Z Orthop Unfall 2020; 158(S 01): S62
DOI: 10.1055/s-0040-1717326
Vortrag
DKOU20-284 Allgemeine Themen>26. Freie Themen

Automatische Bestimmung der Bohrkanallänge beim medizinischen Bohren

M Sorg
*   = präsentierender Autor
1   BIMAQ, Universität Bremen, Bremen
,
J Osmers
1   BIMAQ, Universität Bremen, Bremen
,
R Spicher
2   Rolandklinik, Zentrum für Hand- und Rekonstruktive Chirurgie, Bremen
,
A Fischer
1   BIMAQ, Universität Bremen, Bremen
› Author Affiliations
 

Fragestellung Zur Fraktur-Fixierung werden Verschraubungen bikortikal im Knochen angebracht. Um Verletzungen des umliegenden Gewebes oder unzureichende Fixation zu vermeiden, muss die Schraubenlänge dabei im 1 mm Raster richtig ausgewählt werden. Die intra-operative Bestimmung der Bohrkanallänge mit einer mechanischen Lehre mit einer Auflösung von 1 mm führt wegen der unzureichenden Genauigkeit häufig zu falsch ausgewählten Schraubenlängen verbunden mit Komplikationen im Heilungsverlauf. Deshalb zielt der Lösungsansatz, auf eine automatische Bestimmung der Bohrkanallänge in-operando mit einer Unsicherheit von < 0,5 mm.

Methodik Mit einem neuartigen sensorischen Triebstrang können die mechanischen Bohrparameter Drehzahl n, Drehmoment M, Vorschubkraft Ff und Vorschub x gemessen und somit die Übergänge zwischen den Knochenschichten und der Austritt des Bohrers aus dem Knochen automatisch detektiert werden, siehe Bild 1 oben.

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Abb. 1 Oben: Bohrmaschine mit sensorischem Triebstrang; Unten: Messsignale von vier Rippenbohrungen normiert auf einheitliche Bohrkanallänge

Dem Bohrer wird mit einer Schwingspule zusätzlich eine lineare sinusförmige Oszillation mit einer Frequenz von 79 Hz überlagert. Mit einer automatisierten Auswertung des mechanischen Energieeintrags gemeinsam mit einer Wegmessung und der materialabhängigen Amplitude der linearen Oszillation können die Positionen der Knochenschichtübergänge detektiert werden.

Ergebnisse und Schlussfolgerung Zur Validierung des Messprinzips wurde ein Experiment aufgebaut, wobei eine Schweinerippe mit einem medizinischen Bohrer (Durchmesser 3 mm) mit einer Vorschubgeschwindigkeit von vf = 0,5 mm/s bei einer Drehzahl von n = 600 U/min durchbohrt wird. Bild 1 unten zeigt den gemessenen Verlauf von Drehmoment, Vorschubkraft und Amplitude der linearen Oszillation für vier Bohrversuche. Aufgrund der unterschiedlichen Dicken der Rippe an den Bohrstellen wird die Bohrkanallänge auf 100 % normiert.

Beim Eindringen in die Kortikalis nehmen Vorschubkraft und Drehmoment zu, während die linear oszillierende Amplitude stark abnimmt und damit den Beginn der Bohrung markiert. Das Minimum der ersten Ableitung der steilen Deklination der Vorschubkraft beim Durchbruch durch die Gegenkortikalis markiert das Bohrkanalende. Die Bohrkanallänge entspricht der Wegdifferenz zwischen dem detektierten Beginn und Ende der Bohrung. Auf diese Weise konnte die Bohrkanallänge in einer Versuchsreihe mit 10 Bohrungen mit einer erweiterten Messunsicherheit (kp = 2) von 0,31 mm bestimmt werden und liegt damit unter der geforderten Unsicherheit zur Auswahl der richtigen Schraubenlänge.

Stichwörter Bohrverfahren, Bohrkanallänge, Osteosynthese, sensorischer Triebstrang, In-Operando-Messung, automatische Bohrkanallängenbestimmung



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Article published online:
15 October 2020

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