Pneumologie 2015; 69(12): 700
DOI: 10.1055/s-0035-1570267
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Pickwick-Syndrom – Helfen Lebensstilintervention und nicht-invasive Beatmung?

Contributor(s):
Friederike Klein

Am J Resp Crit Care Med 2015;
192: 86-95
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Publication Date:
09 December 2015 (online)

 

Bei der wachsenden Zahl an Übergewichtigen könnte auch die Inzidenz des Adipositas-abhängigen Hypoventilationssyndrom (OHS) immer weiter zunehmen. Zur Verbesserung der Hyperkapnie und ihrer Folgen werden zwar die nächtliche nicht-invasive Beatmung (NIV) und die kontinuierliche positive Überdrucktherapie (CPAP) eingesetzt, die Wirksamkeit wurde aber bisher kaum in Studien untersucht.
Am J Resp Crit Care Med 2015; 192: 86–95

Die spanische Arbeitsgruppe um J. F. Masa führte eine 3-armige multizentrische randomisiert-kontrollierte Studie durch, die diese beiden Therapien mit der alleinigen Lebensstilintervention als Kontrollbedingung untersuchten. Der primäre Endpunkt war der CO2-Partialdruck (PaCO2) am Tag.

221 Patienten mit einem OHS und einem Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) über 30 unterzogen sich einer Lebensstilintervention, die aus einer Diät mit 1000 Kalorien pro Tag und der Beratung zur Schlafhygiene und Verhaltensmodifikationen wie Bewegung und Verzicht auf Alkohol, Stimulanzien, Sedativa und Rauchen bestand. Lag der Tages-Sauerstoffpartialdruck (PaO2) unter 55 mmHg, erhielten die Patienten zusätzlich Sauerstoff.

Randomisiert über 2 Monate wurde entweder eine NIV (n = 71) oder eine CPAP (n = 80) zusätzlich eingesetzt oder nur eine Lebensstilintervention durchgeführt (n = 70). Vor Studienbeginn, nach 1 und nach 2 Monaten wurden arterielle Blutgaswerte, klinische Symptome, gesundheitsbezogene Lebensqualitätsparameter, die 6-Minuten-Gehstrecke und Daten zur Compliance erhoben und eine Spirometrie durchgeführt.

Veränderungen des Lebensstils reichen alleine nicht aus

In der NIV-Gruppe ergab sich im Vergleich zur Kontrolle nach 2 Monaten die deutlichste Verbesserung des PaCO2 am Tag (-5,5 mmHg vs. -3,2 mmHg; p < 0,001).

Der PaCO2 bei CPAP sank tagsüber um 3,7 mmHg. Hier spielte die Compliance eine Rolle: Der Effekt der CPAP wurde im Vergleich zur Kontrollgruppe erst statistisch signifikant, wenn man um diesen Parameter adjustierte.

Der Bikarbonatwert nahm bei NIV um 2,1 mmol/l, bei CPAP um 1,9 mmol/l ab und in der Kontrollgruppe um 0,7 mmol/l zu. Die Unterschiede in der Verbesserung zwischen NIV- bzw. CPAP-Gruppe relativ zur Kontrollgruppe waren statistisch signifikant, nicht aber die Unterschiede zwischen den beiden Interventionsgruppen.

Auch klinische Symptome und polysomnografische Parmeter verbesserten sich bei NIV und CPAP im Vergleich zur Kontrollgruppe. Unterschiede ergaben sich bei einigen gesundheitsbezogenen Lebensqualitätsparametern, der Spirometrie und in der 6-Minuten-Gehstrecke: Hier führte die NIV zu deutlicheren Verbesserungen als die CPAP.

Fazit

NIV und CPAP stellen bei OHS effektivere Maßnahmen als alleinige Lebensstil-veränderungen zur Senkung des PaCO2 am Tag dar, so die Autoren. Dies wirkt sich auch auf klinische Symptome und die Befunde in der Polysomnografie aus, wobei die respiratorische Funktion durch NIV deutlicher verbessert wird. Ob diese Befunde mit einer dauerhaft verbesserten Funktion verbunden sind, müssen Langzeitstudien zeigen.


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