Einleitung:
Neonatale Anpassungsstörungen können in seltenen Fällen durch eine Störung der mütterlichen
Schilddrüsenhormone verursacht werden. Sowohl die Überdosierung von Schilddrüsen-Hormonen
als auch die Hemmung der Schilddrüsenfunktion durch Thyreostatika bei der Mutter während
der Schwangerschaft sind relevant aufgrund ihrer kurz- und langfristigen Effekte auf
das Neugeborene.
Fallpräsentation:
Wir berichten über zwei Fälle, bei denen eine mütterliche Medikamenteneinnahme Ursache
einer Störung der Schilddrüsenfunktion bei dem Neugeborenen war.
Fall I: Die 31-jährige Schwangere mit anamnestischer Hashimoto-Thyreoiditis stellte sich
mit 30+6 SSW aufgrund von vorzeitiger Wehentätigkeit vor. Unter dem Verdacht einer
schweren Präeklampsie mit unhemmbarer Wehen wurde die Sectio caesarea durchgeführt.
Postoperativ fiel die mehrfache Einnahme von mitgebrachten Tabletten auf, die sich
als L-Thyroxin herausstellten. Bei der Mutter fand sich der Befund einer schweren
Hyperthyreose ohne Nachweis von Schilddrüsen-Antikörpern. Das Kind erhielt aufgrund
einer ausgeprägten Oxygenierungsstörung Surfactant und wurde bei persistierend hohem
Sauerstoffbedarf erneut intubiert. Eine erweiterte Diagnostik bei dem Neugeborenen
erbrachte eine schwere neonatale Hyperthyreose. Bei zu dieser Zeit noch unklarem Antikörper-Befund
der Mutter erhielt der Junge Thiamazol und Propranolol. Da nach der Thiamazol-Gabe
die endogene Schilddrüsenhormon-Produktion blockiert war (am 3. Lebenstag TSH < 0,02,
fT3 1,61, fT4 18,72), wurde mit L-Thyroxin eine Euthyreose hergestellt.
Fall II: Die 37-jährige Schwangere mit anamnestisch in der Schwangerschaft diagnostizierter
Hyperthyreose, welche mit Propylthiouracil behandelt war, stellte sich mit 40+2 SSW
zur geplanten Sectio cesarea bei Makrosomie und Polyhydramnion vor. Die postnatale
Adaptation des Neugeborene war regelrecht, in den ersten Lebensstunden fiel das Kind
durch eine Belastungsdyspnoe beim Trinken, Schwitzen und eine periorale Zyanose auf.
Die Schilddrüsenparameter beim Kind zeigten ein stark erhöhtes TSH und ein leicht
erhöhtes fT3. Sonographisch zeigte sich eine ausgeprägte Struma. Die Schilddrüsenparameter
normalisierten sich während der ersten Lebenstage und das Kind blieb während der Überwachung
kardiopulmonal stabil.
Diskussion:
Die Schilddrüsenfunktionsstörungen infolge einer mütterlichen Einnahme von Thyreostatika
oder Schilddrüsenhormonen können zu einer schweren Anpassungsstörung beim Neugeborenen
führen, die maternale Thyreostatikatherapie – insbesondere mit Propylthiouracil –
kann eine transiente Hypothyreose des Neugeborenen verursachen. Eine Information des
Neonatologen über eine mütterliche Schilddrüsenerkrankung ist für eine optimale perinatale
Betreuung unabdingbar.
Literatur:
[1] Ogilvy-Stuart AL. Neonatal thyrotoxicosis. NeoReviews 2017;18;e422
[2] Daneman D, Howard NJ. Neonatal thyrotoxicosis: intellectual impairment and craniosynostosis
in later years. J Pediatr.