Fragestellung Zur Fraktur-Fixierung werden Verschraubungen bikortikal im Knochen angebracht. Um
Verletzungen des umliegenden Gewebes oder unzureichende Fixation zu vermeiden, muss
die Schraubenlänge dabei im 1 mm Raster richtig ausgewählt werden. Die intra-operative
Bestimmung der Bohrkanallänge mit einer mechanischen Lehre mit einer Auflösung von
1 mm führt wegen der unzureichenden Genauigkeit häufig zu falsch ausgewählten Schraubenlängen
verbunden mit Komplikationen im Heilungsverlauf. Deshalb zielt der Lösungsansatz,
auf eine automatische Bestimmung der Bohrkanallänge in-operando mit einer Unsicherheit
von < 0,5 mm.
Methodik Mit einem neuartigen sensorischen Triebstrang können die mechanischen Bohrparameter
Drehzahl n, Drehmoment M, Vorschubkraft Ff und Vorschub x gemessen und somit die Übergänge zwischen den Knochenschichten und der Austritt des
Bohrers aus dem Knochen automatisch detektiert werden, siehe Bild 1 oben.
Abb. 1 Oben: Bohrmaschine mit sensorischem Triebstrang; Unten: Messsignale von vier Rippenbohrungen
normiert auf einheitliche Bohrkanallänge
Dem Bohrer wird mit einer Schwingspule zusätzlich eine lineare sinusförmige Oszillation
mit einer Frequenz von 79 Hz überlagert. Mit einer automatisierten Auswertung des
mechanischen Energieeintrags gemeinsam mit einer Wegmessung und der materialabhängigen
Amplitude der linearen Oszillation können die Positionen der Knochenschichtübergänge
detektiert werden.
Ergebnisse und Schlussfolgerung Zur Validierung des Messprinzips wurde ein Experiment aufgebaut, wobei eine Schweinerippe
mit einem medizinischen Bohrer (Durchmesser 3 mm) mit einer Vorschubgeschwindigkeit
von vf = 0,5 mm/s bei einer Drehzahl von n = 600 U/min durchbohrt wird. Bild 1 unten zeigt den gemessenen Verlauf von Drehmoment,
Vorschubkraft und Amplitude der linearen Oszillation für vier Bohrversuche. Aufgrund
der unterschiedlichen Dicken der Rippe an den Bohrstellen wird die Bohrkanallänge
auf 100 % normiert.
Beim Eindringen in die Kortikalis nehmen Vorschubkraft und Drehmoment zu, während
die linear oszillierende Amplitude stark abnimmt und damit den Beginn der Bohrung
markiert. Das Minimum der ersten Ableitung der steilen Deklination der Vorschubkraft
beim Durchbruch durch die Gegenkortikalis markiert das Bohrkanalende. Die Bohrkanallänge
entspricht der Wegdifferenz zwischen dem detektierten Beginn und Ende der Bohrung.
Auf diese Weise konnte die Bohrkanallänge in einer Versuchsreihe mit 10 Bohrungen
mit einer erweiterten Messunsicherheit (kp = 2) von 0,31 mm bestimmt werden und liegt
damit unter der geforderten Unsicherheit zur Auswahl der richtigen Schraubenlänge.
Stichwörter Bohrverfahren, Bohrkanallänge, Osteosynthese, sensorischer Triebstrang, In-Operando-Messung,
automatische Bohrkanallängenbestimmung