Abkürzungen
E-Modul:
Elastizitätsmodul
ISAKOS:
International Society of Arthroscopy, Knee Surgery and Orthopaedic Sports Medicine
Einleitung
Meniskusläsionen werden durch traumatische Ereignisse oder degenerative Prozesse verursacht
und sind meist von Schmerz, Gelenkblockierung und Ergussbildung begleitet. Sie sind
deshalb der häufigste Grund für einen heute in der Regel arthroskopisch durchgeführten
operativen Eingriff am Kniegelenk. Dabei stellt die partielle Meniskektomie den weitaus
größten Anteil aller Meniskusoperationen.
Die teilweise oder vollständige Entfernung des Meniskus wirkt sich jedoch in hohem
Maße nachteilig auf die Kraftübertragung im Kniegelenk in Form einer Erhöhung der
Belastung der knorpeligen Gelenkflächen aus und kann langfristig zu einer Gonarthrose
führen. Aus diesem Grund wird heutzutage eine möglichst sparsame Meniskusresektion
oder, wenn möglich, die Rekonstruktion bzw. der Ersatz zerstörten Meniskusgewebes
angestrebt.
Anatomie
Meniskus
Der laterale und mediale Meniskus des Kniegelenks befinden sich zwischen den artikulierenden
Flächen der Femurkondylen und des Tibiaplateaus (Abb. [1]).
Abb. 1 Ansicht von proximal eines rechten Tibiaplateaus mit medialem und lateralem Meniskus
und den jeweiligen anterioren und posterioren Verankerungsligamenten (* [das anteromediale
Verankerungsligament ist verdeckt]). Das Lig. transversum (#) verbindet die Vorderhörner
der beiden Menisken.
Von anterior nach posterior wird der jeweilige Meniskus unterschieden in
-
Vorderhorn,
-
Pars intermedia und
-
Hinterhorn.
Beide Menisken weisen eine halbmondförmige Form mit einem keilförmigen Querschnitt
auf. Der periphere Rand des medialen Meniskus ist mit dem Innenband verwachsen und
umlaufend mit der Gelenkkapsel, was zu einer geringeren Beweglichkeit im Vergleich
zum lateralen Meniskus während der Flexion und Extension führt. Die Form des Meniskus
zusammen mit seinem mikrostrukturellen Aufbau definieren die biomechanischen Eigenschaften
und die Funktion des Meniskus.
Der fibrokartilaginäre Meniskus wird gewöhnlich durch seine zwei Phasen (biphasisch)
charakterisiert, bestehend aus
-
interstitieller Flüssigkeit (60–70 %),
-
einer porösen Festkörpermatrix mit Kollagenfasern hauptsächlich vom Typ I (15–25 %)
und Proteoglykanen (1–2 %) [1].
Petersen u. Tillmann [2] wiesen mit rasterelektronenmikroskopischen Aufnahmen einen dreischichtigen Aufbau
des Meniskus nach. Die Meniskusoberfläche besteht aus einer ca. 10 µm dicken Schicht
willkürlich orientierter Fibrillen. Darunter folgt femur- und tibiaseitig eine lamelläre
Schicht, in der sich die Kollagenfasern überkreuzen. Diese Schicht ist ca. 150 µm
dick. Den Hauptbestandteil im Meniskusinneren stellen zirkumferent verlaufende Kollagenfaserbündel
dar. Diese werden vereinzelt von radialen Kollagenfasern umschnürt (Abb. [2]).
Abb. 2 Aufbau des Meniskus in 3 Schichten: Oberfläche (1), Lamellenschicht (2) und zentraler
Hauptteil (3).
Tabelle 1 Einteilung des Meniskus basierend auf dem Grad der Vaskularisierung.
Zone
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Lokalisation
|
Kennzeichen
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rot-rote Zone
|
außen, kapselnah
|
vaskularisiert
|
rot-weiße Zone
|
Übergangszone
|
weniger gut vaskularisiert
|
weiß-weiße Zone
|
innen
|
avaskulär
|
Die kapselnahen Bereiche des medialen und lateralen Meniskus weisen eine Vaskularisierung
auf (Abb. [3]) [3], [4]. Der innere Bereich des Meniskus ist vollständig avaskulär und wird durch Diffusion
ernährt [5]. Folglich teilt man den Meniskus basierend auf dem Grad der Vaskularisierung in
3 Zonen ein (Tab. [1]) [3], [6].
Abb. 3 Vaskularisierung des Meniskus, welche von außen nach innen abnimmt und nach dem
Grad der Vaskularisierung in 3 Zonen unterteilt wird: die rot-rote, rot-weiße, weiß-weiße
Zone.
Verankerungsligamente
Am anterioren und posterioren Ende jedes Meniskus ist ein deutlicher Übergang zu den
faserreichen meniskotibialen Verankerungsligamenten zu erkennen (Abb. [1] u. Abb. [4]). Die Geometrie der Ligamente zeigt deutliche Unterschiede, wohingegen die Insertionen
am tibialen Knochen anhand von anatomischen Landmarken sehr gut bestimmt werden können
[7].
Abb. 4 Detailaufnahme des anterolateralen Übergangs von Meniskusgewebe zu meniskotibialem
Insertionsligament.
Anterior inseriert das fächerförmige und flache Verankerungsligament des medialen
Meniskus im Bereich der Area intercondylaris ca. 7 mm anterior der Insertion des vorderen Kreuzbandes [8], [9]. Das posteriore Verankerungsligament des medialen Meniskus inseriert im hinteren
Bereich der Fossa intercondylaris, anterior der hinteren Kreuzbandinsertion [8]–[10]. Die Insertionen des medialen Meniskus liegen weiter voneinander entfernt als die
der Verankerungsligamente des lateralen Meniskus, wodurch letzterer deutlich mobiler
ist. Das anterolaterale Verankerungsligament inseriert anterior des Tuberculum intercondylare laterale und seitlich des vorderen Kreuzbandes [8]. Posterior inseriert das flache und breite Verankerungsligament des lateralen Meniskus
im Bereich vom medialen zum lateralen interkondylären Höcker [9].
Wie der Meniskus besitzen die Verankerungsligamente ebenfalls einen biphasischen Aufbau
[11], [12], wobei etwa zwei Drittel des Gesamtgewichts auf interstitielle Flüssigkeit entfallen.
Die solide Matrix besteht hauptsächlich aus Kollagenfasern Typ I (80 %; [13]), die in den Meniskuskörper übergehen (Abb. [4]).
Anatomie
-
Der Meniskus teilt sich von anterior nach posterior in Vorderhorn, Pars intermedia
und Hinterhorn ein.
-
Von der Peripherie ins Innere nimmt die Vaskularisierung des Meniskus bis zur vollständigen
Avaskularität ab.
-
Die Menisken des Kniegelenks weisen einen biphasischen Aufbau aus einer Matrix aus
Kollagen-I-Fasern und Proteoglykanen sowie interstitieller Flüssigkeit auf.
-
Der Meniskus besitzt einen dreischichtigen Aufbau mit unterschiedlicher Anordnung
von Kollagenfasern und -fibrillen.
Funktion des Meniskus und seiner Bänder
Funktion des Meniskus und seiner Bänder
Die Hauptfunktion der keilförmigen Menisken ist die Vergrößerung der kraftübertragenden
Kontaktfläche zwischen Femur und Tibia und die daraus resultierende Reduzierung des
Kontaktdruckes. Durch ihre Geometrie, Struktur und Verankerung reduzieren sie Spannungsspitzen
bei der Lastübertragung und schützen so den Gelenkknorpel vor überlastungsbedingter
Degeneration [14]–[16].
Wenn das Kniegelenk axial belastet wird, werden die Menisken aufgrund ihres keilförmigen
Querschnitts aus dem Kniegelenksspalt herausgedrückt. Da sie über ihre Verankerungsligamente
im Knochen befestigt sind, entstehen Zugspannungen in Umfangsrichtung der Menisken
(Abb. [5]; [17]), und eine komplette Extrusion wird verhindert. Dadurch sind die Menisken in der
Lage, Druck aufzunehmen und bis zu 81 % der axialen Gelenkkräfte zu übertragen [18], [19].
Abb. 5 Unter Belastung des Kniegelenks hat der keilförmige Meniskus das Bestreben, aus
dem Gelenk heraus zu extrudieren. In Umfangsrichtung (gestrichelte Linie) entstehen
zirkumferente Spannungen, die über die Insertionsligamente vom Knochen aufgenommen
werden.
Die Menisken gleichen die Inkongruenz zwischen den Gelenkflächen an distalem Femur
und proximaler Tibia aus (Abb. [6]). Durch ihre Beweglichkeit, Flexibilität und Form sind sie in der Lage, diese Aufgabe
in jeder Flexions- und Rotationsstellung der Tibia zu bewältigen [20].
Abb. 6 Sagittalschnitt durch das mediale Kniegelenkkompartiment eines Schafs. Deutlich
ist zu sehen, wie der Meniskus den Raum zwischen der runden Femurkondyle und dem eher
flachen Tibiaplateau ausgleicht und so die Kontaktfläche zwischen den artikulierenden
Gelenkflächen vergrößert. Hierdurch wird der Druck auf den Gelenkknorpel wesentlich
reduziert.
Entsprechend den unterschiedlichen Roll-Gleit-Bewegungen der beiden Femurkondylen
muss der laterale Meniskus größere Bewegungen als der mediale Meniskus vollführen.
Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, ist der laterale Meniskus an seiner Peripherie
nicht wie der mediale Meniskus mit der Kapsel verwachsen, und seine Insertionsbänder
liegen enger beieinander. Für die anterioren Hörner des lateralen und medialen Meniskus
wurden gegenüber den posterioren Hörnern größere Verschiebungen ermittelt. Während
der Flexion des Kniegelenks von 0° bis 90° unter Belastung zeigte sich eine mittlere
posteriore Verschiebung von 7,1 mm im anterioren Horn und 3,9 mm im posterioren Horn
des medialen Meniskus. Das anteriore Horn des lateralen Meniskus verschiebt sich um
9,5 mm nach posterior und das posteriore Horn um 5,6 mm [21]. Thomson et al. kamen zu ähnlichen Ergebnissen [20].
Zusätzlich zur wichtigsten Funktion der Lastübertragung im Kniegelenk tragen die Menisken
zur Gelenkschmierung [22], [23], Nährstoffverteilung [22], [23] und Propriozeption [10], [24], [25] bei. Durch seine viskoelastischen Materialeigenschaften spielt der Meniskus potenziell
auch eine Rolle als Schockabsorber [26]–[28]. Dies wird jedoch kontrovers diskutiert, da ein aktuelles Review [29] die Schlussfolgerungen der zuvor zitierten Arbeiten infrage stellt.
Funktion des Meniskus
-
Die Hauptfunktion des Meniskus ist die Lastübertragung zwischen Femur und Tibia.
-
Durch die Fixierung der Menisken an Bändern wird ihre Extrusion aus dem Gelenk unter
Last verhindert und so die kraftübertragende Fläche vergrößert, was zur Reduzierung
des Gelenkdruckes führt.
-
Weitere Funktionen des Meniskus sind die Gelenkschmierung, Nährstoffverteilung und
Propriozeption.
Biomechanische Eigenschaften
Biomechanische Eigenschaften
Meniskuskörper
Zur Charakterisierung der biomechanischen Eigenschaften des Meniskus wurden eine Reihe
von Zug- und Druckprüfungen an gesunden Menisken durchgeführt. Die Erkenntnisse aus
solchen Versuchen sind essenziell für ein besseres Verständnis ihrer Funktionsweise,
aber auch für die Neu- und Weiterentwicklung von Meniskusersatzmaterialien.
Eigenschaften unter Zugbelastung
Die anisotropen (richtungsabhängigen) Materialeigenschaften machen eine Testung parallel
zu den zirkumferent verlaufenden Kollagenfasern (zirkumferente Orientierung) und senkrecht
dazu (radiale Orientierung) unabdingbar (Abb. [7]). Das Elastizitätsmodul (von der Geometrie unabhängige Steifigkeit) in zirkumferenter
Richtung ist etwa eine Größenordnung höher als in radialer Richtung. In zirkumferenter
Richtung variiert das Elastizitätsmodul zwischen 85 MPa [30] und 175 MPa [31]. Radiale Proben weisen ein Elastizitätsmodul von ca. 11 MPa auf [32]. Außerdem variiert der Wert in Abhängigkeit von weiteren Faktoren:
Abb. 7 Zugversuch an einem Präparat und der dazugehörigen Spannungs-Dehnungs-Kurve mit
ihren 3 charakteristischen Abschnitten. Der 1. nicht lineare Abschnitt wird durch
die Ausrichtung der Kollagenfasern in Zugrichtung hervorgerufen. Daraufhin folgt ein
Abschnitt, in welchem sich die Fasern zunächst linear dehnen, bis die ersten Kollagenfasern
reißen und der Verlauf degressiv wird. Anschließend kommt es im 3. Teil der Kurve
zum vollständigen Versagen.
-
der Lokalisation (Vorderhorn, Pars intermedia, Hinterhorn; [30]–[32]),
-
der Frage, ob es sich um einen medialen oder lateralen Meniskus handelt [31], [32] und
-
der Schicht (Oberfläche, lamelläre Schicht oder Meniskusinneres; [32]), die getestet wurde.
Eigenschaften unter Druckbelastung
Durch Druckversuche, wie Kriech- (Kraft konstant, Abb. [8]) oder Relaxationstest (Verformung konstant), können die viskoelastischen (zeitabhängigen)
Eigenschaften des Meniskus charakterisiert werden. Ein Maß für die Durchlässigkeit
der porösen Matrix ist die Permeabilität, welche im Meniskus ca. 2,1 × 10−15 m4/Ns [33]–[35] beträgt. Die Permeabilität steht hierbei im Zusammenhang mit dem Proteoglykangehalt
des Meniskus. Ein erhöhter Proteoglykangehalt führt zu einer erhöhten Wasserbindungsfähigkeit
und damit zu einer geringeren Permeabilität. Außerdem kann bei einem Druckversuch
nach Erreichen des Gleichgewichtszustandes der sogenannte Aggregate Modulus (HA) bestimmt werden, welcher im Meniskus etwa 0,11 MPa beträgt [34], [35] und ein Maß für die Steifigkeit der festen Matrix ist.
Abb. 8 Kriechversuch an einer zylinderförmigen Druckprobe. Durch die konstante Belastung
wird Flüssigkeit aus dem Präparat gedrückt, was im zeitlichen Verlauf zu einer Zunahme
der Verformung bis zum Erreichen eines Gleichgewichtszustandes führt.
Wie auch bei Zugversuchen können die Werte in Abhängigkeit vom medialen und lateralen
Meniskus [34] und der Lokalisation im Meniskus (Vorderhorn, Pars intermedia, Hinterhorn; [34], [35]) variieren.
Meniskotibiale Bänder
Zugversuche an den meniskotibialen Verankerungsligamenten haben ergeben, dass die
anterioren Verankerungsligamente (169 MPa) ein höheres Elastizitätsmodul (E-Modul)
im Vergleich zu den posterioren Verankerungsligamenten (91 MPa) besitzen [12]. Die Steifigkeit der Verankerungsligamente liegt zwischen 102 N/mm [36] und 216 N/mm [12], was vergleichbar mit der Steifigkeit des vorderen Kreuzbandes ist (129–182 N/mm
[37]). Die maximale Belastbarkeit der Bänder liegt zwischen 400 und 650 N, was ein deutliches
Indiz für ihre hohe Bedeutung darstellt [12], [36].
Allerdings wurden an humanen Kniegelenkpräparaten unter quasistatischen Bewegungs-
und Belastungsbedingungen lediglich Kräfte in den meniskotibialen Bändern in Höhe
von 25 N ermittelt, was gemessen an ihrer hohen Reißkraft sehr wenig erscheint [36]. Es ist deshalb zu vermuten, dass es Belastungssituationen geben muss, die die Bänder
wesentlich stärker beanspruchen. Um dies zu zeigen, sind weitere experimentelle Untersuchungen,
z. B. unter dynamischen und stoßförmigen Kniegelenkbelastungen, erforderlich.
Biomechanische Eigenschaften
-
Der Meniskus besitzt richtungsabhängige Eigenschaften. In zirkumferenter Richtung
ist er im Zugversuch etwa 10 × steifer als in radialer Richtung.
-
Im Druckversuch können die zeitabhängigen viskoelastischen Eigenschaften charakterisiert
werden.
-
Die meniskotibialen Ligamente besitzen eine Reißkraft in Höhe von 400–650 N.
Funktionsverlust bei Verletzungen
Funktionsverlust bei Verletzungen
Meniskusläsionen durch traumatische Ereignisse oder degenerative Prozesse können entsprechend
ihrer Form charakterisiert werden (Abb. [9]). Basierend auf dem Klassifizierungssystem der International Society of Arthroscopy,
Knee Surgery and Orthopaedic Sports Medicine (ISAKOS) werden sie eingeteilt wie in
der [Infobox „Prinzipien“] dargestellt.
Abb. 9 Rissformen des Meniskus.
Einteilung der Meniskusläsionen gem. International Society of Arthroscopy, Knee Surgery
and Orthopaedic Sports Medicine (ISAKOS)
-
Longitudinalriss
-
Horizontalriss
-
Radialriss
-
vertikaler Lappenriss
-
horizontaler Lappenriss
Häufig werden solche Risse mit arthroskopischer partieller Meniskektomie behandelt.
Biomechanische Untersuchungen haben gezeigt, dass dies zu einer reduzierten Funktionalität
des Meniskus führt und zu negativen Langzeiteffekten wie frühzeitiger Arthrose [14]–[16]. Die Funktionalität ist hauptsächlich durch die durchtrennten zirkumferenten Kollagenfasern,
die die Belastung nicht mehr aufnehmen können, eingeschränkt [2], [38], [39].
Partielle Meniskektomie
Der Funktionsverlust durch Teilmeniskektomie wurde hauptsächlich mit in vitro kontaktmechanischen
Untersuchungen zwischen Meniskus und Tibia nachgewiesen. Die intakten Menisken tragen
etwa 80 % der gesamten Kniebelastung [18] und decken bei Belastungen zwischen 200 N und 1000 N im Mittel 71–82 % der Kontaktfläche
zwischen Femur und Tibia ab [40].
Durch partielle Meniskektomie kommt es zu einer verringerten Kontaktfläche und damit
zu erhöhtem Kontaktdruck, was die Lastübertragungsfunktion des Meniskus beeinträchtigt.
Je mehr Meniskusgewebe reseziert wird, desto höher wird der Kontaktdruck. Beispielsweise
konnten Lee et al. zeigen, dass im gestreckten Zustand des Beins und einer Belastung
von 1,8 kN bei 50 % Resektion der radialen Tiefe des medialen Hinterhorns die Kontaktfläche
um 21 % im medialen Kompartiment abnimmt, wohingegen der Kontaktdruck im gleichen
Kompartiment um 23 % zunahm [38].
Im Tiermodell wurde der Unterschied zwischen Resektion eines Blattes bei Horizontalriss
und Resektion des oberen und unteren Blattes ermittelt. Es konnte gezeigt werden,
dass die Kontaktfläche zwischen intaktem und Resektion eines Blattes um 40 % abnimmt
und weitere 15 % bei Resektion des zweiten Blattes. Der Spitzenkontaktdruck zwischen
Resektion eines und beider Blätter zeigte keinen Unterschied (3 %) [41].
Klinische Studien [42], [43] zeigen, dass eine partielle Meniskektomie des lateralen Meniskus eine schlechtere
Prognose hat als eine partielle Meniskektomie des medialen Meniskus. Dies kann biomechanisch
vermutlich durch eine höhere Beweglichkeit des lateralen Meniskus erklärt werden,
bleibt aber zu beweisen.
Ein Komplettriss eines Verankerungsligaments (Root Tear) kommt einer Teil- bis zur
Totalmeniskektomie im Hinblick auf den biomechanischen Funktionsverlust gleich. Es
konnte gezeigt werden, dass sich der maximale Kontaktdruck in dem geschädigten Kompartiment
bei einer Belastung von 1,8 kN um 32 % erhöht und die Kontaktfläche um 20 % verringert
[44].
Totale Meniskektomie
Eine komplette Resektion des hinteren medialen Meniskus, mit Durchtrennung der Randleiste,
führt im medialen Kompartiment zu einer Erhöhung des maximalen Kontaktdruckes um bis
zu 68 %, gleichzeitig nimmt die Kontaktfläche um 50 % im Vergleich zum intakten Zustand
ab (Abb. [10]) [39]. Der Unterschied zwischen einer Resektion eines kompletten Segments mit Durchtrennung
der Randleiste und einer totalen Meniskektomie war verschwindend gering. Der mittlere
Kontaktdruck nahm nach totaler Meniskusentfernung im Vergleich zur segmentalen Resektion
lediglich um weitere 2 % zu [38].
Abb. 10 Kontaktdruck auf dem Tibiaplateau eines intakten Kniegelenks mit medialem und lateralem
Meniskus in 30°-Flexion (links) und eines Kniegelenks nach Totalresektion des medialen
Hinterhorns (rechts) jeweils unter einer Belastung von 1 kN.
Funktionsverlust bei Verletzungen
-
Partielle Meniskektomien führen zu einer erheblich reduzierten Kontaktfläche und damit
zu erhöhtem Kontaktdruck.
-
Je mehr Meniskusgewebe reseziert wird, desto höher der Kontaktdruck im Gelenk und
das Risiko einer Arthrose.
-
Abrisse der meniskotibialen Bänder erhöhen den Kontaktdruck im Kniegelenk um bis zu
32 %. Die Funktion des Meniskus ist dann nicht mehr gewährleistet, da seine komplette
Extrusion aus dem Gelenk nicht verhindert wird.
Wiederherstellung der Funktion
Wiederherstellung der Funktion
Die Kenntnis der nachteiligen Auswirkungen einer totalen oder partiellen Meniskektomie
führten zu dem Bestreben, so wenig Meniskusgewebe wie möglich zu resezieren. Außerdem
wurden Nahtverfahren und spezielle Implantate entwickelt, um den verletzten Meniskus
vollständig zu erhalten. Es eignen sich allerdings nur bestimmte Meniskusrissformen
für die Wiederherstellung. Hierzu gehören insbesondere Risse in der peripheren durchbluteten
Zone. Die inneren Anteile des Meniskus sind nicht vaskularisiert und von geringer
Zellularität, wodurch sich sein schlechtes regeneratives Potenzial in dieser Zone
erklärt.
Naht/Anker
Um eine Heilung des Meniskus zu ermöglichen, ist es erforderlich, die Rissflächen
unter Druck zu adaptieren. Die hierzu verwendeten Nahttechniken und Anker müssen diesen
Druck bis zur Heilung des Gewebes aufrechterhalten, ohne dass es zu einem Aufklaffen
des Risses unter Bewegung und Belastung des Kniegelenks kommt.
Ein wichtiger biomechanischer Parameter ist deshalb die Ausreißkraft von Meniskusnähten
und Ankern.
Hierzu existieren eine Reihe von Arbeiten, die meistens mehrere Verfahren miteinander
vergleichen (z. B. [45]–[48]). Es zeigte sich, dass Nähte je nach Nahtstärke und Nahttechnik typischerweise Auszugskräfte
zwischen 60 und 120 N aufweisen. Dabei wiesen stärkere und vertikale Nähte eine höhere
Belastbarkeit auf als Nähte mit geringerem Durchmesser und Horizontalnähte.
Ankerimplantate in Form von resorbierbaren Schrauben, Pfeilen und anderen Formen zeigten
meist geringere maximale Haltekräfte zwischen 20 und 60 N auf. Auch die Steifigkeit
der Fixierung variiert und liegt z. B. beim Nahtanker FAST-FIX (Smith & Nephew) bei
ca. 10 N/mm und bei verschiedenen Ankerimplantaten bei ca. 5 N/mm [49]. Die geringeren Auszugskräfte der Implantate gegenüber den Nahttechniken müssen
jedoch nicht unbedingt von Nachteil sein, da gezeigt werden konnte, dass z. B. durch
Verwendung von 3 Meniskusschrauben (Auszugskraft je ca. 25 N) das Aufklaffen des Rissspaltes
auch unter Bewegung und Belastung des Kniegelenks suffizient vermieden werden kann
[50].
Zu beachten ist jedoch bei dieser Art von Implantaten, dass manche bauartbedingt Implantatköpfe
aufweisen, die auf der Oberfläche des Meniskus zu liegen kommen und somit in Kontakt
zur femoralen Kondyle stehen. Bei Gelenkbewegung unter Belastung kann es hier zu Schädigungen
des Gelenkknorpels durch Reibungseffekte kommen. Auch bei Implantaten, die im Meniskusgewebe
versenkt werden, kann es zum Herauswandern des Ankers aus dem Meniskus und damit zur
Interaktion mit dem Gelenkknorpel kommen.
Aus diesem Grund sind Nahttechniken im Prinzip den Meniskusankern vorzuziehen.
Da die Meniskusnaht insbesondere im schwer zugänglichen Hinterhornbereich jedoch chirurgisch
sehr anspruchsvoll ist, wurden Kombinationen von Naht und Anker entwickelt, bei denen
mithilfe eines Implantationstools kleine resorbierbare Nahtanker in rein arthroskopischer
Technik hinter die Basis des Meniskus gebracht und mittels vorgeknüpfter Knoten an
der Meniskusoberfläche fixiert werden (RapidLoc, DePuy Mitek; FAST-FIX, Smith & Nephew).
Der Nahtanker FAST-Fix hält Ausreißkräften von ca. 80 N stand [49].
Die meisten Studien prüften die Auszugskräfte lediglich direkt nach Naht bzw. Implantation.
Dynamische Belastungen, wie sie im Kniegelenk vorkommen, können die Auszugskräfte
von Nähten und Ankern jedoch mit der Zeit reduzieren [46]. Dies sollte bei der Wahl der Fixationstechnik beachtet werden.
Ersatzimplantate
Häufig kommt es zu Rissen im nicht vaskularisierten Bereich des Meniskus (weiß-weiße
Zone), die nicht durch Fixierung mit Nähten oder Ankern zur Heilung gebracht werden
können. In diesen Fällen kann eine teilweise oder totale Entfernung des Meniskus mit
den oben beschriebenen nachteiligen Auswirkungen auf die Kraftübertragung im Kniegelenk
indiziert sein.
Alternativ kommt der Ersatz von Meniskusgewebe durch Implantate infrage. Hierfür existiert
inzwischen eine Reihe von Forschungsansätzen mit unterschiedlichen Strategien. Zum
einen sind dies regenerative Methoden, bei denen teilweise oder vollständig resorbierbare poröse Scaffolds als Platzhalter
in den Meniskusdefekt eingesetzt werden. Hier ist das Ziel, Umbauprozesse in Gang
zu setzen, um das ursprüngliche Gewebe wiederherzustellen. Im klinischen Einsatz sind
bisher lediglich zwei regenerative Implantate [51]:
-
das Collagen Meniscal Implant (CMI, Ivy Sports Medicine), welches aus hoch gereinigtem
Kollagen Typ I besteht, und
-
das Actifit Implantat (Orteq Sports Medicine), das aus einem Komposit aus schnell
degradierenden Polycaprolactonsegmenten und sehr langsam degradierenden Urethananteilen
besteht.
Klinisch werden für beide Implantate z. T. gute Resultate mit Schmerzlinderung beschrieben,
allerdings gibt es lediglich wenige prospektive Studien mit Kontrollgruppen, die einen
Mehrwert des Implantats gegenüber einer Teilmeniskektomie wissenschaftlich nachweisen.
Die biomechanischen Eigenschaften beider Materialien sind zum Implantationszeitpunkt
zunächst unzureichend. Ob nach Ab- bzw. Umbau des Materials ein Gewebe mit dem meniskusähnlichen
biomechanischen Materialeigenschaften entsteht, ist bisher nicht nachgewiesen.
Eine interessante Idee ist die Verwendung von dezellularisierten humanen Menisken als Gerüst für das Tissue Engineering des Meniskus. Sandmann et al. konnten zeigen,
dass sowohl Steifigkeit als auch Restkraft des dezellularisierten Gerüstes unter zyklischen
Belastungen sich nicht von denen nativer Menisken unterschieden, was eine gute Voraussetzung
für einen Meniskusersatz ist [52]. Jedoch muss auch für dieses Material erst in vivo nachgewiesen werden, dass es
die Bildung eines biomechanisch suffizienten biologischen Gewebes unterstützt.
Außer regenerativen Ansätzen gibt es auch noch Ideen, Meniskusgewebe dauerhaft durch ein Implantat zu ersetzen. Mit permanenten Implantaten ist es zurzeit noch eher möglich, adäquate
mechanische Eigenschaften zu erzeugen als mit regenerativen Methoden. Polycarbonat
[53], Seidenfibroin [54] und andere Polymere [51] werden verwendet, um den Meniskus teilweise oder ganz zu ersetzen. Allerdings haben
diese Implantate noch nicht den Weg in die Klinik gefunden oder wurden nur in sehr
kleinen Serien klinisch getestet.
Klinisch eingesetzt werden hingegen an einigen Zentren Meniskustransplantate von humanen
Spendern (Allograft). Während mehrere Langzeitstudien von durchaus positiven Ergebnissen
berichten [55]–[57], ist zu beachten, dass die Fixierungstechnik beim Allograft von großer Bedeutung
ist. Wie oben beschrieben nehmen die nativen meniskotibialen Bänder die zirkumferenten
Spannungen im Meniskus auf und verhindern dadurch ein Extrudieren. Dies gilt natürlich
auch für den transplantierten Meniskus. So führt eine Fixierung eines Allografts mit
transtibialen Nähten zu einer vermehrten Extrusion und so zwangsläufig zu einer verminderten
biomechanischen Funktion des Meniskus im Vergleich zur rigideren Fixation mit Knochenblöcken
[58].
Wiederherstellung der Funktion
-
Der Teil- oder Totalersatz des Meniskus ist noch keine weitläufig etablierte Methode.
Häufig fehlen prospektiv randomisierte Studien mit Kontrollgruppen, die nachweisen
könnten, ob die zurzeit kommerziell erhältlichen Implantate einen Mehrwert im Vergleich
zur Teilmeniskektomie darstellen.
-
Als Totalersatz können Allograft-Transplantate verwendet werden, bei denen die Fixierung
von hoher Bedeutung für die biomechanische Funktion ist.
-
Alle anderen in der Literatur beschriebenen Ansätze zu regenerativen Methoden oder
Permanentimplantaten sind noch in der Entwicklungsphase.
Zusammenfassung
Die Hauptfunktion der knorpeligen Menisken des Kniegelenks ist die Reduzierung des
Druckes auf den femoralen und tibialen Gelenkflächen. Meniskusverletzungen machen
häufig Teil- oder in seltenen Fällen auch die Totalresektion eines Meniskus erforderlich,
was zur signifikanten Erhöhung des Kontaktdruckes und in der Folge nicht selten zu
Gelenkarthrose führt.
Die biomechanische Funktion der Menisken wird durch ihre spezielle Anatomie und ihren
ultrastrukturellen Aufbau gewährleistet. Neben den biomechanischen Eigenschaften der
Menisken selbst kommt auch den meniskotibialen Bändern, die Reißkräfte von 400–650 N
besitzen, eine entscheidende Bedeutung zu.
Nur durch die rigide Befestigung der Menisken am Knochen ist die Erzeugung von zirkumferenten
Spannungen in den Menisken möglich, die eine komplette Extrusion aus dem Gelenk verhindern
und so eine Vergrößerung der lastübertragenden Fläche bewirken. Schon die Resektion
von Teilen eines Meniskus kann den Kontaktdruck stark erhöhen, und Komplettrisse im
Hornbereich oder eines Verankerungsligamentes führen zu einem Anstieg des Kontaktdruckes
um über 30 %. Deshalb ist eine möglichst sparsame Resektion wichtig, um den Funktionsverlust
der Menisken möglichst gering zu halten.
Liegt ein Riss in der vaskularisierten Zone (rote Zone), ist eine Heilung nach Stabilisierung
einer Läsion mittels Naht oder Anker möglich. Dabei erleichtern spezielle Nahtanker
die operative Technik der ansonsten sehr anspruchsvollen Naht insbesondere im Hinterhornbereich.
Meniskusersatz bzw. Teilersatz stellen noch keine allgemein akzeptierte Option dar.
Zwar existieren zwei Ersatzgerüste auf dem Markt mit z. T. positiven klinischen Ergebnissen,
jedoch fehlen häufig noch prospektive Studien mit Kontrollgruppen, um deren tatsächlichen
Nutzen nachzuweisen. Weitere regenerative Ansätze zum Meniskusersatz und Permanentimplantate
sind in der Entwicklung, und man kann gespannt sein, was die nächsten Jahre in der
Forschung bringen werden.