DO - Deutsche Zeitschrift für Osteopathie 2016; 14(01): 1
DOI: 10.1055/s-0041-108027
Editorial
Karl F. Haug Verlag in Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Editorial

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  • Eva Möckel

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
11. Januar 2016 (online)

 

Liebe Leserinnen und Leser,

in unserer Wohlstandsgesellschaft werden die Menschen immer älter, doch gerade im hohen Alter zeigen sich auch biologische Grenzen. In den Industrieländern hat ein 80-Jähriger gegenwärtig eine Lebenserwartung von weiteren 8 Jahren – vor 30 Jahren waren es noch 4 Jahre. Es gibt viele gesunde Hochbetagte, aber auch vermehrt Patienten mit Alterskrankheiten. Die osteopathische Welt, und auch wir, beschäftigen uns mit diesem Thema.


Für diese Ausgabe haben wir Nicette Sergueef interviewt, die mit Kenneth Nelson das 1. osteopathische Buch über Osteopathie bei den über 50-Jährigen geschrieben hat. Schon letztes Jahr wurde dem Thema Altern und alte Menschen eine Ausgabe der DO (1/2015) gewidmet, im Juni 2015 fand in London eine Konferenz Osteopathy and the 3rd age statt und im Oktober 2016 wird der VOD seine Jahreskonferenz zu diesem Thema abhalten.

Was können wir tun, damit wir gesund altern? Wie behandeln wir typische Alterserkrankungen osteopathisch, z. B. einen hohen Blutdruck, ein benignes Prostatasyndrom oder eine Allergie, die erstmals in späten Jahren aufgetreten ist?

Um Alterungsprozesse besser zu verstehen, müssen wir uns mit der sich verändernden Anatomie und Physiologie beschäftigen. Sehr empfehlenswert zu diesem Thema ist das von Ludger Rensing und Volkhard Rippe verfasste Buch: Altern – zelluläre und molekulare Grundlagen (Hamburg: Springer; 2014). Bestimmte physiologische Veränderungen können das Terrain für lokale Alterungsprozesse und Erkrankungen bereiten. Ein Beispiel: Durch Radikale geschädigte alte Zellen vermehren sich nicht mehr, sie fallen in ein Ruhestadium, in dem sie keine neuen Zellen mehr produzieren, und werden, so der Fachbegriff, seneszent. Diese ruhenden Zellen produzieren jedoch oft entzündungsfördernde Stoffe. Auch psychosozialer Stress fördert die Produktion von proinflammatorischen Zytokinen. Alter ist häufig mit Stress assoziiert, und alte Menschen sind nicht mehr so stressresistent wie früher. Solche im geriatrischen Gewebe vermehrten Entzündungsreaktionen werden als ursächlicher Faktor bei vielen Alterserkrankungen gesehen und als „inflamm-aging“ bezeichnet.

Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch die Rolle der advanced glycation end products (AGE): Im Laufe des Lebens akkumulieren diese Ablagerungen zwischen den Kollagenfibrillen überall im Bindegewebe als pathologische Crosslinks und versteifen unsere Faszien. Dies scheint ein wichtiger Faktor für typische Alterserkrankungen wie Osteoporose und erhöhte Frakturneigung, aber auch Atherosklerose, hoher Blutdruck und die Fibrosierung von Organen zu sein.

Ganz besonders freue ich mich, Ihnen einen bislang von A. T. Still unveröffentlichten Text zum Thema Tod und Sterben zugänglich machen zu können: Still hat 5 Jahre vor seinem Tod über die Philosophie der Unsterblichkeit die auf den Seiten 6–8 veröffentlichte Rede gehalten.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!


Eva Möckel