Schlüsselwörter
Pneumonie - Kosteneffektivität - Hyporesponsivität - CAPITA - PCV13 - PSV23
Keywords
pneumonia - cost effectiveness - CAPITA - PCV13 - PSV23 - hyporesponsiveness
Die deutschlandweite externe Qualitätssicherung für „Ambulant erworbene Pneumonie“
zeigte, dass 2006 7,5 % der hospitalisierten CAP-Patienten zwischen 50 und 59 Jahre
alt waren (n = 15 094). Die Letalität steigt nach dem 40. Lebensjahr erstmalig
signifikant an und nimmt danach kontinuierlich zu. Bei den 50–59-Jährigen beträgt
sie bereits 7,5 % [3]. Dies demonstriert eindrucksvoll,
dass Pneumokokken-Infektionen auch bei Erwachsenen unter 60 relevant sind.
Die Impfung jüngerer, (noch) nicht immunoseneszenter Menschen induziert eine stärkere
und nachhaltigere Impfantwort [6]. Dies gilt auch für die
Impfung mit der 13-valenten Konjugatvakzine (PCV13): 50–59-Jährige zeigten
signifikant höhere Antikörperspiegel gegen 9 der 13 Serotypen als 60–64-Jährige
[10]. Aber hält die Wirkung auch an? In einer Studie
zu invasiven Pneumokokken-Infektionen nahm die Schutzwirkung bereits 2 Jahre nach
Impfung mit der 23-valenten Polysaccharidvakzine (PSV23) ab [1]. Für PCV13 zeigte aber die CAPITA-Studie auch nach einer
Beobachtungszeit von 4 Jahren eine bleibende Schutzwirkung [2].
Was spricht gegen eine generelle Impfung schon ab dem 50. Lebensjahr? Da beide
Pneumokokkenvakzinen (PCV13 und PSV23) gut verträglich sind und schwere
Nebenwirkungen extrem selten auftreten, spielt die Sicherheit bei der
Nutzen-Risiko-Analyse eine nachgeordnete Rolle. Jährlich werden ca. 15 000 Patienten
zwischen 50 und 59 Jahren aufgrund einer CAP hospitalisiert [3]. Dabei liegt die Pneumokokkenrate bei 12–85 % [9], 64 % davon sind die PCV13-Serotypen (CAPNETZ, nicht publizierte
Daten). Bei einer PCV13-Effektivität von 45 % [2] könnten
durch eine generelle Impfung mit PCV13 ab 50 jährlich zwischen 521 und 3695
Hospitalisierungen und 39–77 Todesfälle in der Altersgruppe der 50–59-Jährigen
verhindert werden. Diese Zahlen liegen in der Größenordnung der Krankheitslast von
Meningokokken der Serogruppe C vor Einführung der entsprechenden Standardimpfung bei
Kleinkindern in 2006. Wie viele ambulante Fälle verhindert werden könnten, ist
unklar. Aber Daten aus Deutschland legen nahe, dass die Inzidenz der ambulant
behandelten Pneumonien bis zu 2–3mal höher ist als die der stationären CAP-Fälle
[3, 8].
Da Menschen zwischen 50 und 59 Jahren in der Regel im Berufsleben stehen, verursachen
Pneumonien in dieser Altersgruppe nicht nur Kosten der medizinischen Versorgung,
sondern auch einen Ausfall an Produktivität, was bei der Kosten-Nutzen-Analyse
betrachtet werden sollte [4]. Eine Modellierung der
CAPITA-Daten zeigte für die Niederlande, dass eine Standard-Impfung ab dem
50. Lebensjahr mit PCV13 kosteneffektiv ist [5].
Zusammenfassend ist das Risiko einer Pneumokokken-Pneumonie bei 50–59-Jährigen zwar
geringer als bei älteren Personen, die Krankheitslast ist aber dennoch beträchtlich.
Für eine generelle Impfung bereits ab 50 statt ab 60 spricht auch die in dieser
Lebensdekade signifikant bessere Immunogenität. Nachteile der früheren Impfung
(z. B. reduzierte Schutzwirkung im höheren Alter) sind für PSV23 zu erwarten. Die
Schutzwirkung von PCV13 war über die gesamte Beobachtungsdauer der CAPITA-Studie
erhalten. Des Weiteren ist eine wiederholte Impfung mit PCV13 im Gegensatz zu einer
– nicht mehr generell empfohlenen – Wiederholungsimpfung mit PSV23 nicht mit einem
verminderten Ansprechen (Hyporesponsiveness) assoziiert. Folglich besteht die
Möglichkeit einer Wiederholungsimpfung im höheren Alter.
-
Für eine Impfung gegen Pneumokokken bereits ab 50 sprechen die bessere
Immunogenität bei unter 60-Jährigen und die Krankheitslast der
Pneumokokken-Pneumonie: Morbidität und Mortalität steigen bereits vor
dem 50. Lebensjahr an. Eine solche Empfehlung wäre aber nur für PCV13
sinnvoll, da diese im Gegensatz zu PSV23
-
gegen die häufige nicht-bakteriämische Pneumokokken-Pneumonie
schützt [7] und
-
eine längere Schutzdauer als PSV23 induziert. Zudem ist aufgrund
fehlender Hyporesponsiveness auch eine Wiederholungsimpfung im
höheren Alter prinzipiell möglich.