Zusammenfassung
1. Elektronenmikroskopische Befunde an Venenendothelien der Maus nach Einwirken von elektrischem Strom, der über eine Anode zugeführt
wurde, ergaben eine schwere Zellschädigung bis zu völliger Zerstörung des Endothels.
Das Endothel der kleinen Arterien reagierte abweichend mit Bildung großer Vakuolen, die sich gegen das Gefäßlumen vorwölbten,
es weitgehend verlegten und damit eine Thrombolyse erschwerten oder sogar unmöglich
machten.
2. Die Reaktion auf derartige Venenendothelschädigungen bestand von der Blutseite
her in einer Aggregation von mehr oder weniger stark degranulierten Thrombozyten.
Aggregierte Plättchen im Bereich des Gefäßlumens ohne Kontakt mit Endothel wurden
nur selten beobachtet. Kam es zu einer so starken Stromschädigung, daß eine völlige
Vernichtung des Endothels mit freier Kommunikation zwischen Blut und subendothelialem
Bindegewebe die Folge war, wurde regelmäßig Fibrin in großen Mengen im Bereich der
Gefäßwand abgeschieden.
3. Da Thrombozytenaggregation und Fibrinbildung nicht allein von der Stromeinwirkung,
sondern im wesentlichen vom Grad der Endothelschädigung abhingen, und da in zusätzlichen
In-vitro-Versuchen keine Abhängigkeit der Vollbhitgerinnung von der Zufuhr elektrischen
Stroms nachgewiesen werden konnte, wird die Hypothese einer primär durch elektrostatische
Vorgänge eingeleiteten Thromboseentstehung verworfen.
4. 24 h und 3 Tage nach Auflösung strominduzierter Thromben durch Streptokinase konnte
Endothel als organisierter Bestandteil der Gefäßwand nicht mehr nachgewiesen werden.
Die Funktion der Endothelzellen wurde in diesem Stadium von einer ein- bis mehrschichtigen
Lage mäßig degranulierter Thrombozyten eingenommen, die untereinander durch Ausbildung
von »regiones densae« und gegenseitige Verzahnung dem Blutstrom ein festes Widerlager
boten. Die Bedeutung dieser bisher wenig beachteten Thrombozytenfunktion im Rahmen
experimenteller Eingriffe an Blutgefäßen wird diskutiert.