Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2015; 22(06): 265-266
DOI: 10.1055/s-0041-110487
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Cholera hat sich im Irak ausgebreitet – Gefahr einer Choleraepidemie im Nahen Osten

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Publication Date:
15 December 2015 (online)

 

    Mitte September wurden aus dem Irak, westlich der Hauptstadt Bagdad, einige erste Cholerafälle gemeldet. Und nun, etwa 2,5 Monate später, besteht die reelle Gefahr, dass sich der Ausbruch zu einer den ganzen Nahen Osten betreffenden Epidemie auswachsen könnte.

    So sind mittlerweile 17 der 19 irakischen Gouvernements betroffen. Bis Mitte November wurden landesweit etwa 4850 Fälle registriert.

    Momentan sinken die Fallzahlen zwar deutlich. Im Dezember erwartet der Irak aber Millionen ausländische Gläubige zum al-Arba’un, einem von Schiiten begangenen Gedenkfest zum Tode eines der Enkel Mohammeds.

    Im Jahr 2012 hatten sich hierzu etwa 15 Mio. Gläubige in der zentral-irakischen Stadt Kerbela versammelt. Solche Massenveranstaltungen, während denen die Menschen in provisorischen Lagern leben, bieten den Cholerabakterien natürlich ideale Vermehrungsgelegenheiten und infizierte Gläubige nehmen die Erreger anschließend mit in ihre Heimatländer zurück.

    Erste Fälle in Nachbarländern

    Schon jetzt melden mit Kuwait, Bahrain und Syrien einige weitere Staaten der Arabischen Halbinsel erste Cholerafälle, wobei bisher keine Informationen darüber vorliegen, ob es sich hier um importierte oder autochthone Infektionen handelt und wie hoch die Fallzahlen sind. Die Fälle in Syrien sind bisher auch noch nicht von der WHO bestätigt, was aber wahrscheinlich vor allem daran liegt, dass in dem vom Bürgerkrieg gebeutelten Land momentan einfach nicht die Möglichkeit besteht, den Erreger nachzuweisen.

    Selbst unter besten Bedingungen werden während Choleraausbrüchen nur etwa 30 % der Fälle diagnostiziert. Die Labore in Syrien, die dazu in der Lage gewesen wären, wurden von der Assad-Regierung zerstört. Die Nachweise, die mit den vor Ort verfügbaren Methoden noch möglich sind, werden als zu unzuverlässig nicht von der WHO anerkannt.

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    (Bild: Centers for Diseases Control and Preventions; J. Carr; # 7818)

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    Ausbruch in Syrien wäre nicht kontrollierbar

    Eines ist jedoch sicher: Sollte es in Syrien erst einmal zu einem größeren Ausbruch kommen, wird dieser erstens nur schwer wieder unter Kontrolle zu bekommen sein und zweitens durch Flüchtlinge auch in weitere Länder der Region und eventuell bis nach Südeuropa hineingetragen werden. Millionen Menschen sind derzeit innerhalb Syriens auf der Flucht, Maßnahmen zur Desinfektion von Trinkwasser gibt es hier nur noch in einigen von der Regierung kontrollierten Gebieten. Schon heute leben fast 2 Mio. syrische Flüchtling in der Türkei, die meisten von ihnen ohne gesicherten Zugriff auf sauberes Trinkwasser und sanitäre Anlagen. Im Libanon hausen etwa eine Million Syrer in inoffiziellen Siedlungen unter katastrophalen hygienischen Bedingungen.


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    Impfaktion im Irak zu spät gestartet

    Es sollte also schnell gehandelt werden, um den Ausbruch einzudämmen, bevor er in diesen äußerst gefährdeten Regionen erst einmal Fuß gefasst hat. Nach den ersten diagnostizierten Fällen im Irak ist bereits zu viel Zeit verloren gegangen – so hat es 6 Wochen gedauert, bis in den betroffenen Gebieten eine Massenimpfaktion gestartet werden konnte. Zeit genug, dass sich die Cholera annähernd über das ganze Land ausbreiten konnte.

    Quelle: promed

    Dipl. Biol. Unn Klare


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    (Bild: Centers for Diseases Control and Preventions; J. Carr; # 7818)