Pneumologie 2016; 70(04): 241-249
DOI: 10.1055/s-0041-111274
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Diffuse pulmonale Ossifikation

Eine FallserieDiffuse Pulmonary OssificationA Case Series
K. Avsar
1   Klinik für Pneumologie, Asklepios-Fachkliniken München-Gauting (Chefarzt: Prof. Dr. J. Behr)
,
J. Behr
1   Klinik für Pneumologie, Asklepios-Fachkliniken München-Gauting (Chefarzt: Prof. Dr. J. Behr)
,
A. Morresi-Hauf
2   Institut für Pathologie, Asklepios-Fachkliniken München-Gauting (Leiterin: Dr. A. Morresi-Hauf)
› Author Affiliations
Further Information

Korrespondenzadresse

Dr. med. Korkut Avsar
Klinik für Pneumologie
Asklepios Fachkliniken München-Gauting
Robert-Koch-Allee 2
82131 Gauting

Publication History

eingereicht 01 November 2015

akzeptiert nach Revision 15 December 2015

Publication Date:
01 February 2016 (online)

 

Zusammenfassung

Die diffuse pulmonale Ossifikation (DPO) ist eine seltene Erkrankung, die in der Regel in Assoziation mit verschiedenen pulmonalen und extrapulmonalen Prozessen vorkommt. In dieser Arbeit werden elf Patienten unserer Klinik mit pathologisch-anatomischer Diagnose einer diffusen pulmonalen Ossifikation im Hinblick auf pathologische Veränderungen des umgebenden Lungenparenchyms analysiert sowie klinische (einschl. Follow-up) und radiologische Daten erhoben. Ziel der Arbeit ist es, Daten darzustellen, die zu einem besseren Verständnis der Erkrankung beitragen und die Bedeutung der DPO, insbesondere bei Lungengerüstprozessen, zu diskutieren.

Von den Patienten, die aufgrund eines Lungengerüstprozesses abgeklärt wurden, boten drei histologisch UIP (usual interstitial pneumonia)-artige Aspekte. Die vorhandenen Follow-up Daten zeigen bei diesen Fällen einen relativ gutartigen Verlauf der Erkrankung.

Insgesamt fiel die Auswertung der Fälle klinisch sehr heterogen aus. Aufgrund dieser Tatsache ist zu diskutieren, ob die DPO keine eigene klinische Entität, sondern eher ein pathologisches Epiphänomen bei verschiedenen Erkrankungen, evtl. mit pathogenetischer Überschneidung, darstellt.


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Abstract

Diffuse pulmonary ossification (DPO) represents an uncommon condition usually associated with different underlying pulmonary and extrapulmonary diseases. In this work, we discuss eleven patients of our clinic with the diagnosis of a diffuse pulmonary ossification. We focus on histological changes in the surrounding lung tissue. Clinical and radiological findings were analysed. The aim of the study is to collect data for a better understanding of this condition, especially in association with interstitial lung disease.

Three patients with interstitial lung disease had histological findings of UIP. The follow-up data of these patients showed a benign course of the disease.

The analysis of the clinical data yielded a very heterogenous group. Regarding these fact we assume, that DPO is not an own entity, but a pathological epiphenomenon in the context of different conditions, possibly with pathogenetic overlap.


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Einleitung

Umschriebene Verknöcherungen in der Lunge bzw. den Atemwegen stellen einen häufigen Nebenbefund ohne pathologische Bedeutung dar. Der Nachweis multipler Verknöcherungsherde im Lungenparenchym als relevanter pathologischer oder radiologischer Befund ist jedoch selten und wurde mehrfach als diffuse pulmonale Ossifikation bezeichnet.

Die diffuse pulmonale Ossifikation wird in Assoziation mit chronischen Lungenerkrankungen beschrieben, daneben soll sie auch im Rahmen systemischer Prozesse bzw. extrapulmonaler Ursachen auftreten. Hier werden insbesondere kardiale Grunderkrankungen, die zu einer chronischen pulmonal-venösen Stauung führen (insbesondere Mitralklappenstenose) wie auch Nierenerkrankungen, die mit Hyperkalzämien einhergehen, diskutiert.

In dieser Arbeit werden elf Patienten unserer Klinik mit der pathologisch-anatomischen Diagnose einer pulmonalen Ossifikation dargestellt und insbesondere im Hinblick auf begleitende Erkrankungen, die evtl. eine pathogenetische Rolle gespielt haben könnten, analysiert.


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Material und Methoden

Die elektronische Datenbank des Institutes für Pathologie der Asklepios Fachkliniken München-Gauting wurde nach der Diagnose „Ossifikation“ abgefragt (Zeitraum: 1993 bis 2015). Es fanden sich zwölf Fälle (11 Männer und eine Frau). Die entsprechenden histologischen Präparate wurden von den Autoren am Diskussionsmikroskop mit besonderem Augenmerk auf Ossifikationen und histologische Veränderungen des miterfassten Lungenparenchyms nachuntersucht.

Bei zehn Patienten waren chirurgische Biopsien und bei drei Fällen transbronchiale Biopsien vorhanden. In vier Fällen wurden auch die Gewebsproben vorausgegangener Biopsien bzw. Operationspräparate erneut mikroskopisch untersucht und gezielt nach Ossifikationen durchgemustert. Insgesamt waren 26 Proben eingesandt worden, die vollständig in Paraffin eingebettet und in 55 Blöcken bearbeitet wurden. Die chirurgischen Biopsien wurden in Stufenschnitten, die transbronchialen Biopsien in Serienschnitten bearbeitet. Alle histologischen Proben wurden mit der Routine-Färbung Hämatoxylin-Eosin und zusätzlich mit Elastica-van-Gieson gefärbt; in vier Fällen wurde zusätzlich eine Eisenfärbung veranlasst. In allen Präparaten wurde eine mikroskopische Untersuchung auf Fremdmaterial unter Anwendung der Polarisationsoptik durchgeführt. Die klinischen Daten aller zwölf Patienten wurden zusammengestellt und analysiert. Die Patientenunterlagen und die Röntgenbilder wurden im Hinblick auf die Klinik, inhalative Noxen bzw. Expositionen, die radiologischen Befunde und assoziierte Erkrankungen analysiert. Ein Follow-up konnte durch Befragung der nachbehandelnden Ärzte (Hausärzte, Pneumologen) in 6 Fällen erhoben werden, wobei der Nachbeobachtungszeitraum 3 Monate bis 15 Jahre beträgt.

Unter Berücksichtigung der radiologischen und klinischen Daten wurden 11 der 12 Patienten in diese Fallserie aufgenommen; eine Patientin mit einer Ossifikation in der transbronchialen Biopsie wurde nicht berücksichtigt, da der diffuse bzw. multilokuläre Charakter der Ossifikation weder histologisch noch in der verfügbaren Bildgebung belegt werden konnte.


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Ergebnisse

Histologische Befunde

Bei 5 Patienten fanden sich verzweigte Ossifikationen, die der dendriformen Variante der DPO zugeordnet wurden, ein Patient zeigte noduläre Verknöcherungsherde, die der nodulären Form der DPO entsprachen, und bei 5 Patienten stellten sich dendriforme Ossifikationen und gleichzeitig kleinere noduläre Ossifikationen dar. In 7 Fällen zeigten die Ossifikationen kleine Einschlüsse von Fettmark. Bei 2 Patienten war blutbildendes Knochenmark in den Verknöcherungen nachweisbar. In 8 Fällen wurden herdförmige kollagenfaserreiche Fibrosierungen beobachtet, z. T. mit partiellen Verknöcherungen bzw. mit einem morphologischen Übergang zwischen den Fibroseherden und den Ossifikationen (Patienten 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 und 9) ([Abb. 1]). In 2 Fällen zeigten die Verknöcherungsherde einen eindeutigen räumlichen Bezug zum fibrotisch-veränderten Lungeninterstitium (Patient 10 und 11) ([Abb. 4]). Polarisationsoptisch war in keinem der Fälle Fremdmaterial nachweisbar.

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Abb. 1 Herdförmige kollagenfaserreiche Fibrosierung mit partieller Verknöcherung bzw. mit morphologischem Übergang zwischen der Fibrose und den Ossifikationen (Patient 3).
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Abb. 2 Ossifikationen bei weitgehend regelrechtem Lungengewebe (Patient 2).
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Abb. 3a Pathologische Veränderungen des pulmonalen Parenchyms, hier in Form einer organisierenden Pneumonie in Assoziation mit Ossifikationen (nicht im Bild) (Patient 4). b Fibroseherde in den Lufträumen, offenbar Folge der organisierenden Pneumonie (in anderen Gesichtsfeldern mit Übergang in Ossifikationen) (Patient 4).
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Abb. 4 Verknöcherungsherde mit räumlichem Bezug zum fibrotisch veränderten Lungeninterstitium (Patient 11).

Die histopathologischen Veränderungen im Lungenparenchym waren sehr unterschiedlich (s. [Tab. 1]: Histologische Befunde).

Tab. 1

Histologische Befunde.

Pat. Nr.

Art des Untersuchungsmaterials

Topografie

Ossifikationen

D = dendriform

N = nodulär

FM = Fettmark

BM = blutbildendes Knochenmark

Fibroseherde m/o partieller Ossifikation

([Abb. 1])

Andere Lungenparenchymveränderungen

Bemerkung

transbr.

chir.

01

X

UL re

N (2 x)

sehr diskrete uncharakteristische insterstitielle Fibrosierung

02

X

OL li

D (> 2)

FM

stellenweise nicht ossifizierte Bindengewebsherde im Randbereich der Ossifik. ([Abb. 2])

weitgehend regelrechtes Lungengewebe

03

X

UL li

D (> 2)

FM

ungewöhnliche kollagenfaserreiche Fibrose z. T. parallelfaserig, eher ps,. mit Übergang in Ossifikationen ([Abb. 1])

Metastase Plattenepithelkarzinom

Vorbefund: atyp. Resektat kontralateral mit einer Metastase und 2 kleinen Ossifikationen (1 x N und 1 x D.)

04

X

UL und OL re

D und N (> 2)

zahlreiche Herde z. T. parallelfaseriger Fibrose eher ps. mit Übergang in Ossifikationen ([Abb. 3])

OP oder UIP-artige Fibrose, fragliche FF

Metastasen Rektumkarzinom

05

X

UL re

D (> 2)

BM

z. T. kollagenfaserreiche Fibroseherde teilweise mit Übergang in Ossifikationen

Umschriebene OP bzw. OP-Residuen

Sidero + + + (bei eingebluteter Nekrose)

Geringe unspez. chron. Entzündung zentrilobulär

06

X

X

OL re

N und D (> 2)

FM

umschriebene kleine kollagenfaserreiche Fibroseherde

OP, mäßige chron. unspez. Entzündung zentrilobulär und geringe zelulläre Bronchiolitis (Keine Asbestkörperchen) Pleurabiopsate: Plaques

Vorbefund: 2 transbr. Biopsien UL re mit jeweils einer Ossifikation und z. T. mit peribronchiolärer Fibrose

07

X

UL und OL re

D (> 2)

BM

ungewöhnliche kollagenfaserreiche Fibrose eher zentrilob., z. T. parallelfaserig mit Übergang in Ossifikationen

mögliche OP-Residuen

Siderophagen + + + 

Vorbefund: transbr. Biopsie re mit ähnlichen Fibroseherden, ohne Ossifikationen

08

X

UL re

D (> 2)

FM

umschriebene Bindegewebsproliferate z. T. OP mit Übergang in Ossifikationen

mögliche OP-Residuen

Siderophagen + 

09

X

OL li (Lingula)

D (> 2) (kleinere Ossifik.: nodulär)

FM

z. T. kollagenfaserreiche Fibroseherde, teilweise mit Übergang in Ossifikationen

unklassifierbare z. T. UIP-artige Fibrose., ps

hier morphologisch DPO auf dem Boden eines fibrosierenden Lungengerüsterkrankung wahrscheinlich

10

X

UL re

D (> 2) (kleinere Ossifik.: nodulär)

FM

Ossifikationen mit Bezug zum fibrosierten Interstitium

UIP-Muster mit reichlich FF

Siderophagen + + 

hier morphologisch DPO auf dem Boden einer UIP sehr wahrscheinlich

11

X

OL re u ML

D (> 2) (kleinere Ossifik.: nodulär)

FM

Ossifik. mit Bezug zum fibrosierten Interstitium ([Abb. 4])

Wabenlunge mit wenigen FF und mit entzündlichen Veränderungen, z. T. mit Lymphfollikeln

Vorbefund: 1 transbr. Biopsie UL re mit diskreter Fibrosierung und reaktiven Veränderungen des Interstitiums

DPO auf einer nicht weiter klassifizierbaren Lungengerüsterkrankung wahrscheinlich

FF: fibroblastic foci, GP: Gerüstprozess, ps: paraseptal, OP: organisierende Pneumonie, Ossifik.: Ossifikation/en, sp: subpleural.

Unter Berücksichtigung des histologischen Befundes wurden drei Gruppen gebildet:

Gruppe A: Ossifikationen bei weitgehend regelrechtem Lungengewebe (Patienten 1 und 2), ([Abb. 2]).

Gruppe B: Ossifikationen bei mäßig ausgeprägten pathologischen Veränderungen (Fibrosierung und Entzündung z. T. mit organisierender Pneumonie) des pulmonalen Parenchyms (Patienten 3, 4, 5, 6, 7 und 8) ([Abb. 3] a u. b) und

Gruppe C: Ossifikationen bei ausgeprägten fibrotischen Veränderungen des Interstitiums (Patienten 9, 10 und 11) ([Abb. 4]).


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Klinische Daten

Gruppe A: In zwei Fällen (Patienten 1 und 2) wurden histologisch Verknöcherungsherde in Assoziation mit herdförmigen Vernarbungen des Lungenparenchyms bei ansonsten unauffälligem bzw. weitgehend unauffälligem Lungengewebe gefunden.

Klinisch fanden sich keine Gemeinsamkeiten. Patient 1 war beschwerdefrei, die streifigen, basal-betonten Fibrosierungen waren als radiologischer Zufallsbefund entdeckt worden ([Abb. 5]). In der BAL fanden sich bei diesem Patienten keine differenzialzytologischen Auffälligkeiten.

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Abb. 5 Weichteilfenster und Lungenfenster von Patient 1 mit Nachweis streifiger Fibrosierungen und sichtbaren Ossifikationen.

Patient 2 wurde aufgrund von Husten einer weiterführenden Diagnostik zugeführt. Die Computertomografie des Thorax zeigte einige kleine Herdsetzungen bis max. 8 mm, passend zur Histologie ohne Auffälligkeiten des restlichen Lungenparenchyms und ohne funktionelle Einschränkung ([Tab. 2]).

Tab. 2

Klinische Daten Gruppe A (Ossifikationen in Zusammenhang mit herdförmigen Vernarbungen des Lungenparenchyms; ansonsten Lungengewebe weitgehend regelrecht).

Patient

Alter

CT-Thorax-Befund

Lungenfunktion

Inhalative Noxen

Begleit- bzw. Vorerkrankungen

Follow-up

1

62

streifige Fibrosierung, teilweise Verkalkungen

leichtgradige Restriktion, mittelgradige Einschränkung der Diffussion

Ex-Nikotin

keine

nicht vorhanden

2

60

diffuse pulmonale Herde

ohne Einschränkung

keine

Z. n. Myokarditis

nicht vorhanden

Gruppe B: In sechs weiteren Fällen (Patienten 3, 4, 5, 6, 7 und 8) fanden sich neben der Ossifikation mäßig ausgeprägte fibrotische und/oder entzündliche Veränderungen des Lungenparenchyms offenbar als Residuen vorausgegangener Lungenerkrankungen.

Zwei Patienten (Patient 3 und 4) wiesen maligne Tumoren in der Vorgeschichte auf. Die pulmonalen Ossifikationen stellten einen Nebenbefund bei der Aufarbeitung des Metastasektomie-Materials dar. Lungenfunktionell ergaben sich bei diesen Patienten keine wesentlichen Einschränkungen. CT-morphologisch fielen lediglich die metastasentypischen Formationen auf.

Patient 5 hatte im Vorfeld der Diagnostik eine Pneumonie erlitten. Aufgrund einer unzureichenden radiologischen Rückbildung war nachfolgend eine operative Abklärung des verbliebenen rundherdartigen Befundes durchgeführt worden. Neben dem Rundherd fanden sich CT-morphologisch im umliegenden Parenchym keine Auffälligkeiten. Als Ursache des Rundherdes hatte sich – unter laufender Antikoagulationstherapie – eine Einblutung in das Lungenparenchym gezeigt. Neben dem Einblutungsherd fanden sich histologisch Ossifikationen, Entzündung mit Zeichen der Organisation und eine geringe unspezifische Fibrosierung.

Patient 6, der eine leichtgradige Niereninsuffizienz hatte und durch Husten symptomatisch geworden war, wies radiologisch Veränderungen auf, die auf eine Asbestexposition schließen ließen (Arbeit im Flugzeugbau). In der BAL fand sich eine lymphozytäre Alveolitis (52 %).

Bei 2 Fällen wurden bei CT-morphologischem Verdacht auf einen Lungengerüstprozess chirurgische Lungenbiopsien durchgeführt. Einer der Patienten (Patient 7) hatte in der Vorgeschichte eine Lötdampfexposition (hierzu passend eisenbeladene Makrophagen in der Histologie und BAL). Computertomografisch konnte hier ein basal betonter fein-netziger Gerüstprozess dargestellt werden. Der andere Patient (Patient 8) war zum Zeitpunkt der Biopsie bei Z. n. Nierentransplantation immunsupprimiert. Vor der Transplantation war der Patient über drei Jahre dialysepflichtig gewesen. Auch bei diesem Patienten fanden sich Siderophagen in der BAL, die ansonsten insgesamt sehr zellarm und differenzialzytologisch ohne Auffälligkeiten war ([Tab. 3]).

Tab. 3

Klinische Daten Gruppe B (Ossifikationen in Zusammenhang mit mäßigen fibrotischen und/oder entzündlichen Veränderungen des Lungenparenchyms).

Patient

Alter

Lungenfunktion

Inhalative Noxen

Begleit- bzw. Vorerkrankungen

Follow-up

3

63

leichtgradige Obstruktion

Ex-Nikotin

Oropharynx-Karzinom, Plattenepithelkarzinom der Lunge

nicht vorhanden

4

73

ohne Einschränkung

Ex-Nikotin

Rektum-Karzinom, adjuvante Chemotherapie, COPD, KHK, Z. n. koronarer Bypass-Operation

12 Monate nach Histologiegewinnung verstorben

5

71

leichtgradige Restriktion

keine

Pneumonie

nicht vorhanden

6

75

leichtgradige Restriktion

Asbest

Niereninsuffizienz, Stadium II

nicht vorhanden

7

29

ohne Einschränkung

Lötdämpfe

keine

5 Jahre nach Histologiegewinnung beschwerdefrei

8

36

leichtgradige Obstruktion

keine

Z. n. Nieren-Transplantation

im 15-jährigen Follow-up keine radiologische oder funktionelle Verschlechterung

Gruppe C: In 3 weiteren Fällen (Patienten 9, 10 und 11) fanden sich histologisch neben den Ossifikationen Lungenparenchymveränderungen, die als eine fibrosierende Lungengerüsterkrankung anzusehen waren, entweder nicht weiter klassifizierbar oder einer möglichen UIP entsprechend.

Patient 9 war bei bekannter COPD wegen eines Spontanpneumothorax operiert worden. Lungenfunktionell stand die COPD im Vordergrund. Im Follow-up ist dieser Patient 8 Jahre nach der Biopsie stabil. Seine Beschwerden sind hauptsächlich durch Exazerbationen der COPD bedingt. Lungenfunktionell ist eine Verschlechterung im Sinne einer Zunahme der Obstruktion eingetreten. Die basal-betonten fibrotischen Veränderungen sind im CT-morphologischen Verlauf weitgehend unverändert geblieben.

Patient 10 war durch morgendlichen Reizhusten symptomatisch geworden. CT-morphologisch fand sich ein feinwabig-netziger Gerüstprozess mit Betonung der Phrenicocostalwinkel. Von diesem Patienten liegt ein Follow-up über 7 Jahre vor, in dem sich eine Zunahme der restriktiven Ventilationsstörung zeigt. Die VCmax ist von 3,76 l auf 2,33 l gefallen.

Bei Patient 11 lag computertomografisch das Bild einer Wabenlunge vor ([Abb. 6]). Eine Lungenfibrose war bereits vier Jahre vor der Biopsie radiologisch diagnostiziert worden. Die Schwester des Patienten war im Alter von 26 Jahren an einer Lungenfibrose verstorben ([Tab. 4]).

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Abb. 6 CT-Thorax von Patient 11 mit Nachweis eines retikulären Musters und sichtbaren Ossifikationen.
Tab. 4

Klinische Daten Gruppe C (Ossifikationen bei fibrosierenden Lungengerüsterkrankungen).

Patient

Alter

Lungenfunktion

Inhalative Noxen

Begleit- bzw. Vorerkrankungen

Follow-up

 9

75

leichtgradige Restriktion

Ex-Nikotin

COPD, Spontanpneumothorax

nach 8 Jahren kein wesentlicher Progress der Fibrose

10

70

keine Einschränkung

keine bekannt

keine

im 7-jährigen Follow-up mäßige Zunahme der Restriktion

11

54

leichtgradige Restriktion, schwergradige Diffussionsstörung

Ex-Nikotin

arterielle Hypertonie

nicht vorhanden

Die sehr heterogenen radiologischen Befunde sind in [Tab. 5] zusammengefasst.

Tab. 5

Radiologische Befunde.

Patient

Radiologisches Muster

Ossifikation erkennbar

Lokalisation

 1

streifige Fibrosierungen

ja

bds., basal betont

 2

multiple, winzige Herdsetzungen

ja

disseminiert

 3

Rundherde (Metastasen)

nein

disseminiert

 4

Rundherde (Metastasen)

nein

disseminiert

 5

keine CT-Bilder verfügbar

 6

streifige Fibrosierung, Pleuraplaques

ja

bds., basal betont

 7

fein-netziger Gerüstprozess

nein

bds., basal betont

 8

feinfleckig-netziger Gerüstprozess

nein

bds., auch in den Oberfeldern, aber basal betont

 9

streifige Fibrosierung

ja

bds., dtl. basal betont

10

feinwabig-netziger Gerüstprozess

nein

bds. basal, subpleural betont

11

fibrotische Veränderungen, retikuläre Zeichnungsvermehrung, Verdickung der inter- und intralobulären Septen bds.

ja

bds., gesamte Lunge, subpleural und Oberfeld-betont


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Diskussion

Die diffuse pulmonale Ossifikation (DPO) ist ein seltener, in der Regel langsam progredienter Prozess mit diffusen Ablagerungen von reifem Knochengewebe in der Lunge. Die DPO ist in der Literatur auch als ossäre Metaplasie der Lunge, pulmonale Osteopathie oder ossifizierende Pneumonie bezeichnet worden.

Es wird eine idiopathische Form der DPO beschrieben; meist wird sie aber assoziiert mit chronischen Lungenerkrankungen oder im Rahmen systemischer Prozesse beobachtet.

Die DPO ist eine seltene Erkrankung, die hauptsächlich in der Autopsie diagnostiziert wird: In einer Serie fanden sich 8 Fälle bei 1393 Obduktionen (Prävalenz von 0,5 %) [1]. In einer weiteren Serie fanden sich 17 Fälle bei 10.426 Autopsien (Prävalenz 0,16 %) [2]. Die DPO kommt vor allem bei älteren Patienten vor [1] [2]. Das Durchschnittsalter unserer Serie entspricht ebenfalls – bis auf zwei Ausnahmen – der in dieser Veröffentlichung berichteten Alterskohorte (60 – 75 Jahre).

Es werden zwei Formen unterschieden: die dendriforme und die noduläre DPO. Bei der dendriformen DPO finden sich verästelte Knochenformationen, z. T. mit Fettmark oder mit blutbildendem Knochenmark mit Bezug zum Lungeninterstitium, vor allem bei Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen. Bei der nodulären Form finden sich herdförmige Knochenneubildungen in den Lufträumen, insbesondere pleuranah und in den Unterlappen; sie kommt vor allem bei Patienten mit Herzkrankheiten, die mit chronischer venösen Lungenstauung einhergehen, z. B. Mitralstenose, und bei Patienten mit alten intraalveolären Exsudaten oder alten organisierten Pneumonien vor [1].

Bei beiden Formen handelt es sich um kleine Herde (2 – 8 mm) [3] reifen Knochengewebes mit typischen Osteozyten; eine allerdings nur geringe osteoblastische oder osteoklastische Aktivität soll eher bei der dendriformen als bei der nodulären Ossifikation zu sehen sein [4].

Die Unterscheidung zwischen den dendriformen und nodulären Formen der DPO kann insbesondere in kleinen Biopsien problematisch sein, da in diesen nur kleine Ossifikationen erfasst werden, die unter Umständen keine Verästelungen oder Knochenmarkelemente aufweisen [5]. So bei unserem Patient 1, der mit einer transbronchialen Biopsie diagnostiziert worden war und bei dem bioptisch nur kleine noduläre Ossifikationen gefunden wurden, jedoch keine Auffälligkeiten im Lungengewebe als morphologisches Korrelat der radiologisch beobachteten streifigen Fibrosierungen. Dies ist am ehesten im Zusammenhang mit der eingeschränkten Sensitivität der transbronchialen Biopsie bei der Abklärung fibrosierender Lungengerüstprozesse zu sehen. In 5 weiteren Patienten (Patient 4, 6, 9, 10 und 11) fanden sich in den chirurgischen Biopsien sowohl dendriforme als auch noduläre Ossifikationen, wobei letztere kleiner waren. Somit erscheint es wahrscheinlich, dass kleinere Läsionen morphologisch eher als noduläre Ossifikationen klassifiziert und eher in transbronchialen Biopsien erfasst werden.

Bei transbronchialen Biopsien mit Verknöcherungsherden sollte bedacht werden, dass diese u. U. nur ganz umschriebenen, zufällig erfassten Verknöcherungen entsprechen, die nicht diffus sind und somit nicht die Läsionen einer DPO darstellen. Somit ist die Diagnose der DPO mittels transbronchialer Biopsie nur unter Berücksichtigung entsprechender Befunde in der Radiologie wie unserem Patient 1 zu stellen [5]. Andererseits können Ossifikationen in einer transbronchialen Biopsie retrospektiv als DPO eingestuft werden, wenn nachträglich eine chirurgische Biopsie mit entsprechenden Läsionen durchgeführt wurde, wie bei unseren Fällen 3 und 6. In unserer Serie wurde eine DPO in 2 Patienten mittels transbronchialer Biopsie diagnostiziert (Patienten 1 und 6). In zwei weiteren Patienten kamen die Ossifikationen in vorausgegangenen transbronchialen Biopsien nicht zur Darstellung; hier wurde die DPO in nachträglich durchgeführten chirurgischen Biopsien nachgewiesen (Patienten 7 und 11). Auch in der Literatur finden sich Fälle von DPO mit Diagnosestellung mittels chirurgischer Biopsie nach vorausgegangener nicht diagnostischer Bronchoskopie [6] [7] [8]. Bis dato ist in der Literatur nur über eine transbronchial diagnostizierte DPO berichtet worden [5].

Obwohl in der Literatur die noduläre Form weitgehend als die häufigere angegeben wird [4], wird teilweise auch über dominierende Häufigkeit der dendriformen DPO berichtet [2]. Die Abgrenzung beider Formen ist allerdings nicht immer eindeutig und die klinische Bedeutung dieser Unterscheidung eher gering. In der Literatur wird auch auf Misch- und Übergangsformen hingewiesen [9]. In unserer Serie dominierte diese Manifestationsform, da sich 10 Patienten mit dendriformen Ossifikationen fanden, von denen 5 aber auch kleinere Ossifikationsherde, die als nodulär zu klassifizieren waren, zeigten. Nur bei einem Patienten fanden sich rein noduläre Ossifikationen, allerdings handelte es sich bei diesem Fall um ein transbronchiales Biopsat.

Auch der Zusammenhang der DPO-Subtypen mit einer bestimmten Pathogenese ist nicht stringent [9].

Anhand dieser Daten ist die klinische Bedeutung der Unterscheidung zwischen dendriformen und nodulären Formen zu relativieren.

Die Diagnose der DPO wird qualitativ als „diffus“ oder „ausgedehnt“ bzw. „verbreitet“ definiert und impliziert damit eine Pathologie, die diffuse Lungenbereiche betrifft. Im Gegensatz dazu stehen Verknöcherungen innerhalb von fokalen Läsionen, wie beispielsweise in einem Abszess oder in einem Tumor [2]. Die Ausdehnung der Ossifikationen für die Diagnose einer DPO ist aber nicht genau definiert. In dieser Arbeit wurden pragmatischer Weise zumindest 2 Ossifikationen in transbronchialen Biopsien und mehr als 2 Ossifikationen in chirurgischen Biopsien als vereinbar mit der Diagnose einer DPO angesehen.

Die Pathogenese der DPO ist nicht geklärt. Aus der Analyse der Literatur erscheint es wahrscheinlich, dass die DPO auf dem Boden von fibrotischen Veränderungen unterschiedlicher Ätiologien entstehen kann, wobei eine genetische Prädisposition eine Rolle spielen könnte [4].

Die DPO könnte eine besondere Form von reparativen oder vernarbenden Veränderungen bei bestimmten Patienten und unter bestimmten biochemischen Bedingungen darstellen, wobei z. T. ein saures bzw. anoxisches Milieu eine Metaplasie von Fibroblasten in Osteoklasten herbeiführen könnte. Diese Konditionen könnten z. B. nach rezidivierenden Pneumonien eintreten. Diffuse pulmonale Ossifikationen können allerdings auch in relativ kurzer Zeit nach schweren Lungengewebsschaden entstehen bzw. in der Folge abgeheilter Virusinfektionen der Lunge [2] [10].

Auch altersbedingte Gewebsveränderungen sind als pathogenetischer Ursprung der Ossifikation vorgeschlagen worden [4].

Intraalveoläre Hämorrhagien dürften einen prädisponierenden Faktor für Lungenfibrosierung und Ossifikation darstellen [9], möglicherweise über die Umwandlung von Alveolarmakrophagen in Osteoklasten-ähnliche Fremdkörperriesenzellen, die durch Ablagerungen von Hämosiderin in Alveolen und Alveolarwänden hervorgerufen wird [5]. Passend zu diesem pathogenetischen Ansatz ist der oben beschriebene Fall eines jungen Mannes (Patient 7), der aufgrund einer Lötdampfexposition eine intraalveoläre Metalldeposition in Form von reichlichen Siderophagen aufwies. Auch zwei weitere Patienten unserer Fallserie wiesen in der bronchoalveolären Lavage den Befund von Hämosiderin-beladenen Makrophagen auf (Patienten 8 und 10).

Auch Wachstumsfaktoren, die sowohl in der Bildung der extrazellulären Matrix und der Rückbildung von Entzündung beteiligt sind, könnten bei der Ossifikation eine pathogenetische Rolle spielen: So spielt z. B. TGF-Beta (transforming growth factor beta) eine wichtige Rolle in fibrosierenden Lungenprozessen und stimuliert auch die Bildung von Osteoblasten und Chondrozyten [9]. Andere Faktoren, die eine Rolle in der Osteogenese bei der DPO spielen könnten, sind BMP (bone morphogenic protein), Interleukin 1, Interleukin 4 sowie MCSF (monocyte-colony stimulating factor) [9].

Über eine DPO-Assoziation mit UIP bzw. der idiopathischen pulmonalen Fibrose ist mehrfach berichtet worden [3] [4] [11] [12]. In diesem Rahmen soll die Ossifikation keinen prognostischen Wert haben; sie könnte jedoch einen „Marker“ für die Chronizität bzw. die Schwere der Lungenfibrose darstellen [4]. Radiologisch ist die DPO assoziiert mit UIP, aber nicht mit NSIP (nonspecific interstitial pneumonia) beobachtet worden, sodass bei fibrosierenden interstitiellen Erkrankungen mit radiologischem Nachweis von Ossifikationen eine UIP wahrscheinlicher als eine NSIP erscheint [12].

Die DPO ist in den bildgebenden Verfahren insgesamt schwierig zu erfassen. Im Röntgen-Thorax ist sie nicht erkennbar oder zeigt sich als uncharakteristische retikulo-noduläre Veränderungen der Lungenunterlappen, meistens bilateral, wobei die Abgrenzung zwischen Ossifikation und Fibrosierungen häufig nicht eindeutig ist. In der HR-Computertomografie können sich u. U. die dendriformen und die nodulären Ossifikationen als dünne streifige Kalzifikationen bzw. als winzige verkalkte Herde darstellen. [4]. In einer Serie fand sich histologisch eine DPO in 5 von 75 Patienten mit UIP, die erst retrospektiv in HR-CT erkannt wurde [12]. Die kleinen Knochenablagerungen der DPO werden am besten im Knochenfenster der HR-CT visualisiert [2].

In unserer Serie waren die Ossifikationen bzw. Kalzifikationen nur in 5 Fällen (siehe [Tab. 5]) in den bildgebenden Verfahren als solche zu erkennen. In den restlichen Fällen wurden die Ossifikationen in der Biopsie nachgewiesen, jedoch nicht radiologisch. Auch in der erneuten retrospektiven Analyse der CT-Bilder sind die Verknöcherungen in 5 Fällen nicht erkennbar. Offenbar bedarf der Befund der DPO einer gewissen Ausprägung, um klinisch bzw. radiologisch erfasst zu werden. Die diffuse pulmonale Ossifikation kann dadurch ein deutlich unterdiagnostiziertes Phänomen sein.

Mit den technischen Fortschritten und dem häufigeren Einsatz der modernen bildgebenden Verfahren wird die DPO zukünftig vermutlich vermehrt radiologisch diagnostiziert werden [12].

Die Lungenfunktion zeigt nur bei starker Ausprägung eine Restriktion und Verminderung der Diffusionskapaziät. Aus diesem Grund geht die DPO in der Regel mit geringen Symptomen einher. Bei Patienten mit schweren Grunderkrankungen finden sich eher die Symptome und pathologischen Veränderungen der Grunderkrankung.

Lungenossifikationen treten in einer Reihe von systemischen und pulmonalen Erkrankungen auf, oft ohne spezifische Symptome. Diese Läsionen können aber einen Marker für die Schwere und Chronizität der assoziierten Erkrankung darstellen [9].

Interessanterweise wird das histopathologische Muster in den bisher veröffentlichten Fallserien nicht wesentlich aufgeschlüsselt. Es erfolgte lediglich die Aufteilung in dendriforme oder noduläre Ossifikation. Das umgebende Lungengewebe wurde nicht analysiert. In der vorliegenden Serie wurden die Biopsate im Hinblick auf pathologische Veränderungen des umgebenden Parenchyms untersucht. Es konnten drei Gruppen mit histologischen Übereinstimmungen gebildet werden, obwohl bei den Patienten in unserer Serie sehr unterschiedliche klinische Situationen zu finden waren. Sieben Patienten wurden aufgrund eines radiologischen Verdachts auf das Vorliegen eines Lungengerüstprozesses biopsiert (Patienten 1, 6, 7, 8, 9,10 und 11). Drei dieser Patienten, die histologisch eindeutige Fibrosierungen des Lungenparenchyms aufwiesen (Patienten 9, 10 und 11), zeigten klinisch eine relativ langsame Progredienz. Die vier weiteren Patienten (Patienten 1, 6, 7 und 8) hatten histologisch neben der Ossifikation weniger ausgeprägte Fibrosierungen.

In den vier restlichen Fällen fanden sich die Ossifikationen als Zufallsbefund bei einem asymptomatischen Patienten (2), bei einem Patienten mit Z. n. Pneumonie (5) und bei zwei Patienten mit Lungenmetastasen (3, 4). In zwei Fällen bestanden eine Niereninsuffizienz (6) bzw. ein Z. n. Niereninsuffizienz und Dialyse (8). Interessanterweise hatte keiner unserer Patienten eine chronische kardiale Erkrankung, wie sie in der Literatur wiederholt als vergesellschaftet mit pulmonalen Ossifikationen berichtet wurde. Passend zu den vorhandenen Daten [2], überwiegt auch in unserer Fallserie das männliche Geschlecht deutlich (11 männliche Patienten). Eine weibliche Patientin, die zunächst in unserer Fallserie aufgenommen wurde, war einige Wochen nach schwerer beidseitiger Pneumonie transbronchial biopsiert worden. Hier fand sich eine Ossifikation. Bei fehlender CT-Schnittbildgebung zum Zeitpunkt der Biopsie wurde dieser Fall jedoch nicht in die Serie aufgenommen, da durch den Nachweis dieser Verknöcherung in einer transbronchialen Biopsie keine diffuse pulmonale Ossifikation sicher zu diagnostizieren ist – wobei in der Literatur nicht definiert wird, wie extensiv eine pulmonale Ossifikation auftreten muss, um die Diagnose-Kriterien einer DPO zu erfüllen.

Auf diesem sehr unterschiedlichen klinischen Hintergrund ist zu diskutieren, ob die DPO keine klinische Entität, sondern eher ein pathologisches Epiphänomen oder ein (Begleit)Prozess bei verschiedenen Erkrankungen, evtl. mit überlappenden pathogenetischen Wegen, darstellt [13].

Auch im Hinblick auf die Zuordnung evtl. assoziierter Lungenerkrankungen kann die gründliche histologische Untersuchung des Lungengewebes zur korrekten bzw. kompletten Diagnose beitragen. In diesem Sinne und in Erweiterung der bisher veröffentlichten Fallserien wurde in der vorliegenden Arbeit das Augenmerk insbesondere auf histologische Veränderungen des übrigen Lungenparenchyms gelegt.

Bei radiologisch typischen Befunden und unter Berücksichtigung der gesamten klinischen Situation kann allerdings auf eine histologische Diagnose verzichtet werden [14].

Da die DPO selten während des Lebens diagnostiziert wird, gibt es nur spärliche Daten zum Verlauf. In unserer Fallserie konnten Follow-up-Daten bis zu 15 Jahre nach der Diagnose gesammelt werden. Anhand dieser Daten kann die in der Literatur mitgeteilte langsame Progression [4] bestätigt werden. Dies ist bei den Patienten als Besonderheit hervorzuheben, bei denen sich neben der Ossifikation histologische Anklänge an eine UIP zeigen. Dieses Krankheitsbild ist erfahrungsgemäß mit einem rasch progredienten Verlauf vergesellschaftet. In unserer Fallserie, bei der drei Patienten Veränderungen im Sinne einer UIP aufwiesen, liegen bei zwei bis zu achtjährige Verlaufsdaten vor: Bei einem Patienten zeigt sich eine mäßige funktionelle Verschlechterung (Patient 10), der andere Patient (Patient 9) hat keine fassbare Verschlechterung seiner fibrosierenden Lungenerkrankung. Bei Patient 11 ist die pulmonale Ossifikation bei der Abklärung fortgeschrittener fibrotischer Veränderungen (siehe [Abb. 6]) diagnostiziert worden. Da die radiologische Diagnose einer Lungenfibrose bereits vier Jahre zuvor erfolgt war, liegt hier zumindest ein vierjähriger Verlauf vor, allerdings ohne diesbezüglich Angaben über die funktionelle Entwicklung machen zu können. Der Patient weist zum Zeitpunkt der Biopsie ausgedehnte radiologische Veränderungen auf, funktionell war er hingegen nur mäßig beeinträchtigt. Spontane Remissionen sind in unserem Follow-up nicht zu verzeichnen und werden auch in der Literatur nicht beschrieben.

Bezüglich der Therapie finden sich in der vorhandenen Literatur wenige Daten. Neben dem Einsatz von Corticosteroiden wird der Nutzen von Bisphosphonaten diskutiert [4]. Zu beiden Therapieoptionen gibt es keine systematisch erfassten Daten. Da, wie oben diskutiert, anzunehmen ist, dass die DPO ein Begleitphänomen bei verschiedenen (pulmonalen) Erkrankungen sein kann, steht die Therapie der jeweiligen Grunderkrankung im Vordergrund. Die oben angesprochene Therapieoptionen sind Fällen vorbehalten, bei denen die DPO aufgrund ihrer Ausdehnung und Symptomatik als ursächlich anzunehmen ist, wie z. B. in einem Fallbericht, in dem sich innerhalb von wenigen Jahren eine fast vollständigen Ossifikation der gesamten Lunge entwickelt hat [15].

Fazit

Die DPO ist eine seltene, i. d. R. langsam progrediente Erkrankung des Lungenparenchyms.

Sie kommt vor allem bei älteren, männlichen Patienten vor, meistens in Assoziation mit anderen Grunderkrankungen der Lunge, aber auch mit kardialen oder systemischen Erkrankungen.

Die Patienten bieten keine oder geringe Beschwerden oder die Symptome der Grunderkrankung.

Es handelt sich um eine heterogene Gruppe von Patienten, wobei die DPO als ein Begleitphänomen bei verschiedenen pulmonalen und extrapulmonalen pathologischen Prozessen angesehen werden kann. Die Diagnose einer DPO sollte somit die Aufmerksamkeit auf mögliche assoziierte Erkrankungen lenken.

Auf Grund der Fortschritte in der bildgebenden Diagnostik und des zunehmende Alters der Population ist von einer Zunahme der Häufigkeit der Diagnose der DPO auszugehen.


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Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

  • 1 Lara FJ et al. Dendriform Pulmonary Ossification, a Form of Diffuse Pulmonary Ossification: Report of a 26-Year Autopsy Experience. Arch Pathol Lab Med 2005; 129: 348-353
  • 2 Tseung J, Duflou J. Diffuse pulmonary ossification: an uncommon incidental finding. Pathology 2006; 38: 45-48
  • 3 Müller KM, Friemann J, Stichnoth E. Dendriform pulmonary ossification. Pathol Res Pract 1980; 168: 163-172
  • 4 Fernández Crisosto CA, Quercia Arias O, Bustamante N et al. Diffuse pulmonary ossification associated with idiopathic pulmonary fibrosis. Arch Bronconeumol 2004; 40 (12) 595-598
  • 5 Peros-Golubicic T, Tekavec-Tranjec J. Diffuse pulmonary ossification: an unusual interstitial lung disease. Curr Opin Pulm Med 09/2008; 14: 488-492
  • 6 Jaderborg J, Robert F. Rare Clinical Diagnosis of Dendriform Pulmonary Ossification. Ann Thorac Surg 2001; 71: 2001-2011
  • 7 Konoglou M, Zarogoulidis P, Baliaka A. Lung ossification: an orphan disease. J Thorac Dis 2013; 5: 101-104
  • 8 Ryan C, Flint J, Müller N. Images in Thorax-idiopathic diffuse pulmonary ossification. Thorax 2004; 59: 1004
  • 9 Chan E, Morales D, Welsh C et al. Calcium deposition with or without bone formation in the lung. Am J Respir Crit Care Med 2002; 165: 1654-1669
  • 10 Fried ED, Godwin TA. Extensive Diffuse Pulmonary Ossification. Chest 1992; 102: 1614-1615
  • 11 Trejo O, Xaubet A, Marin-Arguedas A et al. Osificacion pulmonary dendriforme asociada con fibrosis pulmonary idiopatica. Arch Bronconeumol 2002; 38: 399-400
  • 12 Kim TS, Han J, Chung MP et al. Disseminated dendriform pulmonary ossification: incidence and thin-section CT-pathologic correlation. Eur Radiol 2005; 15: 1581-1585
  • 13 Geddert H, Dimmler A, Grun C. Pulmonary dendriform ossification – an entity?. Pathologe 2013; 34 (Suppl. 01) 93
  • 14 Burkett A, Coffey N, Voduc N. Diffuse pulmonary ossification as a rare cause of interstitial lung disease. Can Respir J 2014; 21: 23-24
  • 15 Reinehr M et al. Diffuse pulmonary ossification with mortal consequences. A case report. Pathologe 2003; 24: 114-118

Korrespondenzadresse

Dr. med. Korkut Avsar
Klinik für Pneumologie
Asklepios Fachkliniken München-Gauting
Robert-Koch-Allee 2
82131 Gauting

  • Literatur

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  • 13 Geddert H, Dimmler A, Grun C. Pulmonary dendriform ossification – an entity?. Pathologe 2013; 34 (Suppl. 01) 93
  • 14 Burkett A, Coffey N, Voduc N. Diffuse pulmonary ossification as a rare cause of interstitial lung disease. Can Respir J 2014; 21: 23-24
  • 15 Reinehr M et al. Diffuse pulmonary ossification with mortal consequences. A case report. Pathologe 2003; 24: 114-118

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Abb. 1 Herdförmige kollagenfaserreiche Fibrosierung mit partieller Verknöcherung bzw. mit morphologischem Übergang zwischen der Fibrose und den Ossifikationen (Patient 3).
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Abb. 2 Ossifikationen bei weitgehend regelrechtem Lungengewebe (Patient 2).
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Abb. 3a Pathologische Veränderungen des pulmonalen Parenchyms, hier in Form einer organisierenden Pneumonie in Assoziation mit Ossifikationen (nicht im Bild) (Patient 4). b Fibroseherde in den Lufträumen, offenbar Folge der organisierenden Pneumonie (in anderen Gesichtsfeldern mit Übergang in Ossifikationen) (Patient 4).
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Abb. 4 Verknöcherungsherde mit räumlichem Bezug zum fibrotisch veränderten Lungeninterstitium (Patient 11).
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Abb. 5 Weichteilfenster und Lungenfenster von Patient 1 mit Nachweis streifiger Fibrosierungen und sichtbaren Ossifikationen.
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Abb. 6 CT-Thorax von Patient 11 mit Nachweis eines retikulären Musters und sichtbaren Ossifikationen.