Dtsch Med Wochenschr 2015; 140(21): 1582
DOI: 10.1055/s-0041-106487
Dossier
Schlaganfall / vaskuläre Demenz
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Schlaganfall und Demenz: Eine Seuche unseres Jahrhunderts?

Stroke and dementia – An epidemic of our century?
Joachim Schrader
1   St. Josefs Hospital Cloppenburg
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Publication Date:
21 October 2015 (online)

Schlaganfälle und Demenzerkrankungen gehören weltweit zu den häufigsten Todesursachen und führen nicht selten zu Behinderungen. Sie zählen deshalb medizinisch und finanziell zu den drängendsten Herausforderungen – besonders in unserer alternden Gesellschaft.

Die Mortalität des akuten Schlaganfalls konnte durch Stroke Units mit ihren Behandlungspfaden und durch die Etablierung neuer Therapieverfahren wie Lyse und Stent-Thrombektomien deutlich gesenkt werden (S. 1583). Kontrovers diskutiert wird die Behandlung der Hypertonie in der Akutphase, wobei mehrere Studien zumindest sinnvolle Handlungsanweisungen ermöglichen (S. 1587).

Unbefriedigend ist aber nach wie vor die Situation bei der Primärprävention und Sekundärprävention des Schlaganfalls. Obwohl klare Leitlinien vorliegen, ist die Umsetzung in die Praxis ungenügend und die Zahl der Schlaganfälle zu hoch. Dies gilt besonders für die arterielle Hypertonie, deren Behandlung unverändert die wichtigste und effektivste Maßnahme ist, um Schlaganfälle zu verhindern.

Die in den letzten Jahren erfreulich verbesserte Hypertonieeinstellung in Deutschland geht mit einer Abnahme der Schlaganfälle im letzten Jahrzehnt einher – was die Bedeutung der antihypertensiven Therapie eindrucksvoll belegt. Allerdings ist trotz vieler Verbesserungen die Zahl der normotensiv eingestellten Patienten immer noch ungenügend. Insbesondere vor dem Hintergrund wachsender Patientenzahlen mit Hypertonie sind weitere Anstrengungen nötig (S. 1593).

Ein erhöhter Blutdruck führt nicht nur zu mehr Schlaganfällen, sondern bedeuet ein erhöhtes Risiko für die vaskuälre Demenz und verursacht eine schnellere Progredienz als eine Alzheimer-Demenz (S. 1599).

Insbesondere wegen der fehlenden effektiven Therapie bei manifester Demenz ist die Prävention von großer Bedeutung. So auch die Verlangsamung einer Progredienz. Eine antihypertensive Therapie kann nicht nur Schlaganfälle und stumme Infarkte verhindern, sondern auch direkt präventiv einer vaskulären Demenz entgegenwirken. Eine frühzeitige normotensive Blutdruckeinstellung und eine Behandlung aller vaskulären Risikofaktoren ist deshalb eine effektive Maßnahme zur Prävention bzw. Verhinderung der Progression. Zu den Risikofaktoren gehören neben den „Klassikern“ Hypertonie, Diabetes mellitus, Hyperlipidämien, Nikotinabusus auch psychischer negativer Stress und fehlende körperliche Betätigung.

Nicht teure und spektakuläre Therapieverfahren, sondern nur nachhaltige Arbeit in der Prävention werden das Problem Schlaganfall / Demenz bekämpfen können. Hier haben weiterhin Hausärzte und Internisten eine Schlüsselrolle.