Dtsch Med Wochenschr 2015; 140(05): 337
DOI: 10.1055/s-0041-100607
Fachwissen
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Präventionsgesetz steht endlich vor der Tür

German prevention act is coming
Stefan Webendörfer
1   Abteilung Occupational Medicine & Health Protection, BASF SE, Ludwigshafen
,
Jürgen F. Riemann
2   Vorstandsvorsitzender der Stiftung Lebensblicke
3   em. Direktor der Medizinischen Klinik C am Klinikum Ludwigshafen
› Author Affiliations
Further Information

Korrespondenz

Prof. Dr. J.F. Riemann
Vorstandsvorsitzender der Stiftung LebensBlicke
em. Direktor der Medizinische Klinik C am Klinikum Ludwigshafen
Internist / Gastroenterologe
Parkstr. 49
D-67061 Ludwigshafen
Phone: +49 (0)621/5877810   
Fax: +49 (0)621/5877811   

Publication History

Publication Date:
03 March 2015 (online)

 

    Seit 2002 ist jedes Jahr der Monat März nach dem Vorbild der amerikanischen Gastroenterologen auch in Deutschland der Darmkrebsmonat. Damit soll das Interesse der Öffentlichkeit ganz besonders auf die zunehmende Inzidenz des kolorektalen Karzinoms in unserem Land und die Möglichkeiten seiner Primär- und Sekundärprävention gerichtet werden. Die Arbeit verschiedener Stiftungen und Interessensverbände war nicht zuletzt auch dadurch erfolgreich, dass Maßnahmen – wie jetzt im neuen Referentenentwurf zum Präventionsgesetz beschrieben – in den letzten 10 Jahren in der Praxis erfolgreich zur Anwendung gekommen sind.


    #

    Dazu gehört vor allem das seit 2002 geltende opportunistische Vorsorge- und Früherkennungsangebot der gesetzlichen Krankenkassen ab dem 50. Lebensjahr. Dessen Erfolge hat das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung eindeutig bestätigt. Auch das 2013 von der Politik beschlossene und schon von manchen Krankenkassen bereits praktizierte persönliche Einladungsverfahren zur Darmkrebsvorsorge und Früherkennung mit der Möglichkeit, die Altersgrenze für den Zugang flexibel zu gestalten, verfehlt seine Wirkung nicht; ebenso das gezielte Ansprechen von Menschen in bestimmten Lebensräumen, sogenannten Settings.

    Hier ist im Besonderen die Integration der Betriebs- und Arbeitsmedizin in die Darmkrebsfrüherkennung zu nennen. Wir haben in Deutschland über 40 Millionen Arbeitnehmer, die – je nach Betrieb und Arbeitsplatz – zu gesetzlich vorgeschriebenen regulären arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen gehen. Mit einem überschaubaren Mehraufwand kann der Betriebs- und Arbeitsmediziner den meist gesunden Mitarbeitern evidenzbasierte Screening-Untersuchungen auf freiwilliger Basis anbieten. Wenn dabei pathologische Befunde erhoben werden, wie z. B. der Nachweis von okkultem Blut im Stuhl, steht der Betriebsarzt für eine Erstberatung zur Verfügung und empfiehlt dann den Gang zum Haus- bzw. Facharzt zur weiteren Diagnostik und / oder Therapie, in diesem Falle einer Koloskopie und ggf. einer Polypektomie.

    Nun gibt es eindeutig mehr chronische und Lifestyle-Erkrankungen als das Jahr Monate hat. Dennoch könnte das in Kürze im Bundestag zur Abstimmung stehende Präventionsgesetz einen Anreiz dafür bieten, chronische Erkrankungen, wie Adipositas, metabolisches Syndrom, Diabetes mellitus Typ II, arterielle Hypertonie mit allen Folgeerkrankungen und Krebsleiden einer systematischen Primär-, Sekundär- und sogar Tertiär-Prävention zuzuführen.

    Diese politische Vorgabe durch das Gesetz kommt unserem haus- und fachärztlichen System, den Sozialversicherungsträgern und anderen Institutionen sehr entgegen; ihr erklärtes Ziel ist es, die Prävention in Deutschland zu verbessern. Der Setting-Ansatz fokussiert dabei auf Kindergärten, Schulen oder den Arbeitsplatz. Dementsprechend sind federführend Kinder-, Haus- und Fachärzte und jetzt auch Betriebs- und Arbeitsmediziner zuständig, um geeignete Screening-Maßnahmen und in der Folge auch Beratungen zum weiteren Vorgehen anzubieten.

    Ein Erfolgsfaktor zur Verbesserung der Prävention in Deutschland wird die Zusammenarbeit der unterschiedlichen (ärztlichen) Disziplinen sein. Ein anderer die Multiplikator-Funktion erfolgreich gescreenter Patienten, die ihre positiven Erfahrungen an Familienmitglieder und Freunde in ihrem Lebensumfeld weitergeben werden. Die Stiftung LebensBlicke als eine der wichtigen Player im gesundheitspolitischen Umfeld begrüßt daher nachdrücklich, dass ihre wiederholte Forderung nach einem Präventionsgesetz nun endlich Realität zu werden scheint.

    Prävention ist und bleibt ein „Megathema“ auch in der Zukunft. Die gesamtgesellschaftliche Diskussion dazu muss von allen Verantwortlichen im Gesundheitswesen verstärkt in der breiten Öffentlichkeit in Gang gesetzt werden, um

    • rechtzeitig die Weichen für einen nachhaltigen Umgang mit dem Thema zu stellen und

    • damit auch in der Zukunft eine zwangsläufig erhebliche Kostensteigerung für alle Versicherten zu vermeiden.

    Vorausschauend handeln ist immer besser als nachher über eine bereits heute schon absehbare Entwicklung zu jammern. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hat in seiner Hausmitteilung zum Beschluss des Bundeskabinetts zum Präventionsgesetz recht: „Krankheiten vermeiden, bevor sie entstehen!“


    #

    Dr. Stefan Webendörfer

    Zoom Image

    ist Vice President der Abteilung Occupational Medicine & Health Protection, BASF Ludwigshafen


    stefan.webendoerfer@basf.com

    Prof. Dr. Jürgen F. Riemann

    Zoom Image

    ist Vorstandsvorsitzender der Stiftung LebensBlicke und em. Direktor der Med. Klinik C am Klinikum LU


    riemannj@garps.de


    Korrespondenz

    Prof. Dr. J.F. Riemann
    Vorstandsvorsitzender der Stiftung LebensBlicke
    em. Direktor der Medizinische Klinik C am Klinikum Ludwigshafen
    Internist / Gastroenterologe
    Parkstr. 49
    D-67061 Ludwigshafen
    Phone: +49 (0)621/5877810   
    Fax: +49 (0)621/5877811   


    Zoom Image
    Zoom Image