Schlüsselwörter
Lungenauskultation - Nomenklatur der Atemgeräusche - Nebengeräusche - klinische Untersuchung
Keywords
lung auscultation - lung sound terminology - adventitious lung sounds - clinical examination
Jeder praktizierende Arzt muss die Lungenauskultation beherrschen, denn zusammen mit
der Anamnese ist sie das Kernstück der pneumologischen Erstbeurteilung. Die verschiedenen
Atem- und Nebengeräusche eindeutig zu identifizieren, ist jedoch nicht immer einfach
– und auch auf die Verwendung der international anerkannten Nomenklatur sollte geachtet
werden.
Geschichte der Auskultation
Geschichte der Auskultation
Von der Papierrolle zum Stethoskop | Bereits Hippokrates führte die Lungenauskultation durch, indem er das Ohr auf die
Brust legte. Erst im frühen 19. Jahrhundert wurde die Auskultation durch Laënnec etabliert,
wobei der französische Arzt auch die entsprechende Technik revolutionierte: Er benutzte
dazu ein gerolltes Papier und später einen Holzzylinder, was den Gesellschafts- und
Hygieneansprüchen der damaligen Zeit besser entsprach. Gegen die Jahrhundertwende
wurde das heute gebräuchliche Stethoskop mit binauraler, flexibler Auskultation entwickelt.
Vesikuläratmen – ein obsoleter Begriff | Aus der Zeit von Laënnec hat sich neben der technischen Errungenschaft auch der Begriff
„Vesikuläratmen“ bis in die heutige Zeit erhalten. Ursprünglich bezeichnete Laënnec
das normale Atemgeräusch über den Lungen als Vesikuläratmen, um es gegenüber dem Auskultationsbefund
über der Trachea abzugrenzen. Das moderne Verständnis über die Entstehung des Atemgeräuschs
disqualifiziert aber diesen Begriff. Trotzdem wird er ungeachtet dessen weiter verwendet
– auch von Pneumologen. Daran hat auch das internationale Symposium über die Lungenauskultation
von 1987 nichts geändert.
Zwischen den Ohren des Arztes | Als technische Weiterentwicklung sind elektronische Stethoskope mit Verstärker und
Möglichkeit einer digitalen Verarbeitung des Signals verfügbar. Diese teuren Geräte
haben sich allerdings im klinischen Alltag bisher nicht durchgesetzt, vermutlich auch
aufgrund der fehlenden Konsequenz in der Gesamtbeurteilung. Für die Forschung haben
die Frequenzanalysen und Studien der Lungenauskultation inzwischen einen hohen Stellenwert
[1]. Der wichtigste Teil des Stethoskops bleibt aber sprichwörtlich derjenige zwischen
den Ohren des Arztes.
Richtig auskultieren
Praktische Durchführung | Der Oberkörper sollte für die Auskultation entkleidet sein. Die Dauer der Auskultation
umfasst pro Auskultationspunkt mindestens eine ganze Atemphase. Der Patient kann sitzen
oder stehen. Er atmet mit geöffnetem Mund. Eine vorgewärmte Membran des Stethoskops
lässt das Arzt-Patienten-Verhältnis nicht unnötig abkühlen. Die Auskultationspunkte
sind in Abb.
[
1
] dargestellt. Der Vergleich beider Seiten ist essentiell. Zu beachten ist, dass die
beiden Oberlappen nur von ventral auskultiert werden können, die Lingula und der Mittelappen
nur von lateral.
Abb. 1 Auskultationspunkte.
Es gibt keine vordefinierte Reihenfolge, in der der Untersucher die Auskultationspunkte
abhören sollte. Am besten legt er aber für sich eine Reihenfolge fest, nach der er
bei jeder Untersuchung vorgeht.
Schallquelle: Atem- oder Nebengeräusch?
Schallquelle: Atem- oder Nebengeräusch?
Die Atemgeräusche | Die Auskultation unterscheidet Atemgeräusch und Nebengeräusche. Man geht davon aus,
dass der Entstehungsort des inspiratorischen Atemgeräusches die lobären und segmentalen
Bronchien sind. Das exspiratorische Atemgeräusch stammt hingegen von den zentralen
Atemwegen [2]. Dies ist ein physiologischer Prozess. Das Atemgeräusch kann pathologisch abgeschwächt
oder auch verstärkt sein. Eine Abschwächung kommt durch ein partielles Wegfiltern
der Geräuschquelle durch veränderte Gewebeeigenschaften zwischen der Geräuschquelle
und dem Stethoskop zustande. Dies können Luft- oder Flüssigkeitsansammlung oder solides
Gewebe sein. Eine Verstärkung des Atemgeräuschs („Bronchialatmen“) entsteht, wenn
die schallisolierenden Alveolen mit Material gefüllt sind und so die Filterwirkung
der lufthaltigen Alveolen wegfällt. Das zentral generierte Atemgeräusch ist dann auch
peripher gut auskultierbar.
Die Nebengeräusche | Nebengeräusche wie Pfeifen, Giemen und Brummen entstehen durch Oszillationen der
Bronchialwände bei genügender Flussgeschwindigkeit (Gesetz von Bernoulli).
-
Dieser Prozess findet zwischen der 2. und 7. Generation im Bronchialbaum statt [3]
[4].
-
Die Tonlage dieser Oszillationen ist abhängig von den physikalischen Eigenschaften
der Bronchialwände (Wanddicke, Biegsamkeit, Längsspannung) [3].
Die Lautstärke hängt ab von der Flussgeschwindigkeit [5]. Sie entspricht daher nicht dem Ausmaß einer Obstruktion.
Die Entstehung der Rasselgeräusche ist weniger gut untersucht. Mit wenigen Ausnahmen
(moribunde Patienten, Patienten mit reichlich Sekret) entstehen diese Rasselgeräusche
vermutlich nicht durch Bronchialsekret.
-
Feinblasige Rasselgeräusche entstehen wahrscheinlich durch die plötzliche Wiedereröffnung
von peripheren Atemwegen, welche während der Exspiration komprimiert wurden [6].
-
Grobblasige Rasselgeräusche erklärt man sich mit dem Durchtritt von kleinen Luftmassen
durch Bronchien, die intermittierend offen bzw. verschlossen sind [7].
Physiologische Befunde
Atemfrequenz | Die Atemfrequenz ist das pulmonale Vitalzeichen. Sie beträgt bei gesunden Erwachsenen
8–20 / Minute. Das Auszählen muss beim abgelenkten Patienten erfolgen. Abhängig vom
Atemmuster geschieht dies vorzugsweise mittels Inspektion oder Auskultation. Das Verhältnis
von Inspiration zu Exspiration ist 2:3. Bei obstruktiven Atemwegserkrankungen verlängert
sich das Exspirium [8].
Atemgeräusch | Das Atemgeräusch kann normal, vermindert oder verstärkt („Bronchialatmen“) sein.
Das normale Atemgeräusch ist während der gesamten Inspiration und zu Beginn der Exspiration
hörbar [9]. Ein sehr leises Atemgeräusch wird durch leicht forcierte Atmung besser erkennbar.
Pathologische Atem- und Nebengeräusche
Pathologische Atem- und Nebengeräusche
Vermindertes Atemgeräusch | Der häufigste pathologische Befund ist ein vermindertes Atemgeräusch. Dies kann entweder
durch eine abgeschwächte Geräuschquelle und / oder eine gestörte Schallleitung bedingt
sein. Bei störenden Umgebungsgeräuschen (z. B. während eines Notarzteinsatzes) kann
der Untersucher zum Vergleich das eigene Atemgeräusch über der Trachea auskultieren.
Abgeschwächte Geräuschquelle | Eine abgeschwächte Geräuschquelle entsteht durch verminderten Fluss, wie z. B. bei:
-
eingeschränkter Kooperation
-
zentraler Atemdepression (z. B. Opiate)
-
Verlegung der Atemwege durch einen Tumor oder Fremdkörper
-
schwerer Bronchialobstruktion (Asthma bronchiale, COPD)
Eingeschränkte Schallleitung | Einer eingeschränkten Schallleitung liegen pulmonale oder extrapulmonale Ursachen
zu Grunde. Extrapulmonale Ursachen sind:
Pulmonale Gründe für eine verminderte Schallleitung sind:
-
ein Emphysem (häufigste Ursache für ein vermindertes Atemgeräusch)
-
eine Pathologie des Pleuraraums (Pneumothorax, Pleuraerguss, Hämatothorax, entzündliche
oder maligne Pleuraprozesse)
Verlegte Atemwege | Eine Konsolidation des Lungenparenchyms macht nur eine Verminderung des Atemgeräuschs,
wenn zusätzlich die Atemwege verlegt sind, z. B. durch:
Sind die Atemwege offen, kommt es zum verstärkten Atemgeräusch („Bronchialatmen“)
[1]. Letzteres ist der Fall bei pneumonischen Infiltraten oder selten bei Tumoren. Ein
Bronchialatmen findet sich auch bei komprimiertem Lungengewebe über einem Pleuraerguss.
Es wird dann auch als „Kompressionsatmen“ bezeichnet.
Stridor | Vom Atemgeräusch gilt es Nebengeräusche abzugrenzen. Sie sind fast immer pathologisch
(Tab.
[
1
]). Ohne Stethoskop erkennbar ist der Stridor. Er ist gegenüber einem Giemen oder
Pfeifen abgrenzbar, da er mit bloßem Ohr hörbar und in der Auskultation im Halsbereich
lauter ist als über dem Thorax [9]. Bei extrathorakaler Stenose entsteht ein inspiratorischer Stridor, liegt die Stenose
intrathorakal entsteht ein exspiratorischer Stridor.
Tab. 1 Differenzialdiagnose der Auskultationsbefunde. COP = Cryptogenic organizing pneumonia,
COPD = Chronic obstructive pulmonary disease, CTD = Connective tissue disease, ILD = Interstitial
lung disease, IPF = Idiopathic pulmonary fibrosis, NSIP = Non specific interstitial
pneumonia, UIP = Usual interstitial pneumonia, VCD = Vocal cord dysfunction.
|
Befund
|
Differenzialdiagnose
|
|
Atemgeräusch
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Normal
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|
|
Abgeschwächt
|
Pulmonal:
-
Emphysem
-
Pleuraerguss
-
Hämatothorax
-
Pleuratumor
-
Pneumothorax
Extrapulmonal:
-
Adipositas
-
Kyphoskoliose
-
Aszites
Konsolidation mit obstruierten Atemwegen
|
|
Verstärkt
(Bronchialatmen)
|
Pneumonie
|
|
Nebengeräusch
|
Stridor
|
-
Larynxödem
-
Spasmus
-
Tumor
-
VCD
-
Fremdkörper
|
|
Giemen / Brummen
|
Generalisiert:
-
COPD
-
Asthma
-
Herzinsuffizienz
Lokalisiert:
-
Fremdkörper
-
Mucus plug
-
Tumor
|
|
Feinblasige / grobblasige
Rasselgeräusche
|
a) Frühinspiratorisch:
b) Mittinspiratorisch:
c) Endinspiratorisch:
|
Ein Stridor kann eine lebensbedrohliche Ursache haben und verlangt eine umgehende
Abklärung.
Wheezing | Die im Englischen als „wheezing“ bezeichneten, hochfrequenten Nebengeräusche entsprechen
im Deutschen dem Pfeifen und Giemen, die tieffrequenten „rhonchi“ dem Brummen (Tab.
[
2
]). Sie entstehen bei Atemwegsobstruktionen. Ein generalisiertes Wheezing liegt bei
Asthma oder COPD vor, ein lokalisiertes Wheezing bei Tumor, Schleimpfropf („mucus
plug“) oder Fremdkörperaspiration. Auch eine Herzinsuffizienz kann über eine vermehrte
Flüssigkeitskollektion (interstitielles Ödem) in der Bronchialschleimhaut eine Obstruktion
verursachen und zu Giemen und Pfeifen führen („Asthma cardiale“). Ein Giemen oder
Pfeifen während der gesamten Inspiration und Exspiration kann auf eine fixierte Stenose
oder einen Fremdkörper hinweisen.
Tab. 2 Begriffe mit Übersetzung (nach [14]).
|
Englisch
|
Deutsch
|
Kommentar
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|
Wheeze
|
Pfeifen, Giemen
|
obsolet: „Trockene Nebengeräusche“
|
|
Rhonchi = Low pitched wheeze
|
Brummen
|
|
Stridor
|
Stridor
|
|
|
Rales, Crackles (USA),
Crepitations (UK) [4]
|
Rasselgeräusche
|
|
|
Coarse Crackles
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Grobblasige Rasselgeräusche
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obsolet: „Feuchte Nebengeräusche“
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Fine Crackles
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Feinblasige Rasselgeräusche
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Vesicular breath sounds
|
Normales Atemgeräusch
|
obsolet: Vesikuläratmen
|
Squawk – Quieken | Ein mitt- bis endinspiratorisches Quieken (englisch „squawk“) ist beschrieben bei:
Exspiratorisches Pfeifen | Ein exspiratorisches Pfeifen entsteht, wenn der maximale exspiratorische Fluss (Peak
flow) durch eine Obstruktion unter 50 % fällt [12]. Die beste Korrelation zwischen Auskultationsbefund und dem Ausmaß der Obstruktion
zeigt der Anteil des Pfeifens am Atemzyklus [13]. Die Korrelation ist aber zu ungenau, als dass man auf eine Lungenfunktion verzichten
könnte. Die Lautstärke korreliert wie oben erwähnt nicht mit dem Ausmaß der Obstruktion
[14].
Rasselgeräusche | Rasselgeräusche können gemäß ihrem Entstehungsort in fein- und grobblasige Rasselgeräusche
unterteilt werden. Grobblasige Rasselgeräusche zeigen sich bei:
-
Linksherzinsuffizienz
-
Bronchiektasen
-
Pneumonie
Sklerosiphonie | Feinblasige Rasselgeräusche („Sklerosiphonie“, „Velcro“) treten meist bei fibrosierenden
Lungenerkrankungen auf:
-
idiopathische pulmonale Fibrose (IPF)
-
Nicht-spezifische interstitielle Pneumonie (NSIP)
-
Asbestose
-
Lungenfibrose bei Kollagenosen
Die Sklerosiphonie ist im Zusammenhang mit fibrosierenden Lungenerkrankungen ein essentieller
Befund. Er geht den konventionell-radiologisch sichtbaren Lungenparenchymveränderungen
voraus [15]
[16]. Das zeitliche Auftreten während der Inspirationsphase kann ein Hinweis für die
Ursache sein (Tab.
[
1
]).
Rasselgeräusche bei Linksherzinsuffizienz | Rasselgeräusche können auch ein Zeichen für eine kardiale Dekompensation sein:
-
Bei linksventrikulärer Dekompensation treten sie ab einem pulmonal-arteriellen Wedgedruck
von 20–25 mmHg auf (PAWP, „wedge pressure“; Norm < 15 mmHg) [17].
-
Die basoapikale Ausdehnung der Rasselgeräusche beim kardialen Lungenödem kann als
Verlaufsbeurteilung einer Therapie verwendet werden.
Obsolete Begriffe in der Nomenklatur
Obsolete Begriffe in der Nomenklatur
Keine einheitliche Nomenklatur | Wie bereits Laënnec festhielt, sind die Geräusche einfacher voneinander zu unterscheiden
als zu beschreiben. Vom Französischen wurden die Begriffe nicht korrekt ins Englische
übersetzt. Die ursprünglich deutschen Begriffe wiederum dienten als Grundlage für
die chinesischen Zeichen, welche dann zum Teil ins Japanische übernommen wurden [18]. Es ist also nachvollziehbar, dass es erstens lange keine einheitliche Terminologie
gab und zweitens sich die standardisierte Nomenklatur von 1987 [18] kaum durchsetzen konnte. So findet man auch heute in modernen Lehrbüchern obsolete
Begriffe.
Vesikuläratmen | Der Begriff Vesikuläratmen (vesikulär = bläschenartig) als Synonym für das physiologische
Atemgeräusch ist obsolet und widerspricht dem heutigen Verständnis der Strömungsverhältnisse
in der Lunge.
Obwohl der Begriff Vesikuläratmen nicht mehr verwendet werden sollte, erscheint er
sogar in modernen Lehrbüchern.
Das Strömungsverhalten in den verzweigten Atemwegen ist komplex und nur teilweise
verstanden [19]. Ein wichtiger Aspekt ist aber, dass in den zentralen Atemwegen die Flussgeschwindigkeit
größer ist als in den peripheren, was dort zur Entstehung von Turbulenzen führt. Diese
sind für die Atemgeräusche verantwortlich. In den peripheren Atemwegen liegt ein näherungsweise
laminarer Fluss vor. In den Alveolen werden die Gasmoleküle mittels Diffusion bewegt.
Sowohl der laminare Fluss als auch die Diffusion sind geräuschlos. Ein anschauliches
Beispiel hierfür ist die Pneumocystis jiroveci-Pneumonie mit einem unauffälligen Auskultationsbefund
trotz ausgeprägtem alveolärem Befall. Im Röntgen-Thorax imponiert dies als alveoläre
Transparenzminderung (Abb.
[
2
]).
Abb. 2 Pneumocystis jiroveci Pneumonie bei einem HIV-Patienten. Auskultationsbefund: normales
Atemgeräusch ohne Nebengeräusche.
Trocken oder feucht | Obsolet sind auch die Begriffe „trockene“ und „feuchte“ Rasselgeräusche. Sie sind
auch pathophysiologisch unsinnig: „trockene“ Geräusche werden auch bei „feuchten“
Lungenerkrankungen beobachtet und umgekehrt. Kontinuierliche Nebengeräusche (als Synonym
für Pfeifen, Giemen und Brummen) und diskontinuierliche Nebengeräusche (für Rasselgeräusche)
beschreiben zwar mechanistisch das Entstehungsmuster dieser Geräusche, sie sind als
Überbegriffe im Alltag aber ungenau und bringen keine zusätzliche klinische Information.
Sie sollten unserer Meinung nach nicht verwendet werden. Eine Übersicht über die korrekte
Nomenklatur liefert Tab.
[
1
].
Limitationen der Auskultation
Limitationen der Auskultation
Auskultation nicht immer eindeutig | Nebst der uneinheitlichen Nomenklatur bestehen unserer Meinung nach mehrere weitere
wichtige Limitationen, welche die Lungenauskultation erschweren:
-
Die Lungenauskultation ist, im Unterschied zur relativ uniformen Herzauskultation,
individuell sehr unterschiedlich.
-
Bei der pulmonalen Untersuchung kann man ein abnormes Atemgeräusch nur bei einseitiger
oder fokaler Veränderung eindeutig identifizieren.
-
Untersuchungen haben gezeigt, dass die Variabilität bei der Durchführung der Lungenauskultation
sehr groß ist. Die Übereinstimmung von Auskultationsbefunden zwischen Ärzten liegt
zwischen 55 [20] und 92 % [16]. Ob dies auf eine ungenügende Ausbildung oder fehlendes Training zurückzuführen
ist, bleibt unklar.
-
Ein Nebengeräusch ist nicht zwingend pathologisch. In einer Studie ließen sich bei
50 % der lungengesunden Probanden während tiefer Inspiration Rasselgeräusche (ähnlich
einer Sklerosiphonie) bei der Auskultation von ventral feststellen. Von dorsal fanden
sich die Geräusche immerhin noch bei 0–7 % [21]. In einer Studie über Auskultationsbefunde bei Pneumonien fanden die Untersucher
bei 19 % der gesunden Kontrollen in seitlich liegender Position spätinspiratorische
Rasselgeräusche in der unten liegenden Lunge. Diese Nebengeräusche verschwanden aber
nach ein bis zwei tiefen Atemzügen [22].
Konsequenz für Klinik und Praxis
-
Jeder Arzt muss die Lungenauskultation beherrschen.
-
Die Lungenauskultation ist der wichtigste Teil der pulmonalen Untersuchung: Zusammen
mit der Anamnese ist sie das Kernstück der pneumologischen Diagnose.
-
Das Vorhandensein oder das Fehlen bestimmter Geräuschphänomene beeinflusst die diagnostische
Aussagekraft von anderen Untersuchungen (z. B. von Transparenzminderungen im Röntgenthorax,
C-reaktivem Protein und natriuretischen Peptiden) und damit deren Vortestwahrscheinlichkeit.
-
In Notfallsituationen kann der routinierte Kliniker schnell und recht zuverlässig
Differenzialdiagnosen ein- oder ausschließen (Pneumothorax, Asthma bronchiale, Lungenödem).
-
Das Verständnis der (Patho-)Physiologie, die den Lungengeräuschen zugrunde liegt,
hilft wesentlich bei der Verknüpfung mit dem klinischen Kontext. Auf die korrekte
Verwendung der international definierten Nomenklatur sollte dabei besonders geachtet
werden.
-
Begriffe wie „Vesikuläratmen“ und „trockene“ oder „feuchte“ Nebengeräusche sind obsolet.