Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2018; 28(04): 245-246
DOI: 10.1055/s-0038-1668278
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Physikalische Medizin bei Sklerodermie – was gibt es Neues?

U Lange
1   Professur für Internistische Rheumatologie, Osteologie, Physikalische Medizin der Universität Gießen; Kerckhoff-Klinik, Bad Nauheim
,
S Bogensperger
1   Professur für Internistische Rheumatologie, Osteologie, Physikalische Medizin der Universität Gießen; Kerckhoff-Klinik, Bad Nauheim
,
G Dischereit
1   Professur für Internistische Rheumatologie, Osteologie, Physikalische Medizin der Universität Gießen; Kerckhoff-Klinik, Bad Nauheim
2   Rheumazentrum Mittelhessen, Bad Endbach
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
09. August 2018 (online)

 
 

    Zu den Strukturpathologien der systemischen Sklerodermie (SSc) zählen die Entzündung (kutane Ödeme, Arthritis, Organmanifestationen), Mikrozirkulationsstörungen (Haut und andere Organe) sowie die Sklerosierung (Haut und andere Organe). Insbesondere bei Raynaud-Syndrom, Sklerödem, Kontrakturen, Mikrostomie, Stuhl- und Harninkontinenz sind die Methoden der Physikalischen Medizin (PM) der Pharmakotherapie überlegen. Präsentiert werden 4 monozentrische Pilotstudien:

    Studie 1:

    Auswirkungen eines einmaligen Kohlensäurehandbades (KSHB) auf das Raynaud-Syndrom (RS) im Vergleich zu Gesunden. Dabei konnte ein kurzzeitiger vasodilatativer Effekt im Power-Doppler-Ultraschall (PDUS) an der Digitalarterie des 4. Fingers der Gebrauchshand objektiviert werden. Es handelt sich um eine kostengünstige sowie einfache Behandlungsmethode, die auch im häuslichen Bereich gefahrenlos erfolgen kann und stellt eine Therapieoption in Fällen dar, wo eine systemische Behandlung nicht möglich ist oder verweigert wird.

    Studie 2:

    Vergleich eines einmaligen KSHB versus eines Warmwasserhandbades (WWHB) bei SSc mit RS. Unter dem KSHB zeigte sich in beiden Gruppen im kapillarmikroskopischen Bild eine Zunahme der Durchblutung direkt nach dem Bad, aber nur bei den SSc-Patienten war ein kurzzeitig anhaltender Effekt (bis zu 20 Minuten nach dem KSHB) objektivierbar. Im PDUS war ein Abfall des Resistance-Index nur bei den SSc-Patienten detektierbar, durch das WWHB resultierten keine Änderungen im PDUS oder in der Kapillarmikroskopie. Somit ist ein klarer Wirkunterschied zwischen dem KSHB und dem WWHB zu postulieren.

    Studie 3:

    Iterative KSHB bewirkten im Vergleich zu Gesunden eine verbesserte Durchblutung am 4. Finger der Gebrauchshand mittels PDUS. Ursächlich hierfür scheint eine verminderte Resistance der Digitalarterien zu sein und nicht eine Änderung der Mikrozirkulation im kapillarmikroskopischen Bild. SSc-Patienten gaben zudem eine subjektive Verbesserung der akralen Durchblutung an (Raynaud Condition Scaler) und weniger Raynaud-Anfälle im Beobachtungszeitraum von 5 Tagen mit verminderter Dauer.

    Studie 4:

    Die serielle Biomechanische Stimulationstherapie (BMS, 23 – 28 Hz, Wirkung: optimale Dehnung von Muskel- und Bindegewebe) wurde bei Mikrostomie in 2 unterschiedlichen Applikationsintervallen (3 × 20 Min. oder 5 × 30 Min. pro Woche) appliziert und bewirkte eine signifikante Zunahme der Mundöffnung. Dabei war die 5-fach Applikation (deutliche Dosis-Wirkbeziehung) der 3-fach Applikation signifikant überlegen. Die BMS ist ein einfach zu handhabendes Verfahren zur Erweiterung der Mundöffnung und kann in Selbstregie erfolgen. Bisher existiert keine Pharmakotherapie zur Verhinderung bzw. Verbesserung der Mikrostomie. Eine Zunahme der Mundöffnung ist essenziell für die Zuführung „größerer Speisen“ bzw. für zahnhygienische und -chirurgische Maßnahmen.