Hintergrund:
Ab Oktober 2018 ist der HIV-Selbsttest in Deutschland frei verkäuflich. Der Bundesrat
hat einer Änderung der Medizinprodukteabgabeverordnung (MPAV) zugestimmt. Die HIV-Präexpositionsprophylaxe
(PrEP) ist in Deutschland zugelassen und der Wunsch in der Bevölkerung sich jederzeit
auf sexuell übertragbare Erkrankungen testen zu lassen, steigt stetig an. Bisher beschränkte
§3 Absatz 4 der MPAV die Abgabe von In-Vitro-Diagnostika auf Fachkreise wie Ärzte,
das Gesundheitswesen und Beratungseinrichtungen für den Nachweis eines in §24 Infektionsschutzgesetz
aufgeführten Krankheitserregers, wie z.B. HIV. Die HIV-testenden „Aids-Beratungsstellen“
im ÖGD haben sich historisch aus der AIDS-Epidemie der 1980er Jahre etabliert. Den
gesetzlichen Rahmen dazu stellt das Infektionsschutzgesetz §19. Die Ausgestaltung
der Aids/STI-Beratungsstellen ist sehr heterogen in Deutschland. So unterschiedlich
diese auch sein mögen – alle sehen sich derzeit der Herausforderung gegenüber gestellt,
ihre bisherigen Dogmen, Paradigmen und Standards zu hinterfragen. Rund 12.000 Menschen
in Deutschland wissen nichts von ihrer HIV-Infektion. Etwa die Hälfte aller HIV-Diagnosen
in Deutschland erfolgt erst nach Jahren und damit deutlich zu spät. In den HIV-Heimtest
und die PrEP werden große Hoffnungen gesetzt. Das Ziel ist, Menschen, die sich bislang
aus verschiedenen Gründen nicht haben testen lassen, zu erreichen.
Hypothesen:
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In der Beratung wird sich eine Verschiebung bezüglich der Themen darstellen. Anwenderfehler
und daraus resultierende Verunsicherung der Klienten wird mehr im Fokus der Individualberatung
stehen. Das bestehende medizinische Versorgungssystem, Arztpraxen und Krankenhausambulanzen,
ist nicht darauf ausgerichtet verunsicherte Menschen zeitaufwendig zu beraten.
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Die Anzahl aufwendiger Beratungen ohne HIV-Test wird steigen.
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Die Anzahl der tatsächlichen HIV-Tests im ÖGD-Setting wird sinken.
Methodik/Ergebnisse:
Es werden die Zahlen aus der HIV-Testberatung des Fachdienstes STI und sexuelle Gesundheit
des Gesundheitsamtes Köln dargestellt. Hierbei werden die erhobenen Daten nach Einführung
des frei verkäuflichen HIV-Heimtests mit den Daten aus den letzten zwei Vorjahren
verglichen. Die Themen aus der Individualberatung werden aufgearbeitet und die Verunsicherung
der Klienten soll mittels Priorisierung/Ranking abgebildet werden.
Schlussfolgerungen:
Der HIV-Heimtest und die PrEP stellen einen erheblichen Paradigmenwechsel in der HIV-Präventionsarbeit
dar, der nicht unbeachtet bleiben darf. Es soll diskutiert werden, welche Auswirkungen
diese Veränderung auf die Beratungssettings haben und mit welchen neuen Herausforderungen
sich der ÖGD konfrontiert sieht. An den ÖGD werden hohe Anforderungen bezüglich Anpassungsfähigkeit
in Struktur und Inhalt sowie hohe fachliche Kompetenz auf psychosozialer und medizinischer
Ebene gestellt.