Menschen mit schwerer geistiger und mehrfacher Behinderung sind Schmerzen in besonderer
Weise ausgeliefert, weil sie diese nicht adäquat kommunizieren können. Sie sind vollständig
darauf angewiesen, dass Bezugspersonen, wie Eltern oder Mitarbeitende in Einrichtungen
der Behindertenhilfe ihren Schmerz wahrnehmen und Hilfemaßnahmen einleiten. Aufgrund
ihrer vielfältigen chronischen Erkrankungen und der Vielzahl an (schmerzhaften) medizinischen
und pflegerischen Einwirkungen, die sie während ihrer Biografie erfahren, sind sie
allerdings mehr als jede andere Bevölkerungsgruppe von Schmerzen betroffen. Bezüglich
der Wahrnehmung und der Diagnostik von Schmerzen im Kontext schwerer geistiger und
mehrfacher Behinderung gibt es nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen und Veröffentlichungen.
Es besteht hier sowohl ein großer Forschungs- als auch Handlungsbedarf. Aus den wenigen
Veröffentlichungen (u.a. ZERNIKOW 2009) ist bekannt, dass Kinder und Jugendliche mit
schwerer geistiger und mehrfacher Behinderung nach Operationen wesentlich weniger
Schmerzmedikamente erhalten als solche ohne Behinderung. Eine Schmerzevaluation mittels
Schmerzbeobachtungsbögen wird sowohl in Einrichtungen des Gesundheitswesens als auch
in Einrichtungen der Behindertenhilfe bei diesem Personenkreis nur selten durchgeführt
(CARITASVERBANDES AUGSBURG 2011). Mittels der vorliegenden Untersuchung werden Gruppenleitungen
in Heimen der Behindertenhilfe nach dem Auftreten, der Diagnostik und Dokumentation
sowie des Vorliegens eines Schmerzassessments bezüglich des Personenkreises Menschen
mit schwerer geistiger und mehrfacher Behinderung befragt. Die Fragebogenuntersuchung
wird in Einrichtungen verschiedener Bundesländer durchgeführt und soll ein erstes
Bild zur Schmerzsituation und -versorgung dieser Personengruppe zeichnen.