Etwa 14.000 Vietnamesinnen und Vietnamesen lebten 2014 in Berlin, davon ca. ein Drittel
in Berlin-Lichtenberg. Über die Perinataldaten vietnamesischer Migrantinnen in Deutschland
ist bisher wenig bekannt. Folgende Hypothesen zu vietnamesischen Migrantinnen sollten
überprüft werden: Tritt wegen anderer Ernährungsgewohnheiten häufiger ein Gestationsdiabetes
auf, kommt es wegen anatomischer Gegebenheiten (relativ kleine Frauen) häufiger zum
Geburtsstillstand, mehr schwere Dammverletzungen und mehr Sectioentbindungen (Hauptfragestellung),
wirken sich Sprachschwierigkeiten ungünstig auf das perinatales Outcome aus?
Laut Fallzahlschätzung war die Erfassung von mindestens 1.000 vietnamesischen Migrantinnen
zur Beantwortung der Hauptfragestellung nötig. Die Vergleichsgruppe wurde mittels
eines matched pair-Verfahrens zugeordnet (jeweils davor und danach gebärende Nicht-Migrantin
laut Geburtenbuch). Die Zuordnung der Frauen zu den beiden Gruppen erfolgte mittels
Namensanalyse. Um die erforderliche Anzahl von mehr als 3.000 Frauen zu erreichen,
wurden die Geburtenbücher der Geburtsklinik im Berliner Krankenhaus Vivantes Klinikum
im Friedrichshain retrospektiv ausgewertet. 3.159 Gebärende wurden erfasst, Datensätze
von 3002 Müttern, davon 999 vietnamesische Migrantinnen, konnten in die Auswertung
eingeschlossen werden.
Mittels logistischer Regressionsanalyse wurden u.a. die Zusammenhänge zwischen einer
primären bzw. sekundären Sectio und dem (vietnamesischen) Migrationshintergrund überprüft
– es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen Frauen mit und ohne Migrationshintergrund,
allerdings gab es Unterschiede bei den Sectioindikationen. Die Inanspruchnahme der
Schwangerenvorsorge durch vietnamesische Migrantinnen unterscheidet sich nicht. Außerdem
konnte gezeigt werden, dass Kinder vietnamesischer Migrantinnen weder schlechtere
5-min-Apgar-Werte, noch niedrigere arterielle Nabelschnur pH-Werte im Vergleich zu
Nicht-Migrantinnen haben. Vietnamesinnen hatten gegenüber Nicht-Migrantinnen allerdings
mehr Geburtswegsverletzungen (Episiotomie, schwere Dammrisse).
Insgesamt scheint die Betreuungsqualität vietnamesischer Migrantinnen in Berlin trotz
teilweise vorhandener Kultur- und Kommunikationsbarrieren gut zu sein. Die Bedeutung
von Akkulturationsfaktoren bleibt (vorerst) unklar.