Neonatologie Scan 2015; 04(03): 227-246
DOI: 10.1055/s-0041-104430
Fortbildung
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Konzepte zur baulichen Strukturqualität einer neonatologischen Intensivstation der Zukunft – das Projekt neo(t)räume®

Katarina Eglin
,
Thomas Kühn
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Publication Date:
28 August 2015 (online)

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Einleitung

Bestand die Frühgeborenenversorgung anfangs primär aus einer medizinischen Betreuung von Kindern, die wenige Wochen vor dem errechneten Geburtstermin zur Welt kamen, so haben seit Mitte der 1980er-Jahre Medikamente wie Surfactant, die vorgeburtliche Lungenreifebehandlung, wachsende Erkenntnisse rund um die Optimierung von Beatmungstechniken und Ernährung sowie innovative medizintechnische Entwicklungen dazu geführt, dass heute immer mehr und immer unreifere Kinder überleben. Damit ist eine verhältnismäßig junge und kleine therapeutische Disziplin entstanden – der Bereich der intensivmedizinischen Frühgeborenenversorgung (Abb. [1]).

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Abb. 1 Die neonatologische Intensivstation – erstes Zuhause auf Zeit für betroffene Familien [1].

Diese beschränkte sich zunächst v. a. auf rein medizinische Maßnahmen, die das Überleben unreifer Kinder sicherstellen sollten. Eltern spielten im Betriebsablauf einer neonatologischen Station noch keine maßgebliche Rolle (Abb. [2]). Wenn überhaupt, dann war ihr Zugang zum Kind auf wenige Stunden pro Tag limitiert. Frühzeitiger Körperkontakt mit den Eltern wurde als potenziell gefährlich für den labilen Gesundheitszustand des Kindes erachtet.

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Abb. 2 Die neonatologische Station im Wandel der Zeit: gestern, heute und morgen.

Die Vorteile der Muttermilchernährung von Frühgeborenen blieben weitgehend unbeachtet. Ebenso wenig beachtete man zunächst die potenziellen Auswirkungen von Stress, Schmerzen, Licht und Lärm auf die noch unreifen Kinder und deren weitere Entwicklung. In Ermangelung von fundiertem Wissen über den Umgang mit besonders unreifen Kindern verliefen viele Behandlungsstrategien, z. B. die anfänglich unreflektierte Gabe von Sauerstoff, zunächst experimentell. Nicht selten gingen neue Therapien zu Lasten der kleinen Patienten, endeten in schweren Katastrophen und mussten wieder verworfen werden.

Im Zentrum sämtlicher Versorgungskonzepte stand ausschließlich das Frühgeborene im Inkubator. Im Bestreben, die kleinen Patienten möglichst effizient versorgen und überwachen zu können, errichtete man Mitte der 1950er-Jahre in den USA zunächst Intensivstationen in offener Bauweise mit z. T. 40 oder mehr Behandlungsplätzen.

Neben der reinen Überlebenssicherung kommt heute der Optimierung der späteren Lebensqualität von Frühgeborenen und kranken Neugeborenen wachsende Bedeutung zu. Mittlerweile vorhandene Langzeitergebnisse belegen eindrücklich, wie weitreichend die Folgen einer Frühgeburt sein können [2] und wie komplex verschiedene Faktoren sich auf die frühe Entwicklung des Gehirns auswirken [3].