Lege artis - Das Magazin zur ärztlichen Weiterbildung 2015; 5(3): 152-157
DOI: 10.1055/s-0041-103066
Selbstmanagement
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Zurück in den Hörsaal – Karrierechance Aufbaustudium

Julia Hecht
,
Peter Kranke
,
Uta Nennstiel-Ratzel
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Publication Date:
27 July 2015 (online)

 

MBA, MHM, MPH, MHBA – wer nach Aufbaustudiengängen für Mediziner sucht, fühlt sich schnell an den Song MfG von den Fantastischen Vier erinnert. Wie soll man da den Überblick behalten? Und für wen ist eine solche Zusatzqualifikation überhaupt gedacht? Wir werfen zuerst einen Blick auf Health Business Administration und Public Health. Anschließend fragen wir: Welches Angebot passt zu wem?


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Business Administration

Warum Management-Kompetenz?

Wer heutzutage im Krankenhaus Karriere machen möchte, Ober- oder Chefarzt werden will, muss neben medizinischen zunehmend auch ökonomische Kenntnisse mitbringen [1]. Und wie könnte man das besser belegen als mit einem Master-Zeugnis? Eine solche Zusatzqualifikation kann ausschlaggebend sein bei der Besetzung von Führungspositionen:

Der Qualitäts- und Kostendruck, dem Krankenhäuser immer stärker ausgesetzt sind, fordert betriebswirtschaftliche Kenntnisse.

Es kann Absolventen aber auch darum gehen, die Sprache der Geschäftsführung zu verstehen, mit dem Einkauf oder dem kaufmännischen Direktor auf Augenhöhe diskutieren zu können. Darüber hinaus kann ein betriebswirtschaftliches Aufbaustudium neue Berufsfelder eröffnen: „Ich kenne viele Anästhesisten mit einem Master of Business Administration, die keine Spritzen mehr in die Hand nehmen, sondern als OP-Manager den Ablauf im OP optimieren“, erzählt Prof. Dr. med. Volker Harth, Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands des Hartmannbundes.


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Master als Türöffner

Den Teilnehmern des Fernstudiengangs Master of Health Business Administration (MHBA) der Universität Erlangen-Nürnberg geht es weniger darum, den Beruf zu wechseln, sondern v. a. den eigenen Job besser auszufüllen und schneller beruflich voranzukommen. Prof. Dr. Oliver Schöffski, Leiter des Lehrstuhls für Gesundheitsmanagement der Universität Erlangen-Nürnberg erzählt: „Viele unserer Teilnehmer sind Oberärzte, die sich auf Chefpositionen bewerben. Sie berichten häufig, dass ihre Mitbewerber eigentlich alle gleich gut sind, alle waren im Ausland, alle kommen aus einem tollen Haus. Den Job bekommt, wer sich ein Quäntchen von den anderen abhebt.“

Dieses Quäntchen kann eine betriebswirtschaftliche Zusatzqualifikation sein.

Die Strategie scheint zu funktionieren – jedenfalls kann Schöffski nicht über eine mangelnde Nachfrage nach Studienplätzen klagen. Im Gegenteil: Hoch motivierte Studenten, immer mehr Teilnehmer bei einer Abbrecherquote von unter 5 % – Schöffski ist mit dem Erfolg des Studiengangs sehr zufrieden.


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Ein Beispiel unter vielen

Der MHBA in Erlangen-Nürnberg (http://www.mhba.de) soll in diesem Beitrag stellvertretend für unzählige Masterprogramme im Bereich Gesundheitsmanagement, -ökonomie und -wissenschaft stehen, die wirtschaftswissenschaftliche Kompetenz vermitteln [Tab. 1].

Es handelt sich dabei um weiterführende Studiengänge: Sie richten sich an Beschäftigte im Gesundheitswesen, die bereits ein erstes Studium abgeschlossen haben und Berufserfahrung mitbringen.

Grob lassen sie sich die Programme einteilen in branchen- (wie der MHBA) und einrichtungsspezifische [2]. Zu letzteren gehört z. B. das Konzept MHM® / MBA. Hier führen 2 berufsbegleitende Semester zum Abschluss Medical Hospital Manager (MHM®) der Hochschule Hannover, der v. a. auf Führungspositionen in Krankenhäusern, aber auch in ambulanten Einrichtungen, vorbereiten soll. Absolventen können im Anschluss nach 2 weiteren Semestern den MBA der Hochschule Neu-Ulm erwerben.

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Tab. 1 Aufbaustudiengänge Business Administration, Schwerpunkt Gesundheitswesen (Auswahl)

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Was muss ich mitbringen?

Die Studienvoraussetzungen der einzelnen Masterprogramme sind sehr unterschiedlich. Manche setzen 1, andere 5 Jahre Berufserfahrung voraus. Neben den üblichen Zeugnissen werden oft ein Motivationsschreiben oder Nachweise über Englischkenntnisse gefordert. Einige Programme sind auf z. B. 20 Studenten begrenzt. Die Kosten reichen von den reinen Studiengebühren, die für alle Studenten gelten, bis deutlich über 10 000 €.

Voraussetzung für die Teilnahme am MHBA sind ein abgeschlossenes Studium mit mindestens 8 Semestern Regelstudienzeit, 2 Jahre Berufserfahrung und ein Motivationsschreiben. Wer diese Bedingungen erfüllt und bereit ist, eine Kursgebühr von insgesamt 6000 € zu entrichten, kann sich einschreiben. Da der Studiengang als Fernstudium konzipiert ist, gibt es im Prinzip keine Studienplatzbegrenzung, im letzten Wintersemester haben 250 Teilnehmer das Aufbaustudium begonnen.


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Wieviel Zeit muss ich investieren?

In der Regel umfasst das Studium 4 Semester, wobei das letzte der Abschlussarbeit gewidmet ist. Man muss sich entscheiden, ob man in Vollzeit oder berufsbegleitend studieren möchte. Um Berufstätigkeit und Studium zu vereinbaren, bieten Hochschulen unterschiedliche Modelle an: Seminare, Vorlesungen und Übungen finden z. B. an Wochenenden oder als Wochenblöcke statt. Die Präsenzstudienzeit kann aber auch abends liegen. Der MHBA ist dagegen als Fernstudium angelegt: Berufsbegleitend bearbeiten die Teilnehmer in den ersten 3 Semestern je 20 Texte, reichen eine Einsendearbeit ein und beantworten internetgestützte Multiple-Choice-Fragen. Die ersten 3 Semester enden jeweils mit einer 3-tägigen Präsenzphase mit Prüfungsvorbereitung und Klausur. Das 4. Semester widmet sich ausschließlich der Masterarbeit, die einen Umfang von ca. 50 Seiten hat. Vor allem 3 Arten werden immer wieder gewählt: eine reine Literaturarbeit, eine empirische Arbeit oder eine praxisbezogene Arbeit, evtl. in Kooperation mit dem Arbeitgeber.


Univ.-Prof. Dr. med. Peter Kranke, MBA, ist Oberarzt und Leiter der klinischen Forschung an der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie des Universitätsklinikums Würzburg. Von 2003–2005 hat er den berufsbegleitenden Studiengang Businessintegration der Universität Würzburg absolviert.

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„Als Assistenzarzt habe ich mich gefragt: Fühlst du dich durchs Studium auf den Job eines Oberarztes vorbereitet? Die Antwort lautete ,Nein' – und das war einer meiner Beweggründe, mich in dieser Richtung weiterzuqualifizieren. Mit dem Hintergedanken, möglicherweise später auch patientenfern arbeiten zu können und die Perspektive zu wechseln, habe ich mich ganz bewusst für einen klassischen MBA entschieden. Ich war der einzige Mediziner im Programm, meine Kommilitonen kamen überwiegend aus dem Bankensektor und der Wirtschaft. Von unseren Diskussionen und Fallbearbeitungen habe ich sehr profitiert: Sie haben mir einen ganz anderen Blickwinkel auf das Gesundheitswesen eröffnet. Aus finanziellen und zeitlichen Gründen sowie dem Fokus des MBA-Programms „Businessintegration“ habe ich den Studiengang vor Ort gewählt. Die Entscheidung, das Aufbaustudium während meiner Weiterbildungszeit zu absolvieren, war rückblickend genau richtig: Später kamen immer mehr Verpflichtungen dazu, ganz zu schweigen von der Familie, für die ich da sein wollte. Der Studiengang setzte sich v. a. aus 1–3-wöchigen Präsenzmodulen zusammen, 2 davon in den USA. Das Arbeitspensum war nur zu schaffen, indem ich jeglichen Freizeitausgleich und nahezu meinen kompletten Urlaub investiert habe. Es waren sehr arbeitsintensive Jahre, auf die ich aber mit viel Freude zurückblicke. Natürlich war es anfangs schwer, sich in die Begriffe der Buchführung und des Rechnungswesens einzuarbeiten, aber jemand, der ein Medizinstudium absolviert hat und eine gewisse Motivation mitbringt, schafft auch ein MBA-Studium. Ob ich heute dieselbe Position hätte ohne MBA? Das ist natürlich Spekulation, aber ich denke ja. Die Qualifikation wird inzwischen oft als Must-have betrachtet, aber ich glaube, wir sollten uns wieder bewusst werden, dass ein Patient seinem Arzt vertraut, weil er Arzt ist – und nicht, weil er einen MBA hat. Jemand, der sein Fach offen und wissenschaftlich fundiert in die Zukunft führt, ist im Krankenhaus gut aufgehoben. Ich kenne viele hervorragende Chefärzte oder Führungspersönlichkeiten ohne MBA. Natürlich ermöglicht so ein Studium aber den Blick über den Tellerrand. Ein guter Beweggrund ist, lernen zu wollen, keine Ressourcen zu verschwenden, die sich anderweitig mit einem größeren Nutzen einsetzen lassen – ohne dabei das Wohl des Patienten aus den Augen zu verlieren.“


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Fällt es schwer, wieder „die Schulbank zu drücken“?

Die Texte nebenher zu bearbeiten, sei für die meisten Teilnehmer kein Problem, sagt Schöffski. „Es ist eher so, dass sie sich an den Präsenzwochenenden fragen, weshalb sie sich noch einmal antun, eine Klausur zu schreiben.“ Die Veranstalter versuchen aber, eine angenehme Atmosphäre zu gestalten: „Die meisten finden das Präsenzwochenende gut, auch weil sie sich dann mit den anderen Teilnehmern austauschen und netzwerken können.“


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Wer nimmt teil?

Im Schnitt sind die Teilnehmer des MHBA in Erlangen-Nürnberg 35–45 Jahre alt. Etwa 80 % sind Ärzte, unter den restlichen 20 % finden sich u. a. Apotheker, Sozialwissenschaftler, Juristen, Architekten und Wirtschaftswissenschaftler. Ca. 1 Viertel der Ärzte sind Chefärzte und habilitierte Oberärzte. Viele der Absolventen arbeiten seit Jahren in ihrem Beruf. „Sie merken dann, dass sie sich z. B. zunehmend mit der Controlling-Abteilung auseinandersetzen oder Verhandlungen mit Krankenkassen führen müssen“, erläutert Schöffski die Motivation für den MHBA. „Das sind Dinge, die man im Medizinstudium nicht lernt, viele Ärzte in Führungspositionen erkennen dann, dass sie sich weiterbilden müssen.“


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Klassischer MBA vs. spezialisierter Studiengang?

Seit ca. 2010 gibt es in Deutschland immer mehr spezialisierte MBA-Programme – es gibt kaum ein Bedürfnis, das die Anbieter nicht decken. Erste Formen des klassischen MBA entstanden in den USA jedoch bereits Anfang des 20. Jahrhunderts. Sie beschäftigen sich mit allgemeiner Unternehmensführung.

Studiengänge wie der MHBA behandeln dieselben Fragen, aber auf das Gesundheitswesen ausgerichtet.

Das Programm in Erlangen-Nürnberg beschäftigt sich z. B. mit den Themen allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Kostenträger und Leistungserbringer des Gesundheitswesens, ambulante Versorgung, stationäre Versorgung und pharmazeutische Industrie. Aufgrund der Spezialisierung darf sich der Studiengang nicht MBA nennen. Schöffski erklärt: „Je nach Bundesland und Universität finden Sie deshalb unterschiedliche Lösungen: Wir nennen es Health Business Administration, an anderen Unis heißt der Studiengang z. B. MBA Health Care Management.“ Letztlich bedeutet das aber überall das gleiche: Es handelt sich nicht um einen klassischen MBA. Die Auswahl dieser reinen MBA-Programme ist an den verschiedensten Business Schools und Hochschulen riesig. Die Kosten liegen allerdings häufig im 5-stelligen Bereich. Wer eine Karriere in der Pharmaindustrie, bei Versicherungen, in Ärztekammern oder Unternehmensberatungen anstrebt, für den kann ein klassischer MBA infrage kommen [2]. Wer dagegen eine Karriere im Krankenhaus plant, dem empfiehlt Prof. Harth, einen postgraduierten Studiengang ruhig spezialisierter anzugehen: „Um Management-Kompetenzen zu erwerben, muss man kein Diplom-Kaufmann werden. Ich würde einen anwendungsbezogenen Studiengang wählen, der ruhig kürzer und als Fernstudium angelegt sein kann.“ Welchen Reiz ein klassischer MBA aber auch für Klinikärzte haben kann, lesen Sie in unserem Interview mit dem Anästhesisten Prof. Peter Kranke (Kasten links).


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Public Health

Über den einzelnen Patienten hinaus gedacht

Wer auf der Suche nach einer Alternative zum Arztberuf ist, dem kann ein Master of Public Health (MPH) neue Wege öffnen:

  • einen Einstieg in Gesundheitsökonomie oder Klinikmanagement

  • die Möglichkeit, dem Krankenhaus ganz den Rücken zu kehren und dafür in Institutionen des Gesundheitswesens, in Ministerien, Pharmafirmen oder internationalen Organisationen wie der WHO zu arbeiten [3] [4] {Kasten rechts]

Prof. Harth empfiehlt das Fach jedem Arzt, der über seinen Tellerrand hinausschauen möchte: „Man lernt in einem solchen Studiengang das große Ganze kennen, während man sich als Arzt ja primär auf den individuellen Patienten konzentriert.“ Was genau muss man sich unter so einem interdisziplinären und vielseitigen Fach vorstellen? Die Deutsche Gesellschaft für Public Health definiert wie folgt:

Public Health ist die Wissenschaft und die Praxis zur Verhinderung von Krankheiten, zur Verlängerung des Lebens und zur Förderung von physischer und psychischer Gesundheit unter Berücksichtigung einer gerechten Verteilung und einer effizienten Nutzung der vorhandenen Ressourcen [5].


Dr. med. Uta Nennstiel-Ratzel, MPH, leitet das Sachgebiet für Gesundheitsberichterstattung, Epidemiologie, Sozialmedizin und Kindergesundheit sowie das Screeningzentrum am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Oberschleißheim. Darüber hinaus ist sie Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Neugeborenenscreening.

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„Nach der Geburt meiner 3 Kinder war ich 10 Jahre lang im öffentlichen Gesundheitsdienst und habe z. B. Schuleingangsuntersuchungen durchgeführt. Das wollte ich nicht bis zu meiner Rente. Als ich in einer Zeitschrift auf den Master of Public Health an der LMU München gestoßen bin, habe ich mich sofort beworben, obwohl die Frist schon 14 Tage später ablief. Es hat geklappt! Einige meiner Kommilitonen haben das Studium abgebrochen, u. a. wegen der Mathematik – ein Verständnis dafür braucht man unbedingt! Für mich stand schon nach den ersten Veranstaltungen fest: Das ist genau das Richtige. Es war eine spannende Zeit, ich hatte Kommilitonen aus den unterschiedlichsten Bereichen: Biologen, Soziologen, Tiermediziner ... Das Fach ist ganz anders als Medizin – abgesehen von der Statistik eher mit Sozialwissenschaften vergleichbar. Das erste Jahr habe ich noch berufsbegleitend studiert, später in Vollzeit – sonst wäre es zusätzlich zu Kindern und Haushalt nicht zu schaffen gewesen. Während meiner Masterarbeit hat mich eine Kommilitonin auf eine Ausschreibung des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit aufmerksam gemacht. Obwohl ich weder in Vollzeit arbeiten noch zum gewünschten Zeitpunkt anfangen wollte, haben sie mich genommen: Ich habe die passende Erfahrung in Pädiatrie, öffentlichem Gesundheitsdienst und Public Health mitgebracht. Damals habe ich als einzige ohne weißen Kittel und hauptsächlich am Computer gearbeitet – die anderen haben sich gefragt, was ich den ganzen Tag mache. Heute – 15 Jahre später – leite ich 40 Mitarbeiter an, die sich mit Public Health in der praktischen Umsetzung beschäftigen. Die Daten, die wir im Screeningzentrum erheben, haben z. B. dazu geführt, dass das Neugeborenenscreening deutschlandweit als Kassenleistung eingeführt wurde. Dadurch lassen sich z. B. Stoffwechselstörungen frühzeitig therapieren, Behinderung oder Tod der betroffenen Kinder lassen sich vermeiden. Ich kann also mit meiner Arbeit sehr viel bewirken – mehr als im Krankenhaus. Die Politik sieht den Bedarf an Public-Health-Forschung, Klinikärzte sind schwerer zu überzeugen. Aber ich finde, jeder Arzt sollte sich mit Epidemiologie beschäftigen – es muss kein Masterabschluss sein, aber man sollte eine gute Publikation, z. B. mit ausreichender Fallzahl, erkennen. Es ist auch wichtig, die ganze Gesellschaft im Blick zu behalten – bestes Beispiel dafür ist die Masernimpfung.“


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Studienangebot und -voraussetzung

Wer sich in Public Health – auch Gesundheitswissenschaften – qualifizieren möchte, findet ein etwas überschaubareres Angebot an weiterführenden Masterstudiengängen als bei Business Administration [Tab. 2]. Es ist aber mindestens genauso vielfältig, was Kosten, Zeitaufwand und Studienbedingungen betrifft. Man kann das Fach auch an Universitäten ohne medizinische Fakultät studieren: Die Universität Bielefeld war sogar Vorreiter und bot 1989 den ersten postgraduellen Studiengang Public Health in Deutschland an. Die Studienvoraussetzungen der einzelnen Programme ähneln in der Regel denen der spezialisierten MBA-Studiengänge (s. oben).

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Tab. 2 Aufbaustudiengänge Public Health (Auswahl)

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Master of Public Health in Berlin

An einem traditionsreichen Universitätsklinikum dagegen ist die Berlin School of Public Health (BSPH) angesiedelt: der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Seit 2007 gibt es dort den Master of Public Health, der sich in 1 Jahr Vollzeit oder 2 Jahren Teilzeit absolvieren lässt. Die Studiengebühren betragen 7200 € plus semesterweise die gängigen Immatrikulationsgebühren der Charité. 10 Studienmodule sind zu belegen, darunter z. B. Epidemiologie, Biostatistik und Gesundheitsversorgung. Am Ende steht die schriftliche Masterarbeit, die praxisnah und in Kooperation mit einem auswärtigen Institut gestaltet werden soll. „Eine reine Literaturarbeit reicht bei uns nicht“, sagt Prof. Jacqueline Müller-Nordhorn, Leiterin der BSPH. Das große Netzwerk an Institutionen und Dozenten über die Charité hinaus kennzeichnet in ihren Augen den MPH in Berlin. Dazu gehören z. B. das Robert Koch-Institut, das Deutsche Institut für Ernährungsforschung oder die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.


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Studienbedingungen

Der Zeitaufwand für das Masterstudium in Berlin beträgt etwa 40 h pro Woche und setzt sich aus Vor- und Nachbereitungszeiten sowie Präsenzzeiten zusammen. Letztere finden unter der Woche ab 14:30 Uhr oder am Wochenende statt. Teilzeitstudierende können so parallel halbtags arbeiten. Diese Möglichkeit wird gerne genutzt, erläutert Prof. Müller-Nordhorn: „Ca. 50 % unserer Teilnehmer studieren in Teilzeit. Der Vorteil ist natürlich, dass man so den Kontakt zum Arbeitgeber aufrecht erhält.“ Die Erfahrung der Leiterin der BSPH zeigt, dass die wenigsten Absolventen die Zusatzqualifikation nutzen, um den Beruf zu wechseln: „Viele unserer Teilnehmer bleiben nach dem Abschluss bei ihrem Arbeitgeber.“ Ähnlich wie den Absolventen des MHBA in Erlangen-Nürnberg fällt es den Studenten nicht schwer, wieder die Schulbank zu drücken: „Sie freuen sich nach der Erfahrung im Beruf, etwas Neues dazu zu lernen, mit dem sie ihre eigene Arbeit besser verstehen, z. B. ihre Forschungsdaten leichter interpretieren können“, erzählt Müller-Nordhorn. Die Bewerber für die 40 Studienplätze sind im Schnitt Anfang 30 und kommen aus den unterschiedlichsten Disziplinen: Zu etwa je einem Drittel sind es Mediziner, Natur- und Sozialwissenschaftler. Manchmal ist auch ein Architekt dabei. „Von der interdisziplinären Zusammensetzung profitieren die Diskussionen sehr“, sagt Prof. Müller-Nordhorn.


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Wo, wann und wie?

Die Qual der Wahl

Wer auf der Suche nach dem richtigen Angebot ist, kommt nicht darum herum, Zeit für eine ausführliche Recherche zu investieren. Damit ein Aufbaustudium optimal verläuft, sollte man jedoch schon im Vorhinein einige Punkte klären:

  • Wo will ich mit dem Studiengang hin:

    • Möchte ich das Gesundheitswesen besser verstehen oder kaufmännischer Direktor werden?

  • Was kann ich finanziell leisten?

  • Wieviel Zeit kann ich realistischerweise investieren:

    • Möchte ich in Vollzeit oder berufsbegleitend studieren?

    • Besteht im Notfall die Möglichkeit, vorübergehend eine Auszeit vom Studium zu nehmen?

  • Passt der Studiengang in meinen aktuellen Lebensabschnitt:

    • Ist Beruf, ggf. Familie und Fortbildung vereinbar?

Datenbanken im Internet wie die der Hochschulrektorenkonferenz (http://www.hochschulkompass.de) verschaffen einen Überblick der Studienangebote deutscher Hochschulen.

Bei der Auswahl eines Studiengangs rät Prof. Harth v. a., ein Programm mit Praxisbezug zu wählen: „Es reicht nicht, nur den Titel zu tragen, man muss auch über das praktische Rüstzeug verfügen.“


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Was ist der beste Zeitpunkt für ein Aufbaustudium?

Natürlich ist die Entscheidung, wann man einen Masterstudiengang absolviert, sehr individuell und hängt auch davon ab, welches Studium man wählt. Die Erfahrungen von Absolventen können hier eine gute Orientierung bieten. Die meisten Teilnehmer des MHBA in Erlangen-Nürnberg bringen 5–10 Jahre Berufserfahrung mit. „Manche machen das aber auch schon nach den ersten 2 Jahren als Assistenzarzt, andere können auf 15 Jahre Berufstätigkeit zurückblicken“, berichtet Prof. Schöffski. Für Public Health empfiehlt Prof. Müller-Nordhorn jedoch, nicht erst den Facharztabschluss abzuwarten: „In meinen Augen bietet es sich an, 2–3 Jahre klinisch zu arbeiten und dann den Master zu machen – so halten es viele unserer Teilnehmer.“ Als Vater von 4 Kindern verweist Prof. Harth auch darauf, die familiäre Situation zu bedenken: „Sicherlich ist die Zeit als Assistenzarzt herausfordernd. Aber später kommt die Familie dazu, und man ist ganz anders eingebunden. Andererseits lässt sich eine Elternzeit manchmal auch für eine Fortbildung nutzen.“


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Berufsbegleitend oder Vollzeit, Fern- oder Präsenzstudium?

Schließlich bleibt noch die Frage nach der Art des Studiums: Lässt sich der Lernstoff parallel zum Arbeitsalltag bewältigen, oder soll die Berufstätigkeit vorübergehend ganz ruhen? Prof. Harth hat selbst berufsbegleitend Public Health studiert und sagt: „Ich würde kein Vollzeitstudium empfehlen: Nach 1–2 Jahren ist man so gut wie aus dem Medizinischen raus.“ Natürlich ist es auch ein finanzielles Problem, ganz auf das Gehalt zu verzichten.

Eventuell kann aber eine Arbeitszeitreduktion Freiraum für ein Aufbaustudium schaffen.

Fällt die Wahl doch auf das Vollzeitstudium, sollte man zumindest den Kontakt zum Arbeitgeber halten. „Man kann z. B. die Masterarbeit mit Bezug zur Arbeitsstelle anfertigen“, erklärt Harth.

Eine weitere Entscheidung muss man treffen: Fern- oder Präsenzstudium? Kosten für Übernachtung und Anreise zu Pflichtveranstaltungen sind ein Punkt, den man berücksichtigen kann. Der große Vorteil des Präsenzstudiums ist sicher der Austausch mit den Kommilitonen, die u. U. aus ganz anderen Berufsfeldern als der Medizin stammen. In der Regel wird ein Präsenzstudium auch auf abwechslungsreiche Unterrichtsformen zurückgreifen. Sie bieten z. B. die Möglichkeit, in Kleingruppen intensiv ein Thema zu bearbeiten. „Bei einem Fernstudium liegt der Schwerpunkt naturgemäß auf den Texten, die gelesen werden müssen. Aber Probleme werden natürlich an Praxisbeispielen erläutert“, sagt Prof. Schöffski. Der große Vorteil des Fernstudiums hingegen: Jeder entscheidet selbst, wann und wo er lernt – sei es kontinuierlich über das Semester verteilt oder aber auf einen Schlag kurz vor der Klausur.

Julia Hecht

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Fazit

Vor der Wahl eines Aufbaustudiums – egal welcher Richtung – sollte eine realistische Selbsteinschätzung stehen:

  • Kann ich das zeitlich und finanziell stemmen?

  • Was ist meine Motivation? Reicht sie auch für Durststrecken?

Um aus der Vielzahl der Angebote dann das passende herauszufiltern, hilft nur die individuelle Recherche. Erfahrungsberichte von ehemaligen Teilnehmern liefern dabei wertvolle Hinweise.

Literatur online Das Literaturverzeichnis zu diesem Beitrag finden Sie im Internet: Unter„http://www.thieme-connect.de/products“ können Abonnenten und Nichtabonnenten die Seite der Lege artis aufrufen und beim jeweiligen Artikel auf „Ergänzendes Material“ klicken – hier ist die Literatur frei zugänglich.

Beitrag online zu finden unter http://www.dx.doi.org/10.1055/s-0041-103066


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Ergänzendes Material



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Tab. 1 Aufbaustudiengänge Business Administration, Schwerpunkt Gesundheitswesen (Auswahl)
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Tab. 2 Aufbaustudiengänge Public Health (Auswahl)
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