JuKiP - Ihr Fachmagazin für Gesundheits- und Kinderkrankenpflege 2016; 05(01): 24-29
DOI: 10.1055/s-0041-109619
Beratung
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Mit Schnobbl gegen die Angst

Das DOLORES-Konzept
Raimond Ehrentraut
Further Information

Korrespondenzadresse

Raimond Ehrentraut

Publication History

Publication Date:
05 February 2016 (online)

 

Zusammenfassung

Das Fantasiewesen Schnobbl, der Protagonist des DOLORES-Konzepts, begleitet Kinder im Krankenhaus vor, während und nach Operationen. Schnobbl sorgt dafür, dass sie weniger Angst haben, ruhiger aus der Narkose aufwachen und insgesamt stressärmer auf die Normalstation zurückverlegt werden können. Wir stellen das bereits in mehreren deutschen Kliniken etablierte Angst- und Schmerzprophylaxe-Konzept für Kinder im Krankenhaus vor.


#

Kinder erleben ein Krankenhaus oft sehr bedrohlich. Die Größe des Gebäudes, die als unübersichtlich empfundenen Wege zu den Stationen, die Betriebsamkeit des Personals sowie die von medizinischen Notwendigkeiten und Sparzwängen geprägte Atmosphäre rufen bei ihnen nicht selten Angst und Hilflosigkeit hervor. Gerade darum ist es heutzutage sinnvoller denn je, sie behutsam und gezielt auf den Klinikaufenthalt vorzubereiten.

Auch wenn man versucht, sich auf die Bedürfnisse von Kindern und Familien einzustellen, kommt es immer wieder zu schwierigen, teilweise grenzwertigen Situationen und Belastungen für alle Beteiligten. Man begegnet dabei typischen kindlichen Verhaltensmustern, die den Behandlungs- und Genesungsprozess erheblich beeinträchtigen können und womöglich zu Traumatisierungen führen.

  • Sensibilität: Angst vor schlechten Erfahrungen, gesteigertes Wahrnehmen von Schmerzen, Skepsis, Heimweh

  • Ablehnung: Verweigerung notwendiger Untersuchungen und medizinischer Maßnahmen, sich wegdrehen, sich entziehen, fehlendes Vertrauen

  • Abwehr: aggressives Verhalten, Abwehrspannung, Schreien, Weinen, Greinen

  • Traurigkeit: Rückzug, ausgeliefert sein, Sehnsucht nach Geborgenheit

Darüber hinaus spielt natürlich auch der soziale Hintergrund eine ganz wesentliche Rolle. Wie bereiten Eltern sich und vor allem ihr Kind auf den Krankenhausaufenthalt vor? Die Mitarbeiter einer Klinik haben im Normalfall, wenn überhaupt, nur einen geringen Einfluss darauf.

Welche Maßnahmen sind geeignet, Kinder und Eltern vonseiten des Krankenhauses besser zu unterstützen und wie kann man sie optimaler auf das operative Setting vorbereiten? Zumeist bleibt Pflegenden und Ärzten in den auf Effizienz und Wirtschaftlichkeit getrimmten Arbeitsabläufen wenig Spielraum, auf die individuellen Prägungen und Befindlichkeiten der Anvertrauten einzugehen. Ein geplanter operativer Eingriff bietet aber durchaus gewisse Möglichkeiten, diesen im Grunde notwendigen Aspekt zu berücksichtigen. In der Regel finden eine zielorientierte medizinische Aufklärung durch den jeweiligen Facharzt und ein Prämedikationsgespräch durch den Anästhesisten statt. Wie dabei allerdings auf die Bedürfnisse, Sorgen und Ängste von Kinder und Eltern eingegangen wird, hängt zumeist vom Faktor Zeit und von der Einfühlsamkeit des Arztes ab. Einheitliche, zielgruppenorientierte und kreative Vorgehensweisen sind eher Mangelware.

2011 untersuchte Pflegewissenschaftler Prof. Dr. Michael Isfort, Vorstand des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung (dip), im Rahmen eines Ländervergleichs zwischen Japan und Deutschland genau diese Problematik mittels einer umfassenden Online-Befragung unter Kinderkrankenpflegenden ([ Abb. 1+2 ]). Auf deutscher Seite wird deutlich, dass aus Sicht der Pflege adäquate, umsetzbare Methoden und Konzepte fehlen, die Kinder und Eltern auf Untersuchungen oder Operationen vorbereiten, um eine bessere Compliance zu erreichen und Traumatisierungen entgegenzuwirken. [1]

Zoom Image
Abb. 1 Gründe für eine gezielte Vorbereitung, Vergleich Japan – Deutschland (Angaben in %). [1]
Zoom Image
Abb. 2 Formen und Methoden der Aufklärung (Angaben in %). [1]

Mutet der Vergleich zwischen Deutschland und Japan zunächst ein wenig sonderbar an, da sich beide Länder kulturell sehr voneinander unterscheiden, so zeigen die Befragungsergebnisse doch recht deutlich, dass in Japan spielerische Elemente bei der Vorbereitung auf eine Operation eine wichtige Rolle zu spielen scheinen.

Ebenso signalisiert ein Großteil der deutschen Pflegekräfte, dass es hierzulande an Möglichkeiten fehlt, sich z. B. als spieltherapeutische Fachkraft weiterzubilden, um sich auf Kinder im Klinikalltag besser einstellen zu können.

Mit dem nachfolgend beschriebenen DOLORES-Konzept erhalten seit geraumer Zeit Pflegende, Ärzte und andere Berufsgruppen ein Instrument, das die schon vorhandenen eigenen Bemühungen für eine altersentsprechende medizinische Versorgung von Kindern einfach und nachhaltig unterstützt.

Die Ursprünge des DOLORES-Konzepts

Ende 2009 wurde erstmalig in Deutschland im Bremer St. Joseph-Stift ein neuartiges Angst- und Schmerzprophylaxe-Konzept für Kinder im Alter zwischen ca. drei bis zehn Jahren eingeführt. Das Konzept heißt DOLORES – kombiniert aus den Worten DOLOR (lat.: Schmerz, Kummer) und RESistance (engl.: Widerstand).

Zentrale Bedeutung für die Planung und Entwicklung des Konzepts hatte seinerzeit ein pflegewissenschaftlicher Artikel zur Vorbereitung von Kindern bei einer Operation in dem Magazin „Pain“ der IASP, einer internationalen Schmerzgesellschaft, mit dem Titel „Imagination reduziert postoperativen Schmerz bei Kindern“. [2] Diese richtungsweisende, doppelblind randomisierte amerikanische Studie konnte nachvollziehbar belegen, dass bei Kindern im Schulalter nach Tonsillektomie und Adenoidektomie durch den Einsatz von Imagination eine Verminderung von Angst und Schmerzen erreichbar ist.

73 Kinder nahmen über einen Zeitraum von 53 Wochen – von Juni 1999 bis Juli 2001 – an der Studie teil. Die Kinder kamen aus einem Schwerpunkt- Kinderkrankenhaus, von der chirurgischen Station eines Kinderkrankenhauses, einem städtischen Krankenhaus und zwei chirurgischen Ambulanzen.

Zur Vorbereitung auf den Klinikaufenthalt wurde die experimentelle Intervention „To Tame the Hurting Thing“ [3] eingesetzt, eine Anleitung zur Imagination für Eltern und Kinder im Schulalter. Mithilfe eines Videos und einer Hörkassette wurden Imaginationstechniken, z. B. tiefes Atmen, trainiert sowie eine Fantasiereise mit musikalischen Elementen vermittelt. Die benötigten Materialien wurden zwei bis 22 Tage vor dem Operationstermin nach Hause mitgegeben, damit ausreichend Zeit für die Imaginationsübungen zur Verfügung stand. Die Imagination bestand darin, sich vorzustellen, in einen wunderschönen Park oder alternativ zu einem anderen Lieblingsplatz zu gehen, um dort positive Dinge zu erleben, zu entspannen, Tiere usw. zu entdecken. Alle Kinder in der Behandlungsgruppe bekamen die gleiche Hörkassette und den gleichen Kassettenrekorder mit Kopfhörern, sodass sie zu Hause üben konnten. Kindern und Eltern wurde gesagt, dass sie das Imaginationsband vor und nach der OP so oft benutzen könnten, wie sie wollten.

Zoom Image
Schon bei der Voruntersuchung leistet Schnobbl den kleinen Patienten Gesellschaft. (St. Joseph-Stift Bremen)

In der Studie wurde nicht nur das Ausmaß an empfundenen Schmerzen mit der „Oucher-Scale“, einer Gesichterskala, erfasst, sondern auch das Angstempfinden mithilfe des „STAIC“ (State-Trait Anxiety Inventory for Children), ein ca. 40 Items umfassender Fragebogen.

Der Schmerzmittelverbrauch wurde insgesamt nicht reduziert, jedoch hatten die Kinder der Behandlungsgruppe gegenüber der Kontrollgruppe (keine Imagination) signifikant weniger Angst und Schmerzen.

Dass Angst ein nicht zu unterschätzender Verstärker von Schmerzen sein kann und umgekehrt Schmerzen wiederum Angst entfachen können, sind Umstände, die bei Kindern gegenüber Erwachsenen erfahrungsgemäß viel stärker zum Tragen kommen.

Das vielschichtige und dennoch einfach umzusetzende DOLORES-Konzept macht sich, neben den Ergebnissen der Studie von Huth, auch die Gedanken der systemischen und ganzheitlichen Wirkungsweise zunutze. Die bekannte Metapher vom Flügelschlag eines Schmetterlings, der bewirken kann, dass sich auf der anderen Seite der Welt das Klima ändert, beschreibt recht zutreffend die Wirkungsweise systemischer Konzepte.


#

So begleitet Schnobbl rund um die OP

In der Kindersprechstunde bekommen die Eltern einen Info-Flyer und ihr Kind eine Vorbereitungs-CD überreicht, die es vor der Aufnahme ins Krankenhaus zu Hause anhören soll. Die Mischung aus Hörspiel und Musik stimmt auf den Aufenthalt in der Klinik ein und gibt erste Hinweise, dass vermutlich Schnobbls im Krankenhaus leben und auf Kinder aufpassen. Ziel ist es, schon im Vorfeld eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen und einen positiven Bezug zum Krankenhaus herzustellen. Beim Betreten des Krankenhauses wird der „rote Faden“ weitergesponnen: Entlang der Wege, die zu den Ambulanzen und Stationen führen, sind Schnobbls und ihre „Spuren“ (Sterne) als Wegweiser (Aufkleber) an den Wänden angebracht. Zur Aufnahme wartet im Bett auf der Station bereits ein knuffiger Schnobbl (Plüschfigur) auf das Kind. Schnobbl begleitet es fortan „durch dick und dünn“. Er darf mit in den OP und auch mit in den Aufwachraum. Hier wird in der Aufwachphase das beruhigende Lied von der bereits bekannten Schnobbl-CD vorgespielt. Zur Entlassung bekommt das Kind schließlich eine Schnobbl-Urkunde geschenkt und darf selbstverständlich auch die Plüschfigur mit nach Hause nehmen. Das Ganze wird noch mit dem Hinweis abgerundet, dass es eine „Schnobbl-Homepage“ gibt, die sich das Kind gemeinsam mit den Eltern zu Hause anschauen kann. Der Webauftritt knüpft mit seinem Angebot mittels informativer und interaktiver Elemente nahtlos an den Krankenhausaufenthalt an.


#

Die DOLORES-Module

Info-Flyer „Ihr Kind im Krankenhaus“

Ein Informationsflyer für Eltern, der bei der Erstuntersuchung des Kindes in der Klinik oder beim Hausarzt bzw. Pädiater überreicht wird. Damit wird das DOLORES-Konzept inhaltlich vorgestellt und seine Wirkungsweise erläutert. Außerdem wird bereits hier der Zusammenhang zwischen der eigenen Einstellung und Erwartung, die auf das Kind in gewisser Weise übertragen werden, hingewiesen und warum es wichtig und hilfreich ist, für eine gute Vorbereitung des Kindes auf den Klinikaufenthalt zu sorgen.

Der Nebeneffekt: Auf diese Art und Weise ist es möglich, den vor- und weiterbehandelnden Arzt frühzeitig in das Konzept miteinzubeziehen und die Zusammenarbeit mit der Klinik zu vertiefen.


#

CD „Wo sind die Schnobbls?“ und Elternbrief mit Anleitung

Die CD „Wo sind die Schobbls?“ ist neben der Hauptfigur Schnobbl das wichtigste Modul im DOLORES-Konzept. Die drei Komponenten der CD – zwei Lieder und eine Geschichte – erfüllen jede für sich Aufgaben in der systemischen Gesamtwirkung von DOLORES.

Das erste Lied „Hier kommt der Schnobbl!“ macht das Kind mit seinem neuen Begleiter auf lustige Weise bekannt. Text und Melodie wecken die Neugier des Kindes, der eingängige Refrain lädt zum Mitsingen ein.

Es folgt die spannende, im Stil einer Detektivgeschichte angelegte Suche eines Zeitungsreporters nach den „ominösen Schnobbls“ in der Klinik. Die Story erzeugt einen Spannungsbogen, der das Kind auf die Aufnahme in das Krankenhaus vorbereitet. Nach dem Anhören der Geschichte hat das Kind eine diffuse Ahnung, dass es vermutlich Schnobbls im Krankenhaus gibt. Teil des Konzepts ist es, zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu viel zu verraten. Entsprechende Hinweise für die Eltern sind in der Gebrauchsanweisung (Elternbrief) enthalten.

Das zweite Lied „Wenn Schnobbl schläft“ ist in Text und Melodie so konzipiert, dass sich eine entspannte und wohlige Atmosphäre einstellt.

Das Kind sollte die CD möglichst erst zwei Tage vor der Aufnahme ins Krankenhaus zum ersten Mal hören, hinterher so oft, wie es möchte. Wird die CD zu oft gehört, kann es zu Abnutzungserscheinungen kommen und die neugierig machende Wirkung wird möglicherweise beeinträchtigt.


#

Kindersprechstunde

Die Konstellation kann durchaus unterschiedlich und abhängig von den jeweiligen Klinikabläufen sein. Mitunter gibt es einen festen Wochentag, an dem Kinder und Eltern zunächst vom Facharzt bzw. Belegarzt voruntersucht werden und anschließend zur Besprechung der Narkose zum Anästhesisten gehen. Hin und wieder führt aber auch der niedergelassene Facharzt die Voruntersuchung durch. Wer letztlich die Hörspiel-CD und den Elternbrief übergibt, hängt von den Begebenheiten und den Wünschen der Mitarbeiter ab. Häufig ist es der voruntersuchende Facharzt, wobei das der niedergelassene Facharzt sein kann oder die beteiligte/n medizinische Fachangestellte/n. Mitunter gibt auch der Anästhesist die Materialien mit.


#

Wegweiser – Aufkleber und Poster

Bereits beim ersten Betreten der Klinik soll das Kind auf Schnobbl aufmerksam gemacht werden. Dies wird durch in kindgerechter Höhe angebrachte Hinweisschilder bzw. Aufkleber erreicht, die das Schnobbl-Logo tragen, wie etwa ein großer Aufkleber für die Kinderstation, auf dem – passend zum Hörspiel – „SCHNOBBL–STATION“ steht. Dazu kommen kleine wegweisende Schnobbls und Schnobbl-Spuren in Form von Sternen auf den Wänden entlang der Wege, die zu den Stationen, Ambulanzen usw. führen.

Darüber hinaus können gerahmte Poster mit verschiedenen Motiven in Spiel- oder Wartezonen angebracht werden.


#

Malvorlagen

Malvorlagen mit verschiedenen Motiven sind für die Wartebereiche und die Stationen bestimmt. Hier können sich die Kinder nach Lust und Laune mit eigenen, kleinen Kunstwerken verewigen, die sie mitnehmen dürfen oder die z. B. auf dafür vorgesehenen Stellwänden angebracht werden können.


#

Die Figur Schnobbl

Schnobbl ist die tragende Komponente im DOLORES-Konzept. Für das Kind ist er gleichsam Freund, Helfer und Spielgefährte im Krankenhaus, dazu herrlich zum Kuscheln oder gar als Kissen geeignet. Für die beteiligten Mitarbeiter kann Schnobbl ebenfalls helfende Funktion erlangen, z. B. zur Ablenkung und Erheiterung, wenn er bei der Behandlung des Kindes geschickt eingebunden wird.

Das Kind erhält Schnobbl als große, kuschelige Plüschfigur bei der Aufnahme auf der Station oder in der Tagesklinik. Das Kind kommt mit einer positiven Erwartungshaltung und es ahnt womöglich bereits, dass es ein Geschenk erhalten wird, weiß aber nicht genau was. Dabei sind das Gespür und die Erfahrung des Pflegepersonals gefragt, um Schnobbel im richtigen Moment und mit den passenden Worten zu überreichen. Schnobbl begleitet nun – ggf. auch gemeinsam mit anderen liebgewonnenen Schmusetieren – das Kind während des gesamten Klinikaufenthalts, er darf mit in den OP-Saal und er sitzt im Aufwachraum auf dem Bett. Und zur Entlassung darf Schnobbl natürlich mit nach Hause.

Zoom Image
Gleich gehtʼs in den OP – Schnobbl darf natürlich mit. (St. Joseph-Stift Bremen)

#

CD – Radioplayer

Die Eltern (Begleitpersonen) können bei Bedarf von der Station CD-Radiorekorder zum Abspielen der CD „Wo sind die Schnobbls?“ bekommen. Alternativ dürfen die Eltern bzw. die Kinder natürlich auch ihr eigenes Gerät mitbringen.


#

Kissenlautsprecher, MP3-Player, Musikanlage

Die Kissenlautsprecher und MP3-Player, ggf. eine Musikanlage, sind für den Aufwachraum oder auch für den diagnostischen Bereich gedacht. Das ruhige Lied „Wenn Schnobbl schläft“, eingebettet in Entspannungsmusik, soll hier helfen, eine ruhige und vertraute Atmosphäre zu schaffen, in der das Kind behütet aufwacht. Positiver Nebeneffekt: Die Eltern kommen ebenfalls besser zur Ruhe. Licht- und Aromatherapie können das Setting zusätzlich verbessern.


#

Schnobbl-Urkunde und -Postkarte/n

Jedes Kind erhält bei der Entlassung von der zuständigen Pflegekraft seine persönliche Schnobbl-Urkunde als Anerkennung. Zusätzlich bekommt es einen Satz bunte „Schnobbl-Postkarten“ geschenkt, die auf die Internet-Adresse www.schnobbl.de verweisen. Auf dieser Website kann das Kind zu Hause gemeinsam mit den Eltern noch einiges über die Schnobbls erfahren, Kommentare abgeben, Fragen stellen, im Schnobbl-Medizinlexikon nachschlagen usw.


#

Die Schnobbl-Pulsuhr

Die Schnobbl-Pulsuhr ist für Pflegekräfte und Ärzte gedacht, die an der Behandlung und Versorgung von Kindern direkt beteiligt sind. Dieser Zeitmesser ist ein sehr praktisches zum Schnobbl passendes Accessoire für Mitarbeiter, die aufgrund der Hygienevorschriften keine Armbanduhr tragen dürfen.


#

Optional: Schnobbl-Buch

„Hier kommt der Schnobbl“ ist eine wunderbare Ergänzung des DOLORES-Konzepts, weil in dem spannenden, farbenfrohen Bilderbuch Schnobbl als Charakter mehr Konturen bekommt und die Fantasie der Kinder fördert. Natürlich geht es darin auch um das Leitthema „krank sein“ und um die Botschaft, dass Schnobbl – als kleiner „Superheld der Gesundheit“ – dabei helfen kann, mit einer Erkrankung und/oder Operation besser fertig zu werden.


#
#

Implementierung des DOLORES-Konzepts

Vor der Umsetzung des DOLORES-Konzepts finden eine oder mehrere Schulungen der beteiligten Mitarbeiter statt. Hierbei wird insbesondere der Aspekt einer guten Vorbereitung von Kindern und Eltern auf den Klinikaufenthalt und die bevorstehenden Prozeduren thematisiert. Neben den Effekten, die DOLORES beinhaltet, werden ebenso die positiven „Nebenwirkungen“ angestoßen: das Reflektieren des klinikinternen Ist-Zustands im Umgang mit Kindern und Eltern. Zudem wird angeregt, Narkose- und Schmerztherapiestandards auf den Prüfstand zu stellen und ggf. zu optimieren.

Sobald sämtliche benötigten Materialien auf den Stationen und in den anderen Bereichen verteilt und die Wandaufkleber für das „Schnobbl-Wegeleitsystem“ angebracht sind, kann der Startschuss erfolgen.

Damit das DOLORES-Konzept fortan reibungslos und konstant durchgeführt werden kann, ist es sinnvoll, einen oder zwei geeignete Mentoren zu benennen.

Einfachheit, Effektivität und der überschaubare finanzielle Aufwand haben mittlerweile sechs überdurchschnittlich engagierte deutsche Kliniken dazu bewogen, das DOLORES-Konzept einzuführen.

Bis dato wird es ausschließlich im perioperativen Kontext und in Bereichen, in denen Kinder und Erwachsene gleichermaßen untergebracht sind, eingesetzt. Im Prinzip könnte es aber auch überall dort zur Anwendung kommen, wo Interventionen, Untersuchungen und Therapien mit oder ohne Narkose stattfinden. Das DOLORES-Konzept kann an die individuellen Bedürfnisse und Abläufe einer Klinik angepasst und bei Bedarf auch durch eigene Ideen ergänzt werden. So hatten z. B. Mitarbeiter der Uni-Augenklinik Magdeburg die Idee, die Wände der renovierungsbedürftigen Kinderzimmer mit großen Schnobbl-Motiven bemalen zu lassen, und in zwei Ambulatorien bekommen die Kinder nach der Narkose einen Schnobbl-Stempel auf die Hand. Sollte z. B. ein Kinderkrankenhaus mit dem Gedanken spielen, das DOLORES-Konzept einzuführen, aber schon ein eigenes Maskottchen besitzen, dann wäre es problemlos möglich, Schnobbl in die vorhandenen Strukturen und gestalterischen Elemente einzubinden. Der Fantasie und der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.

So sind derzeit z. B. zwei „Add-ons“ in Arbeit, die von Pflegekräften vorgeschlagen worden sind: eine Schnobbl-Handpuppe, um die Figur bei medizinischen Maßnahmen noch besser nutzen zu können, und ein Schnobbl-Kostüm. Das lebensgroße Schnobbl-Kostüm, in dem eine schauspielernde Krankenschwester stecken wird, soll zukünftig bei Veranstaltungen für Kinder, aber auch bei Kongressen und Fortbildungen eingesetzt werden.


#

Das Konzept kommt an

Wie wird das Konzept, einschließlich der Figur Schnobbl, von allen Beteiligten angenommen? Werden die Erwartungen der Mitarbeiter erfüllt?

Ärzte und Pflegekräfte wünschen sich besser vorbereitete, entspannte Kinder und Eltern, die ihnen mehr Vertrauen entgegenbringen. Die Krankenhausleitung und die Pflegedirektion erhoffen sich eine Harmonisierung der Arbeitsabläufe sowie eine Qualitätsverbesserung in der Versorgung von Kindern und Eltern, verbunden mit einer authentischen Außendarstellung, die Familienfreundlichkeit signalisiert.

Bis dato sind rund 8.000 Kinder und deren Eltern mit dem DOLORES-Konzept in Berührung gekommen. Die zahlreichen positiven Rückmeldungen belegen eindrucksvoll die Wirksamkeit des Konzepts. Pflegekräfte, Ärzte und andere beteiligte Mitarbeiter haben die „neuen Kollegen“, die Schnobbls, ebenfalls gut angenommen und lassen sich gern von ihnen unterstützen – zumal die eigene Arbeitsbelastung nicht erhöht wird. Es ist eher das Gegenteil der Fall! So zeigen beispielsweise die Erfahrungen im Aufwachraum, dass die Kinder ruhiger aufwachen und insgesamt stressärmer auf die Normalstation zurückverlegt werden können.

Zoom Image
Das Team um Raimond Ehrentraut (r.), den geistigen „Vater“ von Schnobbl. (St. Joseph-Stift Bremen)

Von Anfang Januar bis Ende Juni 2010 wurde im Rahmen der QUIPS-Infant-Befragung, [4] einem bewährten Instrument zur Qualitätssicherung der Schmerztherapie, das DOLORES-Konzept kurz nach der Pilotierung evaluiert.

Befragt wurden 70 Kinder der HNO-Abteilung und ihre Eltern. Das Spektrum der Eingriffe reichte von der Adenektomie und der Tonsillektomie bis hin zur Mastoidektomie.

Die Ergebnisse fielen sehr positiv aus und bestätigen die schon zuvor gesammelten Erfahrungen und Eindrücke. Ca. 84 % der Kinder hatten kaum oder gar keine Angst vor dem Krankenhaus und etwa genauso vielen hat Schnobbl gut oder sogar sehr gut geholfen. Über 90 % der Eltern bestätigten, dass das DOLORES-Konzept eine wertvolle Unterstützung sowohl zu Hause, als auch während des Klinikaufenthalts gewesen sei. Die an der Versorgung von Kindern beteiligten Mitarbeiter, Pflegekräfte und Ärzte (n = 21) wurden gesondert befragt. Sie bemerkten nach der Einführung von DOLORES hauptsächlich mehr Fröhlichkeit bei den Kindern und wiederum mehr Gelassenheit bei den Eltern. Obendrein konnte Schnobbl sehr schnell ins Team integriert und damit hilfreich in die tägliche Arbeit eingebunden werden.

FAZIT

Integrative, lösungsorientierte Konzepte für Kinder lassen sich in Krankenhäusern mit verhältnismäßig geringem Aufwand erfolgreich umsetzen, wenn sie an die tatsächlichen Bedürfnisse der Zielgruppe angepasst werden. DOLORES ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Geschenk für Kinder und Eltern, denn alle Materialen stellt die Klinik kostenlos zur Verfügung (Kostenaufwand DOLORES-Materialien pro Kind ca. 8,50 Euro). Die „Schnobbl-Welt“ steht für Zuwendung, Vertrauen und Wärme – ein starkes Signal herzlicher und Autonomie stärkender Unterstützung für Kinder und Eltern, denn letztlich sind wir doch alle Schnobbl!


#
#

Raimond Ehrentraut

Zoom Image

Fachkrankenpfleger für Anästhesie und Intensivmedizin, seit 2004 Pain Nurse, Schmerzmanagement, St. Joseph-Stift Bremen. Freier Dozent an der Bremer Krankenpflegeschule, Referent bei Kongressen und Symposien, Autor und Pflegeunternehmer. Weiterer Schwerpunkt: Entwicklung von speziellen Konzepten für Einrichtungen im Gesundheitswesen.

  • Literatur

  • 1 Isfort M, Matsumori N, Brühe R. Die Reduzierung von Ängsten von Kindern vor Untersuchungen und Operationen. Eine deutsch-japanische Annäherung. In: Kinderkrankenschwester 2011; 30 (9) 378-386
  • 2 Huth MM, Broome ME, Good M. Imagery reduces children’s postoperative pain. Pain (IASP) 2004; 110 (1–2) 439-448 „Imagination reduziert postoperativen Schmerz bei Kindern“ – Übersetzung: C. Rauch (Dipl. Psychologin, Bremen)
  • 3 Broome M. Tot am the hurting thing: relaxation and imagery for children. Birmingham: University of Alabama at Birmingham; 1994
  • 4 „QUIPS infant“: Qualitätsverbesserung in der postoperativen Schmerztherapie bei Kindern, basierend auf der Erwachsenenbefragung „QUIPS“. Ein offenes, vom Bundesgesundheitsministerium gefördertes Benchmark-Projekt, an dem sich alle interessierten Kliniken beteiligen können. Homepage: www.quips-projekt.de

Korrespondenzadresse

Raimond Ehrentraut

  • Literatur

  • 1 Isfort M, Matsumori N, Brühe R. Die Reduzierung von Ängsten von Kindern vor Untersuchungen und Operationen. Eine deutsch-japanische Annäherung. In: Kinderkrankenschwester 2011; 30 (9) 378-386
  • 2 Huth MM, Broome ME, Good M. Imagery reduces children’s postoperative pain. Pain (IASP) 2004; 110 (1–2) 439-448 „Imagination reduziert postoperativen Schmerz bei Kindern“ – Übersetzung: C. Rauch (Dipl. Psychologin, Bremen)
  • 3 Broome M. Tot am the hurting thing: relaxation and imagery for children. Birmingham: University of Alabama at Birmingham; 1994
  • 4 „QUIPS infant“: Qualitätsverbesserung in der postoperativen Schmerztherapie bei Kindern, basierend auf der Erwachsenenbefragung „QUIPS“. Ein offenes, vom Bundesgesundheitsministerium gefördertes Benchmark-Projekt, an dem sich alle interessierten Kliniken beteiligen können. Homepage: www.quips-projekt.de

Zoom Image
Zoom Image
Abb. 1 Gründe für eine gezielte Vorbereitung, Vergleich Japan – Deutschland (Angaben in %). [1]
Zoom Image
Abb. 2 Formen und Methoden der Aufklärung (Angaben in %). [1]
Zoom Image
Schon bei der Voruntersuchung leistet Schnobbl den kleinen Patienten Gesellschaft. (St. Joseph-Stift Bremen)
Zoom Image
Gleich gehtʼs in den OP – Schnobbl darf natürlich mit. (St. Joseph-Stift Bremen)
Zoom Image
Das Team um Raimond Ehrentraut (r.), den geistigen „Vater“ von Schnobbl. (St. Joseph-Stift Bremen)