Suchttherapie 2017; 18(S 01): S1-S72
DOI: 10.1055/s-0037-1604620
Symposien
S-31 Problematische Nutzung des Internets und der Computerspiele im Jugendalter
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Internetnutzungskompetenz als Determinante einer Internetsucht bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen

B Stodt
1   Allgemeine Psychologie: Kognition und Center for Behavioral Addiction Research (CeBAR), Universität Duisburg-Essen
,
E Wegmann
1   Allgemeine Psychologie: Kognition und Center for Behavioral Addiction Research (CeBAR), Universität Duisburg-Essen
,
M Brand
1   Allgemeine Psychologie: Kognition und Center for Behavioral Addiction Research (CeBAR), Universität Duisburg-Essen
2   Erwin L. Hahn Institute for Magnetic Resonance Imaging, Essen
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Publication History

Publication Date:
08 August 2017 (online)

 
 

    Einleitung:

    Verschiedene Onlineangebote und -anwendungen vereinfachen heutzutage die Kommunikation mit Freunden, ermöglichen die schnelle Informationssuche und bieten vielfache Unterhaltungsmöglichkeiten. Immer häufiger berichten Personen von alltäglichen negativen Konsequenzen aufgrund einer zeitintensiven Internetnutzung. Seit 20 Jahren steht die Internet-use Disorder (IUD) im Fokus psychologischer Forschungsarbeiten. Grundlegend unterscheiden vergangene Arbeiten zwischen einer generalisierten IUD und spezifischen Formen wie z.B. der Internet-gaming oder Internet-communication disorder. Dabei wurde die Internet-gaming disorder bereits als Forschungsdiagnose in das DSM-5 aufgenommen. Verschiedene theoretische Rahmenmodelle wie zum Beispiel das I-PACE Modell (Brand et al., 2016) nehmen an, dass internetbezogene Kognitionen den Einfluss persönlicher Prädispositionen auf die Entwicklung einer IUD mediieren. Aufgrund der bisherigen Befundlage ist die Eruierung frühzeitiger präventiver Maßnahmen von bedeutsamer klinischer Relevanz. Inwiefern trainierbare Kompetenzen einen Einfluss bei der Entstehung einer IUD haben können, blieb bislang weitestgehend unerforscht.

    Methodik:

    In verschiedenen Studien beantworteten Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen 14 und 29 Jahren Fragebögen zur Messung von Personenmerkmalen, Internetnutzungserwartungen, Symptomen einer IUD sowie verschiedenen Internetnutzungs- und Sozialkompetenzen.

    Ergebnisse:

    Moderierte Regressions- und Mediationsanalysen konnten zeigen, dass einzelne Facetten der Internetnutzungskompetenz relevante Merkmale für die Entstehung und Aufrechterhaltung einer IUD darstellen können. So zeigte sich, dass selbstregulierende und reflektierende Fähigkeiten das Risiko einer IUD tendenziell vermindern können, wohingegen Anwendungskompetenzen wie die kreative Produktion und Interaktion sowie technische Fertigkeiten das Risiko eher erhöhen. Der Effekt persönlicher Prädispositionen wie z.B. psychopathologischer Symptome verminderte sich, wenn höhere regulierende und reflektierende Kompetenzen vorlagen. Zusätzlich konnten Sozialkompetenzen als einflussreicher Faktor bei Symptomen einer Internet-communication disorder eruiert werden.

    Schlussfolgerung:

    In verschiedenen Stichproben stellten sich Facetten der Internetnutzungskompetenz als relevante Einflussfaktoren einer IUD heraus. So zeigt sich, dass Anwendungskompetenzen für eine kompetente und zielgerichtete Internetnutzung nicht genügen und ausgeprägte technische Kompetenzen vielmehr einen Risikofaktor darstellen können. Im Gegensatz dazu lassen die Ergebnisse darauf schließen, dass höhere reflektierende und selbstregulierende sowie soziale Kompetenzen das Risiko der Entstehung einer IUD vermindern können. Es wird vorgeschlagen, diese Kompetenzfelder stärker in bestehende Präventionsmaßnahmen und Medienkompetenz-Curricula zu integrieren.


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