physiopraxis 2015; 13(10): 24-25
DOI: 10.1055/s-0041-103655
physiowissenschaft
© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

Bäumchen wechsel nicht – Hanne Guttau-Leimenstoll

Eva Trompetter

Subject Editor:
Further Information

Publication History

Publication Date:
22 October 2015 (online)

 

Unter Patienten führt es oft zu Unmut, wenn sie innerhalb eines Rezepts unterschiedliche Therapeuten haben. Doch auch für die Behandler sind häufige Wechsel demotivierend, fand Hanne Guttau-Leimenstoll in ihrer Bachelorarbeit heraus. Bei manchen wäre das langfristig sogar ein Kündigungsgrund.


#
Zoom Image
Abb.: Harald Leimenstoll

Hanne Guttau-Leimenstoll …

… ist 31 Jahre alt und lebt in Kiel. Weil sie zunächst ein Lehramtsstudium für Sport und Geschichte begann, ist sie erst seit vier Jahren Physiotherapeutin. Ihr Interesse an der Medizin brachte sie dazu, 2008 die Ausbildung in Göttingen anzufangen. 2011 kehrte sie nach ihrem Examen zurück in die Heimat Kiel, um in einem Physiotherapiezentrum zu arbeiten. 2012 bekam sie eine Tochter und stieg danach in einer kleinen Praxis wieder ins Berufsleben ein. Parallel dazu absolvierte sie den Bachelorstudiengang Medizinalfachberufe an der DIPLOMA-Hochschule Nordhessen. Weil sie nach wie vor Interesse an der Lehre hat, wählte sie im Studium den Schwerpunkt Gesundheitspädagogik. Nach der Geburt ihres zweiten Kindes unterrichtet sie heute stundenweise als Dozentin an der Krankenpflegeschule in Kiel in den Bereichen Rehabilitation, Behinderung, Schwerbehinderung und Pflegehilfsmittel. In Zukunft kann sie sich vorstellen, als Dozentin und Physiotherapeutin zu arbeiten. Ein Masterstudium schließt sie jedoch nicht aus. Ihre Freizeit verbringt Hanne Guttau- Leimenstoll überwiegend mit ihrer Familie. Als Ausgleich genießt sie die Stunden in der Krankenpflegeschule.

Therapeutenwechsel in der Praxis

Die Bachelorarbeit

Eine gute Beziehung zwischen dem Physiotherapeuten und seinem Patienten trägt wesentlich zum Erfolg einer Behandlung bei. Im Praxisalltag ist es jedoch nicht leicht, ein solches Verhältnis aufzubauen. Faktoren wie Krankheit, Urlaub, Zeit- und Personalmangel führen oftmals dazu, dass Patienten innerhalb eines Rezepts nicht nur von einem Physiotherapeuten betreut werden. Das kann für die Einrichtung fatale Folgen haben: Die Patienten kommen nicht wieder oder empfehlen die Praxis nicht weiter. Das kann sich jedoch nicht nur wirtschaftlich bemerkbar machen, sondern sich auch auf die Motivation der Therapeuten und des gesamten Teams negativ auswirken.

Dieses Problems nahm sich die Physiotherapeutin Hanne Guttau-Leimenstoll in ihrer Bachelorarbeit an. Sie wollte herausfinden, wie Physiotherapeuten passive, also nicht aktiv vom Patienten oder Behandler eingeforderte Therapeutenwechsel einschätzen und wie sie damit umgehen. Außerdem interessierte sie, wie Patienten solche Wechsel erleben und bewerten. Des Weiteren wollte sie wissen, inwieweit sich Therapeutenwechsel auf den wirtschaftlichen Erfolg einer Praxis auswirken, ob sie die Mitarbeiterzufriedenheit beeinflussen und welche Lösungen Praxen bisher gefunden haben, um das Problem gut managen zu können.

Hanne Guttau-Leimenstoll führte halbstandardisierte Einzelinterviews mit vier Physiotherapeuten und vier Patienten aus ihrem privaten Umfeld durch und wertete die Inhalte aus. Die befragten Physiotherapeuten waren alle weiblich und 39, 43, 48 und 50 Jahre alt. Drei von ihnen arbeiten als Angestellte, die vierte ist selbstständig in eigener Praxis.

Unter den vier Patienten waren drei Frauen und ein Mann, die 18, 25, 28 und 64 Jahre alt waren. Sie alle hatten überwiegend wegen orthopädischer Beschwerden in den vergangenen drei Jahren ein Rezept für Physiotherapie erhalten.


#

Die Ergebnisse

Hanne Guttau-Leimenstoll hat herausgefunden, dass …

  • > Patienten vereinzelte Therapeutenwechsel akzeptieren, wenn diese vorher mit ihnen abgesprochen waren und sie von Beginn an eine Bezugsperson haben. Zu ihr wünschen sie sich eine gute Beziehung und schätzen einen klaren, individuell auf sie abgestimmten Aufbau der Therapie.

  • > die Patienten es als lästig empfinden, wenn von mehreren Physiotherapeuten Befunde erhoben werden und sie ihre Beschwerden immer neu schildern müssen.

  • > Physiotherapeuten einen Wechsel als uneffektiv und demotivierend empfinden. Auch ihnen ist eine gute Beziehung zum Patienten wichtig. Oftmals bauen sie ihre Behandlung zudem so auf, dass der Wechsel zu einem Kollegen ungünstig ist.

  • > es Physiotherapeuten stört, dass Übergaben häufig mündlich erfolgen und Dokumentationen und Fallbesprechungen im Team fehlen.

  • > häufige Wechsel für Therapeuten mittelfristig ein Kündigungsgrund wären.


#

Das Fazit

Zusammenfassend kann Hanne Guttau-Leimenstoll festhalten, dass …

  • > Therapeutenwechsel eine Ausnahme sein sollten. Eine gute Praxisorganisation zum Beispiel mit einer Rezeptionskraft kann dabei hilfreich sein.

  • > notwendige Wechsel durch eine gezielte Dokumentation und Fallbesprechungen im Team erleichtert werden sollten.

  • > es wichtig ist, transparent mit Wechseln umzugehen und den Patienten Wahlmöglichkeiten zu geben.

→ Guttau-Leimenstoll H. Auswirkungen von Therapeutenwechseln in der ambulanten Physiotherapie. Eine Fallstudie. Bachelorthesis an der DIPLOMA-Hochschule Private Fachhochschule Nordhessen; 2013


#
#
#
Zoom Image
Abb.: Harald Leimenstoll