovaskulären Vorerkrankungen senken kann [ 1 ].[ * ]


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EMPA-REG OUTCOME® untersuchte kardiovaskuläres Outcome

Die EMPA-REG OUTCOME®-Studie adressierte die Auswirkungen von Empagliflozin auf das langfristige kardiovaskuläre Outcome bei Menschen mit Typ-2-Diabetes mit erhöhtem kardiovaskulären Risiko [ 1 ]. An dieser 3-armigen, doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten Studie beteiligten sich 590 Zentren aus 42 Ländern, berichtete Prof. Christoph Wanner, Würzburg. Die 7020 Patienten waren mehrheitlich kardiovaskulär vorbelastet: Etwa 50 % der Studienpopulation hatte bereits einen Myokardinfarkt erlitten, und bei mehr als jedem Zweiten bestand die Diabeteserkrankung länger als 10 Jahre. Fast ein Viertel der Patienten hatte eine eingeschränkte Nierenfunktion mit einer glomerulären Filtrationsrate unter 60 ml/min. Durchschnittlich lag der HbA1c-Wert in allen 3 Gruppen bei etwa 8 %.

Alle in die Studie eingeschlossenen Patienten waren mit einer Standardtherapie antidiabetisch wie auch kardiovaskulär gut behandelt. Erlaubt war alles außer SGLT-2-Hemmern: Rund 75 % erhielten Metformin, 50 % waren mit einem Insulin versorgt. Knapp 80 % waren auf ein Statin eingestellt, 95 % erhielten eine blutdrucksenkende Therapie, wobei mehr als 80 % der Patienten einen ACE-Hemmer oder einen Angiotensinrezeptorblocker (ARB) einnahmen. Bei rund 90 % der Patienten war ein Plättchenhemmer Teil der Therapie. Die Standardtherapie sollte im Verlauf der Studie kontinuierlich angepasst werden, um in allen Armen die gleichen Zielwerte (z. B. HbA1c, Blutdruck, Lipide) zu erreichen. Zusätzlich erhielten die Patienten entweder Placebo (n = 2333) oder 10 mg (n = 2345) bzw. 25 mg (n = 2342) Empagliflozin. Die mediane Beobachtungszeit betrug 3,1 Jahre.


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Positives Ergebnis: geringere (kardiovaskuläre) Mortalitätsrate

Die Gabe von Empagliflozin resultierte in einer signifikanten Reduktion des kombinierten Endpunkts ‚kardiovaskulärer Tod, nichttödlicher Herzinfarkt und nichttödlicher Schlaganfall‘ um 14 %. Die Anzahl kardiovaskulärer Todesfälle sank um 38 % (Abb. [ 1 ]), die Gesamtmortalitätsrate um 32 % (Abb. [ 2 ]). Auch die Zahl der Krankenhauseinweisungen wegen einer Herzinsuffizienz verringerte sich um 35 %. Bemerkenswert, so Wanner, sei dabei insbesondere, dass die Ereigniskurven bereits sehr früh, schon nach 3 Monaten, divergieren und dass es zwischen den Dosierungen 10 mg und 25 mg Empagliflozin keinen signifikanten Unterschied gibt.

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Abb. 1 Anzahl der kardiovaskulären Todesfälle.
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Abb. 2 Entwicklung der Gesamtmortalität.

Bisher hat keine andere antidiabetisch wirkende Substanz in einer nach höchstem wissenschaftlichem Standard durchgeführten Studie ein solches Ergebnis erreicht, bewertete Prof. Jochen Seufert, Freiburg, die Studienergebnisse. Umgerechnet in die klinische Praxis könnten 25 Leben gerettet werden, wenn 1000 Patienten über einen Zeitraum von 3 Jahren mit Empagliflozin behandelt würden (82 versus 57 Todesfällen), und 14 Patienten weniger müssten aufgrund einer Herzinsuffizienz hospitalisiert werden (42 versus 28 Hospitalisierungen).

Weitere Informationen zu dem Wirkstoff unter www.jardiance.de. Die Informationen auf dieser Webseite stehen nur Angehörigen von medizinischen Fachkreisen zur Verfügung.

Günther Buck, Weilheim/Teck

Empagliflozin – die Datenlage aus den Zulassungsstudien

Empagliflozin ...

  • … zeigte in der Monotherapie im Vergleich zu Placebo eine statistisch signifikante Senkung des HbA1c-Wertes von 0,74 % (10 mg) bzw. 0,85 % (25 mg) nach 24 Wochen [ 8 ], [ 9 ] bzw. von 0,78 % und 0,89 % nach 76 Wochen [ 11 ] sowie bei Patienten mit HbA1c-Ausgangswerten von mindestens 8,5 % in der Monotherapie (10 mg und 25 mg) eine effektive HbA1c-Senkung von 1,4 % gegenüber dem Ausgangswert [ 9 ].

  • … bietet den zusätzlichen Vorteil einer Gewichtsabnahme von durchschnittlich 2,26 kg (10 mg) bzw. 2,48 kg (25 mg) gegenüber 0,33 kg unter Placebo [ 9 ], [ 10 ]][ * ]

  • … ist mit einer signifikanten Reduktion des systolischen Blutdrucks im Vergleich zu Placebo assoziiert – unabhängig von der Begleitmedikation und ohne Einfluss auf die Pulsfrequenz. Die adjustierte mittlere Veränderung des systolischen Blutdrucks betrug –3,9 mmHg (10 mg) bzw. –4,3 mmHg (25 mg) [ 10 ], [ 12 ]–[ 14 ] [ * ]

  • … weist ein günstiges Verträglichkeitsprofil auf: In klinischen Studien war die Gesamthäufigkeit unerwünschter Ereignisse vergleichbar mit derjenigen unter Placebo. Häufigste Nebenwirkung war eine Hypoglykämie, wenn Empa-gliflozin in Kombination mit Sulfonylharnstoff oder Insulin verabreicht wurde. Harnwegsinfektionen und Infek-tionen des Genitaltrakts, die unter Therapie mit SGLT-2-Hemmern auftreten können, sind in den meisten Fällen mild bis mäßig ausgeprägt und mit einer Standardtherapie gut zu therapieren [ 15 ].

All diese Effekte von Empagliflozin können zu einer besseren Compliance beitragen: Die gute Verträglichkeit und der Gewichtsverlust unter der Therapie können die Motivation für eine gesündere Lebensführung steigern [ 16 ], [ 17 ].


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Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Boehringer Ingelheim GmbH, Ingelheim am Rhein, und der Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg.

Quelle: Post-EASD Presseveranstaltung „Empagliflozin überzeugt: kardiovaskuläre Risikoreduktion bei Typ-2-Diabetes“, veranstaltet von der Boehringer Ingelheim GmbH, Ingelheim am Rhein, und der Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg, am 18. September 2015 in Frankfurt.

Günther Buck ist freier Journalist.


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* Empagliflozin (Jardiance®) ist nicht zugelassen zur Gewichtsabnahme und zur Reduktion des Blutdrucks, sowie zur Senkung des kardiovaskulären Risikos. Eine Beurteilung der Ergebnisse durch die Zulassungsbehörden steht noch aus.


1 Empagliflozin Cardiovascular Outcome Event Trial in Type 2 Diabetes Mellitus Patients


  • Literatur

  • 1 Zinman B et al. New Engl J Med 2015; DOI: 10.1056/NEJMoa1504720.
  • 2 IDF Diabetes Atlas 6th Ed. 2014. www.idf.org/diabetesatlas
  • 3 Center for Disease Control and Prevention 2011
  • 4 Emerging Risk Factors Collaboration. Seshasai SR et al. N Engl J Med 2011; 364: 829-841
  • 5 Emerging Risk Factors Collaboration. Di Angelantonio E et al. JAMA 2015; 314: 52-80
  • 6 Emerging Risk Factors Collaboration. Sarwar N et al. Lancet 2010; 375: 2215-2022
  • 7 Schramm TK et al. Circulation 2008; 117: 1945-1954
  • 8 American Diabetes Association. Diabetes Care 2015; 38: 549-557
  • 9 JARDIANCE®10mg/25mg Fachinformation, Dezember 2014
  • 10 Roden M et al. Lancet Diabetes Endocrinol 2013; 1: 208-219
  • 11 Roden M et al. ADA 2014; Abstract 264-OR
  • 12 Häring HU et al. Diabetes Care 2013; 36: 3396-3404
  • 13 Hach T et al. ADA 2013; Poster P69-LB
  • 14 Häring HU et al. Diabetes Care 2014; 37: 1650-1659
  • 15 Geerlings S et al. Diabetes Res Clin Pract 2014; 103: 373-381
  • 16 Mohamed AF et al. Diabetes Metab 2013; 39: 397-40
  • 17 Pi-Sunyer FX. Postgrad Med 2009; 121: 94-107

  • Literatur

  • 1 Zinman B et al. New Engl J Med 2015; DOI: 10.1056/NEJMoa1504720.
  • 2 IDF Diabetes Atlas 6th Ed. 2014. www.idf.org/diabetesatlas
  • 3 Center for Disease Control and Prevention 2011
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  • 5 Emerging Risk Factors Collaboration. Di Angelantonio E et al. JAMA 2015; 314: 52-80
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  • 15 Geerlings S et al. Diabetes Res Clin Pract 2014; 103: 373-381
  • 16 Mohamed AF et al. Diabetes Metab 2013; 39: 397-40
  • 17 Pi-Sunyer FX. Postgrad Med 2009; 121: 94-107

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Abb. 1 Anzahl der kardiovaskulären Todesfälle.
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Abb. 2 Entwicklung der Gesamtmortalität.