Dtsch Med Wochenschr 2015; 140(08): 587-589
DOI: 10.1055/s-0041-101383
Fachwissen
So wird's gemacht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Sonografie der normalen Gallenwege

How to do: Bile duct ultrasound
Thomas Müller
1   Klinikum am Steinenberg, Reutlingen
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Korrespondenzadresse

Dr. med. Thomas Müller
Klinikum am Steinenberg
Steinenbergstr. 31
72764 Reutlingen
DE

Publication History

Publication Date:
16 April 2015 (online)

 

Zusammenfassung

Perkutaner Ultraschall ist ein einfach anwendbares und schnell zur Diagnose führendes Verfahren bei Verdacht auf Erkrankungen der Gallenwege.


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Abstract

Grey-scale US of the common bile duct is helpful in detecting the cause of biliary obstruction. We describe bile duct anatomy, its implication for transducer placement and the process of a systematic US evaluation of normal intrahepatic bile ducts and the common bile duct.


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Der perkutane Ultraschall führt bei Verdacht auf Erkrankungen der Gallenwege zu einer schnellen Diagnose [1] . Die richtigen Strukturen zu erkennen, ist jedoch nicht immer einfach: Vor allem der dünne Ductus hepatocholedochus (DHC) ist nur schwer zu finden. Der Beitrag gibt Tipps, die Ihnen die Suche erleichtern. Außerdem erfahren Sie, woran Sie erkennen, ob der DHC pathologisch verändert ist – oder nicht.

Vor dem Start

Indikationen | Die Sonografie der Gallenwege ist sinnvoll bei Patienten mit:

  • (rechtsseitigen, wiederkehrenden) Oberbauchschmerzen

  • Ikterus

  • einer Erhöhung der Cholestase anzeigenden Laborparameter (GPT, γGT, AP, Bilirubin)

  • einer akuten Pankreatitis

Im B-Bild zeigen sich flüssigkeitsgefüllte Gänge und Gefäße als echofreie tubuläre Strukturen. Kommt es durch Steine oder Tumore zu einer Obstruktion der Gänge, kann man dies durch die Sonografie erkennen und die weitere Diagnostik und Therapie planen.

Technische Voraussetzungen | Für die Untersuchung genügt eine normale curved-array-Abdominalsonde (2,5–5 MHz). Optional ist der Farbdoppler.

Patientenvorbereitung | Eine Nahrungskarenz ist nur selten erforderlich. Wurden zuvor gashaltige Getränke eingenommen, kann dies die Untersuchung jedoch erschweren.

Lagerung | Der Patient befindet sich in Rückenlage oder dreht sich gegebenenfalls in die Linksseitenlage.


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Sonografie der Gallenwege: So wird’s gemacht

Lokalisation der intrahepatischen Gallenwege | Die intrahepatischen Gallenwege werden im Rahmen der systematischen Untersuchung des Leberparenchyms mit beurteilt. Sie laufen parallel zu den Pfortaderästen und sind in der gesunden Leber so zart, dass sie kaum zu sehen sind. Leberzentral kann man sie aber bei jungen schlanken Menschen mitunter als schmale echofreie tubuläre Strukturen erkennen ([Abb. 1]). Im Umkehrschluss bedeutet das: Deutlich sichtbare Gallenwege neben den Pfortaderästen in der Peripherie sind ein Hinweis auf einen gestörten Gallenabfluss.

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Abb. 1 Die intrahepatischen Gallenwege (Pfeil) stellen sich zentral als schmale echofreie Bänder parallel zu den Pfortaderästen (darunter) dar.

Lokalisation der extrahepatischen Gallenwege | Der Ductus hepatocholedochus (DHC) läuft aus der Leberpforte parallel der Pfortader (Vena portae, VP) zum Pankreaskopf und durch diesen zur Papille im Duodenum ([Abb. 2]). Mit der Pfortader kreuzt er die untere Hohlvene (Vena cava inferior, VCI) in spitzem Winkel. Auch im Ligamentum hepatoduodenale, aber meist schräg zum DHC, läuft die Arteria hepatica propria (AH).

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Abb. 2 Bei hochgeklappter Leber sieht man hier die Gefäße der Leberpforte: Ductus hepatocholedochus, Arteria hepatica propria und Vena portae, darunter in der Tiefe die Vena cava inferior. Quelle: Schünke M, Schulte E, Schumacher E. Prometheus. LernAtlas der Anatomie. Innere Organe. Illustration von K. Wesker. 2. Auflage Stuttgart: Thieme 2009.

Für die Schallkopfposition heißt das: Sie denken sich eine Linie vom Nabel des Patienten zu seinem rechten Humeruskopf und setzen unterhalb des Rippenbogens Ihren Schallkopf auf diese Linie ([Abb. 3]). Hier suchen Sie jetzt parallel laufende echofreie tubuläre Strukturen. Schallkopf-fern, also in der Tiefe, liegt die VCI. Ventral davon („darüber“) liegt die Pfortader.

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Abb. 3 Der Schallkopf wird auf einer gedachten Linie vom Nabel zum rechten Humeruskopf (roter Stern) des Patienten unterhalb des Rippenbogens platziert (gelbe Linie).

Die normale VCI weist einen Doppelschlag auf und ihre Weite ist atemmoduliert. Sie finden sie leichter, wenn Sie den Patienten pressen lassen („Valsalva-Manöver“).

Auffinden des DHC | Ventral der Pfortader, also am nächsten am Schallkopf, und parallel zu ihr liegt der DHC ([Abb. 4]). Im gesunden Zustand ist er meist die dünnste dieser drei Strukturen und entsprechend schwierig zu finden. Die Schichtung von dorsal nach ventral ist aber immer gleich. Der Verlauf der Arteria hepatica propria ist variabel, sie liegt meist dorsal des DHC, gelegentlich auch ventral, aber nur selten langstreckig parallel zu ihm.

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Abb. 4 Drei hintereinander liegende echofreie tubuläre Strukturen im Schulter-Nabel-Schnitt: In der Tiefe die Vena cava inferior (VCI), darüber die Vena portae (VC) und wiederum ventral davon der hier kräftige Ductus hepatocholedochus (DHC).

Cave Pfortader und Arteria hepatica propria können mit dem DHC verwechselt werden.

Die Farbdopplersonografie kann bei der Orientierung helfen:

  • Wird die mittlere Geschwindigkeit auf etwa 10 cm / s eingestellt und

  • ist der Winkel zwischen Schallstrahl und Gefäßen nicht gerade 90 °,

stellen sich die Blutgefäße (VCI, VP, AH) farbbelegt dar – der DHC nicht. Gallefluss ist mit der Farbdopplersonografie nicht darstellbar. Diese „Ausschlussdiagnostik“ wird auch von erfahrenen Untersuchern angewandt.

Darstellung der extrahepatischen Gallengänge | Haben Sie den DHC identifiziert, verschieben Sie den Schallkopf in Längsachse zunächst leberwärts (also nach rechts oben), bis Sie die Hepaticusgabel erreichen. Durch leichtes seitliches „Fächern“ mit dem Schallstrahl lässt sich selten auch der winzige Ductus cysticus darstellen.

Dann folgt die gleiche Längsbewegung nach medial unten, Richtung Pankreas. Hier ist zwischen Pankreas und Bauchwand das Duodenum interponiert und Duodenalluft kann die Sicht auf den DHC „versperren“.

Wenn Duodenalluft stört | Sollten Sie wegen der Duodenalluft den DHC nicht erkennen, können Sie

  • dosiert komprimieren (und das auch ankündigen!),

  • den Patienten bitten, den Bauch vorzuwölben,

  • den Patienten bitten, sich auf die linke Seite zu legen und dieselbe Schallkopfposition wieder aufsuchen.

Mit Kompression kann man das Duodenum zusammenpressen, die Luft weicht zur Seite und der DHC wird wieder sichtbar. Beim Herausstrecken des Bauches schiebt das Zwerchfell die Leber nach kaudal und oft wird die Sicht besser. Die Untersuchung in Linksseitenlage gehört grundsätzlich zur Sonografie der Gallenwege. Auch hier „fällt die Leber ins Abdomen“ ([Abb. 5]).

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Abb. 5 In Linksseitenlage kann trotz vollen Magens (links im Bild) der DHC (Pfeile) gut dargestellt werden.

Oberbauchquerschnitt | Ein weiterer Zugang zum distalen Abschnitt des DHC ist der Oberbauchquerschnitt durch das Pankreas. Der DHC durchzieht den Pankreaskopf von cranial rechts leicht bogenförmig wieder nach rechts zur Papille – er sollte also im Oberbauchquerschnitt im Pankreaskopf auch quer getroffen werden. Zu sehen ist ein nahe der Duodenalwand gelegener runder echofreier Querschnitt ([Abb. 6]). Hier kann man insbesondere papillennahe Steine oder Tumorstenosen erkennen.

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Abb. 6 Im Oberbauchquerschnitt ist im Pankreaskopf ventral der VCI der quergeschnittene DHC als winziger echofreier Kreis (Pfeil) zu erkennen.


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Was ist normal?

Schmal mit erkennbarer Wand | Der gesunde DHC ist schmal und hat eine erkennbare Wand. Diese ist nicht geschichtet, sondern stark echogen. Über die Frage, wie schmal er sein darf, um noch als normal zu gelten, wird derzeit gestritten. Die vielfältigen „Normwerte“ hängen von unterschiedlichen Kollektiven, Messpunkten, der Messung mit oder ohne Wand und einigem mehr ab.

Wie schmal ist normal? | Bei jungen gesunden Menschen kann der DHC sehr schmal (< 2 mm) sein ([Abb. 7]). Als Faustregel kann immer noch gelten, dass ein Durchmesser < 7 mm nicht auffällig ist. Ob der DHC im Alter und nach Cholecystektomie weiter wird oder nicht, wird gleichfalls noch debattiert [2], [3].

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Abb. 7 Der DHC (Pfeile) eines gesunden Probanden, dargestellt im Schulter-Nabel-Schnitt, mit einem Durchmesser von 1,8 mm.

Cave Auch ein schmaler DHC kann Steine tragen und ein weiter eine Normvariante sein. Bei diskordanten Befunden: neu nachdenken!

Ganz wichtig ist, sonografische Befunde immer im Zusammenhang mit der Klinik und anderen (Labor-) Befunden zu interpretieren.


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Wenn Unsicherheiten bleiben

Erneute Untersuchung | Ließ sich der DHC im Rahmen der Abdomensonografie aufgrund von schlechten Schallbedingungen nicht gut darstellen, kann man den Patienten am nächsten Morgen nüchtern erneut untersuchen.

Keine Darstellung – keine Dilatation | Ist der DHC auch bei subtiler Untersuchung nicht darstellbar und sind alle tubulären Strukturen in der Leberpforte in der Farbdopplersonografie farbbelegt, kann man immerhin indirekt eine Dilatation des DHC ausschließen.

Bei Zweifeln: Endosonografie | Bleibt die Darstellung lückenhaft, aber der Verdacht auf eine Dilatation oder Steine bestehen, ist die Endosonografie die Methode der Wahl, um den Gallengang weiter zu untersuchen. Mit zunehmender Erfahrung werde Sie jedoch schnell immer mehr Diagnosen „perkutan“ stellen können.

Wichtiges in Kürze
  • Die Pfortader ist die dorsale Leitstruktur zum Auffinden des DHC.

  • Deutlich sichtbare Gallenwege neben den Pfortaderästen in der Peripherie sind ein Hinweis auf einen gestörten Gallenabfluss.

  • Pfortader und Arteria hepatica propria können mit dem DHC verwechselt werden.

  • Die Linksseitenlage kann sehr nützlich sein.

  • Der gesunde DHC hat eine erkennbare Wand, die nicht geschichtet, sondern stark echogen ist.

  • Befunde immer in Zusammenhang mit Klinik und Labor interpretieren.


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Dr. med. Thomas Müller


ist Gastroenterologe und DEGUM-Kursleiter Innere Medizin. Er arbeitet als Oberarzt in der Medizinischen Klinik I am Klinikum am Steinenberg in Reutlingen.
mueller_tho@klin-rt.de

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Interessenkonflikt

Dr. Thomas Müller erhielt Reisekostenunterstützung bzw. Vortragshonorare der Firmen Esaote Biomedica, Hitachi Medical Systems und Toshiba.


Korrespondenzadresse

Dr. med. Thomas Müller
Klinikum am Steinenberg
Steinenbergstr. 31
72764 Reutlingen
DE


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Abb. 1 Die intrahepatischen Gallenwege (Pfeil) stellen sich zentral als schmale echofreie Bänder parallel zu den Pfortaderästen (darunter) dar.
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Abb. 2 Bei hochgeklappter Leber sieht man hier die Gefäße der Leberpforte: Ductus hepatocholedochus, Arteria hepatica propria und Vena portae, darunter in der Tiefe die Vena cava inferior. Quelle: Schünke M, Schulte E, Schumacher E. Prometheus. LernAtlas der Anatomie. Innere Organe. Illustration von K. Wesker. 2. Auflage Stuttgart: Thieme 2009.
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Abb. 3 Der Schallkopf wird auf einer gedachten Linie vom Nabel zum rechten Humeruskopf (roter Stern) des Patienten unterhalb des Rippenbogens platziert (gelbe Linie).
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Abb. 4 Drei hintereinander liegende echofreie tubuläre Strukturen im Schulter-Nabel-Schnitt: In der Tiefe die Vena cava inferior (VCI), darüber die Vena portae (VC) und wiederum ventral davon der hier kräftige Ductus hepatocholedochus (DHC).
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Abb. 5 In Linksseitenlage kann trotz vollen Magens (links im Bild) der DHC (Pfeile) gut dargestellt werden.
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Abb. 6 Im Oberbauchquerschnitt ist im Pankreaskopf ventral der VCI der quergeschnittene DHC als winziger echofreier Kreis (Pfeil) zu erkennen.
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Abb. 7 Der DHC (Pfeile) eines gesunden Probanden, dargestellt im Schulter-Nabel-Schnitt, mit einem Durchmesser von 1,8 mm.