Geburtshilfe Frauenheilkd 2018; 78(06): A57
DOI: 10.1055/s-0038-1660633
Postersession: Samstag, 9. Juni 2018: 10.30 – 11.30 Uhr, Foyer
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zweizeitige Geburt nach spontanen Blasensprung und Spätabort des führenden Geminus mit nachfolgend konservativen Management und erfolgreicher Prolongation der Schwangerschaft

J Carow
1   Klinik für Gynäkologie und Geburtsmedizin der Uniklinik RWTH Aachen, Pauwelsstraße 30, 52074 Aachen
,
B Krauspe
1   Klinik für Gynäkologie und Geburtsmedizin der Uniklinik RWTH Aachen, Pauwelsstraße 30, 52074 Aachen
,
L Najjari
1   Klinik für Gynäkologie und Geburtsmedizin der Uniklinik RWTH Aachen, Pauwelsstraße 30, 52074 Aachen
,
E Stickeler
1   Klinik für Gynäkologie und Geburtsmedizin der Uniklinik RWTH Aachen, Pauwelsstraße 30, 52074 Aachen
,
S Iborra
1   Klinik für Gynäkologie und Geburtsmedizin der Uniklinik RWTH Aachen, Pauwelsstraße 30, 52074 Aachen
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Publication History

Publication Date:
06 June 2018 (online)

 
 

    Hintergrund:

    Der Anteil an Mehrlingsschwangerschaften hat weltweit in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Die Betreuung von Mehrlingsschwangerschaften stellt insbesondere in Hinblick auf eine erhöhte Frühgeburtlichkeitsrate weiterhin eine perinatalmedizinische Herausfoderung dar. Mehr als doppelt so häufig sind Zwillingsschwangere von einem vorzeitigen Blasensprung (VBS) vor der 26. SSW betroffen mit häufig nachfolgend Spätabort. Gegebenenfalls kommt es dabei zum Ausstoßen nur eines Geminus mit Problematik der Versorgung des Verbleibenden. Nachfolgend berichten wir von einem Fall aus unserer Geburtsmedizin der Uniklinik RWTH Aachen.

    Kasuistik:

    Die 29-jährige Zweitgravida/Nullipara wurde in der 18+6 Schwangerschaftswoche (SSW) mit vaginalen Blutungen und Diagnose eines VBS des führenden Geminus bei dichorialer-diamnioter-Geminigravidät aufgenommen. Bei Sterilität entstand die Schwangerschaft nach ICSI-Behandlung. Am Folgetag kam es zu regelmäßiger Wehentätigkeit mit Ausstoßung des avitalen führenden Geminus. Der zweite Fet verblieb vital bei sistierender Wehentätigkeit. Bei klinisch unauffälliger Patientin ohne Anhalt für Amnioninfektionssyndrom oder Plazentalösung und dringlichem Wunsch nach Erhalt der Gravidität, wurde die Nabelschnur des zuvor ausgestoßenen Geminus mit Seidenfäden hoch abgebunden und die Placenta belassen. Im weiteren stationären Verlauf exspektatives Vorgehen unter Atibiotikaprophylaxe.

    Die RDS-Prophylaxe konnte komplikationslos ab der 23+3 SSW auf Wunsch der Eltern durchgeführt werden. In der 25+0 SSW kam es zu einem VBS des zweiten Geminus mit muttermundswirksamer Wehentätigkeit bei nun steigenden Infektparametern. Die Indikation zur eiligen Sectio wurde gestellt. Es kam zum Partus eines Jungen mit APGAR 9/10/10, pH 7,31 und einem Geburtsgewicht von 800 g. Die intensivmedizinische Versorgung übernahm die Abteilung für Neonatologie mit insgesamt 3,5 monatigen stationären Aufenthalt. Im Verlauf kam es zu einer Late onset-Sepsis und einer nekrotisierenden Enterocolitis mit temporärer Stomaanlage sowie Ileusproblematik. 7 Monate nach Geburt zeigt das Kind noch motorische Entwicklungsverzögerungen mit einem Gewicht < 3. Perzentile.

    Diskussion:

    In unserem Fall konnte eine Prolongation der Schwangerschaft nach hohem Abbinden der Nabelschnur des zuvor ausgestoßenen ersten Geminus und exspektativem Vorgehen um 43 Tage erfolgen, welches dem in der Literatur angebenen Latenzintervall zwischen der Geburt des ersten und zweiten Geminus entspricht. Mit Erreichen der Lebensfähigkeit ist das Risiko der extremen Frühgeburt und seiner kindlichen Kurz- und Langzeitkomplikationen gegeben. Eine Prolongation der Schwangerschaft sollte somit nur bei fehlenden Risiken für die Mutter, guter Prognose für den verbleibenden Geminus sowie in engem Austausch mit der Neonatologie und Eltern erfolgen.


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