Hintergrund:
Idiosynkratische medikamenteninduzierte Leberschäden (Idiosyncratic drug-induced liver
injury = iDILI) stellen eine der herausforderndsten Diagnosen in der Hepatologie dar
[1]. Häufig ist es nicht möglich, die kausale Substanz zu identifizieren, wenn die
Patienten mehrere Medikamente einnehmen [2]. Das erneute Auftreten eines Leberschadens
bei Re-Exposition ist aktuell die einzige objektive Möglichkeit, die Kausalität eines
Medikaments klinisch nachzuweisen, allerdings mit Risiken behaftet [3]. Wir haben
eine in vitro Methode zu Testung der Kausalität entwickelt, welche hepatozytenähnliche
Zellen monozytären Ursprungs (MH Zellen) aus Blutproben verwendet [4, 5]. Um die Testleistung
zu untersuchen wurden in Fällen von Re-Exposition Testergebnisse und klinische Auswertung
verglichen.
Methoden:
Wir untersuchten prospektiv Patienten, welche aufgrund von akuten Leberschäden in
Zusammenhang mit Medikamenteneinnahme am Klinikum der Universität München behandelt
wurden (ClinicalTrials.gov no: NCT 02353455). Von den über 300 bislang eingeschlossen
Patienten identifizierten wir 40 Fälle, in denen es zu einer Re-Exposition mit involvierten
Medikamenten kam. Es wurden Daten zur Anamnese, zu Laborergebnissen, Bildgebung, Histologie
und Medikamenteneinnahme gesammelt. Von allen Patienten wurden Blutproben genommen
und MH Zellen generiert. Diese wurden dann mit den jeweils in Frage kommenden Medikamenten
inkubiert und die Toxizität mittels Freisetzung von Lactat-Dehydrogenase bestimmt.
Substanzen, welche Toxizität in den MH Zellen hervorriefen, wurden als mögliche Auslöser
für den Leberschaden gewertet. In einem Follow-up von 3 – 24 Monaten wurden anhand
der klinischen Informationen über Re-Exposition die Ergebnisse des MH Tests überprüft.
Ergebnisse:
Im Test riefen 10 verschiedene Medikamente Toxizität in MH Zellen von insgesamt 13
Patienten hervor (Amoxicillin/Clavulanate in 2 Fällen; Diclofenac in 2 Fällen; Methylprednisolon
in 2 Fällen und Atorvastatin, Metamizol, Pembrolizumab, Piperacillin/Tazobactam, Moxifloxacin,
Duloxetine und Sertraline in jeweils 1 Fall). Diese 13 Patienten erlitten erneut iDILI
bei Re-Exposition und der MH Zell Test identifizierte in 12 der 13 Fälle die ursächliche
Substanz korrekt. In den 27 Patienten mit negativer Re-Exposition wurden insgesamt
86 Medikamente gestestet, welche alle im MH Test negativ waren. In unserer Kohorte
identifizierte der MH Test Medikamente, die ursächlich für den Leberschaden waren
mit 92,3% Sensitivität und 100% Spezifität.
Zusammenfassung:
Wir haben einen Labortest entwickelt, welcher anhand der Medikamententoxizität in
MH Zellen von Patienten mit iDILI in der Lage ist, die ursächliche Substanz zu identifizieren.
Die Testergebnisse wurden in Fällen mit positiver bzw. negativer Re-Exposition validiert.
Hier zeigten sich eine Sensitivität von 92,3% und eine Spezifität von 100%., sogar
in Patienten welche mehrere Medikamente eingenommen hatten.